Neue Zürcher Zeitung - 09.11.2019

(Ann) #1

26 PANORAMA Samstag, 9. November 2019


ZAHLENRÄTSEL NR. 261

SPIELREGELN «KRINGEL»:Die Ziffern 1
bis 7sind soeinzutragen,dasssie injeder
Reihe einmal vorkommen.Zwischen zwei
Felderngilt: AusgefüllterKreis: EineZahl
ist das Doppelte der anderen.LeererKreis:
EineZahl istum1 grösser alsdie andere.
KeinKreis:Keineder beidenEigenschaften
trifftzu.

Auflösung:
ZahlenrätselNr. 260

Ein Einkaufszentrum


für das gute Gewissen


Schwedische Kleinstadt rühmt sich der weltweit erst en Upcycling-Shoppingmall


Eskilstuna westlich von
Stockholm rühmt sich des ersten
Recycling-Shoppingcenters der
Welt.Das von der Stadt initiierte
Projekt befindet sich nun auch
finanziell im grünen Bereich.

RUDOLF HERMANN, ESKILSTUNA

Ein Parkplatz, gut besetzt mit dem
üblichen Mix schwedischerFahrzeuge,
dann eine lichtdurchflutete Eingangs-
halle, hübsch hergerichtete Boutiquen
mit geschmackvoll präsentierterWare
sowie ein Café mit skandinavisch-mini-
malistischer Einrichtung und leckerem
Angebot:Auf den ersten Blick ist das
eine typische Einkaufsgalerie, wenn viel-
leichtauch etwas kleiner als andernorts.
Doch was amRande der schwedi-
schen Kleinstadt Eskilstuna steht, eine
guteAutostunde westlich von Stockholm,
ist ein Solitär –zumindestwenn man den
Initianten des Shoppingcenters und der
nächstenAusgabe des Guinness-Buchs
derRekorde glauben darf: das ersteRecy-
cling-Shoppingcenter derWelt.Jeder Arti-
kel, der hier über denLadentisch geht, ob
Kleid, Computer,Velo oder Möbel, lebt
nämlich bereits sein zweites Leben.

Keine Spurvon Brockenstube


Etwas ungewohnt ist allenfalls die Um-
gebung, in der sich das Einkaufszentrum
befindet: Es steht auf dem Areal einer
Wertstoff-Sammelstelle. Das hat natür-
lich seine Logik. Entsorgt wird nämlich in
modernenKonsumgesellschaften längst
nicht nur das, was nicht mehr zu gebrau-
chen ist, sondern auch vieles, was noch
immer durchaus funktionstüchtig wäre,
aber eben nicht mehr in Mode ist oder
nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit.
Zum Beispiel Unterhaltungselek-
tronik wie Mobiltelefone, Musikanla-
gen oder Computer. Das ist das Ge-
biet für Amjad al-Chamaa, der im ers-
ten Stock desReTuna-Einkaufszentrums
ein Elektronikgeschäft führt. Der junge
Syrer hängt sich eine gelbe Sicherheits-
weste um, denn er schicktsich an, in die
Eingeweide der Mall hinunterzusteigen,
wo die Anlieferung stattfindet. Es gilt,

