Focus - 02.11.2019

(Barré) #1

E


s gibt Menschen mit uner-
schütterlichem Optimis-
mus. Die daran glauben,
dass das Glas immer halb
voll ist, nie halb leer.
Georg Kofler, 62, ist einer
von ihnen. „Bei mir über-
wiegt die Zuversicht“, sagt
der Unternehmer und Fern-
seh-Juror („Die Höhle der Löwen“) und
rollt dabei das R. Dennoch stört Kofler
vieles – vor allem die Art, wie in Deutsch-
land mit Millionären umgegangen wird.

Herr Kofler, lassen Sie uns über Geld reden.
Gerne, kein Problem.
Auch nicht, wenn es um Ihr
eigenes Vermögen geht?
Warum sollte ich damit ein Problem
haben? Geld und Vermögen gehören zu
meinem Leben dazu wie Essen und Unter-
haltung.
Wie alt waren Sie, als Sie
Millionär wurden?
Ich bin ja erst einmal als Schuldenmil-
lionär gestartet. Das war 1988. Damals
war ich 31 und hatte mir gerade das
erste Haus gekauft. Es wird häufig über-
sehen, dass Vermögenswerte erst ein-
mal finanziert werden müssen. Manche
dieser öffentlich beneideten Millionäre
haben ja vor allem Schulden. Zum Start
braucht man viel Mut, um sich ein Ver-
mögen aufzubauen.

Mit dem ProSieben-Börsengang 1997
wurden Sie dann zum Multimillionär. Wie viel
Glück war dabei, wie viel eigenes Zutun?
Das Glück des Tüchtigen hat mich
sicher begleitet.
Inwiefern?
Ich war mit der richtigen Idee zur rich-
tigen Zeit am richtigen Ort. Als ich 1988
Eureka Television übernahm, das heu-
tige ProSieben, stand der Sender vor
der Pleite. Und nun war eigenes Zutun
gefordert: Ich wollte den Sender unbe-
dingt führen und hatte eine klare Vor-
stellung von Programm und Vermark-
tung. ProSieben sollte ein Programm für
jüngere Familien mit vielen amerikani-
schen Filmen und Serien werden. Es gab
viele Zweifler. Ich brauchte eine Menge
Energie, um dieses junge Unternehmen
auf den Weg zu bringen.
Wie reich sind Sie heute?
Auch wenn Sie es vielleicht nicht glau-
ben, ich kann es Ihnen gar nicht so genau
sagen.
Die Rede ist von 150 Millionen Euro.
Ich habe nicht das berühmte Fest-
geldkonto auf der Bank. Fast mein gan-
zes Vermögen habe ich in Unternehmen
investiert, zum Beispiel die Social Chain
AG. Und bei der Bewertung von Firmen
geht es je nach Geschäftsverlauf ordent-
lich rauf und runter.
Sie schauen also andauernd
auf die Börsenkurse?

Um Himmels willen, nein! Da müsste
ich ja gleich zum Psychotherapeuten.
Viele Politiker machen sich aber Gedanken
über Ihr Vermögen und das anderer
Millionäre – und wollen eine Vermögen-
steuer einführen. Beunruhigt Sie das?
Von allen Steuerarten, die ich kenne,
ist die Vermögensteuer die allerdümms-
te. Sie ist geradezu eine Visitenkarte für
das wirtschaftspolitische Unvermögen der
Politiker, die sie fordern.
Das sehen SPD, Grüne und Linke aber
ganz anders. Auch die OECD hält eine
solche Steuer für „vorteilhaft“.
Vielleicht vorteilhaft im Hinblick auf
ihre Ideologie. Aber schädlich für die
Marktwirtschaft, weil Geld zum Investie-
ren entzogen wird. Unternehmer verplem-
pern ihr Geld doch nicht. Sie investieren
es in Innovationen und Arbeitsplätze –
und zwar aus Eigeninteresse. Unterneh-
mer legen ihr Vermögen produktiver an
als der Staat.
Sie haben keine hohe Meinung
von Politikern?
Im Gegenteil, der Job von Politikern
wird häufig unterbewertet. Aber der Staat
ist nun mal eine riesige Institution mit
gewaltiger Trägheit. Und daher ist er als
Unternehmer denkbar schlecht geeignet.
Das sehen wir an Projekten wie dem Pan-
nenflughafen BER doch exemplarisch.
Auch Unternehmer verkalkulieren
sich von Zeit zu Zeit.

Die Kofler-Story:


ein Leben für das Fernsehen


Fotos: dpa (4), People Picture, ddp images, Bernd-Michael Maurer

48 FOCUS 45/2019

In den Bergen
Georg Kofler verbrachte mit Schwester
Monika die ersten Jahre in Südtirol. Ihr Vater
starb 1961, da war Kofler gerade vier Jahre alt

Unter Partnern
Der damalige
FOCUS-Chef
Helmut Mark-
wort und Kofler
präsentieren
FOCUS-TV

Auf dem Parkett I
Am 7. Juli bringt Kofler
als ProSieben-Chef
den Sender an die
Börse. Die Aktie fährt
Achterbahn, liegt
heute nur 15 Prozent
im Plus

Neben dem Vorbild
Kofler war Büroleiter
von Leo Kirch, der
ihn zum Einstieg
ins TV-Geschäft
ermunterte und ihn
unterstützte

1998

1997

Anfang
der 60er

1996
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