Neue Zürcher Zeitung - 14.11.2019

(Marcin) #1

46 SPORT Donnerstag, 14. November 2019


Ständig Zweiter, trotzdem der Liebling

Zum Tod des einstigen Velostars Raymond Poulidor, der in Frankreich so populär war wie kaumein Sportler


ROD ACKERMANN,PARIS


Nicht zu Unrecht wird denFranzosen
eineVorliebe für Zweite des Klasse-
ments nachgesagt, eine Schwäche für
ehrenvoll Geschlagene. Sollte es da-
für ein Musterbeispiel geben, so hiesse
dasRaymondPoulidor. Der Radrenn-
fahrer, der in seiner18-jährigen Profi-
karriere dieTour deFrance nie zu ge-
winnen vermochte und nicht einmal für
einenTag das Maillot jaune des Leaders
trug, aber zwischen1962 und1976 acht-
mal dasPodest auf den Champs-Elysées
bestieg.Erwar im Herzen seinerLands-
leute weit mehr als der «ewige Zweite»,
nämlich ein Champion der Herzen.
Geboren im HerzenFrankreichs und
bis zuletzt auch dort ansässig, gehörte
der stämmigeSenior mit dem schloh-
weissen HaarschopfJahr fürJahr zum
festen Bestandteil der Grande Boucle.
Im Zielraum nicht zu übersehen dank
dem goldgelbenPolohemdeines der
Sponsoren, scherte sich «Poupou»kei-
nen Deut um Etikette sowie Protokoll,
plauderte mit allen und jedem, schrieb
Autogramme: ein Champion zum Anfas-
sen, einer wie du und ich – und ein denk-
bar starkerKontrapunkt zu Sporthelden
der Gegenwart mit ihren Entouragen.
So eindrücklich wie seinePopularität
bleibt auch seinPalmarès. Gewinner von
Mailand–SanRemo 1961 ,der Flèche
wallonne1963, derVuelta1964, desDau-
phiné Libéré1966 und1969, vonParis–
Nizza1972 und1973 sowie von sieben
Tour-de-France-Etappen:Poulidor lässt
sich nicht auf zweite Plätzereduzieren.
Als er dasRennrad1977 als 40-Jähriger
wegstellte,war erFrankreichsbeliebtes-
ter Sportler: Monument einer Zeit vor
denWeltmeistertiteln vonFrankreichs
Fussballern, als dieTour deFranceJahr
fürJahr das Allergrösste war im Sport.


Rivalität mit Jacques Anquetil


Wer RaymondPoulidor sagt, sagt im
gleichen AtemzugJacques Anquetil. Die
Rivalität der beiden zog in den sechziger
Jahren die Grande Nation in ihrenBann,
wie eseine halbe Generation vorher jene
zwischenFerdy Kübler und HugoKob-
let in derradsportbegeisterten Schweiz
getan hatte. Hier der beherzte Mann aus
dem Limousin, einFahrermit Punch und
Klettertalent, aber stets verfolgt vom
Pech; dort der zweiJahre ältere, allzeit
kühle Normanne mit dem Übernamen
«La Caravelle» und seinen fünfTour-


Tr iumphen. Der Gegensatz hätte grös-
ser nicht seinkönnen.
In Erinnerung bleibt ihr sogenann-
tes «Duell der Ellenbogen» am Puy de
Dôme während derTour von1964,als
Poulidor den schwächelnden Gegen-
spieler zu spätangriff. Demschlauen
Anquetil gelang es, seinenVorsprung
vor dem «ewigen Zweiten» zuretten;
bei der Schlussankunft inParis betrug
er lediglich 55 Sekunden. Heute noch
erzählenDabeigewesene,dass der Bei-
fallssturm für «Poupou» mächtiger aus-
fiel als jener für denTr äger des gelben
Tr ikots.Später entstand zwischen den
Rivalen eineFreundschaft, und als der
krebskrankeAnquetil1987 im Sterben
lag,soll er dem herbeigeeiltenPouli-
dor gesagt haben: «Siehst du, auchdie-
sesRennen wirst du verlieren und aber-
mals Zweiter werden.»

