Die Welt - 31.10.2019

(lily) #1

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4 POLITIK DIE WELT DONNERSTAG,31.OKTOBER


S


eyran Ates ist schwer ent-
täuscht. Eigentlich habe sie
immer sehr große Stücke
gehalten auf Franziska Gif-
fey, die Bundesfamilienmi-
nisterin von der SPD. Mit einem großen
Blumenstrauß sei sie einmal in die von
Ates gegründete liberale Ibn-Rushd-
Goethe-Moschee gekommen, stets habe
die Sozialdemokratin versichert, wie
wertvoll die Arbeit sei, die dort geleistet
wird.

VON SABINE MENKENS

Und jetzt das: Der Förderantrag für
das Projekt gegen religiös motivierten
islamischen Antisemitismus, das Ates
hier auf die Beine stellen wollte, wurde
abgelehnt. Ausgerechnet in Zeiten, in
denen der Antisemitismus sich wieder
ausbreitet hierzulande. Von rechter, lin-
ker und islamischer Seite.
Ates’ Modellprojekt ist eines von
Hunderten Projekten, die für die nächs-
te vierjährige Förderperiode des Pro-
gramms „Demokratie leben“ des Famili-
enministeriums durch die Vorauswahl
fielen. Obwohl Giffey ihr bereits Unter-
stützung signalisiert habe, wie Ates
sagt. „Ich bin extremst enttäuscht von
ihr“, sagt Ates. „Sie hat nicht Wort ge-
halten.“
Die Rechtsanwältin und Frauenrecht-
lerin hat an diesem Mittwochmittag ge-
meinsam mit vier anderen Vertretern
zivilgesellschaftlicher Initiativen zu ei-
ner Pressekonferenz geladen. Thema
sollte die Umstrukturierung sein, die
bei „Demokratie leben“ vorgenommen

wurde und die dazu führt, dass künftig
weniger Geld in Modellprojekte fließt.
Vor allem aber sollte es um die Mittel-
kürzungen gehen, die dem Programm
ab dem Jahr 2021 drohten.
Doch just als die Initiativen zur Klage
ansetzen, tritt Giffey mit Innenminister
Horst Seehofer (CSU) und Justizminis-
terin Christine Lambrecht (SPD) vor
die Presse und präsentiert ein Maßnah-
menpaket gegen Rechtsextremismus
und Hasskriminalität, das die Regierung
am Mittwoch als Reaktion auf den
rechtsextremen Anschlag in Halle ver-
abschiedet hat. Man habe sich verstän-
digt, dass „Demokratie leben“ bis 2023
mit jeweils mindestens 115,5 Millionen
Euro jährlich weiterfinanziert werden

soll. Darüber hinaus werde sie sich für
eine weitere Erhöhung einsetzen, ver-
sprach Giffey. „Es ist ein wichtiger
Punkt, dass wir jetzt eine klare Verabre-
dung über Planungssicherheit in den
nächsten vier Jahren haben.“
Erst am Vortag hatte sich Giffey mit
Vertretern jüdischer Organisationen ge-
troffen und über den wachsenden Anti-
semitismus und die Wichtigkeit von De-
mokratieförderung ausgetauscht. Für
den Frust der Träger zeigte sie dort Ver-
ständnis. „Ich verstehe jede Initiative,
die enttäuscht ist, weil sie eine Förde-
rung beantragt hat, sie aber nicht bewil-
ligt bekommt.“ Mit 1000 Förderanträ-
gen für Modellprojekte sei die Nachfra-
ge für die nächste Förderperiode von
„Demokratie leben“ aber enorm hoch
gewesen. „Wir sind ein bisschen von un-
serem eigenen Erfolg überrollt wor-
den.“ In der letzten Förderperiode 2015
bis 2019 hatte das Ministerium 275 bun-
desweite Modellprojekte gefördert. Aus
der Evaluierung habe sie aber die klare
Rückmeldung erhalten, lieber einige
größere Projekte zu fördern als viele
kleine, sagt Giffey. Mehr Geld fließt
auch in kommunale Partnerschaften für
Demokratie und die 16 Landesdemokra-
tiezentren, die ihrerseits wieder mehr
als 4000 Projekte vor Ort fördern.
Eine langfristige und strukturell an-
gelegte Finanzierung aber ist das nicht.
Um gute und sinnvolle Initiativen auch
dauerhaft zu fördern und auf finanziell
solide Beine zu stellen, brauche es ein
Demokratiefördergesetz, glaubt Giffey.
„Für den sozialen Frieden und den so-
zialen Zusammenhalt in Deutschland

