Geo - 11.2019

(Ann) #1

GEO Werkstatt Zukunft


Erik Biomberg ist Head of Innovation bei Fjällräven. An Wolle fasziniert den
Schweden vor allem die hohe Funktionalität und die Nähe zur Natur

Ein Superntaterial aus der Natur


Outdoor-Bekleidung aus Wolle ist robust, wetterfest, nachhaltig­


und lässt sich dank innovativer Konzepte beständig weiterentwickeln


Wenn wir an Outdoor-Bekleidung
denken, kommt uns nicht zuerst Wol­
le in den Sinn. Was macht das Material
so besonders, auch für extreme Wetter­
bedingungen?
Erik Blomberg: Uns in Skandinavien,
wo es häufig nass und kalt ist, hat Wolle
schon immer durch ihre hohe Funktio­
nalität überzeugt. Wir sind mit selbst ge­
strickten Wollpullovern und Socken groß
geworden. Wolle wurde von der Natur
über Tausende von Jahren so konzipiert,
dass sie die Schafe bei wechselnden Wet­
terbedingungen geschützt hat. So kann
das Material zum Beispiel 30 Prozent
seines Eigengewichts an Wasser aufneh­
men - ohne von außen nass zu sein. Diese
Eigenschaft macht es in der Verarbeitung
vor allem als Zwischenschicht so interes­
sant, weil es die Feuchtigkeit in Kleidungs­
stücken oder Schuhen minimiert. Zudem
hemmt Wolle Gerüche und reinigt sich
quasi selbst, wenn man sie abends an die
frische Luft hängt. Auch für Lagerfeuer­
nächte ist sie perfekt, denn im Gegensatz
zu anderen Outdoor-Materialien brennt
Wolle nicht so leicht.


Wie wird Wolle bei euch getestet?
Erik Blomberg: Wir haben natürlich
Standardtests für Materialien und ganze
Teams, die sich ausschließlich um die
Qualitätssicherung kümmern und die
Produkte über einen langen Zeitraum auf
Herz und Nieren prüfen. Aber um einen


wirklich guten Eindruck zu bekommen,
wie Materialien funktionieren, muss man
sie dort ausprobieren, wo sie am Ende
genutzt werden: in der Natur. Meine
Kollegen und ich sind alle leidenschaft­
liche Outdoor-Fans und probieren die
Kleidungsstücke unter verschiedensten
Bedingungen auch selber aus.

Was bedeutet es, Wolle fair zu produ­
zieren, und wie kann garantiert werden,
dass alle Produktionsschritte nachhaltig
sind?
Erik Blomberg: Wir legen großen Wert auf
Transparenz und Rückverfolgbarkeit. Das
bedeutet, dass wir genau wissen möchten,
von welchen Farmen unsere Wolle kommt.
Dementsprechend arbeiten wir zum größ­
ten Teil mit ausgewählten Partnern, die
dieselben Werte wie wir in Bezug auf Tier­
haltung, Umweltschutz, Nachhaltigkeit
und soziale Verantwortung vertreten. Wir
messen diese Faktoren an ganz konkreten
Anforderungen, zum Beispiel daran, wie
die Schafe gehalten und geschoren werden.
Auch auf die fortlaufende Produktions­
kette haben wir ein wachsames Auge: Das
geht von der Wäsche über das Spinnen
der Wolle bis zum Nähen der Kleidungs­
stücke. Wir geben unser Bestes, um Ver­
trauen aufzubauen und Raum für Dialoge
zu schaffen. Nur so können Wertesysteme
und die Vorstellung, was eine faire Pro­
duktion überhaupt bedeutet, angeglichen
und weiterentwickelt werden.

Was können wir als Konsumenten bei der
Auswahl von Wollprodukten beachten?
Erik Blomberg: Ohne eigene Recherche
funktioniert es nicht. Mein Vorschlag
wäre, zunächst etwas über die Marke zu
lesen und in Erfahrung zu bringen, wo sie
Prioritäten setzt, wie das Werteverständ­
nis aussieht und wie das Unternehmen
produziert. Wenn sich eine Marke bereits
die Mühe macht, nachhaltige und rück­
verfolgbare Produktionswege zu gehen,
wird sie diese Informationen auch öffent­
lich zugänglich machen.

Wie kann ein traditionelles Material wie
Wolle auch in Zukunft weiterentwickelt
werden?
Erik Blomberg: Wolle ist ein nachwachsen­
der Rohstoff und ist dabei sehr funktionell


  • was dem aktuellen Bedarf nach Inno­
    vation und Zukunftsfähigkeit entspricht.
    Wollprodukte können häufig recycelt wer­
    den oder sind zumindest kompostierbar.
    Diese Form von Nachhaltigkeit brauchen
    wir, um unseren C02-Fußabdruck zu redu­
    zieren. Doch es braucht Alternativen zur
    klassischen Merino-Wolle - und das er­
    fordert neue, innovative Ansätze beim De­
    sign und der Konzeption neuer Produkte.


FJALL


RA YEN

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