Geo - 11.2019

(Ann) #1

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Messe für das


gute Gewissen


Lovis Willenberg ist der Ansicht
Nachhaltiger Konsum muss Spaß
machen. Deshalb gründete
der Berliner den »Heldenmarkt<<

Es begann mit Turnschuhen: Die ent­
deckte Lovis Willenberg in einem Maga­
zin. "Die Sneaker waren zu 99 Prozent
aus recycelten Materialien hergestellt
und sahen trotzdem großartig aus", er­
innert sich der Unternehmer. "Ich wuss­
te sofort: Die muss ich haben."
Doch das war schwieriger als erwar­
tet: Der Schuhproduzent saß in England
und verschickte seine Modelle nur in
größeren Mengen. Also bestellte Wil­
lenberg einen ganzen Satz - und bot ihn
in seinem Plattenladen an. Bald kamen
auch fair produzierteT-Shirtsdazu und

Ideenaustausch zwischen Kunden und
Produzenten: »Heldenmarkt« in Berlin

Babystrampler aus Biobaumwolle: Wil­
lenberg, der bislang vor allem an Partys
und Musik interessiert war, entdeckte
die Ökomode für sich.
Der Verkauf im Plattenladen aber lief
schleppend. "Schnell wurde mir klar:
Allein klappt es nicht, ich muss mich
mit anderen Anbietern vernetzen", so
Willenberg. Wie man Partys organisiert,

DIE WELTVERBESSERER

wusste der Berliner. Und so lud er zu ei­
ner Verkaufsparty: zu einer Messe für
nachhaltigen Konsum. Einem Treffen
mit Vorträgen und Workshops, Musik,
Kochshows und 60 Händlern, Herstel­
lern und Initiativen aus der Ökoszene.
"Heldenmarkt" nannte Willenberg das
Event, denn als Helden betrachtet der
46-Jährige seine Aussteller: schließlich
investieren sie zumeist ihre ganze Kraft


  • und oft auch ihr gesamtes Vermögen­
    in eine ökologisch sinnvolle Idee.
    Zum ersten "Heldenmarkt" in Berlin
    kamen vor neun Jahren rund 3000 Be­
    sucher. Heute ist die Konsummesse die
    größte ihrer Art in Deutschland: Fünf­
    mal pro Jahr findet sie in verschiede­
    nen deutschen Großstädten statt, ange­
    boten werden Waren aus beinahe allen
    Lebensbereichen- Nahrungsmittel und


Kosmos

Mit seiner
Nachhaltigkeits­
messe will
Gründer Lovis
Willenberg nicht
nur Konsumen­
ten erreichen,
die ohnehin
schon überzeugt
sind: »Viele
machen bei
uns den ersten
Schritt«

Schmuck, Möbel und Versicherungen,
Kosmetik und Fertighäuser.
Zugelassen werden Aussteller nur,
wenn sie nachweisen, dass sie nach den
Prinzipien der Nachhaltigkeit wirtschaf­
ten: Lebensmittel müssen biologisch
produziert sein, recycelte Waren dürfen
maximal zu einem Viertel mit neuen
Inhaltsstoffen versetzt sein, Entwickler
von Geldanlagen müssen belegen, dass
sie in nachhaltige Projekte investieren.
Willenberg beobachte zudem eine
neue Generation besonders qualitäts­
bewusster Kunden, die mit dem staubi­
gen Image früherer Bioläden nicht viel
anfangen könnten. "Die wollen Produk­
te mit einer überzeugenden Geschich­
te: Sie interessieren sich für die Her­
steller und ihre Idee oderwollen genau
wissen, wie etwas produziert wird."

GEO 11 2019
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