ist die Demokratieförderung nicht nur
mal eine Projektaufgabe, sondern eine
Daueraufgabe, die lebensnotwendig für
den Erhalt der Demokratie ist.“
Ein erstes Ziel erreichte Giffey im
Bundeskabinett. Der Neun-Punkte-Plan
über Maßnahmen zur Bekämpfung von
Rechtsextremismus und Hasskriminali-
tät, den die Regierung verabschiedete,
enthält auch eine Passage zur Stärkung
der Präventionsarbeit gegen Rechts-
extremismus. Programme zur Förde-
rung der Demokratie und zur Sensibili-
sierung gegen Extremismus, Rassismus
und Antisemitismus sollen eine ständi-
ge Förderung „auf hohem Niveau“ er-
halten, beschloss das Kabinett. Man set-
ze sich für eine „längerfristige und
nachhaltige Förderung zivilgesellschaft-
lichen Engagements“ ein. Das dürfte zu-
mindest ein erster Schritt in Richtung
eines Demokratiefördergesetzes sein,
wie es Giffey vorschwebt. Seehofer ver-
wies allerdings auf Vorbehalte in der
Unionsfraktion gegen eine gesetzliche
Neuregelung. „Trotzdem bin ich der
Meinung, dass wir die rechtlichen
Grundlagen weiter prüfen und diskutie-
ren müssen“, sagte der CSU-Politiker.
Wenn klarer sei, worum es bei einem
neuen Gesetz gehen solle, sei es „leich-
ter, dafür Zustimmung zu bekommen“.
Giffey begrüßte, dass es nun zumin-
dest eine „klare Verabredung über Pla-
nungssicherheit“ für die Präventionsar-
beit gebe und dass die Kürzungsdebatte
erst einmal vom Tisch sei. Gleichwohl
bleibe sie dabei: „Ein Demokratieför-
dergesetz wäre ein großer Schritt hin zu
dauerhafter Finanzierung.“ Dies sei wie

