Süddeutsche Zeitung - 31.10.2019

(Chris Devlin) #1

H


ope heißt Hoffnung, hat
knapp 900 Einwohner, und
liegt in Hope Valley, im Tal der
Hoffnung. Das liegt im Peak
District, einem Nationalpark
in Mittelengland, der, wörtlich übersetzt,
viele Höhepunkte oder Gipfel hat. Östlich
von Hope erhebt sich der Win Hill, Hügel
der Sieger, westlich der Lose Hill, Hügel
der Verlierer. Durch Hope fließt der Fluss
Noe, was man, mit ein bisschen gutem Wil-
len, als Nein lesen kann.
Es gibt also kaum einen Ort mit mehr
Symbolik im ganzen Brexit-Wahnsinn, an
dem man den Briten den Puls fühlen und
dabei zugleich mit lustigen Sentenzen und
Metaphern um sich werfen könnte. Alle
Hoffnung fahren lassen, Höhen und Tiefen
des Brexit, das ist ja der Gipfel, dass die Sie-
ger die Verlierer sein werden, das und eini-
ges mehr würde sehr gut passen.


Wenn man nur wüsste, wer in dem Dra-
ma die Sieger und wer die Verlierer sind.
Oder was man hoffen soll, exakt 1224 Tage
nach dem Votum, das die Briten zur Ver-
zweiflung treibt. Der Premierminister hat-
te hoch und heilig versprochen, dass der
erste Akt des Dauerdramas just an diesem
Donnerstag sein vorläufiges Ende finden
würde.
Well, noe, Sir.
Dennoch ist Hope ein guter Ort, um her-
auszufinden, was die „wichtigste histori-
sche Entscheidung seit dem Zweiten Welt-
krieg“, wie britische Politiker betonen, mit
Großbritannien gemacht hat. Das Dorf
liegt zwischen Manchester und Sheffield;
Akademiker, pensionierte Beamte, Öko-
Bauern und Industriearbeiter aus der örtli-
chen Zementfabrik leben Tür an Tür. Das
Tal hat keinen Bürgerkrieg hinter sich, wie
Nordirland. Es leidet nicht an einer ewigen
Unabhängigkeitssehnsucht, wie Schott-
land. Es ist, politisch, Durchschnitt.
50,5 Prozent der Wähler im Wahlkreis
High Peak District, in dem Hope liegt,
haben für den Austritt gestimmt – und
49,5 Prozent für den Verbleib in der EU.
Den Unterschied machten 601 Stimmen;
die Sache war noch knapper als anderswo,
praktisch unentschieden. Wer aus Erfah-
rung weiß, wie das in ländlichen Gegenden
ist, wo man sich gut kennt, oft sogar zu gut,
und wo man sich nicht aus dem Weg gehen
kann, der kann sich vorstellen, was das be-
deutet: 27 717 Leave- gegen 27 116 Remain-
Stimmen. Tiefer gespalten kann ein Land-
strich gar nicht sein. Und doch haben sie
sich hier nicht die Köpfe eingeschlagen.
Im Gegenteil. Warum nicht?
Erst einmal ein kurzer Blick nach Lon-
don. Die Regierung in der drei Stunden ent-
fernten Hauptstadt hat gerade stillschwei-
gend ihre Kampagne „Get ready for Bre-
xit“ beendet. Sie hat angeordnet, Tausen-
de 50-Cent-Münzen einschmelzen zu las-
sen, die in Erinnerung an den 31. Oktober
mit der Prägung „Frieden, Wohlstand und
Freundschaft mit allen Nationen“ herge-
stellt worden waren. Aus den Tipps im
Netz, wie Unternehmen sich auf die neue
Zeit vorbereiten sollen, wurde das Datum
herausoperiert. Die No-Deal-Vorbereitun-
gen, die zwei Milliarden Pfund gekostet


