Der Stern - 30.10.2019

(やまだぃちぅ) #1
Mona Pekarek glaubt,
dass die Energiewende mehr
Menschen wie Sven König
braucht. Seine Hingabe und
Ausdauer beeindruckten sie sehr

scheinlich selbst Berater werden.


Es ist ein wahnsinniger Förder-


Dschungel“, so König. Drei Instan-


zen unterstützen seinen Umbau:


Die Förderbanken IFB Hamburg und


KFW und das Bundeswirtschafts-


ministerium. Die Anträge, die Kom-


binationen der Förderung und all


die Unterlagen zu durchdringen ist


ein riesiger Akt. Genau hier setzen


Firmen wie Febis aus Hattersheim


an. Sie sind darauf spezialisiert,


Fördermittel für Kunden zu bean-


tragen. Sie kommunizieren mit den


Handwerkerfirmen, füllen Formu-


lare aus und betreuen das Projekt.


„Vorher wusste ich gar nicht, dass es


solche Unternehmen gibt!“, sagt Kö-


nig. Er erfuhr erst im Laufe des Pro-


jekts von Febis. Zuvor sei er oft di-


rekt zu den Energiefirmen gegan-


gen. Die größte Hilfe war die Ener-


gieberatung der Verbraucherzentra-


le. „Mit denen kann man kostenlos


telefonieren oder für wenig Geld


eine Beratung vor Ort vereinbaren“,


so König. 160 Seiten personalisierte


Energiespar-Unterlagen spuckte ihm


zusätzlich die Website co2online.de


aus – auch eine erste Anlaufstelle,


die er Umsteigern ans Herz legt.


Neben den komplizierten Förder-

programmen gibt es ein weiteres


Problem: die Handwerker. Nur


schwer finde man hier geeignete


Partner, berichtet König, oft stieß er


auf volle Terminkalender und we-


nig Offenheit für sein komplexes


Vorhaben. „Wir sind Lötis“, habe ein


Handwerker zu König gesagt. „Wir


löten Kupferrohre zusammen, mit


den ganzen Kabeln wollen wir


nichts zu tun haben.“


Christof Gundert, Geschäftsfüh-

rer der Solar- und Heizungsbaufir-


ma Microsol, sieht das Defizit be-


reits in der Ausbildung: „Wir haben


ganz klar einen Fachkräftemangel.
In der Ausbildung werden erneuer-
bare Energien erst im letzten halben
Jahr behandelt. Das ist zu wenig.“
Die Energiewende brauche drin-
gend mehr fachkundige Arbeits-
kräfte. Gundert arbeitet gern mit
Quereinsteigern und jungen Leu-
ten, die ein ganz anderes Bewusst-
sein für solche Themen haben. Das
ist ihm wichtiger als eine Abschluss-
prüfung.
Sven König wünscht sich für
Verbraucher außerdem etwas wie
eine zentrale Anlaufstelle für För-
derungen.„Perspektivisch werden
die Kosten für fossile Energieträger
durch eine CO 2 -Bepreisung steigen“,
sagt Verbraucherschützer Materne.
Er sieht bereits jetzt ein steigen-
des Interesse der Menschen an er-
neuerbaren Energien, Energieeffi-
zienz und Heizsystemen. Bleibt das
Problem der Bürokratie: Wer sich
im Förderdschungel verliert, gibt
schnell auf. Wer keine engagierten
Handwerker findet, kann nicht star-
ten. Die Weichen werden langsam
gestellt, doch müssen Umstiege
für Verbraucher viel einfacher ge-
staltet, viel praktikabler werden.
Zwei Jahre hat Sven König ge-
braucht. Einen solch langen Atem
hat nicht jeder.
Der riesige Öltank, lässt er wissen,
sei mittlerweile aus dem Keller
verschwunden. Sein kleiner Sohn
bekommt eine Werkbank, sein On-
kel wird hier Modelle bauen. Sven
König hat nun einen Raum mehr –
und ein großes Problem weniger. 2

„DIE ENERGIE-


WENDE BRAUCHT


MEHR FACH-


KRÄFTE“
Die Richtung
stimmt im „Energie-
cockpit“: Neue
Heizungen wie
diese produzieren
Wärme mit
wenig Energie

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ENERGIESPAREN|EXTRA

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