Die Welt - 13.11.2019

(Martin Jones) #1

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13.11.1913.11.1913.11.19/1/1/1/1/For2/For2AFREYE 5% 25% 50% 75% 95%

DIE WELT MITTWOCH,13.NOVEMBER2019* FORUM 3


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A


mira wer? Dass die Fraktion der
Linkspartei im Bundestag eine
weithin unbekannte Abgeord-
nete als Nachfolgerin ihres Medien-
stars Sahra Wagenknecht zur Co-Vor-
sitzenden gewählt hat, zeugt von Mut
zum Risiko. Die westdeutsche Rechts-
anwältin Amira Mohamed Ali personifi-
ziert kaum die Kernklientel der Linken.
Sie ist bisher vor allem durch ihren
Einsatz für den Tierschutz – etwa für
ein Verbot der Haltung von Wildtieren
im Zirkus – und für den Verbraucher-
schutz – etwa durch ein Verbot von
Glyphosat – aufgefallen. Nicht gerade
Kernthemen der Linkspartei.
Andererseits signalisiert die Wieder-
wahl des Realos Dietmar Bartsch in die
Doppelspitze den Wunsch nach Kon-
tinuität. Manche Beobachter sehen in
Amira Mohamed Ali lediglich eine
Kreatur Wagenknechts und vermuten
hinter der – äußerst knappen – Ent-
scheidung gegen die altgediente Funk-
tionärin Caren Lay den Versuch, die
„Hufeisenpolitik“ fortzusetzen, mit der

die Bartsch-Anhänger zur Rechten und
die Wagenknecht-Leute zur Linken die
Mitte um die Parteivorsitzenden Katja
Kipping und Bernd Riexinger blockiert
haben.
Die hatten gehofft, nach den Wahl-
erfolgen in Bremen und Thüringen die
Forderung Wagenknechts nach einer
sozialnationalistischen Wende der
Partei endgültig begraben zu können.
Die Wahl Caren Lays wäre als klares
Vertrauensvotum der Fraktion für die
Parteiführung gedeutet worden. Statt-
dessen nun das Abenteuer. Dass al-
lerdings die beruflich erfolgreiche
Tochter eines Ägypters und einer Deut-
schen ohne Weiteres die engherzige
Politik Wagenknechts fortsetzen könn-
te, erscheint kaum plausibel.
Wagenknecht hat angekündigt, wei-
terhin über Talkshows auf die Partei
und die Politik Einfluss nehmen zu
wollen. Sie könnte sich, wie mit ihrer
Sammelbewegung „Aufstehen“, ver-
rechnet haben. Vermutlich hängen alle
Talkshow-Redaktionen jetzt schon am
Telefon, um möglichst als Erste Amira
Mohamed Ali einzuladen. Man darf
gespannt sein, was die Neue, die im
Vorfeld der Wahl zum Fraktionsvorsitz
klugerweise Interviews abgelehnt hat,
nun zu sagen hat.
[email protected]

