Geo - 11.2019

(Ann) #1

24


IN 0 I E N

Tiger befrieden


das Gangesdelta


Moslems und Hindus versuchen
gemeinsam, 100 Raubkatzen in den
Sundarbans in Schach zu halten

Seit Jahrhunderten befeuern territoria­
le Machtkämpfe den Konflikt zwischen
der hinduistischen Mehrheitsbevölke­
rung und der muslimischen Minderheit
in Indien. Im Gangesdelta bringtjedoch
ausgerechnet ein anderer territorialer
Konflikt Hindus und Moslems enger
zusammen: die Revierkonkurrenz zwi­
schen Mensch und Tiger.
Die Bewohner der indischen Sundar­
bans, der Mangrovenwälder im Ganges­
delta, teilen sich ihren Lebensraum mit
rund 100 Tigern. Wer diese Wälder be­
tritt, riskiert sein Leben: Jährlich wer­
den dort mehrere Dutzend Menschen
von Tigern attackiert, außerdem lauern

Die Zahl der Tiger in Indien wächst-in
manchen Regionen sind sie eine Gefahr

Krokodile und Schlangen in den Sümp­
fen und Flussarmen.
Für den Schutz gegen die oft tödli­
chen Attacken vertrauen die Menschen
in den Sundarbans auf eine lokale Gott­
heit, Bonbibi, die Hüterindes Waldes.
Hindus und Moslems verehren die Göt­
tin gleichermaßen. "Wenn wir Feste fe i­
ern, laden wir unsere Hindu-Freunde

KENIA

ein", erzählt der Honigsammler Hosen
Molla, "umgekehrt gilt das Gleiche." Die
Gefahr durch den Tiger hat die Men­
schen näher zusammenrücken lassen:
In den Sundarbans leben Muslime und
Hindus friedlich miteinander.
Die Anzahl der Tiger in ganz Indien
wird derzeit auf rund 3000 geschätzt,
seit 2006 hat sie sich mehr als verdop­
pelt: ein Erfolg fü r den Tierschutz, aber
auch eine Herausforderung für die Be­
wohner des Gangesdeltas.

Die mexikanische Seele Ostafrikas


Tequila und Tacos, Latino-Rap und Herzschmerz-Seifenopern: ln Nairobi
steht die Kultur Mittelamerikas überraschend hoch im Kurs

Rund drei Millionen Menschen leben in Nairobi, darunter
gerade einmal 200 mexikanische Staatsbürger. Dennoch ist
ihre Kultur allgegenwärtig in der kenianischen Hauptstadt;
Clubs servieren Nachos mit Tequila, Restaurants kredenzen
Tacos und Enchiladas in mexikanischer Qualität.
Der Kulturimport hat seinen Ursprung in den l980er Jah­
ren: Zu der Zeit, als Telenovelas auf den Fernsehschirmen
ihren Siegeszug antraten, waren Seifenopern aus Mexiko
günstiger auf dem Markt zu haben als jene aus den USA.
Inzwischen ist Latinokultur auch in der Musik angekom­
men: Genge, kenianischer Hip-Hop in den Sprachen Swahili,
Sheng und Englisch, paart sich mit lateinamerikanischen
Rhythmen und spanischem Sprechgesang. Im Video zum
Song "Baila Baila" rappt der mexikanische Musiker Roman­
tico mit seinen kenianischen Kollegen Jua Cali und Samaki
Mkuu-welche der bunten Männerhemden und Frauenklei-
Authentisch mexikanische Küche, 15000 Kilometer der aus Lateinamerika stammen und welche aus Ostafrika,
von der Quelle entfernt: Restaurant Mercado in Nairobi ist dann nur noch für wirkliche Kenner ersichtlich.

Kosmos GEO 11 2019
Free download pdf