Geo - 11.2019

(Ann) #1

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Der Platz vor
dem Opernhaus in
Oslo gehört den
Fußgängern -doch
rundherum dröhnen
immer noch die
Stadtautobahnen

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DIE GUTE NACHRICHT

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Platz machen für Menschen


Weniger Parkraum, höhere Gebühren: Die europäische Umwelthauptstadt Oslo will die Zahl
der Autos in der Innenstadt reduzieren - und hat sich zudem ein C02-Budget auferlegt

Während Automobilclubs in Deutsch­
land breitere Stellflächen fü r immer
breitere Autos fo rdern, hat Norwegens
Hauptstadt Oslo 700 Parkplätze im Zen­
trum bis Anfang des Jahres einfach ab­
geschafft, ersatzlos. Bereits drei Jahre
zuvor wurden manche Parkgebühren
um 50 Prozent erhöht; an Werktagen
darf tagsüber kein Auto länger als zwei
Stunden an einer Stelle parken.
Nicht alle der rund 700 000 Einwoh­
ner Oslos sind begeistert: Die verkehrs­
politische Strategie der rot-rot-grünen
Stadtregierung hat der dafür zuständi­
gen grünen Stadträtin Lan Nguyen Berg
bereits Morddrohungen eingebracht.
Die lokale Wirtschaft lief zudem Sturm
gegen Bergs ursprünglichen Plan, Teile

der Innenstadt zu autofreien Zonen zu
erklären. In der gemilderten Variante
dürfen Autos zwar noch in die Stadt,
dafür soll Parken unattraktiv werden.
Die Methode zeigt Erfolg: Inzwischen
fahren die Osloer öfter per Bus oder
Bahn als mit dem Auto. Der öffentliche
Nahverkehrwurde ausgebaut, die Fahr­
gastzahlen stiegen allein 2017 um mehr
als sechs Prozent. Die Nutzung der
städtischen Leihfahrräder liegt mittler­
weile bei rund drei Millionen Fahrten
pro Jahr. Künftig sollen sie im Winter,
wenn Norwegen im Schnee versinkt,
mit Spikes ausgerüstet werden.
Derweil genießen Fußgänger in Oslo

ders als von manchen Geschäftsleuten
befürchtet, ist das Zentrum nicht etwa
unattraktiver geworden - die Verwal­
tung hat vielmehr im Vergleich zum
vergangenen Jahr zehn Prozent mehr
Besucherper pedes gezählt.
Die Verkehrswende ist nur einer der
Gründe, warum Oslo zur Umwelthaupt­
stadt Europas 2019 gekürt wurde. Oslo
ist auch eine der ersten Städte, die neben
dem Finanz-ein C02-Budget verabschie­
det: ein Emissionskonto, das nicht über­
zogen werden darf und fü r Haushalts­
entscheidungen verbindlich ist.
Bis 2028 soll der gesamte Nahver­
kehr- inklusive der Fähren, die Pendler
neue urbane Freiräume, in einer weni- durch den Oslofjord transportieren -
ger lauten Stadt mit weniger Staus. An- elektrisch und somit abgasfrei laufen.

Kosmos GEO 11 2019
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