Die Welt Kompakt - 31.10.2019

(Brent) #1

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Konzern weiter an seinem Aus-
blick von 43,5 Milliarden Euro
beim Umsatz und von 11,5 Milli-
arden Euro beim Ergebnis vor
Steuern fest. An der Börse
wussten die Investoren das zu
schätzen. Kurz nach Vorlage
der Zahlen legte die Bayer-Aktie
um knapp drei Prozent zu und
gehörte zeitweise zu den größ-
ten Gewinnern im Börsenbaro-
meter Dax. Doch das Ge-
sprächsthema Nummer eins bei
Bayer ist und bleibt die riesige
Klagewelle, die über den Kon-
zern hereingebrochen ist, seit
dieser im vergangenen Jahr den
einstigen US-Konkurrenten
und Glyphosat-Hersteller Mon-
santo übernommen hat. Wäh-
rend der knapp einstündigen
Telefon-Pressekonferenz stan-
den juristische Fragen – und

E

s ist eine gewaltige
Prozesslawine, und
sie wird rasend
schnell größer: Insge-
samt 42.700 Klagen wegen Gly-
phosat sind mittlerweile gegen
den Bayer-Konzern anhängig.
Verglichen mit dem Zeitpunkt
der offiziellen Übernahme von
Monsanto im Juni vergangenen
Jahres haben sich die einge-
reichten Klagen gegen das Pes-
tizid und seine möglichen
Krebsgefahren damit etwa ver-
fünffacht.


VON ANJA ETTEL

Auffällig ist vor allem, wie ra-
sant sich die Zahl der Klagen
wegen Glyphosat gerade in den
vergangenen Wochen erhöht
hat. Im Juli meldete der Kon-
zern noch rund 18.400 Klagen,
seitdem hat sich diese Zahl
mehr als verdoppelt. Der An-
stieg sei „offensichtlich“ darauf
zurückzuführen, dass die Klä-
ger-Anwälte ihre Werbeausga-
ben signifikant erhöht haben,
bemühte sich Konzernchef
Werner Baumann um eine Er-
klärung.
Allein für TV-Werbung habe
die Klägerseite im dritten Quar-
tal schätzungsweise mehr als 50
Millionen Dollar, umgerechnet
rund 45 Millionen Euro, ausge-
geben, sagte er und bezog sich
dabei auf „öffentlich zugängli-
che Daten“. Das sei etwa dop-
pelt so viel wie in der gesamten
ersten Hälfte dieses Jahres. Mit
einem deutlichen Anstieg der
Klagen sei daher zu rechnen ge-
wesen. Die gewaltige Zahl stell-
te einmal mehr die übrigen
Nachrichten aus dem Bayer-
Konzernin den Schatten. Dabei
konnte Baumann für das dritte
Quartal positive Zahlen vermel-
den. So ist der Umsatz trotz des
schwierigen weltwirtschaftli-
chen Umfelds im Sommer wäh-
rungsbereinigt um über fünf
Prozent auf 9,8 Milliarden Euro
gewachsen. Und während eine
Reihe von Konkurrenten die ei-
genen Prognosen zuletzt deut-
lich nach unten korrigieren
mussten, hält der Leverkusener


eben nicht Umsätze und Ge-
winne – im Vordergrund. „Die
Zahl der Klagen sagt nichts da-
rüber aus, ob diese begründet
sind oder nicht“, versuchte
Baumann die neue Rekordzahl
bei den Gylphosat-Klagen zu
relativieren. „Die Zahl der Kla-
gen ist auch keineswegs indika-
tiv für einen Vergleich.“ Tat-
sächlich haben die Spekulatio-
nen darüber, ob und wann der
Konzern mit seinen vielen Klä-
gern einen Vergleich schließen
könnte, zuletzt an Dynamik ge-
wonnen. Erst zu Monatsbeginn
war ein ursprünglich für Okto-
ber anberaumter Prozess auf
Anfang 2020 verschoben wor-
den. Das soll die im Sommer ge-
starteten Mediationsverhand-
lungen erleichtern, zu der ein
Bundesrichter in Kalifornien

die Streitparteien verpflichtet
hatte. Einige Beobachter hatten
die Verschiebung auch als Zei-
chen dafür gewertet, dass neue
Bewegung in die Glyphosat-
Prozesse gekommen ist und ein
Vergleich immer wahrscheinli-
cher wird. Baumann wollte da-
zu keine Stellung nehmen. „Die
Details zu den Fällen unterlie-
gen der Vertraulichkeit“, sagte
er. Und betonte, dass der Kon-
zern weiterhin gute Argumente
habe, um sich gegen die erhobe-
nen Ansprüche zu verteidigen.
„Wir bekommen auch vonsei-
ten unserer Kundschaft extrem
starke Unterstützung für das
systemrelevante Totalherbi-
zid“, so Baumann. Bayer sei
„nach wie vor von der Sicher-
heit Glyphosat-basierter Pro-
dukte überzeugt“. Gleich mehr-

fach verwies er darauf, dass das
Unternehmen bei einem Ver-
gleich bestimmte Kriterien er-
füllt sehen will. „Wir haben im-
mer gesagt, dass wir die Media-
tionsgespräche konstruktiv und
lösungsorientiert vorantrei-
ben“, sagte er. Allerdings müsse
das Ergebnis dieser Gespräche
für Bayer „wirtschaftlich akzep-
tabel“ und so strukturiert sein,
dass es den Verfahrenskomplex
zu einem „vernünftigen Ab-
schluss“ bringe. Gemeint ist da-
mit eine Lösung, die für den
Konzern finanziell erträglich ist
und gleichzeitig einen Schluss-
punkt unter das Thema der
Glyphosat-Prozesse setzt. Ana-
lystenschätzungen, wonach die
finanzielle Schmerzgrenze für
Bayer bei einem Vergleich bei
rund 20 Milliarden Dollar lie-
gen könnte, wollte Baumann
nicht kommentieren: „Wir wis-
sen, dass es ein breites Spek-
trum an Schätzungen gibt.
Hierzu nehmen wir keine Stel-
lung“, sagte er knapp.
Bayer hatte Monsanto im
vergangenen Jahr für rund 56,
Milliarden Euro übernommen
und damit nicht nur die Exper-
tise des US-Genspezialisten
eingekauft, sondern sich auch
ein gewaltiges Prozessrisiko ins
Haus geholt. Das meistverwen-
dete Pestizidder Welt steht im
Verdacht, Krebs beim Men-
schen auszulösen. Allerdings ist
diese Frage in der Forschung
hoch umstritten, was die vielen
anhängigen Gerichtsverfahren
umso komplizierter macht.
Die anhaltende Unsicherheit
über die Prozessrisiken und ih-
re Folgen haben der Bayer-Aktie
bereits einen erheblichen Wert-
verlust beschert. Das Papier hat
seit Juni 2018 gut ein Drittel an
Wert eingebüßt. Auf der Haupt-
versammlung im Frühjahr war
Baumann daher als erstem Dax-
Chef überhaupt die Entlastung
verweigert worden. Mittlerwei-
le hat der Konzern ein umfang-
reiches Sparprogramm auf den
Weg gebracht und sein Portfo-
lio gestrafft. Insgesamt bringen
die geplanten Verkäufe rund 9,
Milliarden an Erlösen ein.

Die Geschäfte laufen in Leverkusen eigentlich gut, wäre da nicht das Damoklesschwert Glyphosat

DPA

/ OLIVER BERG

Bayer kämpft gegen


neue Glyphosat-Klagen


Mehr als ein Jahr nach der Monsanto-Übernahme


steigt die Zahl auf rund 42.

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