Süddeutsche Zeitung - 30.10.2019

(C. Jardin) #1
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Manchmal können profane blaue Knöpf-
chen eine Botschaft vermitteln. Hans-Pe-
ter Uhl hatte welche in der Mittelkonsole
seines Autos. Sie dienten ursprünglich da-
zu, das Blaulicht auf dem Dach zu aktivie-
ren – das damals, im Jahr 2000, nicht
mehr vorhanden war. Denn Uhl war längst
kein Kreisverwaltungsreferent mehr, dem
im Ernstfall ein solches Privileg zustand.
Er saß im Bundestag. Der gebürtige Tübin-
ger hatte lediglich aus alter Verbundenheit
seinen früheren Dienstwagen übernom-
men. Samt funktionsloser Knöpfe. Kreis-
verwaltungsreferent, das kann man wohl
mit Fug und Recht behaupten, war für Uhl
ein Traumjob. Der Traumjob. Den meisten
Münchnern dürfte er trotz seiner anschlie-
ßenden Bundestagskarriere vor allem als
Chef dieser mächtigen Kommunalbehörde
in Erinnerung sein.
Uhl, der auch im Bundestag seinem The-
menfeld Ordnungspolitik treu blieb, hat
politisch stets polarisiert. Der Mann mit
der sanften Stimme, der im persönlichen
Umgang niemals laut oder gar unsachlich
war, galt als Vertreter einer harten Gangart
bei der Durchsetzung des Gesetzes – ob-
wohl er als Stadtrat der CSU zunächst zum
liberalen Flügel seiner Fraktion gerechnet
wurde. 1978 kam der Jurist erstmals ins
Rathaus. Es war die Wahl, bei der mit Erich
Kiesl zum ersten und bislang einzigen Mal
ein CSU-Politiker das Rennen um den Pos-
ten des Oberbürgermeisters gewann.

1987 dann wurde das Amt des Münch-
ner Kreisverwaltungsreferenten frei. Amts-
inhaber Peter Gauweiler (CSU) war zum In-
nenstaatssekretär avanciert. Und Kandi-
dat Uhl lieferte einen echten Politcoup mit
Langzeitfolgen. Denn als klarer Favorit
wurde damals, in Zeiten einer rot-grünen
Mehrheit mit Georg Kronawitter als OB,
der SPD-Konkurrent gehandelt: Christian
Ude, der spätere Oberbürgermeister. Uhl
schlug Ude in der Stichwahl, was nur mög-
lich war, weil es Abweichler in den rot-grü-
nen Reihen gab.

In der darauffolgenden „Verräter“-Jagd
verließen mit Peter Kripp und Doris Hen-
kel zwei Sozialdemokraten ihre Fraktion,
Rot-Grün verlor die Mehrheit. Und es be-
gann die Zeit der Gestaltungsmehrheit des
damaligen CSU-Fraktionsvorsitzenden
Walter Zöller, des „Schwarzen Riesen“.
Uhls erste Amtshandlung als Ordnungs-
chef war dann übrigens gleich ein Papstbe-
such. Johannes Paul II, kam nach Mün-
chen und feierte im Olympiastadion einen
Gottesdienst zur Seligsprechung von Pater
Rupert Mayer.
Für den lang jährigen Fraktionsvorsit-
zenden der CSU, Hans Podiuk, der eben-
falls 1978 erstmals in den Stadtrat kam,
war Uhl „ein Leuchtturm der Münchner
CSU“. Einer, den die Leidenschaft für Ord-
nungs-, aber auch Kommunalpolitik seine
gesamte politische Laufbahn begleitete.
Der Kreisverwaltungsreferent führte seine
Behörde mit harter Hand. Werte wie „Law
and Order“ dürften nicht zum Negativbe-
griff abgestempelt, auch kleinere Verstöße
müssten geahndet werden, sagte er da-
mals. Uhl war stolz auf die Münchner Li-
nie, Hausbesetzungen innerhalb von
24 Stunden zu beenden, betonte den An-
spruch der Münchner auf ein unversehrtes

Leben und zeigte sich besorgt über den ho-
hen Ausländeranteil in manchen Stadtvier-
teln. Bei seinen politischen Gegnern gilt
Uhls Fortführung des unter Gauweiler be-
gonnenen Kurses bis heute als Negativbei-
spiel für konservative Ordnungsvorstellun-
gen. Das wirkte nach bis 2014, als in den
rot-schwarz-grünen Bündnisverhandlun-
gen die Grünen auf keinen Fall einen CSU-
Kreisverwaltungsreferenten akzeptieren
wollten – mit Verweis auf die Amtszeit
Uhls und Gauweilers. Uhl war allerdings