Tatsache ist, dass eskeiner der späte-
ren französischenTour-de-France-Hel-
den, wederRoger Pingeon noch Bernard
Thévenet,weder der zweimalige Gewin-
nerLaurentFignon noch der fünffache
Sieger Bernard Hinault, in punctoNim-
bus mitPoulidor aufnehmenkonnte.Als
sich derVeteran im vergangenenJuli in
Brüssel ein letztes Mal beimTour-Start
zeigte, schlug ihm begeisterterApplaus
entgegen. Der Kalauer von der «Pou-
poularité» machte nicht Halt vorLan-
desgrenzen.

ImReichderNostalgie


Allen Erfolgen und Bezeugungen der
Beliebtheit zum Tr otz blieb Pouli-
dor zeitlebens ein einfacher Mann des
Volkes. EinSymbol jener in manchen
Chansons heraufbeschworenen «douce

France» der stillen Flüsse und arbeit-
samen Menschen,die vor allem imReich
der Nostalgie existiert– nicht anders als
derRadsport der sagenhaften Epoche
mit seinen Helden derLandstrasse.
Poulidor starb am Mittwoch im Spital
seinerWohngemeinde Saint-Léonard-
de-Noblat bei Limoges, fünfWochen
nacheinem Schwächeanfall,der ihm
die Sprache geraubt hatte. DerFranzose
RomainBardet, vor dreiJahren seiner-
seitsTour-Zweiter und 20 17 Gesamt-
dritter, sagte zur Bedeutung des Idols:
«Er war der Bindestrich zwischen den
Generationen.»Poulidors Enkel ist der
niederländischeRadprofi Mathieuvan
derPoel,ihm wirdeine grosse Zukunft
vorausgesagt. DemPeloton desRad-
sports, nicht allein demjenigenFrank-
reichs,wirdRaymondPoulidor emp-
findlich fehlen.

FUSSBALL


Arsène Wenger wechselt


zum Weltfuss ballve rband


(dpa)·ArsèneWenger hat einenneuen
Job.Der70-jährigeFranzose, der kurz-
zeitig auch als neuerTr ainer vonBay-
ern München gehandelt worden war,
heuert beimWeltfussballverbandFifa
als «Direktor für globaleFussballförde-
rung» an.Wenger wird der Nachfol-
ger des Niederländers Marcovan Bas-
ten. Zuletzt arbeitete der langjährige
Erfolgstrainer von Arsenal London als
Fernsehexperte.


Davi d Villa


hört am Saisonende auf


(sda)·David Villa, der Rekordtor-
schütze der spanischen Nationalmann-
schaft, hat denRücktritt angekündigt.
Der 37- jährige Stürmer wird die Kar-
riere am Ende der J-League-Saison
beenden.Villa spielt seit dem letzten
Dezember fürVisselKobe. Seine erfolg-
reichstenJahre hatte erzwischen 2005
und 20 14 bei Valencia,Barcelona und
Atlético Madrid. MitBarcelona wurde
Villa zweimal Meister und 2011 Cham-
pions-League-Sieger. 20 14 verabschie-
dete er sich nach einem weiteren Meis-
tertitel mit Atlético in die Major League
Soccer. Für das spanische Nationalteam
schossVilla in 98Partien 59Tr effer. 2008
wurde er Europameister, 2010Welt-
meister.


Credit Suisse vier weitere
Jahre Ha uptsponsorin

(sda)·Die Credit Suisse bleibt Haupt-
sponsorin der Schweizer Nationalmann-
schaften.Der imkommenden Som-
mer auslaufendeVertrag zwischen dem
SchweizerischenFussballverband und
der Grossbank wurde um vierJahre bis
2024 verlängert.Damit ist die Credit
Suisseauch in Zukunft Hauptpartnerin
aller Nationalmannschaften der Män-
ner undFrauen sowie des Beachsoccer-
Teams. Die Hälfte des finanziellen En-
gagements fliesst in den Nachwuchs.