das neu angekommene Material zu be-
gutachten. In einer grossen Halle sich-
ten und sortieren Angestellte von Ama,
einer Arbeitseinheit der Stadtverwal-
tung, die Neuanlieferungen, welche von
Besuchern derRecycling-Station in ver-
schiedenen Behältern deponiert worden
sind.Ama steht für Aktivität, Motivation
und Arbeit; dieVerwaltung bietet hier
Leuten eine Anstellung, die bisher aus
Gründen verschiedenster Benachteili-
gung auf dem klassischen Arbeitsmarkt
nichtFuss fassenkonnten.
Amjad al-Chamaa kann sich einfüh-
len in die Situation der Ama-Angestell-
ten; als Einwanderer hatte er in Schwe-
den auchkeinen leichten Start.Vorbei
an Bergen vonWaren aller erdenklichen
Art, führt er seinen Besucher durch die
Halle in die Ecke,in der sein Elektro-
nikgeschäft das Magazin hat. Hier ma-
chen er und seine Mitarbeiter jeweils
eine zweiteTr iage und entscheiden, wel-
cheFernseher, Stereoanlagen, Compu-
ter oder Spielkonsolen geflickt werden
können, welche allenfalls noch einige
Ersatzteile hergeben und welche nur
noch für dieRohstoff-Wiederverwer-
tung taugen.
Auf demWeg zurück auf dieVer-
kaufsetage erzählt er aus seiner eigenen
Lebensgeschichte. Für Leute wie ihn, die
ganz unten hätten anfangen müssen in
Schweden, sei dieReTuna-Galerie ein
Segen. Mankönne eine ganzeWohnung
nahezu vollwertig und gleichzeitig mo-
dern und geschmackvoll einrichten, zu
einem Bruchteil derKosten von Neu-
anschaffungen.Das beginnt sichallmäh-
lichauch in der breiteren Öffentlichkeit
Eskilstunas herumzusprechen, und so ist
dieLadengalerie an diesem Herbsttag
recht anständig frequentiert.
Brockenstube-Atmosphäre herrscht
hierkeine; dieLäden werden von hand-
werklich begabten Enthusiasten mit Ein-
fallsreichtum, Engagement und einer
sehr persönlichen Note geführt.Wie etwa
die Design-Boutique Sanjaki, deren ori-
ginelle Einrichtungskreationen auf der
Basis ausrangierterJeans durchausKult-
potenzial haben. Schliesslich gilt es, in der
freien Marktwirtschaft zu bestehen und
sich einenKonkurrenzvorteil zu ver-
schaffen.Amjad al-Chamaa zum Beispiel
gewährt auf jeden Elektronikartikel eine

dreimonatige Garantie, damit seineKun-
den die Gewissheit haben, ein funktio-
nierendes Stück zu erwerben.Wünschen
würde er sicheinzig, dass derFiskus ihm
die Mehrwertsteuer erlässt. Diese sei ja
schliesslich auf jedem geflickten Artikel
schoneinmal bezahltworden.

Erzieherischer Anspruch


Geführt wird das Einkaufszentrum, wie
auch die zu ihm gehörendeWertstoff- und
Recycling-Sammelstelle, von Eskilstuna
Energi & Miljö (EEM), einem Unterneh-
men im Besitz der Stadt. EEM investierte
umgerechnet je rund4 MillionenFran-
ken in Sammelstelle und Einkaufsgale-
rie, und lautAnna Bergström, der Leite-
rin derReTuna-Shoppingmall, sind die
Ladenflächen derzeit voll vermietet. Das
2015 gegründete Zentrum selbst fungiert
als Non-Profit-Organisation.Finanziell ist
man laut Bergström inzwischen im grü-
nen Bereich und beansprucht alsokeine
Subventionen. Und man habe auch noch
Raum für Expansion,konzentriere sich
derzeit aber zusammen mit den bestehen-
denLadeninhabern darauf, den Betrieb
effizienter zu gestalten.Dagebeesnäm-
lichnoch Luft nach oben.
Dass dem Zentrum dieRecycling-
Unternehmer nicht ausgehen, dafür
sorgt es gleich selber.EinigeRäum-
lichkeiten mietet nämlich auch die lo-
kaleVolkshochschule für ihren einjähri-
gen Lehrgang inRecycling-Design und
Wiederverwendung.Wer dann auf den
Geschmackkommt und ein aussichts-
reiches Geschäftsfeld entdeckt zu haben
glaubt,der unterbreitet AnnaBergström
und ihremTeam einen Businessplan.
Daraus sollte hervorgehen, dass das
GeschäftAussicht auf profitablen Be-
trieb hat. Ein unternehmerisch durch-
dachtes Projekt ist die erste Bedingung,
um einenLaden mieten zukönnen. Die
zweite besteht darin, dass einVorhaben
aus umweltpolitischer Sicht nachhaltig
sein muss.Denn das Ziel vonReTuna
ist ambitiös und – wie oft in Schweden –
auch ein bisschen erzieherisch: ein öko-
logischesVorbild und gleichzeitig öko-
nomisch lebensfähig zu sein, um so den
Gedanken einer klimaverträglichen
Kreislaufwirtschaft einer breiteren
Öffentlichkeit näherzubringen.