bisher über Modellprogramme „nur be-
grenzt zu machen“.
Neben dem Ausbau der Präventions-
arbeit enthält der Neun-Punkte-Plan
der Bundesregierung eine Reihe weite-
rer Maßnahmen. Gegen Hass, Rechts-
extremismus und Antisemitismus
müssten „sämtliche rechtsstaatliche
Mittel“ eingesetzt werden, heißt es in
der Vorlage. „Das Signal ist klar: Wir
handeln und lassen unseren Worten Ta-
ten folgen“, sagte Seehofer.
Eine der wichtigsten Neuregelungen
richtet sich an Internetunternehmen:
Soziale Netzwerke sollen verpflichtet
werden, strafbare Inhalte künftig aktiv
den Sicherheitsbehörden zu melden. Im
Falle des begründeten Verdachts müs-
sen sie auch die IP-Adresse der Nutzer
herausgeben, um eine Strafverfolgung
zu ermöglichen. Die Auskunftspflicht
soll vor allem bei Morddrohungen und
Volksverhetzung gelten.
Aggressive Beleidigungen und Hetze
im Netz sollen künftig härter bestraft
werden können. Damit werde berück-
sichtigt, dass Beleidigungen besonders
folgenschwer sein können, weil sie eine
„unbegrenzte Reichweite“ erzielen und
wegen der „vermeintlichen Anonymität
im Netz oft sehr aggressiv“ ausfielen,
heißt es in dem Kabinettsbeschluss.
Kommunalpolitiker sollten der Vorla-
ge zufolge einen besonderen Schutz ge-
gen Beleidigungen und üble Nachrede
auch im Internet erhalten. Dafür wird
Paragraf 188 im Strafgesetzbuch erwei-
tert, der Beleidigungen gegen „Perso-
nen des öffentlichen Lebens“ unter
Strafe stellt. Sie höre immer häufiger,
dass Verantwortliche vor Ort Be-
schimpfungen nicht mehr ertragen, sag-
te Lambrecht. Das dürfe eine wehrhafte
Demokratie nicht zulassen. Auch zivil-
gesellschaftlich engagierte Bürger sol-
len besser vor Hass und Hetze ge-
schützt werden. So will die Koalition
das Melderecht ändern, damit die
Adressen von Betroffenen besser ge-
schützt werden können.
Auch das Waffenrecht soll verschärft
werden: Wer Mitglied in einer verfas-
sungsfeindlichen Vereinigung ist, soll
künftig keinen Waffenschein bekom-
men. Anträge auf einen Waffenschein
sollen eine Regelanfrage beim Verfas-
sungsschutz nach sich ziehen. Die Bun-
desregierung will zudem den Inlandsge-
heimdienst und das Bundeskriminalamt
besser ausstatten. Die Verfassungs-
schützer sollen Rechtsextremisten in-
tensiver als bislang beobachten, und die
Behörden sollen mehr Finanzmittel und
Personal für rechtsextrem motivierte
Kriminalität bekommen.
Für die Initiativen, die parallel zur Re-
gierungspräsentation vor der Presse ih-
ren Protest bekunden, ist das aber alles
noch nicht genug. „Wir erleben eine
himmelschreiende Groteske“, sagt der
Gießener Antisemitismusforscher
Samuel Salzborn. „Wir hören seit Jahren
Erklärungen gegen Antisemitismus, die
richtig und wichtig sind. Und zeitgleich
haben wir seit Jahren fehlendes Han-
deln.“ Die Träger würden immer nur
kurzfristig unterstützt und dann wieder
alleingelassen. Nur mit verlässlichen, auf
Dauerhaftigkeit angelegten und regel-
haft finanzierten Strukturen könne dem
wachsenden Rechtsradikalismus und
Antisemitismus begegnet werden. mit AFP

Bundesfamilienminis-
terin Franziska Giffey
(((SPD) bekommtSPD) bekommt
Gegenwind

AFP

/TOBIAS SCHWARZ

Zumindest ein VERSUCH


Die Regierung


beschließt ein


Paket gegen


Rechtsextremismus.


Auch die Prävention


soll verstärkt


werden. Doch


zivilgesellschaftliche


Initiativen meutern.


Sie fühlen sich


verschaukelt


E


in bayerischer Gastwirt hat seine
Räume schon ein paar Mal an die
AfD vermietet. Künftig wird er
das aber nicht mehr tun, und einen be-
reits geschlossenen Mietvertrag für ei-
ne weitere Parteiveranstaltung hat er
gekündigt. „Es tut mir leid“, schreibt er
in einer an die AfD gerichteten Mail,
„ich habe Angst um unsere Gesundheit,
unser Hab und Gut und um das Wohl
der Gäste.“ Immer wieder bekomme er
Mails, auch Anrufe, „es wird uns ge-
droht“. Ein anderer Wirt aus Bayern
schrieb vor zwei Tagen an die AfD, dass
er wegen der „zahlreichen Beschwerden
und Drohungen“ den vereinbarten Ter-
min storniere. In Zukunft nehme er
„keine Termine und Veranstaltungen
an“. Die Mails der Gastwirte wurden
WELT von der Partei vorgelegt.