Die Frau nach Wagenknecht


KOMMENTAR


ALAN POSENER


B


erlin hat noch eine letzte Chance.
Am 14. November kommt der
Haushaltsausschuss des Deut-
schen Bundestages zusammen
und befindet über den geplanten
und umstrittenen Erweiterungs-
bau der Neuen Nationalgalerie am
KKKulturforum in Berlin. Geplant ist das Ausstel-ulturforum in Berlin. Geplant ist das Ausstel-
lungshaus schon lange als Erweiterung der Samm-
lung der Neuen Nationalgalerie, doch seitdem
bekannt wurde, dass die Kosten für den überarbei-
teten Entwurf vom Schweizer Architekturbüro
Herzog & de Meuron von 200 auf 450 Millionen
Euro steigen werden, ist eine wahre Schlamm-
schlacht entbrannt. Kritiker rufen dazu auf, den
Bau zu stoppen.
Viele Leser dürften schon einmal vom jahrzehn-
telangen Streit über das Kulturforum gehört ha-
ben, wenn sie nicht sogar selbst auf dieser windi-
gen Fläche westlich des Potsdamer Platzes stan-
den, die einst von Albert Speer freigeräumt und
von Bomben getroffen wurde. Flankiert wird sie
von zwei der schönsten Architekturikonen des 20.
Jahrhunderts, Mies van der Rohes eleganter Neuer
Nationalgalerie (1968) für die Kunst des 20. Jahr-
hunderts und Hans Scharouns gut gelaunter Phil-
harmonie (1963). In Sichtweite erheben sich die
Gemäldegalerie der Architekten Hilmer & Sattler
und Albrecht (1998) mit ihren reichen Schätzen
vom 13. bis zum 18. Jahrhundert und der Hort des
legendären Welfenschatzes, das Kunstgewerbe-
Museum (1985).
Berlin ist, das zeigt schon diese Aufzählung,
unfassbar reich an Kulturschätzen. Das Potenzial
ist immens – und in vielen Teilen noch lange nicht
ausgeschöpft. Warum aber spielen sich hier immer
solche Dramen ab? Warum freut man sich nicht
über ein neues Museum? Tatsächlich ist es in die-
sem Fall kaum zu begreifen.
Um es klar zu sagen: Das neue Museum sollte
kommen. Wenn sich der Bundestag dagegen ent-
scheidet, scheitert Deutschland als Kulturnation.
Große Worte? Ja. Aber sie sind wichtig und richtig.
WWWarum? Die heftigen Debatten der vergangenenarum? Die heftigen Debatten der vergangenen
WWWochen wurden so geführt, als wäre Berlin eineochen wurden so geführt, als wäre Berlin eine
einfache Stadt, eine Insel, irgendwo. Freiburg oder
Leipzig oder Frankfurt am Main. Aber es ist die
Hauptstadt Deutschlands, eines Landes, das viel zu
lange geteilt war, zwei Kunstgeschichten nach 1945
schrieb, die noch lange nicht vereint sind. Berlin
war Schauplatz der größten historischen Umbrü-
che des 20. Jahrhunderts, die unsere Gesellschaft
heute immer noch polarisieren. Die Stadt braucht
ein Haus, wie es Herzog & de Meuron geplant
haben: einen Treffpunkt mitten in der Stadt, wo
dieses Jahrhundert diskutiert werden kann und
mit dem 21. Jahrhundert zusammengeführt wird,
sprich, ein Haus für das 20. und 21. Jahrhundert.
WWWas aber hört man in Berlin stattdessen: Manas aber hört man in Berlin stattdessen: Man
solle lieber das viele Geld in neue Stellen, Ausstel-
lungen und Projekte in den vorhandenen, unter-
fffinanzierten Museen stecken. In einer Zeitunginanzierten Museen stecken. In einer Zeitung
wwwurde sogar dazu aufgerufen, uns vorzustellen,urde sogar dazu aufgerufen, uns vorzustellen,
welch ein Paradies Berlin dann wäre! Mehr finan-
zielle Unterstützung für die Berliner Museen zu
fffordern, ist völlig legitim, ja existentiell, aber die-ordern, ist völlig legitim, ja existentiell, aber die-
sen Anspruch gegen den ersten zeitgenössischen
Neubau (keine Rekonstruktion!) seit 1998 aus-
zuspielen, wie es Politiker, Journalisten und auch