1993 trotz rot-grüner Mehrheit wiederge-
wählt worden. Erst 1998 ersetzte ihn die
Rathaus-Koalition durch den parteilosen,
als sehr liberal geltenden Personalreferen-
ten Wilfried Blume-Beyerle.
Die spektakulärste Amtshandlung Uhls
als Kreisverwaltungsreferent war die Ab-
schiebung eines 14-jährigen türkischen In-
tensivstraftäters 1998. Der Junge, der un-
ter dem Pseudonym „Mehmet“ auch im
Ausland bekannt wurde, hatte bereits
mehr als 60 Straftaten begangen und muss-
te schließlich allein in die Türkei umzie-
hen. Seine Eltern blieben in München.
Im selben Jahr wechselte Uhl in den Bun-
destag, dem er bis 2017 angehörte. Der Va-
ter von vier Söhnen wurde innenpoliti-
scher Sprecher seiner Fraktion und setzte
sich etwa für die umstrittene Vorratsdaten-
speicherung ein. In seinem Politik-Port-
folio befanden sich aber weiterhin auch
kommunalpolitische Themen wie die Voll-
endung der A 99 im Münchner Westen
oder die Grüne Welle.
Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD)
würdigte Uhl als engagierten Politiker, der
„nach seinen Worten, am liebsten auch
noch mit über 70 Jahren weitergemacht“
hätte. „Er war sicher einer der streitbars-
ten Politiker, der weder sich noch andere
geschont hat und ist dabei seiner Linie im-
mer treu geblieben.“
Hans-Peter Uhl ist am Sonntag nach lan-
ger und schwerer Krankheit im Alter von
75 Jahren verstorben. dominik hutter

München – Manchmal ist in einem Ge-
richtsverfahren ein Urteil schlechter als
kein Urteil. Dieses Juristen-Wissen brach-
te dem Fußballspieler Holger Badstuber
nun knapp 30 000 Euro von seiner Kran-
kenversicherung ein: Sie erkannte eine For-
derung von ihm an und beendete dadurch
einen Prozess vor dem Landgericht Mün-
chen – allerdings mit dem Nachteil für an-
dere Versicherte, dass eine fragwürdige
Klausel in den Versicherungsbedingungen
zunächst weiter gilt.
Holger Badstuber galt lange Jahre als ei-
nes der größten Verteidiger-Talente
Deutschlands. Im Jahr 2009 erhielt er ei-
nen Vertrag beim FC Bayern München, wo
er zuvor schon bei den Junioren und in der
zweiten Mannschaft gespielt hatte. 2012 al-
lerdings begann seine Leidenszeit mit ei-
nem Kreuzbandriss. Es folgten mehrere
Muskelrisse und ein Bruch des Sprungge-
lenks – immer, wenn eine Verletzung aus-
geheilt war, kam die nächste daher.
Für die Zeit seiner Arbeitsunfähigkeit
hatte Badstuber Anspruch auf Krankenta-
gegeld, dass seine Versicherung, die Deut-
sche Krankenversicherung AG (DKV), auch
anstandslos bezahlte – allerdings mit der
Ausnahme von 27 Tagen: Da hatte er sich
im Ausland aufgehalten, unter anderem
für einige Tage über Silvester in der
Schweiz. Die DKV berief sich auf eine Klau-
sel im Vertrag, nachdem es einem Bezieher
von Krankentagegeld nicht erlaubt ist, ins
Ausland zu reisen.
Das wollte sich Badstuber nicht gefallen
lassen und klagte – auf die Nachzahlung
der Versicherungsleistung, exakt 28 575
Euro, und auf Erstattung von Anwaltskos-
ten in Höhe von 1358 Euro, insgesamt also
knapp 30 000 Euro, plus Zinsen.
Bei der mündlichen Verhandlung vor
dem Landgericht Anfang Oktober geschah
Erstaunliches: Die Vorsitzende Richterin
der 12. Zivilkammer erklärte, sie halte die-
se Auslandsklausel in den Versicherungs-
policen für „nicht mehr zeitgemäß“. Denn
sie habe den Sinn gehabt, die Arbeitsunfä-
higkeit eines Versicherungsnehmers gege-
benenfalls überprüfen zu können, und
zwar innerhalb von drei Tagen, wenn die
Versicherung das verlangt. Das hätte in
den 80er-Jahren, aus dieser Zeit stammt

