Die Welt - 31.10.2019

(lily) #1

Die Konjunktur trübt sich ein


Quelle: DIHK


BIP Wachstum in Prozent


2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019


Prognose


2020


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Pessimistische Aussichten


Quelle: DIHK


Geschäftserwartungen der Unternehmen


2007 2009 2011 2013 2015 2017 2019














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Deutliche Bremsspuren


Quelle: dihk


Beschäftigungsabsichten der Unternehmen


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Dramatischer Einbruch


Quelle: dihk


Exporterwartungen der Unternehmen


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I


n der deutschen Wirtschaft gras-
sieren Zukunftssorgen. Die Stim-
mung der Unternehmen ist so
pessimistisch wie zuletzt in der
weltweiten Finanzkrise vor zehn
Jahren. Dies spiegelt sich in der Kon-
junkturumfrage des Deutschen Indus-
trie- und Handelskammertages (DIHK)
unter 28.000 Unternehmen wider: Die
Geschäftserwartungen der Firmen sin-
ken rasant, die Betriebe planen weni-
ger Investitionen und weniger Neuein-
stellungen.

VON DOROTHEA SIEMS

Noch ist zwar der Arbeitsmarkt ro-
bust, wie die Oktoberbilanz der Bun-
desagentur für Arbeit zeigt. Danach
ging die Arbeitslosenquote um 0,
Punkte auf 4,8 Prozent zurück. Doch
fiel der Rückgang gegenüber dem Vor-
monat mit 30.000 weit geringer aus,
als dies im Herbst üblich ist. Und das
Institut für Arbeitsmarkt- und Berufs-
forschung rechnet bereits mit einem
Anstieg der Arbeitslosenzahlen in den
nächsten Monaten.
Es ist vor allem die exportorientierte
deutsche Industrie, die es mittlerweile
in ihrer ganzen Breite erwischt hat. In-
zwischen schwächelt aber auch die In-
landsnachfrage, vor allem bei den in-
dustrienahen Dienstleistern, im Groß-
handel und sogar im Baugeschäft sind
die konjunkturellen Bremsspuren un-
übersehbar. Und selbst die private
Nachfrage, die letzte Stütze der Kon-
junktur, macht zunehmend Sorgen. So

hatte das Nürnberger Marktforschungs-
unternehmen GfK jüngst den niedrigs-
ten Wert beim Konsumklima seit
Herbst 2016 ermittelt.
Der DIHK sieht Deutschlands Wirt-
schaft auf steiler Talfahrt und schraubt
seine Wachstumsprognose drastisch
herunter. Für das laufende Jahr rech-
net der Verband nur mit einem Plus
des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von
0,4 Prozent – im vergangenen Herbst
hatte der DIHK noch ein Wachstum
von 1,7 Prozent erwartet. Im kommen-
den Jahr könnte es für ein Plus von 0,
Prozent reichen.
Allerdings resultiert dieses magere
Wachstum fast ausschließlich aus dem
Effekt, dass das nächste Jahr vier Ar-
beitstage mehr hat. Der Spitzenver-
band ist damit pessimistischer als die
Bundesregierung. Diese erwartet wie
auch die führenden Wirtschaftsfor-
schungsinstitute ein Wachstum von 0,

Prozent im laufenden Jahr und 2020
ein Wachstum von 1,0 Prozent. Die
Gründe für die düsteren Aussichten
sind vielfältig. Zum einen spüren Mit-
telständler und Konzerne die Folgen
von Protektionismus und Handelskon-
flikten, und auch das Endlosdrama um
den Brexit setzt den Unternehmen zu
und drückt die Exporterwartungen im-
mer weiter in den Keller.
Zum anderen, so macht DIHK-Präsi-
dent Eric Schweitzer deutlich, belasten
auch hausgemachte Probleme die deut-
sche Wirtschaft zunehmend. Es gebe
„Unsicherheiten aufgrund wirtschafts-
politischer Rahmenbedingungen am
heimischen Standort“, moniert der Un-
ternehmer. Dies gelte insbesondere mit
Blick auf die Klima- und Energiepolitik.
Denn das von der großen Koalition im
Eiltempo beschlossene Klimapaket
bringe Unternehmen weitere Belastun-
gen. Schweitzer forderte die Regierung
angesichts der „besorgniserregenden“
konjunkturellen Entwicklung auf, zu
handeln, um die Wettbewerbsfähigkeit
zu sichern. Es gehe um nachhaltige Ver-
besserungen des Standortes Deutsch-
land. Ein wichtiges Signal wäre ein in-
ternational wettbewerbsfähiger Unter-
nehmensteuersatz von 25 Prozent und
die völlige Abschaffung des Solis, beton-
te Schweitzer.
Der DIHK-Chef verwies auch auf die
eklatanten Mängel in der Infrastruktur
und den enormen Rückstand bei der
Digitalisierung. Ein weiteres Standor-
trisiko sei der Energiebereich.
Deutschland habe europaweit die