haben sollen, wurden runtergefahren. Der
Austritt ist, fürs Erste, abgesagt. Boris
Johnson will seinen unlängst bejubelten
Deal mit Brüssel vorläufig nicht mehr vom
Parlament absegnen lassen. Zu unsicher,
ob das klappt. Stattdessen soll es am 12. De-
zember Wahlen geben, in denen er haus-
hoch siegen will. Danach will er den Deal
noch einmal präsentieren. Sein Wahlsieg
ist nicht sicher. Dass der Brexit danach zu-
rückkommt, hingegen schon.
Wahlen sind kein Spaß, schon gar nicht
im Winter. Einen Wahlkampf zumal, in
dem das B-Wort hoch- und runterdekli-
niert wird, der von Schuldzuweisungen,
schamlosen Übertreibungen, Lügen,
Hysterie und Lagerbildung dominiert sein
wird – wer kann den wollen?
Nicht nur in Brüssel werden sie wahnsin-
nig. In London ist die Stimmung am Siede-
punkt, im Parlament wird nur noch ge-
brüllt und gehasst. Der Erzbischof von Can-
terbury, Justin Welby, hat den Premiermi-
nister deshalb abgemahnt. Dieser überzie-
he das Land mit einer „hetzerischen Spra-
che“ und gieße Benzin in das Feuer der
Spaltung. Wer in der Opposition nur noch
„Feinde“ sehe, verschlimmere den Seelen-
zustand einer Nation, die „polarisiert und
verunsichert“ sei.
In einem reizenden vegetarischen Res-
taurant in Castleton, zwei Meilen von Hope
entfernt, sitzen derweil zwei entspannte,
sanfte Frauen, die im Mai 2019 überra-
schend für die Grüne Partei in den Gemein-
derat von Hope Valley eingezogen sind. Jo-
anna Collins, 65, und Charlotte Farrell,62,
sind, genau genommen, die einzigen bei-
den Gemeinderätinnen von Hope Valley.
Wenn man bedenkt, dass im Parlament in
Westminster gerade maleinegrüne Abge-
ordnete sitzt, so ist das, statistisch gese-
hen, eine wahnsinnig gute Quote.
Charlotte ist Juristin und mit einem
Schuhmacher verheiratet. Joanna ist Lite-
raturwissenschaftlerin, ihr Mann ist gera-
de mit einer Kirchendelegation im Westjor-
danland. Zum Treffen kommen beide über
die Hügel mit dem Rad, sie essen fleisch-
los. Macho-Geschrei, in Westminster an
der Tagesordnung, ist ihnen also fremd.
Geht ja auch anders, sagen sie.

Die beiden wollen gerne glauben, dass
es der Klimawandel und das neue ökologi-
sche Bewusstsein in Hope sind, die ihnen
nach mehreren vergeblichen Wahlkämp-
fen diesen Überraschungserfolg beschert
haben. Aber dann lacht Charlotte Farrell
doch ein wenig nachgiebig, sie sagt: „Die
Wähler wollten unbedingt und dringend ei-
nen Wandel. Sie wollten für keine der eta-
blierten Parteien mehr stimmen. Sie woll-
ten etwas ganz anderes.“ Zumindest bei
den Lokalwahlen im Mai gab es keine Poli-
tikverdrossenheit, keine Abkehr von der
Demokratie. Nur eine Abkehr vom Brexit.
Die zwei Neu-Politikerinnen reden
höchst ungern über dieses Thema. Nicht
nur, weil sie in Hope Valley natürlich mit ba-
naleren Fragen zu tun haben, Bauplanung
etwa, oder Mülltrennung. Sondern auch,
weil ihre Wähler nicht über den Brexit re-
den wollen. „Die Leute haben die Nase voll.
Diese schlecht gelaunte, polarisierte, irrati-
onale, hasserfüllte, ärgerliche, sinnlose