die Klausel, schwierig werden können,
wenn der Patient im Ausland nicht ohne
Weiteres greifbar ist. Im Zeitalter von
Smartphone und E-Mail jedoch ist das
kein Problem mehr. Zudem sei ja im Fall
Badstuber klar gewesen, dass er wirklich
längerfristig verletzt sein würde, es gab kei-
ne Notwendigkeit, das zwischendurch zu
überprüfen. Das Gericht führte ein weite-
res Beispiel an: Wenn sich eine Sekretärin
die Hand bricht und sechs Wochen lang
Gips tragen müsse, dann sei klar, dass sie
nicht arbeiten könne. Es gebe aber keinen
vernünftigen Grund, warum sie in dieser
Zeit nicht für ein paar Tage zum Beispiel in
die Schweiz fahren dürfe.

Diese Einschätzung des Gerichts brach-
te die Versicherung nun offensichtlich ins
Schwitzen: Wenn die Auslandsklausel offi-
ziell in einem Urteil in Frage gestellt wor-
den wäre, dann hätten sich eventuell auch
andere Versicherungsnehmer darauf beru-

fen können, vor allem, wenn der Instanzen-
weg weitergegangen wäre und am Ende
ein Urteil des Oberlandesgerichts oder gar
des Bundesgerichtshofs gestanden hätte,
des Inhalts, dass die Auslandsklausel nicht
mehr rechtens ist. Da zog die DKV lieber
die Reißleine und erklärte, dass sie die For-
derung Badstubers anerkennen und bezah-
len werde. Dies führt zu einem so genann-
ten Anerkenntnisurteil, in dem es aber
hauptsächlich um die Gerichtskosten geht
und nichts zur Entscheidung in der Sache
gesagt wird. Eine höhere Instanz wird sich
auch nicht mehr mit der Angelegenheit be-
schäftigen, denn Badstuber hat ja bekom-
men, was er wollte, kann also nicht mehr in
Berufung gehen, und für die Versicherung
ist die Angelegenheit auch aus der Welt.
Dumm ist die Angelegenheit jedoch für
andere Versicherungsnehmer – nicht nur
von der DKV –, denen unter Berufung auf
die Auslandsklausel Krankentagegeld ver-
weigert wurde. Sie müssten selber gegen
ihre Versicherungen klagen und können
sich nicht auf den Präzedenzfall Badstuber
berufen – das hat die DKV erreicht, in dem
sie lieber bezahlte, als ein Urteil in der Sa-
che zu riskieren. stephan handel

Als Holger Badstuber beim FC Bayern war, war er lange verletzt. Inzwischen spielt
er für den VfB Stuttgart. FOTO: IMAGO/SPORTFOTO RUDEL

von andreas schubert

München – Eine alte Vision wird zum kon-
kreten Projekt: Wer von München aus mit
öffentlichen Verkehrsmitteln zu einer be-
liebigen Adresse in Deutschland reisen
will, soll dies künftig in nur einem Schritt
planen und buchen können. Die neue App
„Mobility Inside“ geht in ihre Testphase.
Mit ihr sollen Kunden neben dem Fern-
und Nahverkehr auch Sharing-Dienste nut-
zen können, also Leihangebote für Autos,
Fahrräder und E-Scooter. Federführend
bei dem Projekt sind die die Münchner Ver-
kehrsgesellschaft (MVG) und der Rhein-
Main-Verkehrsverbund (RMV).
Derzeit ist es noch so: Wer von einer
Stadt in eine andere öffentlich fährt,
braucht stets mehrere Tickets und muss
sich nicht selten erst im jeweiligen Tarif-
system zurechtfinden. Dazu ist oft die In-
stallation verschiedener Apps erforder-
lich, in denen man sich jedes Mal neu an-
melden und neu zurechtfinden muss. Die
Idee von Mobility Inside: Alles vereint in ei-
ner gemeinsamen Plattform. Eine Anmel-
dung und ein Ticket sollen für alle Angebo-

te gelten. Und das alles zum möglich güns-
tigsten Preis. Der Clou: Dabei kann die App
auch Kombinationen aus Sharing-Angebo-
ten und öffentlichem Nahverkehr anbie-
ten, wenn der Fahrgast das will und so am
schnellsten ans Ziel kommt.

