Der Stern - 30.10.2019

(やまだぃちぅ) #1
über 90 %
SÜDSKANDINAVIEN,
GROSSBRITANNIEN,
IRLAND

0–10 %
SÜDCHINA
UND THAILAND

80–90 %
DEUTSCHLAND

10–20 %


38 %


NORDCHINA
UND MONGOLEI

10–20 %
SÜDAFRIKA

RUSSLAND

81 %
SAUDI-ARABIEN

ANTEIL DER MENSCHEN,


DIE LAKTOSE VERTRAGEN*


Ursprünglich verloren
alle Säugetiere nach der
Kindheit die Fähigkeit,
den milchtypischen Zucker
Laktose zu verdauen.
Seit der Mensch Milchher-
den hält, begann sich bei
ihm ein Gen durchzusetzen,
das es auch Erwachsenen
erlaubt, viel Milch zu
vertragen – am stärksten
in Nordeuropa.

10 MYTHEN Richtig oder falsch?






„Milch schützt vor
Knochenbrüchen“
Unbestritten ist, dass Kalzium das
Skelett härtet. Und mit mehr als
einem Gramm pro Liter ist Milch eine
gute Quelle dafür. Kinder, die viele
Milchprodukte essen, haben eine
höhere Knochendichte. Das ist aber
nur ein Laborwert. Ob sie deshalb
aber auch weniger Brüche erleiden,
wurde nicht untersucht. Unklar ist
auch, ob Milch im Alter vor Osteo-
porose schützt. Genetik, Muskel-
masse, Bewegung und der Vitamin-
D-Spiegel im Blut entscheiden mit.





„Milch verschleimt uns“
Bereits im 12. Jahrhundert
behauptete der Philosoph Moses
Maimonides, Milch verursache
„Verstopfung im Kopf“: Ein My-
thos, der sich bis heute hält. Wenn
sich nach dem Milchtrinken der
Schleim im Hals zäher anfühlt, liegt
das an der cremigen Textur des
Getränks. Es gibt keinen Beleg
dafür, dass Milch die Schleimpro-
duktion anregt.





„Fettarm ist gesünder“
Nein! Die Verarbeitungsweise
entscheidet: So treibt Butter, bei

deren Herstellung die natürlichen
Fetttröpfchen zerstört werden,
den Cholesterinspiegel stärker in
die Höhe als Käse. Und Joghurt
senkt ihn – wohl wegen der in ihm
enthaltenen Bakterien.





„Für Milch stirbt
wenigstens kein Tier“
Kühe geben nur Milch, wenn sie re-
gelmäßig ein Kalb bekommen. Das
wird nach der Geburt von der Mut-
ter getrennt. Viele Höfe behalten
weibliche Kälber als Nachwuchs für
die Milchkuhherde. Dafür müssen
ältere Kühe zum Schlachter. Bul-
lenkälber werden an Mastbetriebe
verkauft. Doch erhalten Bauern oft
kaum zehn Euro pro Kalb. Die Bun-
destierärztekammer warnte, es
häuften sich „Hinweise“, dass klei-
ne Bullen getötet würden. Bauern-
verbände distanzierten sich.





„Milchprodukte sind klima-
freundlicher als Fleisch“
Nicht generell. Zwar verursacht
die Herstellung von einem Kilo
Milch oder Joghurt deutlich weni-
ger Treibhausgase als ein Kilo
Schweinefleisch oder Geflügel.
Aber auch Käse hinterlässt einen

fetten Klima-Abdruck (8,5 Kilo
CO² pro Kilo Käse). Und Butter mit
23,8 Kilo CO² einen größeren als
Rindfleisch.





„H-Milch hat kaum Vitamine“
Tatsächlich zerstört die haltbar
machende Wärmebehandlung
einen Teil der B-Vitamine und des
Vitamins C. Der Verlust beträgt
selbst bei H-Milch nur 20 Prozent.
Bei Frischmilch sind es etwa zehn.





„Die Hormone in der Milch
verursachen Krebs“
Milchkonsum scheint das Risiko
für Dickdarm-, Brust- oder Magen-
tumoren eher zu senken, auf viele
andere Tumoren hat er offenbar
keinen Einfluss. Lediglich Männer,
die mehr als einen Liter Milch am
Tag trinken, haben ein leicht er-
höhtes Risiko für Prostatakrebs.
Ursache könnte das Wachstums-
hormon IGF-1 sein, das die Zelltei-
lung anregt.

 8.


„Biomilch ist gesünder“
Nicht unbedingt. Gesund ist
es, wenn Milch und Käse reichlich
Omega-3-Fettsäuren enthalten,
denn das senkt die Cholesterin-

werte. Der Anteil hängt aber nicht
davon ab, ob die Milch bio oder
konventionell ist – entscheidend
ist der hohe Grasanteil im Futter.





„Biokälber dürfen bei ihren
Müttern bleiben“
Auch in Biobetrieben werden neu-
geborene Kälber von der Mutter
getrennt. Es gibt bisher nur wenige
Betriebe, die versuchen, Kälber mit
ihren Müttern oder mit sogenann-
ten Ammenkühen aufzuziehen.
Eine Hofliste veröffentlicht zum
Beispiel die Welttierschutzgesell-
schaft unter http://www.kuhplusdu.de





„‚Weidemilch‘ garantiert,
dass Kühe fast nur auf der
Weide stehen“
Der Begriff ist nicht geschützt.
2017 entschied das OLG Nürnberg,
dass er nur dann nicht irreführend
sei, wenn Kühe wenigstens 120
Tage im Jahr für sechs Stunden
auf der Weide stehen. Das gilt aber
nur für das Label „Pro Weideland
Weidecharta“. Biokühe sollen zwar
Auslauf haben und im Sommer auf
der Weide stehen – die Anzahl der
Weidetage wird aber in der EU-
Öko-Verordnung nicht präzisiert.


  • Daten für Nord- und Südamerika variieren stark wegen der Migrationseffekte. Die indigene Bevölkerung ist überwiegend laktoseintolerant.


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