höchsten Strompreise. Außerdem
mahnt der Verband einen deutlich
schnelleren Ausbau der Stromnetzes
an, weil ansonsten die Energiewende
unweigerlich scheitern werde.
Der lange Forderungskatalog des
Verbandes, den in ähnlicher Form auch
die Familienunternehmer, die Arbeit-
geber und die Industrie der GroKo ge-
betsmühlenartig vortragen, hat indes
wenig Chancen auf rasche Umsetzung.
Das zeigt sich derzeit besonders in der
Steuerpolitik. Zwar dringen auch Wirt-
schaftsminister Peter Altmaier (CDU)
sowie große Teile der Union auf umfas-
sende steuerliche Entlastungen von
Unternehmen. Mit der SPD aber sind
eine große Unternehmensteuerreform
sowie eine vollständige Soli-Abschaf-
fung nicht zu machen. Stattdessen be-
reiten die Koalitionäre neue Sozialaus-
gaben wie etwa die Einführung einer
neuen Grundrente oder weitere kos-
tensteigernde Verbesserungen im Pfle-
gesektor vor.
Uneinig sind sich die Auguren mo-
mentan darüber, ob die Konjunkturein-
trübung mehr ist als eine kurzzeitige
Delle nach zehn Jahren fast permanen-
ten Aufschwungs. Der Chef der Bundes-
agentur für Arbeit (BA), Detlef Scheele,
betont, dass es bei der Beschäftigungs-
entwicklung „keine nachhaltige Krise“
gebe. Im Laufe des nächsten Jahres wer-
de sie wieder ins Positive drehen, gab
sich der Behördenchef optimistisch. Er
verwies auf Regierung und Wirtschafts-
forscher, die im nächsten Jahr mit einer
Erholung der Wirtschaft rechneten.

In der HERBST-DEPRESSION


Export,


Beschäftigung,


Investitionen – die


Konjunktur befindet


sich im Sinkflug.


Der DIHK fordert


Reformen


9


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DIE WELT DONNERSTAG,31.OKTOBER2019 SEITE 9


WIRTSCHAFT


Fiat Chrysler und PSA wollen


sich zusammenschließen Seite 12


Die Mega-Fusion


TELEKOMMUNIKATION


Regierung plant


Mobilfunkausbau


Funklöcher vor allem auf dem Land
sind ein großes Ärgernis in Deutsch-
land. Die Bundesregierung will nun
den Ausbau des schnellen Mobil-
funks in der Fläche und entlang von
Verkehrswegen voranbringen – auch
mit staatlicher Hilfe. Das Kabinett
beschloss am Mittwoch Eckpunkte
für eine Mobilfunkstrategie. Ein
internationaler Vergleich zeige, dass
die Mobilfunkversorgung in
Deutschland den „Ansprüchen einer
hoch entwickelten Wirtschafts-
nation“ bislang nicht ausreichend
gerecht werde, heißt es. Es seien
„dringend Verbesserungen“ nötig.
Regierungssprecher Steffen Seibert
sagte, die Bundesregierung wolle bei
einer „Digitalklausur“ am 17. und 18.
November in Meseberg auf Basis
der Eckpunkte eine umfassende
Strategie erarbeiten. Dabei gehe es
zentral um die Versorgung von
Orten, die ohne staatliche Hilfe auf
längere Sicht keine Perspektive für
ein Mobilfunknetz hätten. Ziel ist
den Eckpunkten zufolge, dass
Deutschland beim Mobilfunk eine
„internationale Spitzenposition“ auf
Basis einer flächendeckenden 4G-
Versorgung erreicht. Dafür sollen
unter anderem Genehmigungs-
verfahren beschleunigt werden.
Bestehende Liegenschaften von
Bund, Ländern und Kommunen
sollen verstärkt als Standorte von
Antennenmasten genutzt werden.

