Die Welt - 09.11.2019

(ff) #1
Robert Lewandowski ist die
Lebensversicherung des FC
Bayern - der Pole hat in dieser
Saison in zehn Spielen schon 14
Tore für die Münchner erzielt

GETTY IMAGES

/ BONGARTS/

ALEXANDER HASSENSTEIN

D


as Ambiente war edel, und der
Stargast gab sich alle Mühe. Hele-
ne Fischer sollte im National His-
tory Museum in London, das Bo-
russia Dortmund als Partylocation
gemietet hatte, für Stimmung sorgen. Doch die
Schlagersängerin hatte keine Chance – denn die
Dortmunder hatten damals, am 25. Mai 2013,
nicht nur das Champions-League-Finale im
Wembleystadion gegen den FC Bayern München
verloren, sondern ihnen war auch mitgeteilt
worden, dass sie auf lange Sicht keine Chance
haben werden, ihren besten Spieler zu halten.

VON OLIVER MÜLLER

„Mario Götze kommt, und Robert Lewan-
dowski lässt ja auch nicht lange auf sich warten“,
hatte Jupp Heynckes, damals Trainer des FC
Bayern, auf der Pressekonferenz nach dem 2:1-
Sieg der Münchner im deutsch-deutschen End-
spiel in der Königsklasse gesagt. Für die Borus-
sen war dies ein Stich ins Herz. Götze hatte erst
einen Monat zuvor bekannt gegeben, dass er
nach München wechseln wird. Aber Lewan-
dowski, die Seele des Dortmunder Spiels, der
dem BVB mit seinen Toren den Weg zu zwei
Meisterschaften und einem DFB-Pokalsieg geeb-
net hatte? Dies wäre das Ende einer Ära, dessen
waren sich in Dortmund alle bewusst.
Ein Jahr später war es so weit. 2014, nach Ab-
lauf seines Vertrages, ging der polnische Stür-
mer zu den Bayern. Für ihn selbst war es der lo-
gische Schritt. „Ich habe das erste Mal ein Trikot
auf meinem Körper gespürt, das zu einem richtig
großen Verein gehört. Da war ich sehr stolz“,
verriet er kürzlich. Für den BVB war sein Abgang
dagegen eine tiefe Zäsur.
74 Treffer hatte Lewandowski in 131 Pflicht-
spielen für die Dortmunder erzielt, weitere 20
vorbereitet. Doch er war mehr als nur ein Tor-
garant: Das Spiel der Borussia war auf ihn zuge-
schnitten. Lewandowski behauptete den Ball im
Strafraum, war Dreh- und Angelpunkt in der Of-
fensive. Er hatte den BVB auf ein anderes Level
gehoben. Sich von dem Polen, der 2010 von Lech
Posen gekommen war, zu emanzipieren, fiel ex-
trem schwer. Die Saison 2014/2015, die erste oh-
ne Lewandowski, war zugleich die letzte von Jür-
gen Klopp als Trainer in Dortmund: Die Mann-
schaft geriet aus dem Takt. Dabei machte sie
nicht so viel anders als in den erfolgreichen Jah-
ren zuvor. Das Problem war nur: Sie spielte so,
als wäre Lewandowski immer noch da.

Wenn es überhaupt ein Problem mit Lewan-
dowski gibt, dann ist es zugleich seine größte
Stärke: seine spielerische Dominanz. Mann-
schaften, für die er stürmt, werden früher oder
später auf eine gewisse Weise von ihm abhängig.
Der mittlerweile 31-Jährige kann den Ball halten,
ihn gegen ein Rudel von Verteidigern behaupten,
ihn für die Mitspieler ablegen oder selbst in den
Abschluss gehen. Er kann, was nicht so häufig
ist, aus unterschiedlichsten Spielsituationen
treffen. Gerade heute, wenn die Bayern auf den
BVB treffen (18.30 Uhr/live bei Sky und im
WELT-Sportticker), wird seine besondere Be-
deutung deutlich.
Allein in den 18 Pflichtspielen, die Lewan-
dowski mit den Münchnern gegen seinen Ex-
Klub absolviert hat, erzielte er 16 Tore, darunter
14 Tore in zehn Bundesligaspielen. In den letzten
fünf Ligapartien zwischen den beiden deutschen
Vorzeigeklubs traf er zehnmal – in den beiden
Duellen der Vorsaison sogar jeweils doppelt.
„Er ist im Strafraum brandgefährlich, es ist
große Klasse“, sagte BVB-Trainer Lucien Favre,
der weiß, dass es besonders darauf ankommen
wird, die Kreise des Polen einzuengen. Es wird
darum gehen, die Zuspiele auf Lewandowski zu
verhindern, denn wenn er den Ball erst einmal in
Besitz genommen hat, ist es häufig schon zu
spät. „Er kann dribbeln und ist auch mit dem
Kopf stark. Er bewegt sich richtig und ist schnell


  • mit und ohne Ball“, so Favre. Seine Verteidiger,
    warnt der Coach, müssten sehr wach sein:
    „Wenn du mit ihm gehst und er mit einem Kon-
    takt spielt, musst du sofort wieder da sein.“
    Die Dortmunder haben lange benötigt, um
    sich nach Lewandowskis Abgang neu auszu-
    richten. Nicht dass sie in den vergangenen Jah-
    ren qualitativ schlechte Stürmer gehabt hätten