Bürger dieser Tage zelebrieren – das ist provinziell
und rückwärtsgewandt. Wenn Deutschland nicht
mehr in der Lage ist, 450 Millionen Euro für ein
Museum auszugeben, das sich um das für Berlin
entscheidende Jahrhundert kümmert, dann fehlen
einem die Worte.
WWWürde man noch viel mehr in die Berliner Mu-ürde man noch viel mehr in die Berliner Mu-
seen investieren, würde ein Grundproblem der
Museen langfristig nicht gelöst: Die Stadt hat ar-
chitektonisch und inhaltlich die Zukunft aus dem
Blickfeld verloren, muss endlich den Weg zurück
in die Gegenwart finden, die Museen zeitgenössi-
scher denken.
Für wen würde ein solches Museum am Kultur-
ffforum gebaut? Wer sollte es also endlich unter-orum gebaut? Wer sollte es also endlich unter-
stützen? Es ist die Generation, die in den 1990er-
und Nullerjahren die weltweit beachtete Gegen-
wartskunst nach Berlin brachte, die hier Hunderte
von Galerien aufbaute, für ungewöhnliche Aus-
stellungsformate gefeiert wurde, die das kleine
AAAusstellungshaus Kunstwerke in Berlin-Mitte alsusstellungshaus Kunstwerke in Berlin-Mitte als
ihre Zentrale entdeckte. Es ist aber auch eine Ge-
neration berühmter Kunstmenschen und Künstler,
die sich Woche für Woche, Party für Party über das
neue reaktionäre Humboldt-Forum beschweren,
die Berliner Politik beklagen – und selbst nichts
Nachhaltiges für die Stadt schaffen.
Sollte das Museum am Kulturforum nicht gebaut
werden, wird diese Generation, die Berlin einst zur
KKKunststadt gemacht hat, in die Geschichte einge-unststadt gemacht hat, in die Geschichte einge-
hen als die Generation, die sich die Gestaltung der
Stadt aus der Hand nehmen ließ. Sie hat nicht
verhindert, dass das Gelände rund um den Ham-
burger Bahnhof (das Museum eingeschlossen) an
Immobilienentwickler aus Wien verkauft wurde,
die alles gnadenlos zubauten. Sie wird nicht ver-
hindern, dass hinter dem Bahnhof die Rieckhallen
abgerissen werden, der Hamburger Bahnhof also
dezimiert wird. Sie wird mit leeren Händen da-
stehen.
Der Hamburger Bahnhof mit der monumentalen
Halle wird zwar hoffentlich ein zentraler Ort für
die Gegenwartskunst bleiben, wenn die Besitzer
des Grundstücks den Mietvertrag verlängern, eine
Lücke aber kann das Museum langfristig nicht
schließen: Die Kunst des Übergangs vom 20. ins 21.
Jahrhundert braucht mehr als diesen Ort.
Der Bauplatz am Kulturforum ist der letzte mu-
seale in Berlin. Der geplante Museumsneubau ist
die letzte Chance. Wird das Projekt jetzt gestoppt,
wird der nächste Kulturstaatsminister nach Moni-
ka Grütters, die das Museum massiv unterstützt,
die Finger davon lassen. Und die Kosten? Sie stei-
gen und steigen.
Das Museum von Herzog & de Meuron ist ein
überzeugender Entwurf. In der überarbeiteten
Fassung zeichnen sie einen Ort, der ähnlich der
Tate Modern in London (mit dem Erweiterungs-
turm von Herzog & de Meuron) eine beeindru-
ckende Symbiose von Moderne und Gegenwart
vollzieht. Ein offenes Haus, das lange in den
AAAbendstunden geöffnet haben soll, wo sich diebendstunden geöffnet haben soll, wo sich die
Menschen treffen könnten – nicht nur, um Kunst
zu gucken, sondern sich zu finden, zu sammeln
und auszutauschen. Es ist die Vision eines Hau-
ses, das dem Rhythmus, dem Puls von Berlin ent-
spricht.
[email protected]

Mehr als


ein Museum


Der Bundestag


entscheidet diese Woche


über den Neubau des


umstrittenen Museums


der Moderne am


Berliner Kulturforum.


Kritiker monieren vor


allem die gestiegenen


Kosten. Aber das Projekt


ist eine große Chance,


die Berlin nicht noch


einmal bekommen wird


Die Gegner tun so, als wäre


Berlin eine Stadt wie Freiburg


oder Leipzig. Es ist die


Hauptstadt Deutschlands


LEITARTIKEL


ǑǑ


SWANTJE KARICH


Ihre Post an:


DIE WELT, Brieffach 2410, 10888 Berlin,


Fax: (030) 2591-71606, E-Mail: [email protected]


Leserbriefe geben die Meinung unserer Leser


wieder, nicht die der Redaktion. Wir freuen


uns über jede Zuschrift, müssen uns aber das


Recht der Kürzung vorbehalten. Aufgrund der


sehr großen Zahl von Leserbriefen, die bei


uns eingehen, sind wir leider nicht in der Lage,


jede einzelne Zuschrift zu beantworten.


der soziale Zusammenhalt in unserer
Gesellschaft wichtiger ist als die ideo-
logisch eingeschränkte und von Inte-
ressen gesteuerte Wahrnehmung kon-
servativer Politiker.

