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E
s ist Montagmorgen, kurz nach
Sonnenaufgang. Der Bordfunk
knarzt durch die Stahlröhre des
U-Boots: „Wer hat die Kaffee-
kanne aus der Zentrale gese-
hen? Wir können nicht auslaufen.“
Das wäre was, ein U-Boot im Wert von ei-
ner halben Milliarde Euro läuft wegen ei-
ner fehlenden Kaffeekanne nicht aus. Dass
U-Boote nicht ausliefen, weil es keinen
Smut gab, soll schon passiert sein, erzäh-
len die Seeleute. Auch, weil ein Elektro-
meister fehlte. Aber eine Kaffeekanne?
Das Problem ist zu lösen.
Ein Tag beim 1. U-Bootgeschwader der
Marine in Eckernförde beginnt. Ein Tag an
Bord vonU34. Unterwegs mit Seeleuten,
die beweisen wollen: Ihre U-Boote fahren.
Kai Nickelsdorf, der stellvertretende Ge-
schwaderführer, sagt es in seinem Büro so:
„Der U-Bootfahrer als solcher ist stolz auf
das, was er macht. Wenn er sich von den
Leuten anhören muss: ‚Bei euch fährt ja
nichts‘, dann ist das hart für ihn.“ Sie hat-
ten sich schließlich lang genug anhören
müssen, nur noch einer „Geisterflotte“ an-
zugehören. Das erklärt auch die Vorfreude
der Besatzung an diesem Morgen, endlich
wieder ins Dunkel des Meeres abtauchen
zu dürfen.
„Abwärts!“, ruft jemand. „Abwärts“, ein
anderer. Jeder ruft das, der durch die
schmale Luke an Deck ins Innere des Boo-
tes hinabsteigt. Eine Warnung, damit nicht
zufällig eine Kameradin oder ein Kamerad
einen Fuß auf den Kopf bekommt. Um
neun Uhr sollU34auslaufen. Jetzt heißt
es: Alle Mann an Bord. Die Besatzung
macht das Schiff klar zum Auslaufen.
Von Oktober 2017 bis März 2018 war
kein einziges der sechs U-Boote der Bun-
deswehr einsatzbereit. Das Geschwader
war zum Symbol für die Misere bei der
Truppe geworden: jahrzehntelang herun-
tergespart, bis nichts mehr ging.
U31, 2005 in den Dienst gestellt, das äl-
teste Boot der Flotte, lag zur planmäßigen
Inspektion in der Werft. BeiU32machte
die Batterie zu früh schlapp, es konnte
nicht fahren.U33lag ebenfalls im Dock.
U34stand auf der Warteliste für die Werft,
die hatte aber keine Kapazitäten frei. Der
Schiffs-TÜV lief dann ab.U35hatte sich
vor Norwegen das Ruderblatt beschädigt.
UndU36, das jüngste Boot der Flotte, hatte
Erstinspektion.
Die U-Bootfahrer saßen auf dem Trocke-
nen. Jedes Jahr erwähnte sie der Wehr-
beauftragte des Bundestages in seinem
Bericht – als besonders krasses Beispiel
für den Zustand der Bundeswehr. Seit Kur-
zem hat sich die Lage wieder etwas gebes-
sert.U34ist vor wenigen Wochen aus der
Werft zurückgekommen. Fast anderthalb
Jahre lag das Boot im Dock.
An diesem Tag beginnt die Crew mit
dem Funktionstest „Flachwasser“. Wenn
alles gut geht, kann die Marine demnächst
wieder vier der sechs Boote einsetzen. Die
erste von vier Testfahrten in die Eckernför-
der Bucht steht an. Die Instrumente und
Sensoren müssen überprüft und einge-
stellt werden. Die Besatzung muss wieder
lernen, miteinander zu arbeiten.
Um neun Uhr treten die Seeleute an der
Pier zur Musterung an. Kommandant
Christian Schramma, ein Mann der weni-
gen Worte, begrüßt sie. „Guten Tag, Besat-
zung“, sagt er. „Endlich wieder zur See
fahren. Zeit wird’s.“ Der 45-Jährige gibt
noch ein paar Instruktionen, dann dauert
es nicht lange, bis alle wieder auf ihren
Plätzen im Inneren des Bootes sind. Die
See ist ruhig. Die Sonne scheint. Die Kaffee-
kanne ist wieder aufgetaucht. Schramma
kommandiert: „Maschine macht zurück:
20 Umdrehungen.“U34läuft aus.
Von der deutschen U-Bootflotte ist nicht
viel übrig: diese sechs Boote, und eine Ver-
gangenheit aus zwei Weltkriegen, als prah-
lerisch vermeldet wurde, wie viele Tonnen
Stahl des Gegners die deutschen U-Boot-
fahrer wieder versenkt haben.