SOCIAL MEDIA


Facebook sperrt


russische Netzwerke


Facebook hat drei Netzwerke von
russischen Konten gesperrt, die sich
in die Innenpolitik von acht afri-
kanischen Staaten eingemischt ha-
ben sollen. Die Netzwerke stünden
alle in Verbindung mit dem russi-
schen Geschäftsmann und Ver-
trauten von Russlands-Präsident
Wladimir Putin, Jewgeni Prigoschin,
teilte der Internetkonzern mit. Im
Visier waren demnach Menschen in
Madagaskar, in der Zentralafrika-
nischen Republik, in Mosambik, in
der Demokratischen Republik Kon-
go, in der Elfenbeinküste, in Kame-
run, im Sudan und in Libyen. Die
Netzwerke benutzten laut Facebook
fast 200 gefälschte Konten, um
mehr als eine Million Follower in
den acht afrikanischen Ländern zu
erreichen. Unternehmer Prigoschin


  • auch als „Putins Koch“ bekannt –
    hat bereits früher Fehlverhalten
    bestritten. Seine Anwälte reagierten
    zunächst ebenso wenig wie das
    russische Präsidialamt auf Anfragen
    für eine Stellungnahme.


GERÄTEHERSTELLER


Miele streicht mehr


als 1000 Stellen


Der Haushaltsgerätehersteller Miele
will seine Kosten senken und
streicht dafür bis Ende 2021 mehr
als 1000 Stellen. Weltweit sollen
rund 1070 Arbeitsplätze wegfallen,
davon 240 in Deutschland vor allem
in der Hauptverwaltung in Güters-
loh und im Vertrieb, wie es hieß.
Betriebsbedingte Kündigungen
sollen demnach soweit möglich
vermieden werden. Im Gegenzug ist
vorgesehen, rund 470 neue Stellen
vor allem im Digitalbereich zu
schaffen. 120 Jahre nach seiner
Gründung stelle sich Miele „grund-
legend neu auf“, hieß es. Ziel sei,
„die führende Marktposition im
Premiumsegment der Haus- und
Gewerbegeräte weiter auszubauen
und zugleich die Wirtschaftlichkeit
der gesamten Miele Gruppe nach-
haltig zu sichern“. „Dringender
Handlungsbedarf“, aber auch „enor-
me Chancen“ ergeben sich demnach
aus der rasant gewachsenen Bedeu-
tung digitaler Kanäle und mobiler
Geräte für die Gewohnheiten der
Kunden. Im Geschäftsjahr 2018/
erzielte Miele mit weltweit rund
20.200 Beschäftigten einen Umsatz
von 4,16 Milliarden Euro.

KOMPAKT


D


änemark hat als letzter betrof-
fener Staat seinen Widerstand
gegen den Bau der Ostseepipe-
line Nord Stream 2 zwischen Russland
und Deutschland aufgegeben. Die Be-
hörden erteilten dem russischen Bau-
herrn Gazprom jetzt die Genehmigung
für die Verlegearbeiten in der Aus-
schließlichen Wirtschaftszone südöst-
lich von Bornholm.

VON DANIEL WETZEL

„Wir freuen uns über die Zustim-
mung Dänemarks“, erklärte Samira Kie-
fer Andersson, die für das Land zustän-
dige Managerin der NordStream2 AG.
„Wir werden die konstruktive Zusam-
menarbeit mit den dänischen Behörden
fortsetzen, um den Bau der Pipeline ab-
zuschließen.“
Gegen den Bau der Pipeline hatten
mehrere EU-Staaten, darunter vor allem
Polen, und das EU-Parlament mit dem
Argument Front gemacht, die Leitung
erhöhe die Abhängigkeit der Europäi-