THOMAS HENSCHKE, BERLIN


Klima über alles?


Zu: „Kein G-20-Staat ist beim
Klimaschutz auf 1,5-Grad-Kurs“
vom 11. November

Wenn man sämtliche Medien während
des letzten Jahres verfolgt hat, dann
muss man den Eindruck gewinnen,
dass es auf der Welt nur noch ein ein-
ziges Problem gibt: Klimaschutz. Es ist
sicherlich ein ehrenwertes Unterfan-
gen, wenn wir alles Mögliche unterneh-
men, um zukünftige Generationen vor

richten und dabei die realen Problemen
der heute lebenden Menschen extrem
zu vernachlässigen?

DR. ALFONS MOOG, WALLDORF/BADEN


Totschieß-Objekte


Zu: „Bielefelder Mufflons droht
der Tod“ vom 11. November

Korsische Wildschafe, die sogenannten
Mufflons, leben von Natur aus ober-
halb der Waldgrenze, wo sie hingehö-
ren und keine Belastung für die Wälder
darstellen und eine ökologische Funk-
tion erfüllen. Die ersten Auswilderun-
gen gehen übrigens auf Hermann Gö-
ring, den Reichsjägermeister, zurück,
der mehr Totschieß-Objekte im Wald
haben wollte. Daran hat sich seitdem
nichts geändert – außer dass der Wald

noch stärker zivilisatorisch belastet ist
als zu Görings Zeiten. Angesichts des
Klimawandels gehört dem Gericht
Beifall gespendet und dem Waldbesit-
zer und seinem Förster das Bundes-
verdienstkreuz überreicht

WILHELM BODE, STRALSUND


Überangebot


Zu: „Aus der Traum von der Gurke
ohne Folie“ vom 7. November

Vielleicht sollten die Warendisposition
weniger aus ihren Kühlhäusern holen,
damit wäre die Gurke ohne Folie mög-
lich – das Minderangebot klappt bei
den Brötchen ja auch, abends sind sie
weg! Und das Überangebot, das jetzt

den Brötchen ja auch, abends sind sie
weg! Und das Überangebot, das jetzt

den Brötchen ja auch, abends sind sie


herrscht, wäre um einiges geschrumpft.


P. A. GOSSRAU, BUCHHOLZ


LESERBRIEFE


einer vermeintlichen Klimakatastrophe
zu schützen. Doch wie ist eigentlich die
Situation für die heute lebende Welt-
bevölkerung? Obwohl in den letzten 20
Jahren enorm viel erreicht wurde – der
Anteil der in extremer Armut lebenden
Menschen konnte mehr als halbiert
werden –, müssen heute immer noch
über eine Milliarde Menschen von
einem Dollar pro Tag leben. Es sterben
jährlich vier Millionen Babys, weil sie
weder über sauberes Trinkwasser noch
über eine minimale ärztliche Versor-
gung verfügen. Die öffentliche welt-
weite Entwicklungshilfe betrug 130
Milliarden Euro im Jahre 2017. Dabei
ist Deutschland bereit, bis zum Jahre
2050 laut einer BDI-Studie 2,3 Billionen
Euro auszugeben, um unsere CO 2 -
Emissionen um 95 Prozent zu senken.
Ist es wirklich zu verantworten, unse-
ren Fokus nur noch auf Klimaschutz zu

Zusammenhalt


Zu: „Einigung unter Schmerzen:
GroKo beschließt Grundrente“
vom 11. November

Der Kompromiss zur Grundrente rettet
die große Koalition auch nicht mehr.
Denn er ist nun doch wieder an eine
Überprüfung und Kontrolle der Ein-
kommensverhältnisse des Empfängers
gekoppelt. Kein Mensch würde bei der
Mütterrente oder dem Kindergeld auf
die Idee kommen, eine Bedürftigkeits-
prüfung vorzunehmen, doch bei der
Grundrente pocht die CDU plötzlich
auf eine derartige Überprüfung. Was
hat die CDU nur für christliche Werte-
vorstellungen? Ich für meinen Teil als
Steuerzahler würde mich gerne solida-
risch verhalten und die Grundrente
uneingeschränkt gewähren, weil mir

