Der Stern - 30.10.2019

(やまだぃちぅ) #1

Alfons Zischl ist am Ende – das dachte man
schon während der ersten Staffel von „Hinda-
fing“ häufig. Der Bürgermeister der fiktiven
Gemeinde ist zweifellos ein Polittalent: Intri-
gieren, heucheln, vertuschen kann er wie kein
Zweiter. Doch damit machte Zischl sich so vie-
le Feinde, wurde von so vielen Seiten erpresst,
dass es stets wie ein Wunder wirkte, wenn er
seinen von Chrystal Meth getunten Kopf aus
der Schlinge ziehen konnte. Am Ende der Staf-
fel war Zischl zwar kein Bürgermeister mehr,
doch die Aussicht auf höhere
Posten deutete sich an.
Es war zudem klar, dass die
Serie unbedingt eine Fortset-
zung braucht – nicht nur we-
gen Nominierungen für den
Grimmepreis und den Deut-
schen Fernsehpreis. Man will
vor allem Maximilian Brückner in der Rolle
des Zischl weiter zuschauen. Der Ex-„Tatort“-
Star bewies mit seiner Kraftleistung, dass er
ein veritabler Volksschauspieler moderner
Art ist. Das überregionale Interesse an der Se-
rie erklärt er so: „Das Bayerische ist nur eine
Färbung, der Plot könnte überall spielen. Be-
trogen wird in der ganzen Welt, und in der
Politik am meisten“. Das Bayern in „Hindafing“
ist zudem weit von jeder Vorabendidylle ent-
fernt, eine vergessene Region irgendwo an der
Autobahn, in der sich dubiose Figuren treffen,
die den Einwohnern eine goldene Zukunft
versprechen. Naja, oder zumindest irgendeine


Zukunft. In Staffel eins sollte mal Fracking, mal
ein Asylbewerberheim Einnahmen bringen.
Nun geht Zischl als Landtagsabgeordneter auf
die Suche nach Verbündeten, die in die Region
und in seine Karriere investieren. Das führt ihn
unter anderem in die Rüstungsbranche und bis
zum Papst. Und eine von zahllosen Notlügen
führt dazu, dass er sich einer Chemotherapie
unterziehen und Perücke tragen muss.

Nein, „Fargo“ liegt nicht in Bayern
Regie führte auch bei Staffel
zwei Boris Kunz. Vergleiche
mit „Fargo“ oder „Breaking
Bad“, die viele Kritiker ziehen,
nimmt er als Kompliment, be-
harrt aber auch auf einer eige-
nen Handschrift: „Klar haben
wir diese Serien begeistert
gesehen, und ohne deren Pionierarbeit wäre
,Hindafing‘ nicht denkbar. Aber wir wollten
nie die deutsche oder bayerische Antwort auf
irgendwas sein, sondern einen eigenen Stil
kreieren.“ Das ist auch in den sechs neuen Fol-
gen gelungen, die zunächst in Dreierpacks bei
Arte laufen und ab 26.11. im BR. Das Ende muss
damit nicht erreicht sein, verspricht der Regis-
seur: „Wie weit wir Zischl bei seiner Karriere
begleiten dürfen, hängt auch von der Begeiste-
rung unserer Zuschauer ab“. Dann freuen wir
uns schon mal auf Herrn Minister Zischl ...

Donnerstag, ARTE, 20.15 Uhr

„Betrogen wird in
der ganzen Welt,
und in der Politik
am meisten“.

Die Saga „Hindafi ng“ mauserte sich


2017 vom Geheimtipp zum Abräumer.


Auch in Staff el zwei bewegt sich


Maximilian Brückner als bayerischer


Politgauner stets am Abgrund


Aus is?


Alltag eines Politikers: Zischl (M. Brückner, o.r.)
mit Erzfeind Spitz (Heinz-J. Braun); u.l. mit Spezl
Sepp (A. Giebel, r.); u.r. mit Gattin Marie (K. Röver)
und ganz unten mit dem Papst (W. Schmid Noerr)

MAGAZIN Highlight


Titelfoto & Fotos: Arvid Uhlig/NEUESUPER/BR | Text: O.Kinser

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