Handelsblatt - 30.10.2019

(Barry) #1

A


m Vorabend des Interviews nahm
Martin Lueck an einem Dinner im
vornehmen Schlosshotel Kronberg
bei Frankfurt teil. Er sei fasziniert von
der Kombination aus historischer Fas-
sade und moderner Technik im Innern, das sei
typisch für Deutschland, erklärt der 57-jährige
Hedge fondsmanager und Mitgründer von Aspect
Capital am nächsten Morgen. Das Gespräch findet
in der Bibliothek des Vermögensverwalters Feri in
Bad Homburg statt. Danach hält Lueck als promi-
nentester Teilnehmer am wichtigsten Hedgefonds-
Branchenevent in Deutschland einen Vortrag über
systematische Handelsstrategien. Lueck gilt als ei-
ner der Väter des systematischen Handels, der
Computertechnik und komplexe mathematische
Modelle kombiniert, um auf den globalen Finanz-
märkten zu agieren.

Herr Lueck, Hedgefonds sind für die meisten pri-
vaten Anleger ein Buch mit sieben Siegeln. Was ge-
nau machen Sie bei Aspect Capital?
Ich habe schon in den achtziger Jahren damit be-
gonnen, computergestützten, systematischen Han-
del zu betreiben. Ich war da ein Pionier. Ich kam
von der Universität Oxford mit einem Physik-Ab-
schluss und startete beim japanischen Geldhaus
Nomura im Wertpapierhandel. Parallel dazu kaufte
ich mit einem Freund eine Hewlett-Packard-Work-
station, auf der wir programmierten und Handels-
strategien und -modelle ausprobierten.

So begannen Sie Ihr eigenes Business ...
Ja, zunächst handelten wir in sechs Rohstoffmärk-
ten mit Kakao, Kaffee, Zucker, Aluminium, Kupfer
und Zink. Das war so um 1983, und wir investierten
20 000 Pfund, Geld, das der Vater meines Freun-
des beisteuerte.

Wie ging es weiter?
Hier muss ich kurz etwas erklären. Wir wussten da-
mals gar nicht, dass es in den USA schon einen viel
größeren Markt gab, der sogenannte Managed Fu-
tures umfasste, abgekürzt CTAs. Damals spielte
sich der Handel dort auf dem Parkett ab, es gab
legendäre Figuren wie etwa John Henry, der sehr
erfolgreich war mit einem Futures Fund. Heute be-
sitzt er das Baseball-Team Boston Red Sox, den
Fußballverein FC Liverpool und die Zeitung „Bos-
ton Globe“.

Besitzen Sie auch schon einen Verlag oder Verein?
(lacht) Nein, nein, mein Herz schlägt für die Physik,
ich helfe der Uni Oxford, Geld und Spenden für
den Studienbereich aufzutreiben.

Wie ging es mit Ihrem jungen Unternehmen wei-
ter?
Zurück zum Handel. Wie gesagt, in den USA war al-
les auf den Parketthandel konzentriert, und wir in
London fragten uns, was man besser machen
kann. Kann man mehr Märkte in einem Portfolio
abdecken, wie nutzt man Schwankungen der Prei-
se aus und so weiter. Wir trafen David Harding, ei-
nen Physiker aus Cambridge, und gründeten
Adam, Harding & Lueck (AHL), später übernahm
uns die Man-Gruppe, wobei wir vor allem von de-
ren starkem Vertrieb profitierten.

Wann kam der Durchbruch?
Unser Erfolg bestand darin, dass wir unsere Trend-
folgemodelle verfeinerten und immer mehr aus-

„Im Bärenmarkt


punkten wir“


Der Mitgründer und Firmenchef des Hedgefonds Aspect Capital ist


vom Erfolg computergestützter quantitativer Handelsstrategien


überzeugt. In diesem Jahr setzte er vor allem auf den Markt für


festverzinsliche Papiere – und glaubt an Gewinne im Abschwung.


Martin Lueck


Finanzen

& Börsen

MITTWOCH, 30. OKTOBER 2019, NR. 209


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