VON MATTHIAS KAMANN

ÄÄÄhnlich in Berlin. Der dortige AfD-hnlich in Berlin. Der dortige AfD-
Landesverband sucht seit Monaten ei-
nen geeigneten Raum für einen Landes-
parteitag am 9. und 10. November – fin-
det aber keinen. Mal muss ein beschau-
lich gelegenes Hotel, das schon die Be-
reitschaft zur Vermietung signalisiert
hatte, im Internet zur Kenntnis nehmen,
dass Antifa-Gruppen den Landespartei-
tag bei einer Kundgebung vor Ort „zu
Brei stampfen“ wollen. Mal teilt ein po-

tenzieller Vermieter der Partei mit, man
habe sich „untereinander beraten“ und
sei zu dem Schluss gekommen, dass man
„„„wegen dem medialen Interesse absa-wegen dem medialen Interesse absa-
gen“ müsse. Dabei ist mediales Interesse
fffür Gastwirte doch eigentlich gut; sieür Gastwirte doch eigentlich gut; sie
werden dadurch bekannt. Aber im Zu-
sammenhang mit der AfD kann solche
Bekanntheit auch Drohungen oder sogar
Gewalttaten nach sich ziehen.
Rund 100 Absagen habe man sich
schon eingehandelt, sagte der Berliner
AfD-Landesvorsitzende Georg Pazders-
ki bei einer Pressekonferenz am Diens-
tag. Am Mittwoch fuhr er nach WELT-
Informationen zusammen mit Landes-
geschäftsführer Alexander Bertram
neuerlich durch die Hauptstadt und an-
grenzende Gebiete in Brandenburg, um
sich mögliche Ausweichquartiere anzu-
sehen. Die Zeit bis zum geplanten Par-
teitagstermin wird knapp. Und sie
drängt umso mehr, als die Neuwahl des
Vorstands ansteht, der schon aus recht-
lichen Gründen nicht länger im Amt
bleiben darf.
Zwar macht die Partei keine Angaben
dazu, wie viele der angesprochenen Ver-
mieter aus Angst vor Einschüchterung
oder Gewalt abgesagt haben – und wie
viele Gastwirte oder Hoteliers in freier
unternehmerischer Entscheidung der
Partei von sich aus die Tür gewiesen ha-
ben. Rund um den 30. Jahrestag des

Mauerfalls kann es in und um Berlin
auch eine tatsächliche Raumknappheit
geben. Zumal Platz für rund 450 Leute
benötigt wird. Denn wie in den meisten
Landesverbänden soll es auch hier ein
Mitgliederparteitag werden: Alle, die
ein Berliner AfD-Parteibuch besitzen,
dürfen kommen und abstimmen.
Dennoch ist angesichts vieler ähnli-
cher Fälle in anderen Bundesländern
und auch vorher schon in Berlin nicht
ernsthaft zu bezweifeln, dass jedenfalls
ein Teil der aktuellen Absagen in der
Hauptstadt mit dem zu tun hat, was
Pazderski so umschrieb: „Es wird ge-
genüber den Wirten mit Gewalt ge-
droht, aber auch gegenüber den Famili-
en und Mitarbeitern. Nach dem Motto
‚Wir wissen, wo ihr wohnt‘.“ Jene Perso-

