Berliner Zeitung - 09.11.2019

(Joyce) #1

Zeitenwende


Berliner Zeitung·Nummer 261·9./10. November 2019 (^13) ···········································································································································
„IchmachemirSorgen
umunsereDemokratie“
WirbrauchenmehrRückkopplungzwischenWählernundPolitikern,
sagtderTheoretischePhysikerClaudiusGros.NursokönnedasSystemmitder
beschleunigtenMeinungsbildungderBürgerSchritthalten
S
eit der Wende sind dieZei-
ten schnelllebiger gewor-
den. Dashat aber weniger
mit demEnde der DDR zu
tunalsmitdemAufkommendesIn-
ternets.GefühltistdieseTatsacheal-
lenklar.EinemTheoretischenPhysi-
ker reicht derartiges intuitives Wis-
sen jedoch nicht. Er will handfeste
Daten dazu–und die Veränderung
am liebsten mitGleichungen be-
schreiben. ClaudiusGrosvon der
Goethe-Universität inFrankfurtam
Main ist das gelungen.Dazu hat er
dieMusikchartsderverg angenen
Jahreanalysiert.Er ve rmutet Be-
schleunigungenwiedortauchinan-
deren Bereichen, etwa derPolitik.
UnddieseTatsachebeunruhigtihn.
Herr Professor Gros, Siehaben an-
hand derDynamik vonMusikcharts
gezeigt, dass kulturelleProze sse im-
mer schneller ablaufen. Daraus
schließenSie,dassauchdiepolitische
Meinungsbildung immerrascher er-
folgt und sehen dadurch unsereDe-
mokratieinGefahr–weilsiezuträge
sei. Sind das nicht sehr kühne The-
sen?
UnsereErkenntnisseüberdiebe-
schleunigten kulturellen Proz esse
sindlediglicheinIndizdafür,dasses
inanderenSystemenähnlichist.Wir
schließen also nicht direktvonden
Charts auf dieDemokratien.Dass
sich beides überhaupt inZusam-
menhangbringenlässt,hatdamitzu
tun, dass unsereAnalyse losgelöst
vonInhaltenist.Unsgehtesumdie
dynamischeStabilitätvonSystemen.
Beidiesen Überlegungen spielen
Zeitskalen eine großeRolle.Unsere
Annahme:Wenn sich in einemBe-
reichunsererGesellschaft,demkul-
turellen, etwas deutlich beschleu-
nigt,könntedasauchinanderenBe-
reichen so sein–ind iesem Fall bei
derpolitischenMeinungsbildung.
Politik ist fürSiealso nichts anderes
alseindynamischesSystem?
Alles,wassich zeitlichverändert,
ist ein dynamisches System. Das
kanneinPendelseinodereineTier-
population. Auch die politische
Agendaentwickeltsichzeitlich–und
ist daher ebenfalls ein dynamisches
System.
UnddabeisinddieInhalteegal?
UnsereTheoriehatnichtsmitIn-
halten zu tun.Dasheißt nicht, dass
derInhaltnichtwichtigist.Aberda-
mit beschäftigen sich andereWis-
senschaftler ohnehin intensiv.In
99,9Proz entderpolitologischenFor-
schunggehtesumInhalte.AlsTheo-
retischer Physiker bin ich es ge-
wohnt, Dinge grundlegend infrage
zustellen.Mirgingesdarumzuprü-
fen,obwirganzunabhängigvomIn-
halt etwas sagen können über die
DemokratieunddieGesellschaft.
Warum habenSiesich dafür gerade
dieMusikchartsausgesucht?
Letztendlich wollen wir zeigen,
dassdieWeltschnellerwird.Intuitiv
ist das klar.Uns geht es darum, das
zu messen.Unddazu braucht man
Daten,dieübervieleJahrzehntever-
gleichbar sind.Solche Daten sind
rar. In den Musikcharts finden wir
sie,dennsie werdenseit Jahrzehnten
nach dem gleichen Schema zusam-
mengetragen: dem wirtschaftlichen
Erfolg einesSongs oder eines Al-
bums.
Siehaben untersucht, wie sich die
Chartsindenvergangenen50Jahren
in Großbritannien,Deutschland so-
wie in denNiederlanden und den
USAveränderthaben.Wasistdas Er-
gebnis?
Zumeinen hat dieVielfalt zuge-
nommen–umd enFaktorzweioder
drei. Es gibt heutzutage deutlich
mehrAlbenundSongs,dieesindie
Chartsschaffen.Sieverweilendafür
aber auch kürzer. Dramatisch hat
sich auchverändert, wie ein Album
Nummer-eins-Hitwird.Früherstieg
einAlbumzumBeispielaufPlatz
einundnacheinoderzweiMonaten
waresaufPlatzeins.Sowaresbisin
die 80er-Jahre. Heute ist dasvoll-
kommen anders:EinAlbum ist in
derRegelentwedergleichinderers-
ten Woche Nummer eins oder nie.
DieserÜbergangistinden90er-Jah-
renpassiert.
Wiekamesdazu?
Vermutlichliegtesdaran,dassdie
Informationheutedeutlichschneller
erfolgt. Werbekampagnen brauchen
nicht mehr so lange,umd urchzu-
schlagen.Nochdazukannsichheut-
zutage jeder ein neues Album gleich
über dasInternet runterladen–und
mussnichterstineinGeschäftgehen.