MOTORRAD

Dominique Aegerter
in die MotoE-Klasse
(sda)·DominiqueAegerter wechselt
in die MotoE-Klasse. Der Berner unter-
schrieb beim deutschenTeam «Intact»
einenVertrag für die neugeschaffene
Rennserie mit Elektro-Motorrädern.
Der 29-jährigeAegerter hatte am Diens-
tag mitgeteilt, dass er aus der Moto2-
Klasse aussteigen und am Sonntag in
Valencia sein vorläufig letztesRennen
für dasTeamForward MV Agusta in
der zweithöchsten Kategorie der Stras-
sen-Weltmeisterschaft bestreiten werde.
Mit Intactkönnten sich gleichwohl noch
Moto2-Einsätze ergeben, sofern mit
TomLüthi oder Marcel Schrötter einer
der zwei Stammfahrer ausfallen sollte.

BEHINDERTENSPORT

Dritte WM-Medaille
für Marcel Hug

(sda)·Nach Silber über 800mund
Bronze über 1500 m hat Marcel Hug an
derPara-Leichtathletik-WM inDubai
eine weitere Medaille gewonnen. Der
Titelverteidiger über 5 000 m belegte
hinter dem 1500 -m-Weltmeister Prawat
Wahoram ausThailand den 2.Rang.

EISHOCKEY

Raphael Herburger
zum HC Lugano
(sda)·Der HCLugano hat fürdie
kommende Saison den österreichischen
Internationalen Raphael Herburger
verpflichtet. Der Stürmer mit Schwei-
zer Lizenz hat sich für zweiJahre ver-
pflichtet. Herburger, der mit Klagenfurt
2009 und 2013 Meister wurde, ist zur-
zeit bei Salzburg tätig.Von 2013 bis 20 16
hatte der 30-Jährige für Biel gespielt.
Mit Österreichs Nationalteam nahm er
an den Olympischen Spielen 20 14 sowie
an dreiWeltmeisterschaften teil.

Rapperswil-Jona engagiert
Jelovac und Lehmann
(sda)·Die Rapperswil-Jona Lakers
vermelden zwei Zuzüge für diekom-
mende Saison.VonAmbri-Piotta stösst

der 24-jährigeVerteidiger IgorJelovac
und von Klotender 20-jährige Stürmer
Marco Lehmann zu den St. Gallern.
Beide haben einen Zweijahresvertrag
unterzeichnet. Bis zum Ende der lau-
fenden Meisterschaft wird der Stürmer
Juraj Simek bei denLakers bleiben.

RAD

Kristi jan Durasek
vier Jahre ge sperrt
(sda)·DerRadsport-Weltverband UCI
hat im Zusammenhang mit der «Opera-
tionAderlass» einen weiterenRadprofi
wegen Dopings bestraft. Der Kroate
KristijanDurasek wurde wegen des Ge-
brauchs verbotener Methoden und Sub-
stanzen in denJahren 20 16 bis 20 19 für
vierJahre gesperrt.

TENNIS
Nadal ringt Medwedew nieder
London.ATP Finals (9 Mio.$/Halle). Gruppe Andre
Agassi:Nadal (ESP/1) s. Medwedew (RUS/4) 6:7 (3:7),
6:3, 7:6 (7:4).Tsitsipas (GRE/6) s. Alexander Zverev
(GER/7) 6:3, 6:2.– Rangliste (alle 2 Spiele):1. Tsitsipas 2
Siege. 2. Nadal 1. 3. Nadal 1. 4. Medwedew 0. –Tsitsipas
im Halbfinal.– Gruppe Björn Borg. Dienstagabendspiel:
Thiem (AUT/5) s. Djokovic (SRB/2) 6:7 (5:7), 6:3, 7:6 (7:5).


  • Donnerstag. 15 Uhr:Thiem (AUT/5) - Berrettini (ITA/8).

  • 21 Uhr:Djokovic (SRB/2) - Federer (SUI/3).– Rangliste
    (alle 2 Spiele):1. Thiem 2 Siege. 2. Djokovic 1 (3:2 Sätze).