Debatte wollen sie nicht mehr führen“,
sagt Collins. Die Menschen wollten vermei-
den, dass sie das ewige Streitthema, das so
nah und zugleich so weit weg sei, auseinan-
derbringt. Sie wollten sich nicht ärgern.
Sondern: „Sie wollen ihre Ruhe.“
Ihre Ruhe?
Das klingt nicht nach „Verleugnung, Ver-
weigerung, Frust, Wut, Aggression und
Übertragung negativer Gefühle“. Das sind
die Begriffe, die derzeit unter Experten,
Psychologen und Mentalcoaches mit Blick
auf das große Hassthema, das mit B be-
ginnt, kursieren. Eine ganze Branche setzt
sich mit dem auseinander, was im Fachjar-
gon „Brexit-Unsicherheit“ oder „Brexit-
Trauer“ heißt. Der Fernsehsender Channel
4 platziert Bürger gemeinsam mit profes-
sionellen Therapeuten auf eine „Brexit-
Couch“, Fachjournale publizieren Texte
zur „Massenpsychologie des Brexit“, die
„Mental Health Foundation“ erstellt unter-
dessen Studien zur „Brexit-Angst“.
Die Psychoanalytikerin Susie Orbach ist
die bekannteste Forscherin zum Thema.
Auch Farrell und Collins haben Orbachs
Texte zum Feminismus, zur Klimakrise ge-
lesen; mittlerweile kennen sie die 72-Jähri-
ge auch als Erfinderin der „Brexit-Trauer“.
Ein „nationales Trauma“ sei entstanden,
erklärt Orbach, das Wut und Schmerz über
die Briten gebracht habe, dazu ein Gefühl
von Unsicherheit und Verlustangst. „Es ist
leicht in dieser Situation, die Position der
Gegenseite lächerlich zu machen oder sich
mit ihr gar nicht auseinanderzusetzen.“
Nach dem Referendum hatte fast jeder
ihrer Patienten über den Brexit reden wol-
len. Aber: Das lässt nach. Die Analytikerin

in ihrem lichtdurchfluteten, modernen
Bungalow im fernen London sieht, was
auch die Gemeinderätinnen in Hope se-
hen: Wut weicht der Erschöpfung. Sollen
sie sich in Westminster die Köpfe einschla-
gen. Das Leben geht weiter. Der Brexit
kommt ja erst mal eh nicht. Orbach
wünscht sich eine nationale Gruppenthera-
pie, damit Menschen mit entgegengesetz-
ten Ansichten wieder lernen, einander zu-
zuhören und die Zukunft zu einer gemein-
samen Sache zu machen.

In Hope haben sie einen anderen Weg
gefunden, mit der Kakofonie der Meinun-
gen umzugehen. Harmonisch geht es auch
hier nicht zu, das ist schwer zu überhören,
denn St. Peter, die anglikanische Kirche,
hat eine neue Glockenläut-Gruppe, und
die ist nicht eingespielt. Eigentlich soll das
Geläut eine kurze, schöne Melodie erge-
ben, aber die Gemeindemitglieder, die am
Sonntagmorgen im Glockenturm an ihren
Seilen hängen, üben noch.
Das ist aber auch die einzige Irritation
an diesem Morgen. Der Familiengottes-
dienst ist mäßig besucht; die meisten Ein-
wohner sind damit beschäftigt, die tau-
send und abertausend Wanderer zu versor-
gen, die Tag ein, Tag aus im Peak District
einfallen. Father Lyonel gibt spaßeshalber
John Bercow: „Ordeeerrr“, ruft er, den mitt-
lerweile legendären Ton des Parlaments-
sprechers in Westminster imitierend, be-