Zehn Unternehmen sind an der Testpha-
se beteiligt: Neben MVG und RMV sind das
die Deutsche Bahn (DB), die Bochum-Gel-
senkirchener Straßenbahnen AG, die Dort-
munder Stadtwerke, die Stuttgarter Stra-
ßenbahnen, die Albtal-Verkehrs-Gesell-
schaft, die Rhein-Neckar Verkehr, die Leip-
ziger Verkehrsbetriebe und der Donau-Il-
ler-Nahverkehrsverbund. Vorerst sollen
aus jeder dieser Regionen 300 ausgesuch-
te Menschen an dem Test teilnehmen.
Für die Umsetzung ist die Berliner Agen-
tur Mobilligence verantwortlich. Laut de-
ren Projektleiter Igor Zajac sollen von 2021
an bereits eine Million Menschen die App

nutzen. Wie lange es dauern wird, bis dann
wirklich jeder Winkel des Landes mit Mobi-
lity Inside erreichbar sein wird, ist offen.
Vor Ende der 2020er Jahre ist nach Ein-
schätzung von MVG-Chef Ingo Wortmann
damit nicht zu rechnen.
Das Problem: Im Verband Deutscher
Verkehrsunternehmen (VDV), dessen Präsi-
dent Wortmann ist, sind mehr als 800 Ver-
kehrsunternehmen organisiert. Nimmt
man kleine Betriebe hinzu, die nicht dem
VDV angehören, sind es mehr als 2000. Vie-
le Unternehmen haben ihren Fahrplan und
ihr Tarifsystem noch nicht digitalisiert.
Dies zu erledigen, ist laut Wortmann die
große Herausforderung, die auch ordent-
lich Geld kosten wird. Er rechnet aber mit
einer Förderung des Bundesverkehrsmi-
nisteriums. Das Projekt diene deshalb
auch allgemein dem Anschub der Digitali-
sierung von Mobilität.
Die MVG selbst wird sich zu Beginn
selbst mit einer Einlage von 7,5 Millionen
Euro an der – noch zu gründenden – Betrei-
bergesellschaft von Mobility Inside beteili-
gen. Später soll die Gesellschaft dann auf
Provisionsbasis finanziert werden.

Berlin und Hamburg sind nicht zuletzt
wegen der Finanzierung noch skeptisch
und wollen erst die Testphase abwarten.
Die Deutsche Bahn beteiligt sich, obwohl
Kunden mit dem DB Navigator schon heu-
te Tickets für mehrere Nahverkehrsverbün-
de kaufen können. Der Unterschied zur
App der Bahn sei aber, dass Mobility Inside
in Deutschland wirklich flächendeckend
nutzbar werden soll, sagt Wortmann. Zu-
dem soll die Bedienung der neuen App ein-
facher sein als die des DB Navigators.

Die Daten der Mobility-Inside-Nutzer
bleiben alle bei einer einzigen Verkehrsge-
sellschaft. In München wäre das die MVG,
in anderen Städten der jeweilige öffentli-
che Verkehrsträger. Die neue App funktio-
niert im Hintergrund, sprich: Man muss
sie zwar herunterladen. Die Benutzerober-
fläche ist dann die gleiche wie bei der ge-
wohnten MVG-App. „Mit der kommt man

dann auch bis Gelsenkirchen“, sagt Wort-
mann. Die Daten gelangten aber nicht an
andere Unternehmen, sondern blieben bei
der MVG. Auch wegen des Datenschutzes
wolle man das Feld nicht der privaten Kon-
kurrenz überlassen, zum Beispiel Google.
„Dann liegen die Daten nämlich irgendwo
im Silicon Valley“, sagt Wortmann.
Er erhofft sich, dass sich mit dem Ange-
bot noch mehr Menschen zum Umstieg auf
den öffentlichen Nahverkehr gewinnen las-
sen. „Wir nutzen gemeinsam die Möglich-
keiten der Digitalisierung, um das Bus-
und Bahnfahren noch einfacher zu ma-
chen“, sagt Wortmann.
Für den Kreis der Tester kann man sich
derzeit noch unter mobilityinside.de be-
werben. Dazu müssen potenzielle Teilneh-
mer einen Fragebogen zu ihrem Mobilitäts-
verhalten ausfüllen. Ein paar Tage später
bekommen sie dann per E-Mail eine Be-
nachrichtigung, ob sie mitmachen dürfen
oder nicht. Der Nachteil: Die App bietet an-
fangs noch nicht das komplette Fahrkar-
tensortiment und sie läuft vorerst nur auf
dem iPhone. Bald soll es aber auch für An-
droid eine Version geben.

