Der Stern - 30.10.2019

(やまだぃちぅ) #1
FOTO: MAURITIUS IMAGES

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euer ist Licht, ist Sicherheit
und vor allem Wärme – der
Mensch zähmt es seit etwa
einer Million Jahren. Offene
Feuerstellen, Kamine, in denen
Holz verbrannt wird, waren lange
die zentrale Heizung der Deut-
schen. Dann übernahmen Kohle,
Gas und Öl. Und der Kamin wurde
zum Lifestyle-Accessoire, ange-
zündet vorzugsweise, wenn es urig
werden soll, wohlige Wärme ver-
strömend, romantisch.
Rund 14 Millionen solcher „Ein-
zelraumfeuerungsanlagen“ – wie sie
im Behördendeutsch kühl genannt
werden – gibt es bei uns. Und sie
werden ausgiebig genutzt: Gut zehn
Prozent der Wärme wird in Deutsch-
land mit Holz erzeugt. Dazu zählen
auch Holzpellets und Hackschnitzel,
häufig in Wohnanlagen, Kranken-
häusern oder Industriebetrieben

eingesetzt. In häuslichen Kaminen
landen jedes Jahr rund 34 Millionen
Kubikmeter Holz, eine Fläche von
1000 mal 1000 Metern, zwölf Stock-
werke hoch mit Scheiten bedeckt.
Bei der Verbrennung von einem Kilo
Holz entstehen gut drei Kilo CO 2
und eine kleine Feinstaubwolke.
Muss man also ein schlechtes Ge-
wissen haben, wenn man es sich
abends vor dem Kamin gemütlich
macht?
Was das CO 2 angeht, lautet die
Antwort: nein. Denn Holz ist ein
Naturprodukt, das beim Wachsen
genauso viel Kohlendioxid bindet,
wie später beim Verbrennen wieder
freigesetzt wird. An der Bilanz des
deutschen Waldes, die jährlich beim
Statistischen Bundesamt erscheint,
kann man ablesen, dass die Wälder
seit 2014 jährlich mehr als 50 Mil-
lionen Tonnen CO 2 aufnehmen –

trotz Holznutzung, auch zum Ver-
feuern. Es wächst mehr nach, als
abgeholzt wird. Holz ist also fast
klimaneutral.
Fast, weil auch beim Fällen, Spal-
ten, bei der Lagerung und dem Trans-
port Energie verbraucht und damit
CO 2 produziert wird. „Entscheidend
ist, wo das Holz herkommt“, sagt
Klaus Egly, Vorsitzender vom Bundes-
verband Brennholz (BBB), in dem sich
größere Produzenten und Lieferan-
ten zusammengeschlossen haben.
„Brennholz sollte unbedingt ein
regionales Produkt sein. Dann ist es
das umweltfreundlichste Brenngut
auf dem Markt“, so Egly.
Gerade abgepacktes Holz aus Bau-
märkten komme aber häufig aus
Osteuropa, teilweise aus der Ukrai-
ne und Weißrussland. Dort sind die
Lohnkosten niedrig und das Ab-
packen ist damit besonders günstig.

So schön, so
gemütlich –
nur sollte ein
Kaminfeuer
möglichst
feinstaubfrei
brennen

Heizen mit Holz – eine Umweltsünde?


Kleine Kaminkunde


BRENNWERT


Von Jan Boris Wintzenburg


76 30.10.2019

EXTRA |ENERGIESPAREN

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