  • doch es ist schwer, ein Team umzugewöhnen,
    wenn es sich einmal darauf eingestellt hat, mit
    einem omnipräsenten Lewandowski in der
    Spitze zu spielen. Pierre-Emerick Aubameyang,
    der ab 2014 in die Mittelstürmerposition hi-
    neinwuchs, war ein anderer Typ. Er lebte von
    seiner Schnelligkeit. Mit dem Gabuner verän-
    derte sich das Spiel: Aubameyang brauchte
    Räume und Tiefe, um erfolgreich zu sein. Den
    Ball im gegnerischen Strafraum festzumachen,
    war seine Stärke nicht – ebenso wenig die von
    Ciro Immobile, der scheiterte, und Michy Bats-
    huayi, der zwar traf, aber mit vielen Ballverlus-
    ten auch eine Belastung war. Der Durchbruch
    beim Versuch, den BVB auch gegen tief stehen-
    de Gegner wieder torgefährlich zu machen, ge-


lang erst in der vergangenen Saison – weil Fav-
re auf eine ungewöhnliche Lösung kam: Mit
dem kombinationssicheren Götze spielte oft
ein Mittelfeldspieler auf der Neun – und wenn
der Gegner müde gespielt war, kam Paco
Alcácer von der Bank und traf.
Dies dürfte auch Favres Option für heute
sein – zumal Alcácer, der gerade erst eine Achil-ein – zumal Alcácer, der gerade erst eine Achil-
llessehnenreizung auskuriert hat und zuletztessehnenreizung auskuriert hat und zuletzt
eerst zweimal eingewechselt wurde, kaum
Luft für 90 Minuten haben dürfte. Fünf To-
re hatte der Spanier in den ersten vier
Bundesligaspielen der laufenden Sai-
son erzielt, danach bekam er Proble-
me – und die Dortmunder kamen
aus dem Tritt. Favres Versuche, Ju-
lian Brandt, Thorgan Hazard und Ja-
cob Bruun Larsen als Mittelstürmer spie-
len zu lassen, scheiterten. Einen zweiten ech-
ten Stürmer gibt es im Kader nicht – auch weil
Favre keinen passenden und verfügbaren Kan-
didaten gesehen hatte.
So hängen die Borussen, obwohl sie ihre Krise
mit drei Pflichtspielsiegen in Folge beenden
konnten, am Tropf von Alcácer – genauso wie die
Bayern zwingend auf Lewandowski angewiesen
sind. 14 Treffer hat er in der laufenden Saison be-
reits erzielt – kaum vorstellbar, wie schlimm die
Krise gewesen wäre, unter der der Rekordmeis-
ter seit Wochen leidet und die zur Trennung von
Cheftrainer Niko Kovac geführt hat, wenn der
Pole nicht so verlässlich treffen würde.
Am Mittwoch trug Lewandowski auch erheb-
lich dazu bei, dass das Pflichtspieldebüt von In-
terimstrainer Hansi Flick gelang. In der 69. Mi-
nute erzielte er beim 2:0 in der Champions
League gegen Olympiakos Piräus den erlösen-
den Führungstreffer. Es war allerdings ein wei-
teres Spiel, in das Lewandowski mit einem ge-
wissen Handicap gegangen war. „Robert hat
Probleme, aber keine Schmerzen“, hatte Flick
bereits tags zuvor erklärt und angekündigt,
dass sich Lewandowski einer Leistenoperation
unterziehen müsse. Wann der zwar aufschieb-
bare, aber unausweichliche Eingriff vorgenom-
men wird, ist offen. „Ich glaube aber, dass er es
sich gut überlegen wird. Denn den Lauf, den er
hat, zu unterbrechen, wäre nicht ganz so gut“,
sagte der Bayern-Trainer.
Lewandowski selbst meinte, dass er sich mög-
licherweise am Sonntag entscheiden will – nach
dem Spiel gegen den BVB. Er ist sich sehr be-
wusst, dass es keine Alternative zu ihm gibt – da-
mals in Dortmund, aktuell in München.

Bayern und der BVB hängen am


TTTropf der ropf der TOP-STÜRMER


Der Bundesliga-Gipfel ist auch ein


Duell zwischen Paco Alcácer und


Robert Lewandowski. Beide haben


einen enormen Wert für ihre Teams.


Ihre Wichtigkeit macht allerdings ein


Problem offenkundig


Jubelnder Spanier: Paco
Alcacer ist auch wegen
mangelnder Alternativen
Dortmunds wichtigster
Mann im Sturmzentrum

G
ETTY IMAGES

/ BONGARTS/

LARS BARON

Dortmunds Auswärtsbilanz beim FC Bayern

Letzte Ligaspiele in München

Quelle: Fusballdaten.de

  

Siege Remis

Niederlagen
:

Tore

:
:
:
:

�. April ����
��. März ����
�. April ����
�. Oktober ����

Erstmals seit neun Jahren treffen
der FC Bayern München und Borussia
Dortmund aufeinander, und keiner von
beiden ist Tabellenführer.
Am �. Oktober ���� war Bayern auf
Platz � und Dortmund auf Rang �.

20


09.11.19 Samstag, 9. November 2019DWBE-HP


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