schen Union von russischen Gasliefe-
rungen. Nach der russischen Aggression
gegen die Ukraine bemühte sich auch
die US-Regierung, das russische Pipe-
line-Projekt zu verhindern oder zumin-
dest zu verzögern. US-Amerikanische
Sanktionsdrohungen gegen die westeu-
ropäischen Finanziers des Gazprom-
Projekts standen bis zuletzt im Raum.
Zwar haben die Amerikaner ihr Pri-
märziel, die Pipeline komplett zu ver-
hindern, nicht erreicht. Doch immerhin
gelang es der US-Administration – mut-
maßlich durch diplomatische Interven-
tion in Dänemark – das Projekt lange
genug hinauszuzögern, um der Ukraine
in den Verhandlungen mit Russland
über die Weiterführung des Gastransits
einen wichtigen Vorteil zu verschaffen.
Der Vertrag über den Transport rus-
sischen Gases über das Gebiet der
Ukraine läuft am 31. Dezember dieses
Jahres aus. Ohne Anschlussvertrag kann
die Gazprom ihre Lieferverpflichtungen
gegenüber ihren westeuropäischen
Kunden nicht erfüllen. Deshalb hatte

der russische Konzern alles daran ge-
setzt, bis Ende des Jahres mit Nord
Stream 2 eine alternative Route zur Ver-
fügung zu haben. Damit ist Gazprom
jetzt jedoch gescheitert.
Denn in der dänischen Wirtschafts-
zone sind noch 147 Kilometer Pipeline
im Doppelstrang zu verlegen, also ins-
gesamt fast 300 Kilometer. Bei einer
Verlegegeschwindigkeit von durch-
schnittlich rund drei Kilometern am
Tag braucht Gazprom also noch rund
100 Tage, um die Pipeline fertigzustel-
len. Hinzu kommt Zeit für den notwen-
digen Testbetrieb. Damit steht den Rus-
sen bis weit über das Ende des Transit-
vertrages mit der Ukraine hinaus keine
Alternative zur Verfügung. Kiew kann in
den Verhandlungen mit Russland des-
halb bessere Bedingungen über Laufzei-
ten und Preis des Gastransits heraus-
schlagen. Damit wird das Sekundärziel
der US-Regierung, eine Stabilisierung
der Ukraine, erreicht.
Dass die Ukraine gegenüber Russland
„am längeren Hebel“ sitzt, hatte zuletzt

bereits die unabhängige Expertenkom-
mission zum Monitoring der deutschen
Energiewende festgestellt: „Nimmt
man die Bedeutung der Staatseinnah-
men des Gastransits für die Ukraine (
Prozent) gegenüber den russischen
Staatseinnahmen aus Energieexporten
(40 Prozent föderal, 20 Prozent gesamt-
staatlich) zum Maßstab, so ist eine öko-
nomische Asymmetrie zu erkennen“,
heißt es im Bericht der Wissenschaftler
um den Münsteraner Umweltökono-
men Andreas Löschel: „Ein Ausbleiben
einer Anschlussregelung in der Ukraine
würde einen geringeren Schaden an-
richten als in Russland.“
Pipeline-Befürworter hatten darauf
verwiesen, dass die europäische Erd-
gasförderung stark rückläufig ist. Ins-
besondere die Niederlande hatten ihre
Produktion aufgrund von Erdbeben in
der Förderregion stark eingeschränkt.
Die Nachfrage nach Erdgas steigt auf-
grund des Kohle- und Atomausstiegs
in vielen europäischen Ländern
allerdings stark an. Eine stärkere Ab-

hängigkeit von Russland sei überdies
nicht zu befürchten, weil viele euro-
päische Häfen dazu befähigt wurden,
Tankschiffe mit verflüssigtem Erdgas
(Liquified Natural Gas, LNG) anlan-
den zu lassen. LNG-Lieferungen unter
anderem aus den USA erreichen über
den Hafen Rotterdam auch den deut-
schen Markt. Die Alternative LNG be-
grenzt insofern den Preissetzungs-
spielraum des europäischen Hauptlie-
ffferanten Russland.eranten Russland.
Bis heute sind über 2100 Kilometer
der Pipeline verlegt worden. Die Rohr-
verlegung wurde in russischen, finni-
schen und schwedischen Gewässern
vollständig abgeschlossen. In deutschen
Gewässern fehlt noch ein 16 Kilometer
langes Verbindungsstück. Der Bau bei-
der Anlandestationen in Russland und
Deutschland steht kurz vor dem Ab-
schluss. Nord Stream 2 hat bereits Inve-
stitionen in Höhe von sechs Milliarden
Euro getätigt, ein Großteil der Mittel
wurden von den westeuropäischen Gaz-
prom-Partnern aufgebracht.