Die Daten der Kunden
bleiben bei den
jeweiligen Verkehrsbetrieben

Ander als der „DB Navigator“
soll „Mobility Inside“ wirklich
flächendeckend nutzbar sein

Münchens Sheriff


Hans-Peter Uhl, früherer Kreisverwaltungsreferent, ist mit 75 Jahren verstorben


Seine erste Amtshandlung
als Ordnungschef war dann
gleich ein Papstbesuch

von katja auer

G


ewisse Dinge sind in Bayern weni-
ger kompliziert als anderswo, die
Politik zum Beispiel. Im Freistaat
wird – immer noch – die CSU gewählt,
mal mit absoluter Mehrheit, mal mit ein-
facher, im zweiten Fall sucht sie sich eben
einen Koalitionspartner. Zurzeit sind es
die Freien Wähler, das ist einfach, weil die
Aiwanger-Partei so gerne mitregiert,
dass sie recht gut zu handhaben sind.
Da haben sie es in Thüringen schon
schwerer. Zwar hat der Ministerpräsi-
dent mit seiner Partei eine Mehrheit,
kriegt deswegen aber noch lange keine
Koalition zusammen. Und dann noch die
schlauen Ratschläge von draußen. Die
Linken möchten sich doch mit der CDU
zusammentun, lautet einer, die CSU rät
der Schwesterpartei, das auf keinen Fall
zu tun. Andere empfehlen der FDP, ein
Bündnis aus Linken, SPD und Grünen zu
unterstützen. Nur die AfD ist raus.
Und das ist auch gut so, möchte man ei-
nen früheren Berliner Oberbürgermeis-
ter zitieren, mit den Rechtsaußen der
deutschen Politik will niemand zusam-
menarbeiten. Die CSU übrigens auch
nicht, das hat Parteichef Markus Söder
gerade erst wieder betont. Nur sehen das
offenbar nicht alle so. Nun meldet sich
der frühere Landtagsabgeordnete Kon-
rad Kobler im Bayerischen Rundfunk zu
Wort, den es „stört, dass man immer auf
die AfD eindrischt“. Eine Zusammenar-
beit schließt er nicht aus. „Auch die AfD
kann sich mittelfristig ändern.“
Danach sieht es gerade allerdings
nicht aus, wer der AfD im bayerischen
Landtag zuhört oder schon mal einen Par-
teitag besucht hat, der erlebt wenig In-
halt, dafür Streit, Selbstmitleid und
rechtspopulistisches Geschwätz. Es müs-
se doch zu denken geben, wenn die Volks-
parteien CDU und SPD – wie in Thürin-
gen geschehen – nur noch ein Drittel der
Stimmen bekommen, sagte Kobler. Ja,
das muss es, aber sicher nicht, indem sich
die anderen Parteien den ideologischen
Unsinn der AfD zu eigen machen.
An die Grünen erinnert Kobler, die hät-
te CSU-Ikone Franz Josef Strauß damals
in den 1980er-Jahren als „Übergangser-
scheinung“ betrachtet. Waren sie nicht.
So könne es auch mit der AfD gehen. Das
mag sein, von Koalitionen muss dennoch
längst keine Rede sein. Von einer solchen
mit der Linken rät Kobler übrigens ab.
Um die müsse sich die SPD kümmern.
Zur Zusammenarbeit mit den Grünen
hat er nichts gesagt. Dabei treibt das in
der CSU vermutlich viel mehr Leute um.
Schließlich ist in Bayern schon vom grü-
nen Ministerpräsidenten die Rede. Ganz
ohne schwarz-grüne Koalition.

Eine


für alle


Die Münchner Verkehrsgesellschaft arbeitet


an einer App, die in ganz Deutschland Fahrten mit


Bahn, Bus und Leihfahrzeugen vereinfachen soll


Krankenversicherung zahlt 30000 Euro


Der Fußballer Holger Badstuber bekommt Geld erstattet, das nicht gezahlt worden war


Eine grundsätzliche Überprüfung
der Auslandsklausel
hat damit nicht stattgefunden

Diskutiert wurde die
Abschiebung des jungen
Intensivstraftäters „Mehmet“

(^26) MÜNCHEN · BAYERN Mittwoch, 30. Oktober 2019, Nr. 251 DEFGH
„Er war sicher einer der streitbarsten Po-
litiker, der weder sich noch andere ge-
schont hat“, sagte Dieter Reiter.FOTO: HAAS
FOTOS: IMAGO; COLLAGE: SZ
MITTEN IN BAYERN
Lauter schlaue
Vorschläge

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