vor die Predigt beginnt. Diese, verspricht
er, werde „Brexit-frei“ sein.
Hinterher gibt es Kaffee und Kuchen
und eine Überraschung: In der Runde sitzt
kaum jemand, der seine Meinung zum Bre-
xit nicht geändert hätte. Besagen landes-
weite Umfragen nicht, dass die Fronten im
Brexit-Streit gleich geblieben seien? Seit
vielen Monaten gibt es eine kleine, stabile
Mehrheit für Remain; würde heute noch
mal abgestimmt, würde das Referendum
wohl knapp anders herum ausgehen. Aber
würde das Thema damit verschwinden?
In Hope jedenfalls sind die Fronten auf-
geweicht. Da sind zum Beispiel der Vikar,
Martin Hayes-Allen, und sein Mann Ro-
bert Forman. Die beiden sind seit 30 Jah-
ren ein Paar, seit 15 Jahren verpartnert,
seit fünf Jahren verheiratet. Hayes-Allen
hat für Leave gestimmt. Er mochte das Frei-
handelsabkommen TTIP nicht, das die EU
mit den USA aushandeln wollte. Hat sich
mit Donald Trump erledigt. Jetzt ist Hayes-
Allen Remainer.
Oder die Brüder Steven und James Mel-
roy, der eine ist gerade mal 18 Monate älter
als der andere. Steven hat Philosophie und
Arabistik studiert und macht gerade ein
paar Praktika, um seinen Lebenslauf für
Bewerbungen aufzuhübschen. Sein Bru-
der James ist Chemiker, arbeitet aber zur
Zeit im „Spar“-Laden von Hope. Steven ist
überzeugter Leaver; das Land sei wegen
des Brexit nicht in der Krise, die Wirtschaft
boome, alle Warnungen seien übertrieben
gewesen, sagt er. Nur die Abgeordneten in
Westminster gehen ihm auf den Keks: „Es
ist ja nicht so, dass sie den Brexit nicht hin-
kriegen. Sie wollen es nicht.“
Trotzdem: Bei längerem Nachdenken
findet er es nicht schlecht, wenn Großbri-
tannien im Binnenmarkt bliebe. Das sei
ein guter Kompromiss, sagt er. Sein Bruder
James ist vom Remainer zum Leaver mu-
tiert. Die EU ist ihm zu undemokratisch.
Das habe er, sagt er, erst nach dem Referen-
dum verstanden.
Wenn man die Kirche verlässt und den
Outdoor-Laden aufsucht, wird man von
Caroline Preston hören, dass sie Leaverin
war, aber jetzt findet, alles solle so bleiben.
„Das wird eh nichts mit dem Brexit, und so
geht es auch.“ Ihr Mann hat 2016 nicht ge-
wählt. Er konnte sich nicht entscheiden.
„Jetzt nervt er andere Leute in Chatforen
und Blogs mit seiner Leave-Manie.“ Mit
Kunden spricht sie über das Wetter. Streit
über Politik verdirbt das Geschäft.
Am klügsten gehen zwei alte Damen an
die Sache heran, die im Gemeindehaus auf
dem Wohltätigkeitsbasar jetzt schon für
Weihnachten shoppen. Auriel Good und
Joan Green, beide 92 Jahre alt, sind seit
30 Jahren befreundet. Ihre Männer sind
im Abstand von einem Monat gestorben,
ihre Kinder leben weit entfernt in irgend-
welchen Ecken des Landes. Immerhin ha-
ben sie einander. Und sie haben eine eiser-
ne Verabredung. Bei ihren Kaffeekränz-
chen wird über zwei Dinge kein Wort gere-
det: Krankheiten und Brexit.
Die Nachricht, dass Sky News seit eini-
gen Wochen auf einem eigenen Kanal Bre-
xit-freie Nachrichten sendet, freut sie.
„Das ist was für uns, die wir den Unsinn
nicht mehr hören können!“ Joan war für
Leave, jetzt ist sie für Remain. „Wir bleiben
besser so, wie wir sind.“ Mit Auriel, die für
den Austritt ist, diskutiert sie nicht. Der
ganze Dorftratsch, sagt sie freudig, gebe
immer noch genug her für ihre Treffen.

Die Einwohner des Tals der Hoffnung
haben einen Weg gefunden, Wut, Streit
und Spaltung zu umgehen: indem sie ab-
schalten, weghören – oder zwischen den
Lagern hin und her wechseln. Wer sich
nicht festlegt, kann dem Nachbarn noch in
die Augen schauen. „Da könnte was dran
sein“, sagt die grüne Gemeinderätin Char-
lotte Farrell. „Aber vielleicht sind wir hier
auch nur besonders tolerant?“
Vielleicht stellen sich die Dinge aber
einfach anders dar jenseits der Londoner
Blase, vielleicht verschiebt sich die Optik?
Der renommierte Fotograf Andrew Testa,
dessen Fotos in den großen Magazinen der
Welt abgedruckt werden, stellt gerade eine
Auftragsarbeit für dieNew York Timesfer-
tig. Das Thema: Brexit. Er war auch in Mit-
telengland, wo der Peak District liegt, er
war überall im Königreich. Er bestätigt:
„Die Leute sind müde, genervt. Sie können
die Dauerschleife, die ewig gleichen Argu-
mente nicht mehr hören. Aber die große
Wut, den Hass, das gibt es vor allem in und
um Westminster.“
In Hope fürchten sie sich vor diesem
Hass. Und davor, dass er nach Norden
schwappt; sie können die Wut in Westmins-
ter ja auch sehen, spüren, hören. Die Abge-
ordnete des High-Peak-Wahlkreises, Ruth
George, die für Labour im Unterhaus sitzt,
hat selbst viele Jahre eine Kampagne für
„Freedom of Fear“ geleitet, die Übergriffe
von wütenden Kunden auf Verkäufer oder
Angestellte thematisiert. Tatsächlich ist
die Zahl der Abgeordneten, die attackiert,
mit Mord und Vergewaltigung bedroht wer-
den, rapide in die Höhe geschnellt.