  1. Federer1 (2:2). 4. Berrettini 0. – Thiem im Halbfinal,
    Berrettini ausgeschieden.


Sport amFernsehen

SRF 215.00Tennis.ATP-Finalturnier in London,
Thiem - Berrettini.21.00Federer - Djokovic.
22.35Sport aktuell.

Gewinnzahlen

Schweizer Zahlenlotto
7, 16, 18, 26, 35, 40
Glückszahl (GZ): 2 , Replayzahl: 12
Joker: 065582

Deutsches Zahlenlotto
17, 18, 20, 29, 38, 44
Superzahl: 0
Spiel 77:3281466,Super 6: 631291

Euro Millions
1, 21, 23, 25, 39,Sterne:2, 4


  1. Chance
    25, 30, 44, 49, 50
    ALLE ANGABEN OHNE GEWÄHR


RaymondPoulidor 1963 an einem Zeitfahren in Lugano. Er bliebzeitlebens ein einfacher Mann desVolkes. KEYSTONE

Abraham sieben


Wochen gesperrt


Eintracht -Frankfurt-Captain büsst
für Rempler gegen Trainer Streich

(sda)· David Abraham, der Captain
desFussballklubs EintrachtFrankfurt,
wird in diesemJahrkeine Spiele mehr
absolvierenkönnen. Der Argentinier ist
wegen seinesRemplers gegen Christian
Streich, denTr ainer des SCFreiburg,
für siebenWochen bis zum 29. Dezem-
ber gesperrt worden. Neben der Sperre
sprach das Sportgericht des Deutschen
Fussball-Bundes gegen Abraham eine
Busse in der Höhe von 2500 0 Euro
aus. EintrachtFrankfurt wird gegen das
Urteilrekurrieren.
Abraham, der von 2008 bis 2012 für
den FCBasel spielte,hatte Streich bei
der 0:1-Niederlage am Sonntag in der
Nachspielzeit an der Seitenlinie mit der
Schulter zu Boden gerissen und dafür
dierote Karte gesehen. DerFreibur-
gerVincenzo Grifo, der nach einer Tät-
lichkeit gegen Abraham ebenfalls aus-
geschlossen worden war, muss für drei
Spiele aussetzen.
Abraham hatte nach der unüberleg-
ten Handlung viel öffentliche Kritik ge-
erntet. Streich, der unverletzt geblieben
war, nahm die Entschuldigung des Ab-
wehrspielers nachdem Abpfiffan. Der
Eintracht-CoachAdi Hütter betonte
AnfangWoche: «David ist und bleibt
unser Kapitän. Ich binkeiner, der je-
manden fallenlässt, wenn er mal einen
Fehler begeht.»

Tomas Berdych


tritt zurück


Finalqualifikation in Wimbledon
als Karrierehöhepunkt

(sda)· Der frühereWeltranglistenvierte
Tomas Berdych beendet seineTennis-
karriere. Der 34-jährige Tscheche wollte
die Neuigkeit eigentlich am Samstagim
Rahmen desATP-Finalturniers in Lon-
don «als Überraschung» bekanntgeben.
Doch die Meldung machte vorab die
Runde und wurde von Berdych schliess-
lichaufTwitter bestätigt.
Nach einem guten Saisonstart mit der
Finalqualifikation in Doha kam Berdych
wegen Hüftproblemen nicht mehr auf
Touren. Zuletzt spielteer am US Open,
an dem er in der Startrunde am Qualifi-
kantenJenson Brooksby scheiterte. Ber-
dych war jüngst aus den ersten 100 der
Weltranglistegefallen.
Berdych hielt sich vonJuli 2010 bis
Oktober 20 17 ununterbrochen in den
TopTen desRankings. Der grosse Coup
inForm eines Grand-Slam-Titels gelang
ihm nicht. 2010 verlor er imWimbledon-
Final gegenRafael Nadal, nachdem er in
denViertelfinals RogerFederer geschla-
gen hatte. Den wertvollsten seiner 13
Turniersiege feierte Berdych 2005 beim
Masters-10 00 -Turnier vonParis-Bercy.
Zudem gewann er mit Tschechien 2012
und 2013 denDavis-Cup.
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