Der Stern - 30.10.2019

(やまだぃちぅ) #1
Die italienische Urversion „Perfetti
Sconosciuti“ aus dem Jahr 2016
hat es zu 18 weiteren Fassungen
gebracht. Für das deutschsprachige
„Das perfekte Geheimnis“ hat sich
„Fack ju Göhte“-Erfolgsregisseur
Bora Dağtekin der Geschichte
angenommen, in der die launige
Idee einer Freundesrunde, sich
gegenseitig Nachrichten und Anrufe
ihrer Handys zugängig zu machen,
in einen Strudel von Verrat und
Enttäuschungen führt. Mit Star-
besetzung und einer meisterhaften
Inszenierung zwischen Komödie
und Tiefgang ist es Dağtekin
gelungen, seinen ganz eigenen Film
daraus zu machen. 22222

Der Film


Haben Sie Respekt vor jemandem wie Til


Schweiger, der ausfallenden Followern


auch mal Kontra gibt?


M’BAREK: Das soll jeder machen, wie er


meint. Wir sind eher auf Instagram, da


schreibt keiner gemeines Zeug.


LAU: Bei mir schon, ich lösch die direkt,


keinen Bock auf so was.


M‘BAREK: Klar, manchmal regen sich Leu-


te auch auf. Ich hab mal ein Foto gepostet,


wo ich Luftballons steigen lasse. Dann


schreibt natürlich wer drunter, das sei Um-


weltverschmutzung. Soll er doch, ist ja


legitim, sich so zu äußern.


Fast jeder kennt das Problem, dass man


angeschwipst irgendeinen Blödsinn auf


Facebook kommentiert hat. Bei Ihnen


kann so was gleich zum PR-Gau werden.


Wie disziplinieren Sie sich?


HAASE: Mir passiert es leider schon, dass


ich morgens denke, oh nein, wie peinlich,


was hab ich bloß gepostet.


M’BAREK: Das stimmt, manchmal sehe ich


es und muss lachen, wie du abgehst. Aber


das ist ja nie schlimm ... Du postest dann


„so much love for everyone!“ Ganz ehrlich:


Jeder von uns weiß natürlich, was passie-


ren könnte, wenn man besoffen irgendein


krasses Foto um drei Uhr nachts hochlädt.


SCHWARZ: Ich hätte gern deine Lässigkeit


im Umgang mit sozialen Medien. Ich pos-


te eher selten was. Wenn ich einen Like


bekomme, sitze ich davor und werde rot.


M’BAREK: Die Wahrheit ist ja doch: Das ist


am Ende alles total sinnlos, wenn dein Film


scheiße ist. Dann kannst du noch so viel


raushauen, Instagram-Storys und Fotos,


die Leute werden trotzdem nicht ins Kino


gehen. Dieses ganze Geposte ist doch nur
der Spaß am Rande der eigentlichen Arbeit.
Ich schaue mir selbst interessiert bei
amerikanischen Schauspielern an, was die
gerade so machen. Man hat das Gefühl, im
Leben von anderen dabei zu sein.
MÖHRING: Trotzdem ist das, was die Leu-
te bei Facebook oder Instagram posten, oft
nicht die Realität. Du kannst behaupten,
jemand zu sein, der du nicht bist. Ich ken-
ne jemanden bei Instagram, die ist nicht
die Frau, für die sie sich ausgibt.
FITZ: Das klingt jetzt wie eine Hochstap-
ler-Geschichte von Felix Krull.
Angenommen, Sie wären für eine Stun-
de Diktator des Internets: Welche Seite
würden Sie verbieten?
M’BAREK: Angesichts der aktuellen Welt-
lage: den Twitter-Account von Trump.
LAU: Ja, löschen, sofort.
HAASE: Aber das wäre ja auch so etwas
wie Zensur. Zum Internet gehört einfach
auch Meinungsfreiheit.
MÖHRING: Ja, das ist aber auch das Pro-
blem. Die Leute denken, sie könnten da
machen, was sie wollen.
HERFURTH: Was in der Zeitung steht,
wird durch Gesetze geregelt. Das Internet
untersteht keinen Gesetzen. Facebook ver-
breitet Halbwahrheiten für Wahlkämpfe,
aber es ist denen egal, was da propagiert
wird. Aus einer virtuellen Realität wird
dann eine vermeintliche politische Rea-
lität. Das ist so brutal.
LAU: Auch im Wahlkampf wird gelogen, und
es werden Halbwahrheiten verbreitet.
HERFURTH: Ja, aber der Unterschied im
Internet ist: Da denken viele Leute, dass 4

Die Runde in der
Penthouse Garden Suite
des Hotels Bayerischer
Hof in München

„Es passiert schon, dass ich morgens


denke, oh nein, wie peinlich,


was hab ich bloß gepostet“ Jella Haase


30.10.2019 87
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