der Regierende Bürgermeister aller-
oberster Saalvermieter in Berlin ist
noch die Senatskanzlei die Organisati-
onszentrale der AfD“. Es sei „einiger-
maßen absurd anzunehmen, dass die
Senatskanzlei dafür zuständig ist,
Räumlichkeiten für Veranstaltungen für
Parteien zur Verfügung zu stellen“. Dies
betreffe Anfragen von Parteien sowohl
der rot-rot-grünen Koalition als auch
der Opposition.
Keinen Beleg gibt es für die Mutma-
ßung, der AfD-Landesvorstand ver-
schleppe den Parteitag und schiebe die
Raumfrage sowie Gewaltandrohungen
nur vor. Zwar stehen Pazderski und von
Storch in der Berliner AfD tatsächlich
unter Druck, weil sie manchen als zu
moderat gelten. Bei einer Vorstandsneu-
wahl könnten sie Konkurrenz vom völki-
schen „Flügel“ und dessen Anhängern
bekommen. Würden Pazderski und von
Storch am 9. und 10. November in Berlin
nicht bestätigt, wären ihre Chancen auf
eine Wiederwahl in den AfD-Bundesvor-
stand beim Bundesparteitag am ersten
Adventswochenende in Braunschweig
noch schlechter als ohnehin. Aber nach
WELT-Informationen wird auch in Ber-
liner Rechtsaußen-Kreisen der AfD nicht
bezweifelt, dass der Hauptstadt-Vor-
stand bei der Suche nach Räumen für
den Landesparteitag tatsächlich mit rie-
sigen Problemen zu kämpfen hat.

Ein Mietvertrag mit der AfD kann gefährlich werden


Die Partei hat Probleme, Veranstaltungsräume zu finden. Schuld seien Drohungen gegen Wirte. Besonders eng wird es in Berlin


ES WIRD


GEGENÜBER


DEN WIRTEN MIT


GEWALT GEDROHT


GEORG PAZDERSKI,


Berliner AfD-Vorsitzender


,,


nen wollten verhindern, so Pazderski,
dass die AfD ihren gesetzlichen Pflich-
ten zur Vorstandsneuwahl nachkommt.
Pazderskis Stellvertreterin Beatrix von
Storch sagte: Die Demokratie werde
„dysfunktional“, wenn eine im Berliner
Abgeordnetenhaus vertretene Partei
weder tagen noch wählen könne und
„einfach aus dem Diskurs ausge-
schlossen“ werde.
Ergebnislos blieben bisher die Versu-
che der AfD, den Parteitag in Räumen
im Besitz der Stadt oder der Bezirke ab-
zuhalten. Pazderski wandte sich in der
vergangenen Woche per Brief an den
Regierenden Bürgermeister Michael
Müller (SPD), schilderte die Probleme
der Partei bei privaten Vermietern. Er
verwies darauf, dass nach AfD-Kenntnis
vier öffentliche Räumlichkeiten in der
Stadt für einen Parteitag geeignet seien.
Doch hierbei, so Pazderski in dem Brief,
hätten die jeweils verantwortlichen Be-
zirke neuerdings „alle Nutzungsverord-
nungen so gefasst, dass landesweite po-
litische Veranstaltungen, wie zum Bei-
spiel Landesparteitage, nicht mehr er-
laubt sein sollen“. Da dies im konkreten
Fall die Lage für die AfD noch schwieri-
ger mache, hoffe die Partei nun „auf die
Unterstützung des Senats in dieser
Angelegenheit“.
Pazderski blitzte ab. Senatsspreche-
rin Claudia Sünder sagte, „dass weder

A


m Mittwoch hat die Regierung
ein Maßnahmenpaket gegen
Rechtsextremismus und Hass-
kriminalität auf den Weg gebracht, das
die Verschärfung einiger Gesetze vor-
sieht. Konstantin Kuhle, innenpoliti-
scher Sprecher der FDP-Bundestags-
fraktion kritisiert „die falsche Prioritä-
tensetzung“.

VON HEIKE VOWINKEL

WELT:Nach Halle hieß es, Worten
müssten Taten folgen. Nun will die
Regierung Betreiber großer sozialer
Netzwerke zur Anzeige bestimmter
Delikte verpflichten. Warum ist die
FDP dagegen?
KONSTANTIN KUHLE: Es ist noch über-
haupt nicht klar, auf welche Straftatbe-
stände sich etwa die Anzeigepflicht be-
zieht. Sollte die verschärfte Bestrafung
von Beleidigungen im Internet auch da-
runter fallen, sehen wir als FDP das kri-
tisch. Man kann das Internet nicht an-
ders behandeln als die reale Welt. Wir
haben zudem jetzt schon bei der Justiz
nicht genügend Leute, um diese Fälle zu
bearbeiten und oft fehlt hier auch die
digitale Kompetenz. Da hätte ich mir
von Frau Lambrecht zuallererst eine
personelle und finanzielle Stärkung der
Justiz gewünscht. So ist das die falsche
Prioritätensetzung.