Die Älteren in der Crew berichten, dass
die Verfilmung von Lothar-Günther Buch-
heims Roman „Das Boot“ ziemlich authen-
tisch vom früheren Leben erzählt. So war
es, sagen sie, auf den Vorgängerbaureihen,
so feucht, so warm, so klaustrophobisch
eng. Die Jungen heute kennen nur das leise
Surren der Klimaanlage in der Zentrale.
Und echten Luxus: zwei Klos und zwei
Duschen.
Das 1. U-Bootgeschwader in Eckernför-
de ist heute das einzige. Die Boote sind für
einen Seekrieg gemacht, den niemand
mehr führen will. Wer glaubte nach dem
Ende des Kalten Krieges noch an die große
Schlacht in der Ostsee? Als sich die Bundes-
wehr zur Einsatzarmee wandelte, die fern
von Deutschland operierte, in Kosovo, am
Hindukusch, im Kongo, was sollte die Bun-
deswehr da noch mit Waffen wie diesen?
Geblieben ist eine Mini-Flotte mit
Anpassungsschwierigkeiten: U-Boote kön-
nen zwar unbemerkt die Lage aufklären,
auf Seerohrtiefe auskundschaften, was
um sie herum passiert. Sie können heim-
lich Kampfschwimmer aussetzen. Aber sie
sind nicht die erste Wahl, wenn am Horn
von Afrika Jagd auf Piraten oder Schleuser-
banden gemacht werden soll.
Die Boote in der Eckernförder Bucht ge-
hören zu den modernsten nicht-atomaren
Booten, die auf den Meeren unterwegs
sind: 56 Meter lang. Sieben Meter breit.
28 Leute Besatzung. Klein und wendig, um
in der Ostsee auch dort noch tauchen zu
können, wo sie mitunter nur 17 Meter tief
ist. Unter dem Kiel bleibt kaum mehr als ei-
ne Handbreit Wasser. Das macht sie aus,
die Klasse 212 A.
Warum aber braucht die Bundeswehr
diese Boote überhaupt noch? Spätestens
seit der Annexion der Krim durch Russ-
land wird wieder in Feindbildern gedacht.
Es geht um Abschreckung, um das gegen-
seitige Zeigen der Waffen. Auch in der Ost-
see.
Ausgerechnet als Deutschlands U-Boot-
flotte außer Gefecht gesetzt war, warnte
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg:
„Die russischen U-Boot-Aktivitäten sind
jetzt auf dem höchsten Niveau seit dem Kal-
ten Krieg.“ Russland habe seine Marine auf-
gerüstet und 13 weitere U-Boote seit 2014
angeschafft. Die Nato hat dem nur wenig
entgegenzusetzen. Die polnische Marine
fährt mit Unterseebooten aus den Sechzi-
gerjahren, nicht einmal eine Handvoll hat
sie. Die Norweger konzentrieren sich mit
ihren sechs U-Booten auf das Nordmeer.
Dänemark hat keine U-Boote, ebenso we-
nig haben die baltischen Staaten welche.
So bleibt vor allen den Deutschen die
Aufgabe, in der Ostsee Präsenz zu zeigen.
In den nächsten zehn Jahren soll die Mari-
ne zwei weitere U-Boote bekommen, gefer-
tigt in einer Kooperation mit Norwegen.
Die deutschen Boote sind mit Brenn-
stoffzellen ausgestattet, versteckt in ei-
nem mannshohen Würfel aus Metall im
Inneren des Bauches. Das Schwesterschiff
U32ist vor ein paar Jahren bei einer Atlan-
tikfahrt 18 Tage am Stück unter Wasser
geblieben, ohne zwischendurch mal auf
Schnorcheltiefe auftauchen zu müssen
und Luft zu holen. Für konventionelle
U-Boote ist das eine große Leistung.