D


ieser Abend schwingt nach. Er
will nicht aus meinem Kopf und
meinem Herzen gehen. Am 10.
November gedachte man wie an vielen
Orten in Deutschland auch hier der
Pogrome des 9. November 1938, in ei-
nem Örtchen namens Eich, in Rheinhes-
sen gelegen, zwischen Worms und Alzey.
Hier, so wie im Nachbarort Hamm (dem
Geburtsort der Autorin) hatten in den
umliegenden Dörfern über Jahrhunderte
Landjuden gelebt. Sie waren meist Vieh-
händler oder gingen anderem Kleinge-
werbe nach. Sie wurden von den Nazis
verjagt, vertrieben und viele von ihnen
ermordet.
Gabriele Hannah, Hans-Dieter und
Martina Graf haben alle Dokumente
aaakribisch in einem Band „Die Juden vomkribisch in einem Band „Die Juden vom
AAAltrhein“ zusammengetragen. Der Fami-ltrhein“ zusammengetragen. Der Fami-
lie von Sanford Jacoby gelang die Flucht
nach Amerika. Sein Vater Otto war einer
der letzten Jungen, die in der Synagoge
von Eich ihre Bar Mitzwa gefeiert hat-
ten. Eich hat kein Pogrom erlebt, es war
schon 1936 „judenrein“. Doch es geht
nicht nur um die Synagoge, die seither
in Privatbesitz ist und als Wohnhaus
genutzt wird und die Jacoby gerne als
Begegnungs- und Erinnerungsstätte
umgewidmet sähe. Seiner unermüdli-

chen Spurensuche, seiner Kontaktfreude
und Sehnsucht nach der gestohlenen
Heimat der Eltern und Großeltern ist
wohl auch das Zustandekommen dieses
AAAbends zu verdanken. Der evangelischebends zu verdanken. Der evangelische
Gemeindesaal platzte aus allen Nähten,
als die Veranstaltung „Gemeinsam er-
innern – gemeinsam gestalten“ begann.
Es waren Nachfahren der Altrheinju-
den anwesend, ganz alte Eicher, Kinder
damals, dann die nach dem Krieg Ge-
borenen und ja, auch Kinder und Ju-
gendliche. Es wurden historische Fotos
an die Wand projiziert. Mehrfach fiel der
Satz: „Nicht die Juden haben Eich ver-
lassen, sondern Eich hat die Juden ver-
lassen.“ Und als Sandy Jacoby, nachdem
er seine Familiengeschichte erzählt
hatte, Anim Zemirot von Jehudah he
Hassid auf Hebräisch sang, war klar, dass
dieser Abend nicht nur Gedenken war,
sondern der Gegenwart und Zukunft
gewidmet.
Dem Antisemitismus, der wieder sein
Haupt erhebt, Wachsamkeit und Mit-
menschlichkeit entgegenzusetzen, muss
als Bürgerpflicht in einer Demokratie
selbstverständlich sein. Die Zeit der
Untertanen und Mitläufer ist vorbei,
aaaber die Anstrengung, als Mensch ge-ber die Anstrengung, als Mensch ge-
achtet und frei zu leben, bleibt. Dass
zum Ende die Anwesenden das wunder-
bare Lied „Die Gedanken sind frei“ san-
gen, ist noch so ein choreographisches
WWWunder. Die Inbrunst ließ erschauern.under. Die Inbrunst ließ erschauern.
Sprichwörtlich bebten die Wände. Was
die beiden Polizisten, die im Vorraum
WWWache hielten, wohl dachten?ache hielten, wohl dachten?

RRRückkehr der Altrheinjudenückkehr der Altrheinjuden


PLATZ DER REPUBLIK


ANDREA SEIBEL


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