RRRussland zieht bei Nord Stream 2 den Kürzerenussland zieht bei Nord Stream 2 den Kürzeren


Die Gaspipeline ist gesichert, Dänemark erteilt Gazprom die Baugenehmigung. Gewinner des Streits sind dennoch die Ukraine und die USA


D


ie US-Wirtschaft hat ihr Wachs-
tumstempo im Sommer dank
eines robusten Privatkonsums
in etwa halten können. Wie das Han-
delsministerium am Mittwoch in Wa-
shington mitteilte, wuchs die weltgröß-
te Volkswirtschaft im dritten Quartal
auf das Jahr hochgerechnet um 1,9 Pro-
zent. Das ist nur geringfügig weniger als
das Wachstum von 2,0 Prozent, das im
zweiten Vierteljahr erzielt wurde.
Am Abend wollte die US-Notenbank
Fed über die weitere Zinsentwicklung
entscheiden. Noch brummt die US-
Wirtschaft – doch die Warnsignale meh-
ren sich. Der Handelskrieg mit China
lastet auf der Konjunktur, genauso wie
geringere Investitionen der Privatwirt-
schaft und eine konjunkturelle Ab-
schwächung im verarbeitenden Gewer-
be. Die Fed dürfte daher Analysten zu-
folge mit einer weiteren Zinssenkung
gegensteuern, um die Wirtschaft zu sta-
bilisieren. Es wäre die dritte im laufen-
den Jahr. Bisher hat die Notenbank ihre
Lockerungen stets als Absicherung ge-
gen wirtschaftliche Risiken dargestellt.
Zuletzt wurde das US-Wachstum ge-
stützt durch den regen Konsum der Ver-
braucher und des Staates. Der private
Konsum stieg um 2,9 Prozent, der
Staatsverbrauch erhöhte sich ebenfalls
deutlich. Eine Belastung stellten dage-
gen die Investitionen der Unternehmen
dar, die so stark zurückgingen wie seit
fast vier Jahren nicht mehr. Dies dürfte
auch eine Folge der hohen Verunsiche-
rung wegen des Handelskonflikts sein.
In den USA werden Wachstumszahlen
auf das Jahr hochgerechnet. Sie geben
damit an, wie stark die Wirtschaft
wachsen würde, wenn das Wachstums-
tempo ein Jahr lang anhielte. In Europa
wird auf diese Methode verzichtet, wes-
halb Wachstumszahlen aus den beiden
großen Wirtschaftsräumen nicht un-
mittelbar vergleichbar sind.
„Das Wachstum fällt zwar besser aus,
als erwartet worden war, doch die BIP-
Zuwachsraten werden im Trend kleiner.
Eines wird damit deutlich: Die USA sind
nun selbst vom Handelskrieg betrof-
fen“, kommentierte Thomas Gitzel,
Chefökonom der VP Bank. Dies werde
beim Blick auf die privaten Investitio-
nen deutlich. Letztere gäben deutlich
nach und drückten die Wachstumsrate.
„Aufgrund der mit den Zollkonflikten
einhergehenden Unsicherheiten neh-
men die Unternehmen weniger Geld in
die Hand. Gegenüber dem Vorquartal
sind es nämlich die Anlageinvestitio-
nen, die das Wachstum drücken“, so
Gitzel. Ähnlich äußerte sich Jörg Zeu-
ner, Chefvolkswirt von Union Invest-
ment. Er erklärte, das Wachstum dürfe
„nicht darüber hinwegtäuschen, dass
die Dynamik insgesamt nachlässt. Da-
rauf deuten beispielsweise der zurück-
gehende Beschäftigungsaufbau und die
Eintrübung des Konsumentenvertrau-
ens hin.“ dpa/rtr

US-Wirtschaft


hält robusten


WWWachstumskursachstumskurs


Zahlen für das dritte


Quartal überraschend hoch


WIRTSCHAFTSREDAKTION: TELEFON: 030 – 2591 71830|FAX: 030 – 2591 71870|E-MAIL: [email protected]|INTERNET: WELT.DE/WIRTSCHAFT


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