U34ist wie die Schwesterschiffe dafür
ausgelegt, sieben Meter lange Torpedos
vom TypSeehechtabzufeuern. Sie entwi-
ckeln eine Feuerkraft, die Kriegsschiffe
aus dem Wasser zu heben vermag, damit
sie dann an ihrem eigenen Gewicht zerbre-
chen. Geübt wird mit Übungstorpedos –
ohne Sprengkopf. Solche, die bei einem
Treffer keinen Schaden anrichten und
dann aus der See geborgen werden wie
eine große Flaschenpost.
Aber selbst von einem Übungsschießen
istU34noch weit entfernt. Kommandant
Schramma ist zufrieden, wenn das Boot
heute eine „blitzsaubere Fahrt“ hinlegt.
„Jeder macht, was er soll“, sagt er. Es gilt:
„Ruhe bewahren.“
Er steht oben auf der Brücke, auf dem
Turm des schmalen Bootes. Der Komman-
dant ist der Letzte, der die Brücke verlässt,
bevor gleich die Luke zugeht. „Klarma-
chen zum Tauchen.“ Es ist 11.29 Uhr, als
über Bordfunk der Befehl ertönt.
Jeder nimmt jetzt unter Deck seinen
Platz ein. Auch die „Horchis“, die Kamera-
den, die die Sonar-Anlage bedienen und
mit diesen Geräten wie mit großen Lau-
schern ins Meer hineinhorchen, begeben
sich an ihre Computerarbeitsplätze.
11.49 Uhr. „Fluten!“, ruft der Komman-
dant. „Fluuuuten“, erwidern alle in der
Operationszentrale wie in einem Chor.
Dann wird mitgezählt: neun Meter, zehn
Meter ...
Das Boot neigt sich leicht nach vorne. Es
ist nichts zu sehen. Man spürt nur, wie sich
das Gewicht auf die Vorderfüße verlagert.
Im Film „Das Boot“ geht es immer weiter
hinab, auf „Zerstörungstiefe“, auf weit un-
ter 200 Meter. Ab diesen Tiefen kann ein
U- Boot wie eine Colabüchse zerdrückt wer-
den. In den Augen der Filmbesatzung ist
die blanke Angst abzulesen. Dazu das stän-
dige Ping des Sonars als schauriger Sound-
track. BeiU34ist erst mal auf 13,5 Metern
Schluss. Das Boot ist „im Keller“ angekom-
men, wie ein Obermaat sagt. Kein Ping, kei-
ne Panik.
Niemand an Bord kenntU34so gut wie
„Kanne“, Thomas Kannengießer. Graues
Haar, gutmütiger Blick, rotes Hemd, Jeans.
Er ist einer der drei Leute an Bord, die
keine Uniform tragen. Kannengießer ist
54 Jahre alt, er ist Prüfleiter beim Marine-
arsenal der Bundeswehr. Er macht die
Tests. Es ist seine Aufgabe, das Boot wie-
der einsatzklar zu bekommen. Eine ganze
Reihe von Tests haben er und drei Techni-
ker sich vorgenommen. Es geht damit los,
den Tacho, wenn man das Gerät so nennen
darf, zu justieren. Aber etwas stimmt
nicht. Schaut Kannengießer auf seine An-
zeige, dann fährt das Boot gerade rück-
wärts. Aber das tut es definitiv nicht.
Eines der neuen Bauteile funktioniert
nicht. Das ärgert ihn. Es gibt Sachen, die
passieren können. Vom Funkmast ist ein
Kabel abgerissen. Das hat er notiert. Aber
dieses Bauteil ist neu. „Das kreide ich dem
Hersteller an“, sagt er. Pfusch mag er nicht.
Als erU34aus der Werft übernahm, sei
die Endabnahme „nicht der Bringer“ gewe-
sen. „Da konnten wir erst mal den Dreck
aufsammeln.“ In den Ecken hätten Schrau-
ben und Plastikreste gelegen. Geht nicht,
findet er, schon gar nicht bei einem Arbeits-
lohn von 170 Euro netto für jede Stunde.
Außerdem sei ein Rückschlagventil falsch
herum eingebaut worden, weshalb einen
Tag vor der Probefahrt Treibstoff ins
Innere des Bootes gelaufen sei. „Die
Qualität der Arbeiten selbst ist teilweise
mangelhaft.“
In den Neunzigerjahren ist er selbst als
Seemann auf U-Booten gefahren. Dann
wechselte er als Techniker auf die zivile Sei-
teins Marinearsenal. Früher lagen die Boo-
te vielleicht ein Vierteljahr in der Werft.
