Handelsblatt - 31.10.2019

(Michael S) #1
PSA und Fiat Chrysler
Absatzstärkste Automobilhersteller 2018 weltweit Kennzahlen 2018 im Vergleich
Verkaufte Fahrzeuge in Millionen

Volkswagen
Gruppe

Renault-
Nissan Toyota

PSA und
Fiat Chrysler

General
Motors

3,
10,

7,40 5,98 5,27 3,21 2,


10,76 10,59 8,
4,

Hyundai-
Kia Ford Honda
Suzuki BMW

Umsatz
in Mrd. Euro

Ebit
in Mrd. Euro

74,


110,


4,


5,


HANDELSBLATT • 1) Inkl. Daihatsu und Hino; 2) Inkl. Mini • Foto: Fiat, Peugeot, afp [M]

PSA Fiat Chrysler


F. Hubik, T. Kuchenbecker, K. Kort
München, Paris, New York

N


ein, eine Fusion sei kein Thema, versi-
cherte PSA-Chef Carlos Tavares erst
vor ein paar Wochen. „Wir brauchen
keine Allianz und konzentrieren uns
auf uns“, sagte der Manager noch Mit-
te September am Rande der Automobilmesse IAA in
Frankfurt und erteilte damit Spekulationen eine Ab-
sage, der französische Fahrzeughersteller mit Mar-
ken wie Peugeot, Citroën, DS oder Opel könnte mit
dem italienisch-amerikanischen Wettbewerber Fiat
Chrysler (FCA) fusionieren.
Jetzt dringen ganz andere Töne aus den Konzern-
zentralen der Autobauer. Beide Unternehmen bestä-
tigten am Mittwoch laufende Gespräche über einen
Zusammenschluss. „Diese zielen darauf ab, einen
der weltweit führenden Automobilkonzerne zu
schaffen“, heißt es übereinstimmend.
Werden die beiden Konkurrenten handelseinig,
entstünde ein neuer Branchengigant, der jährlich
etwa 8,7 Millionen Fahrzeuge absetzt, rund 184 Mil-
liarden Euro Umsatz erwirtschaftet und weltweit
fast 410 000 Mitarbeiter beschäftigt. PSA und FCA
würden gemessen an den verkauften Stückzahlen
zum viertgrößten Autohersteller der Welt aufsteigen


  • hinter Volkswagen, Renault-Nissan und Toyota.
    Geschätzter Börsenwert bei einer Fusion: 50 Milliar-
    den Euro.
    Chefkontrolleur des Mammutkonzerns dürfte der
    Verwaltungsratsvorsitzende von FCA, John Elkann,
    werden, der Enkel des langjährigen Fiat-Bosses Gio-
    vanni Agnelli. PSA-Chef Tavares dürfte den neuen
    Koloss dagegen wohl als CEO steuern. Der schmäch-
    tige, optisch unauffällige Manager hat mit einer bra-
    chialen Effizienzstrategie erst das jahrhundertalte
    Peugeot-Erbe vor dem Untergang bewahrt und da-
    nach den Turnaround der chronisch defizitären
    Traditionsmarke Opel eingeleitet.
    Nun will der Chefsanierer der Branche sein Meis-
    terstück abliefern und PSA mit FCA verzahnen.
    Klappt der Zusammenschluss, wäre dies wohl auch
    für Tavares persönlich eine Genugtuung. Wieder
    einmal könnte er Renault, dem französischen Erz -
    rivalen von PSA, die Grenzen aufzeigen. Fiat Chrys-
    ler hatte bis Juni zunächst mit Renault über eine
    Verschmelzung der Geschäfte verhandelt, die Ge-
    spräche dann aber abgebrochen.
    Der französische Staat, der bei Renault mit 15 Pro-
    zent beteiligt ist, mischte sich bei den Verhandlun-
    gen ein und versuchte, Vorgaben durchzusetzen.
    Die Fusion scheiterte letztlich an den Machtansprü-
    chen der französischen Regierung und auch am Wi-
    derstand des japanischen Renault-Partners Nissan.
    Der Élysée-Palast hatte unter anderem darauf ge-
    pocht, auch Nissan in das Bündnis einzubeziehen.
    Die italienische Regierung warf Frankreich darauf-
    hin politische Einmischung vor.
    An der Börse findet die neue Konstellation ohne-
    hin mehr Zustimmung: Die Aktie von PSA legte am
    Mittwoch zwischenzeitlich um mehr als sechs Pro-
    zent zu, das Papier von FCA schoss sogar um zeitwei-
    se 9,5 Prozent in die Höhe. Autoexperten halten die
    mögliche Fusion grundsätzlich für zielführend und
    aussichtsreich. „Von einer FCA-PSA-Fusion würden
    beide Seiten profitieren“, sagte Akshay Anand, Ana-
    lyst von Kelley Blue Book. „PSA ist ein großer globa-
    ler Spieler mit einem starken Europageschäft und
    Technologien, von denen FCA profitieren könnte.
    FCA hat ein starkes Geschäft in den USA, ein Markt,
    in den PSA gerne eintreten will“, erklärt Anand.


Konkurrenz reagiert gelassen


„Wir begrüßen die Bemühungen von FCA, die sehr
nötige Konsolidierung der Branche voranzutreiben,
nachdem der Renault/FCA-Deal nicht zustande ge-
kommen ist“, schreiben die Analysten von Evercore
ISI. Die Fusion mit PSA ergebe auch mehr Sinn als
die mit Renault. Dafür nennen sie vier Gründe: eine
geringere Einmischung der Politik, weniger Kultur-
unterschiede, weil Japan nicht beteiligt ist, eine star-
ke Führung unter Tavares und eine ähnliche Größe.
Bei der Konkurrenz gibt man sich selbstbewusst.
„Es überrascht niemanden, dass es Gespräche
gibt“, sagte VW-Finanzvorstand Frank Witter in ei-
ner Telefonkonferenz. Neue Emissionswerte, Elek-

Megafusion in der

Autoindustrie

Peugeot und Fiat Chrysler wollen einen neuen Giganten


formen. Anleger jubeln, die Aktien der Konzerne heben ab.


Der große Verlierer der Konsolidierung könnte Opel sein.


Unternehmen


& Märkte


DONNERSTAG, 31. OKTOBER 2019, NR. 210


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