Aber das liegt nicht in ihrer Kompe-
tenz, sondern in der der Länder.
Diese Regierung hat sich mit dem Pakt
für den Rechtsstaat im Koalitionsver-
trag darauf geeinigt, dass man sowohl
bei der Polizei als auch der Justiz über
eine gemeinsame Finanzierungsinitiati-
ve mehr Stellen zur Verfügung stellt.

Da sagt die Justizministerin, der
Bund habe ja mit seinem Finanzie-
rungsbeitrag seinen Anteil zu den
2000 zusätzlichen Stellen geleistet.
WWWenn allen klar ist, wie eng die Beset-enn allen klar ist, wie eng die Beset-
zung ist, warum macht man dann den
Pakt für den Rechtsstaat nicht noch mal
auf und stellt darüber hinaus zusätzliche
Mittel bereit? Ich mache mir Sorgen,
dass wir wieder zahnlose Tiger ins Recht
schreiben, die am Ende zu keiner Ver-
besserung des Diskussionsklimas im
Netz führen. Ich sehe zudem die Gefahr,
dass noch mehr Verantwortung bei den
Privaten also den Plattform-Anbietern
landet und noch weniger beim Staat.

Aber warum sollten die Plattform-Be-
treiber nicht auch für Inhalte haften,
so wie dies Verlage ja auch für Inhalte
auf ihren Plattformen tun?
Natürlich darf man die sozialen Netz-
werke nicht aus der Verantwortung ent-
lassen. Das Netzwerkdurchsetzungsge-
setz (NetzDG) enthält durchaus auch
gute Ansätze, wie die Regelung, dass sie
einen Zustellungsbevollmächtigten im
Inland benennen müssen. Aber statt
jetzt Beleidigungen im Netz noch stär-
ker zu bestrafen und womöglich auch
noch für Plattformbetreiber anzeige-
pflichtig zu machen, müsste neben ei-
ner Stärkung der Justiz vielmehr auch
darüber nachgedacht werden, wie das
Zivilrecht gestärkt werden kann.

Und wie könnte es gestärkt werden?
Nehmen wir den Beschluss des Landge-
richts Berlin zu offenkundigen Beleidi-
gungen gegen Frau Künast. Die Kollegin
wollte ja auf zivilrechtlichem Wege die
IP-Adressen der Beleidiger herausbe-
kommen und ist am Gericht geschei-
tert. Dieses Verfahren muss erleichtert
werden, sodass es wie beim Urheber-
rechtsverfahren einen speziellen Aus-
kunftsanspruch für Betroffene gibt, der
von Gerichten überprüft und dann zü-
gig umgesetzt werden muss.

Warum sollten schwere Beleidigun-
gen nicht auch von den Plattformen-
Betreibern angezeigt werden?
Eine Beleidigung liegt dann vor, wenn
sich jemand beleidigt fühlt, deshalb ist
das ein Antragsdelikt und der Betroffe-
ne muss selbst eine Anzeige erstatten.
Das sollte auch in Zukunft so bleiben.

„Die Justiz hat


schon jetzt nicht


genügend Leute“


FDP kritisiert Anzeigepflicht


für Twitter und Facebook


KKKonstantin Kuhle, innenpolitischeronstantin Kuhle, innenpolitischer
SSSprecher der FDP-Bundestagsfraktionprecher der FDP-Bundestagsfraktion

PA/DPA

/CHRISTOPH SOEDER

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