Heute komme kaum eines in weniger als
einem Jahr wieder heraus. Auch das sei ein
Grund, warum die Flotte zeitweise kom-
plett nicht einsatzfähig war.
Früher, als es noch zwölf oder in Zeiten
des Kalten Krieges sogar 24 U-Boote gab,
habe es natürlich auch mal Probleme gege-
ben. Aber bei nur sechs Booten habe man
es heute mit dem „Fluch der kleinen Zahl“
zu tun. Bei den Seestreitkräften gilt die
Drittelregelung: Ein Drittel der Schiffe
liegt in der Werft. Auf einem Drittel wird
ausgebildet. Und ein Drittel der Schiffe soll
einsatzbereit sein. Im Falle der U-Boot-
flotte demnach: zwei. In der Theorie klingt
das gut. In der Praxis ist das eine ständige
Herausforderung: Als die Marine die Boote
angeschafft hatte, verzichtete sie darauf,
Ersatzteile in großem Stil mitzubestellen.
Das hätte die Boote um weit mehr als
250 Millionen Euro teurer gemacht. Dafür
war kein Geld mehr da.
Das ist auch der Grund, weshalb auf
U34gerade die Radaranlage vonU32ein-
gebaut ist, wie Kannengießer sagt, und
warum der Funkmast vonU33stammt.
Wenn ein Boot in der Werft liegt, dient es
als Organspender für die anderen Boote.
„Gesteuerter Ausbau“ nennt die Bundes-
wehr das Ausschlachten. Allein auf diesem
Boot seien mindestens 20 Teile verbaut,
die zu anderen Booten gehörten. Wenn er
seine Mängelliste nach der Testfahrt fertig
hat, wird er nach Ersatzteilen suchen
müssen. Zwar hat die Bundeswehr jetzt
mehr Geld, aber es dauert, die Teile zu
bekommen.
Einmal wollte die Bundeswehr einen
Hersteller umgehen, mit dem sie unzufrie-
den war, und bestellte eine Batterie selbst.
Die Sache hat dann ein halbes Jahr länger
gedauert. In einem anderen Fall konnte ein
Ruderschaden monatelang nicht behoben
werden, weil die Werft den richtigen
Schweißdraht über Monate nicht auftrei-
ben konnte.
Aus der „blitzsauberen“ Testfahrt wird
heute jedenfalls nichts mehr. Aber die Män-
gel sind auch nicht so gravierend, dass sie
nicht schnell behoben werden könnten.
AufU34begegnet einem während der
ganzen Fahrt nur ein einziger Mann mit
verschwitztem T-Shirt – und das ist noch
vor dem Auslaufen. Das zeigt, wo heute die
schweißtreibende Arbeit liegt: ein deut-
sches U-Boot überhaupt raus auf die See
zu bringen.
Die Besatzung hat gelitten, als die
U-Boote nicht fuhren. Der Spott war das ei-
ne. An Land gefangen zu sein, das andere.
Sich nicht für eine gewisse Zeit komplett
abmelden zu können: keine SMS, keine
E-Mail. Nicht erreichbar sein. Tagelang.
U-Bootfahrer haben den Dienst quit-
tiert und die Truppe verlassen, als die Boo-
te nicht auslaufen konnten. In einer Zeit, in
der sie geregelte Arbeitszeiten hatten und
für ihre Familien da sein konnten. Das
reichte ihnen aber nicht.