So schlimm ist es vermutlich
nicht.Aberganzeindeutighabenwir
Probleme durchzeitliche Verzöge-
rungen.Unddadurchkannessehr
leichtzuInstabilitätenineinemdy-
namischenSystemkommen.Eineli-
berale Demokratie,wie wir sie in
Deutschland haben, beruht ja im
Wesentlichendarauf, dass die Bür-
gerallevierJahrewählengehenund
dabei ihrer Meinung Ausdruck ver-
leihen. In einer solchen Struktur
kommteszwangsläufigzuZeitver-
zögerungen.Zugleichwirddiepoliti-
scheMeinungsbildungaufgrundder
sozialenMedienundanderertech-
nischenNeuerungenimmerschnel-
ler.Dasführtzuimmerstärkeren
DiskrepanzenzwischendemWillen
derBürgerunddemHandelnderPo-
litiker.
WelcheFolgenhatdas?
Heutzutage sehen wir sehr
schnelleVeränderungen.InFrank-
reichzumBeispielwurdedieneue
BewegungEnMarchebinnenweni-
gerJahresostark,dasssienunmit
EmmanuelMacronsogardenPräsi-
denten stellt.So etwas wäreind en
50er-Jahren undenkbar gewesen.
Auchin Italienwechselnständigdie
Parteien.DieFrageistnun,obdasal-
lesvomInhaltgetriebenist–oderob
es Anzeichen dafür sind, dass unser
Systemansichinstabilwird.Dasist
natürlich nur eine Möglichkeit, die
ich mit derStudie aufzeichne.Aber
wennsiesichbewahrheitet,wäredas
extrembeunruhigend.
Waskönnenwirtun?
DieRückkopplung zwischen
Wähler undPolitiker muss viel stär-
kerundhäufigersein.DasSchweizer
SystemzumBeispielistganzanders.
Dortgibt es alle vierMonateVolks-
abstimmungen–über kommunale
Belange bis hin zuFragen aufBun-
desebene.Die Rückkopplung zwi-
schen den Bürgernund den parla-
mentarischenSystemenistdadurch
viel schneller und dasSystem viel
stabiler.Einweiteres Beispielgibtes
inBelgienfürdiedortlebendedeut-
sche Minderheit. Für dieseGruppe
wurde ein Bürgerrat eingeführt, der
Vorschlägeerarbeitet,aufdiedielo-
kaleRegierungeingehenmuss.Die-
serBürgerratwirdperLosbestimmt.
Er hat sich offenbar sehr bewährt,
weil er einen neuenKommunikati-
onsdrahtzwischendenBürgernund
denPolitikerndarstellt.
Undwiewär ees,dieLegislaturperio-
denzu verkürzen?
Daskönnte man durchaus über-
legen–vielleichtaufdreiJahre.Aber
deradministrativeAufwandistrecht
groß und die Übergangszeiten bis
zurRegierungsbildungdauernrecht
lange.Grundsätzlich müsste es ein-
fach mehr Möglichkeiten und mehr
Kanälegeben.Eswirdimmergesagt,
dasVolkistunmündig,undwennes
direkt entscheidet, dann gibt es
Chaos.Vielleicht ist da auch etwas
Wahres dran. Andererseits braucht
manaucheineTraditionderMitbe-
stimmung.Manmüsstedaslangsam
aufbauen. DieLeute müssen sich
darangewöhnen,dassesauchfürsie
selbst Konsequenzen hat,wenn sie
mitabstimmen.
Wiekritisch ist derZustand unserer
Demokratie?
Dasist leider nicht klar.Wir
bräuchten viel mehrUntersuchun-
gen, um das dingfest zu machen.
Ehrlichgesagt,macheichmirschon
Sorgen.Wirsollten unbedingt über-
legen, wie sich die Bindung zwi-
schen Wählernund Politikernver-
bessernlässt.
DasGesprächführteAnneBrüning.
Gabesn ochanderewichtigeErkennt-
nisseausderMusikchart-Analyse?
Auch die Lebenszeitverteilung
hat sich gravierendverändert–also
dieAnzahlderWochen,überdieein
Album in den Charts bleibt. Die
Wahrscheinlichkeit dafür kann man
mathematischmiteinerVerteilungs-
funktion beschreiben. Wirhaben
festgestellt, dass es auch hier einen
Umbruch gab.Bis in die 90er-Jahre
ließ sich die Lebensdauer eines Al-
bums in den Charts durch eine log-
arithmische Gauß-Verteilung be-
schreiben.Heutzutagejedochistsie
durch einPotenzgesetz charakteri-
siert. DasistfürdieTheoriedynami-
scher Systeme sehr interessant.
DennPotenzgesetzesindfürunsim-
mertypischfüreinkritischesSystem
–also eines,das in der Nähe eines
Phasenübergangesist.
Undjetzt sehenSiedie Gefahr,dass
auch derDemokratie ein Phasen-
übergangbevorsteht?
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CLAUDIUS GROS
...ist 58 Jahre alt und seit 2005
Professor für Theoretische Phy-
sik an der Goethe-Universität in
FrankfurtamMain.
...verbringt seine Kindheit in
Wiesbaden und Rom.
...studiertnach dem Abitur Phy-
sik an der ETH Zürich. Nach zwei
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er an den Universitäten in Dort-
mund und Saarbrücken tätig.
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