Zwei Verletzte


bei Unglück


in Bergbaugrube


36 eingeschlos sene Bergleute


mussten tiefunterTage ausharren


(dpa)· NacheinerVerpuffung in einem
ehemaligen Kalisalz-Bergwerk nahe
Halle im Osten Deutschlands haben am
Freitag 36 Arbeiter stundenlang in rund
700 MeternTiefe ausharren müssen.
Zwei Bergmänner wurden bei dem Un-
glück in der heutigen Deponie verletzt
und unverzüglich an die Oberfläche ge-
bracht. Die übrigenKollegen flüchteten
sich in zwei unterirdische Sicherheits-
räume.Sie wurden später allesamt wohl-
behalten ansTageslicht gebracht, wie die
Polizei mitteilte. Diese nahm Ermittlun-
gen wegen fahrlässiger oder vorsätz-
licherKörperverletzung auf.
In der GrubeTeutschenthal arbei-
ten nach Unternehmensangaben etwa
100 Menschen. Nach der Bergung aller
Mitarbeiter begann noch amFreitag
die Suche nach der Unglücksursache.
Experten des Landesbergamts wür-
den unterTage fahren und mit Unter-
suchungen beginnen, sagte der Abtei-
lungsleiter Bergbau, Uwe Schaar. Die
üblichen Arbeiten in der Grube wür-
den so lange ruhen, bis die Ursache ge-
klärtsei.
Das in der Grube für dieVerfüllung
der Hohlräume verwendete Material
stammt zumTeil aus Müllverbrennungs-
anlagen. «In demFilterstaub ist auch
Wasserstoff enthalten», sagte ErikFil-
linger,technischer Geschäftsführer der
Grube, nachdem dasLandesbergamt
Vermutungen angestellt hatte, dassWas-
serstoffbei derVerpuffung in der Grube
eineRolle gespielt habenkönnte.


GIAN EHRENZELER / KEYSTNOE

Der Winter hält Einzug
Laut «SRF Meteo» werden für diekommendenTageSchneefälle bis indie Niederungen erwartet.VerantwortlichfürdenWinterein-
bruch ist einTief über Norditalien, das in den nächstenTagen feuchte Luft über die Alpen schaufelt. Zusammen mit der einfliessen-
denPolarluft aus Norden sinkt dadurch die Schneefallgrenze.Am stärksten betroffen ist die Alpensüdseite. Für das Oberengadin, das
Goms und die Gotthardregion werden 20 bis 40 Zentimeter Neuschnee erwartet – lokalkönnen essogar bis zu 60 Zentimeter sein.

Das Hass-Forum


8chan


kehrt zurück


Die anonyme Diskussionsplattform
hat Verbindung zu rechtemTerror

JOCHEN SIEGLE

Die Betreiber des zweifelhaften Diskus-
sionsforums 8chan wollen ihre Plattform
unter neuem Namen wieder online brin-
gen. Das sogenannte «Imageboard» ist
bekannt geworden, weilrechtsradikale
Attentäter dort ihreradikalenParolen
verbreitet und ihre Hass-Taten angekün-
digt haben.Auch der Attentäter, der in
Halle (Sachsen-Anhalt) Menschen er-
mordet hat, soll8chan genutzt haben.
Die Plattform ist auch für eineVielzahl
vonrassistischen, sexistischen und por-
nografischen Inhalten bekannt.
Seit die Internetsicherheitsfirma
Cloudflare den Schutzder Plattform
vor Hackerangriffen aufkündigte, ist die
Forum nicht mehr zu erreichen.