Vom ersten Mal Tauchen bekommt man
nicht viel mit, sagen die Seeleute. „Da ist so
viel los. Da macht man sich keine großen
Gedanken“, sagt Leutnant zur See Nagel-
schmitz, 28, die einzige Frau an Bord. Ihr
Vater, ihr Bruder, ihr Onkel und zwei Cou-
sins sind bei der Bundeswehr. Sie hat ein
Leben ohne die Truppe versucht und Han-
delsmanagement studiert. Und meldete
sich danach doch bei der Bundeswehr. Sie
sagt, ihr habe das Unterwegssein gefehlt,
das sie als Kind einer Soldatenfamilie kann-
te. „Sobald der Deckel vom Boot zu ist, geht
es mir gut.“ Antriebsoffizier Mudra, ein 28
Jahre alter Ingenieur, wollte unbedingt ei-
nen Arbeitsplatz, an dem er von Technik
umgeben ist. Obermaat Engel, 34, ist zehn
Jahre Lkw gefahren, bevor er zur Marine
kam. Von der Welt oben hat er genug gese-
hen. Kamerad Neis, 30, erzählt, wie er bei
einer Tauchfahrt in Norwegen mit Kolle-
gen beim Essen saß und dachte: Das ist
fast wie bei der Familie. Und dann kam
ihm: „Junge, da sind hundert Meter Was-
ser über dir! Nichts ist wie zu Hause.“
Die Mahlzeiten und die Wachen struktu-
rieren den Tag. Es ist Morgen, wenn es
Frühstück gibt. Das Bett bleibt warm, denn
immer zwei teilen sich einen „Bock“, so
nennen sie die Kojen. „Du auch hier?“,
fragt Kapitänleutnant Winter, der 1. Wach-
offizier. An Bord wird er nur der Eins WO
genannt. Er hat sich gerade an einem Ka-
meraden vorbeigezwängt. Eins WO sagt,
dass die Stimmung umschlagen kann wie
das Wetter. Nach ein, zwei Wochen auf be-
ziehungsweise unter See öden einen selbst
die fröhlichsten Gesichter an.
Es ist 14.52 Uhr, als der Befehl kommt:
„Klarmachen zum Auftauchen.“
Das Boot steckt voller Elektronik, voller
Computer. Aber fürs Auftauchen müssen
Ventile von Hand geöffnet werden, mehre-
re und fast gleichzeitig. Das Auftauchen
muss funktionieren, auch dann, wenn alle
anderen Geräte und Computer ausgefallen
sind. „Anblasen.“ Leutnant zur See Nagel-
schmitz muss jetzt schnell sein. Ein Pfeifen
übertönt die Stimmen.U34taucht auf. Auf
zwölf Knoten bringt es das Boot. Der massi-
ge Bug schiebt das Wasser in einem im-
posanten Bogen vor sich her. Auf der
Brücke wird es eng, die Raucher drängen
an Deck.
Kommandant Schramma überlässt es ei-
nem seiner Offiziere, das Boot in den Ha-
fen zu manövrieren. Der Schwung, mit
demU34einläuft, muss stimmen, der
Wind beachtet werden. Je langsamer das
Boot wird, desto schwieriger lässt es sich
manövrieren. „Maschine stopp“, befiehlt
der Offizier. Er braucht jetzt Hilfe. Ein
Schlepper ist angerückt. Er soll mit seinen
Schrauben Wellen machen, die dem Boot
einen letzten, sanften Stupser geben. Für
einen Moment wird es spannend. Der
Schlepper-Kapitän übertreibt es. Das Was-
ser schäumt. Schramma wird laut: „Was
tut der da?“ EcktU34mit dem Ruder an
die Pier, ist das Boot wieder ein Fall für die
Werft. Aber alles geht gut.U34macht fest.
Die Manöverkritik an der Pier fällt kurz
aus. Schramma ist zufrieden. Der letzte Be-
fehl des Tages lautet: „Wegtreten zum Ein-
lauf-Bier.“ Noch kurz zusammenstehen
und etwas trinken, das hat Tradition. War
ein schöner Tag in See. Und das Boot ist
auch noch ganz.
DEFGH Nr. 262, Mittwoch, 13. November 2019 (^) DIE SEITE DREI 3
Endlich abwärts
Die Bundeswehr hat seit Jahren ein ernstes Materialproblem.
Bis vor Kurzem lagen auch alle U-Boote
auf dem Trockenen. Ein erster Tauchgang mit der „U34“
vonmikeszymanski
Die Besatzung hat gelitten. Der
Spott war das eine. Auf dem Land
gefangen zu sein, das andere
Ein erster Test in Eckernförde mit derU34. Kommandant
Christian Schramma (Bild unten, links) schwört die Mannschaft auf
eine „blitzsaubere Fahrt“ ein. Wenn alles gut geht, könnten
bald vier von sechs Booten wieder einsatzfähig sein.FOTOS: SZYMANSKI
Der Geschwindigkeitsmesser
zeigt: Das U-Boot fährt rückwärts.
Das macht es aber sicher nicht
„Sobald der Deckel vom Boot
zu ist, geht es mir gut“, sagt
die einzige Frau an Bord
Die Boote sind für einen Seekrieg
gemacht, sie helfen wenig
im Kongo oder am Hindukusch
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