Berliner Zeitung - 09.11.2019

(Joyce) #1
Stadt und Land hat einTypenhaus entwickelt,
das als Pilotprojektauf drei Grundstücken in
Hellersdorf errichtet wurde.Dreiweiter eGrund-
stückesollen ebenfalls damit bebautwerden,
die Planungen laufen.

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Herr Malter,was hat sich in den letzten Jahren
in der Branche am meisten verändert?
Es wird sehr viel mehr gebaut, weshalb wir
einen Engpass in der Bauindustrie haben. Ei-
gentlich ist es ja gut, dass mehrWohnungen
entstehen. Der BerlinerWirtschaft geht es ja
auch besser als vor wenigen Jahren. Nur lei-
der treibt die Nachfrage die Baupreise sehr
nach oben.

Ist es für die Stadt und Land auch ein Problem,
dass die Preise für Bauland so stark steigen?
Natürlich. Ich finde, wir haben hier in Ber-
lin eine schizophrene Situation: Einerseits
besteht derWunsch nach mehrWohnraum.
Andererseits hat die Stadtgesellschaft die
Bebauung desTempelhofer Felds abgelehnt.
Die Einstellung der Mehrheit scheint zu sein:
„Not in my backyard“, also: Nicht in mei-
nem Hinterhof.

Waskönnen Unternehmen wie die Stadt und
Land tun, damit das Bauen–und damit auch
dasWohnen–erschwinglich bleibt?
Wirhaben die früheren Baustile analysiert –
Gründerzeit, 20-er Jahre, den industriellen
Baustil der DDR–und aus den Erkenntnis-
sen ein neuesTypenhaus entwickelt. Die Be-
sonderheit besteht darin, dass dieWohnun-
gen den immer selben Grundriss haben.Wie

Lego-Bausteine. Außerdem wählten wir eine
hohe Gebäudetiefe von 15 Metern, so dass
wir ein idealesVerhältnis von Grundstücks-
fläche zu erzeugtem Wohnraum erhielten.
Ein großer Erfolg: So konnten wir beim Pro-
totyp in Hellersdorf zehn Prozent günstiger
bauen. Das entspricht 200 Euro Ersparnis
pro Quadratmeter.

Welche weiteren Möglichkeiten haben Sie, um
Kosten zu senken?
Wirwollen auf Bestandsgrundstücken neu
bauen und sind gerade dabei, in Frage kom-
mende Flächen zu identifizieren. Unser Ziel
ist nicht die Verdichtung von Bestandsge-

bäuden,denndas wäre zu teuer.Wir wollen
kompletten Neubau auf unseren Grundstü-
cken. Oder wie wir es nennen: Neubau auf
Grund und Boden.

Waswünschen Sie sich von der Politik?
Eine Entschlackung des technischen Geset-
zesrahmens. In den letzten 15 bis 20 Jahren
haben sich die Anforderungen verdoppelt.
Ein kleines Beispiel:Muss es wirklich sein,
dass an jede Lampe drei Adern gelegt werden
–also mit Erdung? Früher hat es gereicht, ab
dem Lichtschalter mit zwei Kabeln weiter-
zugehen. Man fragt sich, ob der Sicherheits-
gewinn dem hohen Aufwand gerecht wird,
den dieVorschriften fordern. Außerdem ist
die ganze Stadt Berlin nach dem alten Stan-
dard eingerichtet und es scheint damit keine
Probleme zu geben.

Wasgefällt Ihnen an Ihrer Arbeit?
Ich finde es spannend, anfassbar vor Ort die
Stadt mitzugestalten. Durch die Art, wiewir
planen, gestalten wir auch soziales Miteinan-
der.Hinzu kommen unsere sozialen Projek-
te. Berlin hat 54 Prozent Single-Haushalte,
wir müssen nachbarschaftliche Bindungen
schaffen, umVereinsamung zu bekämpfen.

Das Interview führte Ingrid Bäumer

Bild:mib märkische ingenieur bau mbh


Bilder:Stadt undLand/Popp

IngoMalterist seit ne un Jahren Geschäft sführerder
Stad tund LandWohnbauten-Gesellschaft mbH.

Werbaut, errichtet nicht nur Häuser.Ergestaltet auch dassoziale Mite inander der Stadt mit.Doch das Bauen in Berlin wirdimmerteurer.
Die landeseigeneWohnbaugesellschaft Stadt und Land dreht an einigenSchrauben, damit dasWohnenweiterhin bezahlbarbleibt

IM GESPRÄCH MIT INGO MALTER

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