DezentraleStruktur


EinekontroverseWeb-Plattform kann
sich ohne speziellen SchutzvorÜber-
lastungsattacken durch Gegner kaum hal-
ten. Seit 8chan offline ist, sollen die Be-
treiberimmerwieder versucht haben, bei
anderen Netzwerkdienstleistern zur Ab-
sicherung unterzukommen – ohne Erfolg.
Doch nun ist das Imageboard unter dem
Namen 8kun erneut aufgetaucht.
Für die neue Präsenz setzen die Betrei-
ber laut amerikanischenFachmedien auf
dezentrale Web-Hosting-Technologie auf
Basiseines Netzwerkprotokolls namens
Lokinet.Das soll in derFunktionsweise
dem bekannteren Darknet-Netzwerk
«Tor» ähneln, das insbesondere auch in
Ländern populär ist, in denen freie Mei-
nungsäusserung unterdrückt wird.
8kun wirdauch als versteckteDark-
net-Seite angeboten. Die Betreiber, ein
US- Militärveteran namensWatkins und
dessen Sohn, versprechen sich durch den
Aufbau einer dezentralen Infrastruktur
offenbar,dasForum auch ohnekonven-
tionelle Internet- und Sicherheitspro-
vider online halten zukönnen.
Man kann sich das ursprüngliche Dis-
kussionsforum laut dem einstigen 8chan-
GründerFredrick Brennan als riesige
Facebook-Gruppe mit beliebig erstellten
Untergruppen («Boards») vorstellen. Die
Nutzer sind alle anonym. Inhaltekonnten
fast ohne Einschränkung durch Modera-
tion in denForen verbreitet werden. Zwar
darf mankeine in den USA illegalen In-
halte teilen–das verhindert aber weder
Hassreden noch Gewaltaufrufe.
Brennan geht seit längerem aktiv gegen
den Betreiber vor. Er behindert die Platt-
form dabei, neue Netzwerk-Dienstleister
zu finden und informiert perTwitter über
potenzielle Schwachstellen, die Aktivisten
nutzenkönnen, um die Neuauflage des
Diskussionsforums lahmzulegen.

NeuesNetzwerk angreifbar


Die neueVariante 8kun scheint noch
ni cht richtig zu funktionieren: Offen-
bar ist es kaum möglich, Beiträge in den
Foren zu platzieren.Auch musste 8kun-
Initiator Watkins die Nutzer bereits
über Sicherheitsprobleme informieren.
Betreiber von Serververbindungspunk-
ten des dezentralen Netzes («8kun-Kno-
ten»)könnten die Identität vonWeb-
Surfern herausfinden. Dies dürfte viele
potenzielle 8kun-Nutzer abschrecken,
da diese anonym bleiben wollen.
Laut amerikanischenTech-Blogs sol-
len nur 20 Minuten nach dem Start be-
reits die ersten Überlastungsangriffe
(DDoS-Attacken) auf 8kun durch-
geführt worden sein und einenAusfall
bewirkt haben.Auf der neuen Plattform
fehlt auch das Unterforum «/pol», kurz
für «Politically Incorrect». DiesesForum
galt alsTr effpunkt für hass- und gewalt-
verherrlichende Gesinnungen.
Rechtsradikale undVerbreiter ande-
rer «verstörender Inhalte» nutzen aber
auch dieverschlüsselte Messenger-Platt-
formTelegram, um anonym zukommu-
nizieren und Hass-Inhalte zu teilen.
Auch dasVideo des Attentäters von
Halle wurde dort verbreitet und wurde
lautAngaben der Extremismusforsche-
rin Megan Squirevon mehr als 15000
Zuschauern gesehen.

Fünf Tote bei


Erdbeben in Iran


50 Nachbebenund 330 Verletzte


(dpa)· Beieinem Erdbeben der Stärke
5,9 in Iran sind mindestens fünf Men-
schen ums Leben gekommen und mehr
als 330 verletzt worden.Das berichtete
der staatliche Nachrichtensender Irinn
unter Berufung auf das Gouverneurs-
amt der Provinz Ost-Aserbaidschan
im Nordwesten desLandes. Insgesamt
waren 80 Dörfer vondemBeben am frü-
henFreitagmorgen betroffen. Die meis-
ten Schäden gab es inWarankesch und
Warsaghan im BezirkTark, so das Gou-
verneursamt.Ausserdem gab es 50 Nach-
beben, die dazu führten, dass die Men-
schen aus Angst die Nacht trotz Kälte
imFreien verbrachten. Nach Angaben
der US-Erdbebenwarte USGS ereigne-
ten sich die Erdstösse rund 50 Kilometer
nordöstlich von Hashtrud, einer Stadt in
Richtung der Grenzen zu Armenien und
Aserbaidschan.

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