Erst am Dienstag hat eine Kollegin von
Ruth George, die liberaldemokratische Ab-
geordnete Heidi Allen, ihren Wählern mit-
geteilt, sie trete bei den Wahlen am 12. De-
zember nicht mehr an. Alle Zeitungen ha-
ben darüber berichtet. Die Bedrohungen,
die Beleidigungen, der Panikknopf neben
der Haustür, den sie neuerdings braucht:
Sie mag nicht mehr. „Gemeinheit und Ein-
schüchterung“ hätten ihr das Gefühl gege-
ben, nicht mehr als Mensch behandelt zu
werden, sagt sie.
Brexit-Hardliner warnen deshalb da-
vor, den Brexit weiter zu verschleppen
oder gar abzusagen. Die Folge würden
Volksaufstände sein, enttäuschte Leaver
würden auf die Straßen gehen und ihre
Wut an den Verrätern auslassen, die daran
schuld sind. Diese Drohungen verfangen
nicht bei jedem. Was den Brexit angeht,
sagt die Psychoanalytikerin Susie Orbach,
gebe es eher den kollektiven Wunsch, dass
alles ein schlechter Traum gewesen sei.
Und was die Dezember-Wahl angeht, ist
noch nicht ausgemacht, wer danach als Sie-
ger und als Volksheld, wer als Verlierer
oder Verräter dasteht.
In Hope wissen sie, dass Sieg und Nieder-
lage keine verlässlichen Größen sind. Es
geht die Legende um, dass Edwin von
Northumbria im 7. Jahrhundert mit seinen
Truppen auf dem Win Hill über dem Dorf
stand, während die Truppen des Cynegil
von Wessex ihr Lager auf dem Lose Hill ge-
baut hatten. Cynegils Männer versuchten,
den Win Hill zu stürmen, aber Edwins Man-
nen rissen eine Mauer nieder, die sie um
den Gipfel herumgebaut hatten, die Steine
begruben Cynegils Truppen – und die Män-
ner aus Wessex waren geschlagen.
Die Geschichte ist eine hübsche Legen-
de, es gibt keine historischen Belege. Die
Touristen lieben sie. Man könnte sagen, sie
ist eine gut erfundene Lüge. „So wie die
350 Millionen Pfund auf dem Bus von Bo-
ris und die Argumente der Leave-Kampa-
gne“, sagt Charlotte Farrell, die grüne Ge-
meinderätin: „Eine Weile hat das auch
funktioniert. Aber irgendwann reicht’s.“

Zwei Dinge sparen die alten
Damenbeim Kränzchen aus:
Krankheiten und das B-Wort

DEFGH Nr. 252, Donnerstag/Freitag, 31. Oktober/1. November 2019 DIE SEITE DREI 3


Die Menschen im Peak District wissen mit all dem Streit, all der Spaltung umzugehen: Sie schalten ab, hören weg – oder sie ändern einfach ihre Meinung. FOTO: ROBERT HARDING / MAURITIUS IMAGES

Wenn Briten ihre Ruhe wollen


Das Brexit-Referendum brachte nichts als Hass über die Insel. Richtig?
Unterwegs in Hope, Mittelengland, wo sich die Menschen nicht mal im Ansatz die Köpfe einschlagen

von cathrin kahlweit


Das Dorf steht zwischen Win Hill
und Lose Hill. Aber gewinnen,
verlieren, was heißt das schon?

Manchester

Stoke-on-Tent

Sheffield
Lose Hill

Win Hill

River Noe

Peak-
District-
National-
park

10 km
SZ-Karte: Mainka/Maps4News

Hope

GROSS-
BRITANNIEN

ENGLAND

Reden im Gemeinderat über andere Din-
ge:Charlotte Farrell (l.), Joanna Collins.

30 Jahre ein Paar, Brexit hin oder her:
Martin Hayes-Allen (l.), Robert Forman.

Überzeugte Leaver: die Brüder Steven
und James Melroy.

„Wir bleiben besser so, wie wir sind“: Jo-
an Green, Auriel Good, beide 92. FOTOS: CK

Psychoanalytikerin Susie Orbach
diagnostiziert von London aus
„Brexit-Trauer“
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