Süddeutsche Zeitung - 12.11.2019

(Tuis.) #1
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In Georgien sind bei Protesten gegen einen
Film über die Liebe zweier schwuler Tän-
zer 27 Menschen festgenommen worden.
Zwei Polizisten seien verletzt worden, als
sie die Premiere des Dramas „And Then
WeDanced“schützten,teilte dasInnenmi-
nisterium in Tiflis in der Nacht zum Sams-
tag mit. Gegner des Films riefen nach Be-
richten georgischer Medien vor Kinos
„Schande“undsetztenFeuerwerkein.Wei-
tereVorstellungenam Wochenende verlie-
fen ohne größere Zwischenfälle. Der Film
des schwedischen Regisseurs Levan Akin
erzählt, wie sich ein angehender Tänzer
des georgischen Nationalballetts in Tiflis
in einen anderen Studenten verliebt. Zu
den Protesten hatten Nationalisten aufge-
rufenmitderBegründung,derFilmversto-
ße gegen georgische Traditionen. dpa

Dass Henrik Ibsens Drama „Rosmers-
holm“ nicht so populär ist wie „Nora“ oder
„Die Wildente“, hat einen einfachen
Grund: Das Stück ist etwas seltsam. Der
vom Glauben abgefallene Ex-Pfarrer Jo-
hannes Rosmer lebt seit dem Freitod sei-
ner Frau mit seiner platonischen Freundin
Rebekka West zusammen. Unter deren
Einfluss beginnt Rosmer sich für liberale
Gedanken zu begeistern – was in seinem
konservativen Umfeld Skandal macht. Im
Kern aber erzählt das Drama von einer
verkorksten Liebe, die letztlich nur im Tod
Erfüllung findet: Am Ende begehen Ros-
mer und Rebekka gemeinsam Suizid.
Im Wiener Theater in der Josefstadt
steht das selten gespielte Stück jetzt auf
dem Spielplan. Allerdings hat Ulf Stengl
für Elmar Goerdens „Rosmersholm“-In-
szenierung einerecht radikale Neufassung
geschrieben. Der Autor, ein gelernter
Bühnenbildner, dampft das Stück auf drei
Personen und zwei kurze Akte ein, er ver-
schärftdenTonfall(„Fickdich!“)unddreht
anallenmöglichenSchrauben.Politischist

Rosmer (Herbert Föttinger) hier in der
Gegenrichtung unterwegs; der einst links-
liberale Geisteswissenschaftler hat auf ei-
ner rechtsextremen Website gerade einen
Artikel à la Thilo Sarrazin veröffentlicht.
Sein Schwager (Joseph Lorenz) nimmt den
Text so gründlich auseinander, dass der
erstaunlich einsichtige Autor beschließt,
ihn wieder vom Netz zu nehmen.
Nach der Pause kommt es zum intimen
ShowdownzwischenRosmerundRebekka
(KatharinaKlar),dievieljüngerundaggres-
siver angelegt ist als bei Ibsen – eine Frau
wie ein offenes Messer. Jetzt tun sich Ab-
gründe auf, einer nach dem anderen. Aber
es hilft nichts: Zu unplausibel sind Stück
und Figuren konstruiert, zu papieren die
Dialoge, um sie ernst nehmen zu können.
Goerden undStengl wollten einaltes Stück
neu schreiben, so wie der Australier Simon
Stone dies mit großem Erfolg praktiziert.
Sie hatten auch ein paar gute Ideen, am
Ende aber beweisen sie nur, dass der Trick
bei Weitem nicht so leicht ist, wie es bei
Stone aussieht. wolfgang kralicek

von philipp stadelmaier

A


ls der achtjährige Junge aus Bangla-
deschundseinVaterinParisankom-
men, stehen sie erst mal staunend
vor dem Eiffelturm. „La France! Zinédine
Zidane!“,sagtderJunge.Zidaneistdie typi-
sche Identifikationsfigur, wenn es darum
geht, was Einwandererkinder in Frank-
reich erreichen können. Vorausgesetzt,
dass sie in irgendetwas gut sind, zum Bei-
spiel im Fußball. Der Junge heißt Fahim
(Assad Ahmed) und spielt hervorragend
Schach. Sein Vater, der aus politischen
Gründen aus seiner Heimat nach Frank-
reich floh, hat den Sohn mit in die Grande
Nationgenommenundversprochen,ihnei-
nem Großmeister vorzustellen. Doch erst
mallanden sie in einem Heim, wo sie einen
Antrag auf Asyl stellen müssen.
DerFilm„DasWundervonMarseille“er-
zähltdiewahreGeschichtedesSchachspie-
lers Fahim Mohammad, der 2008 nach
Frankreich kam. Regisseur Pierre-Fran-
çois Martin-Laval bleibt dabei nah an sei-
nen beiden Hauptfiguren, deren gefährli-
che Flucht nach Europa er gewissenhaft,
aber unspektakulär nachzeichnet. Im Asy-
lantenheim bringen ihm zwei Jungen aus
dem Senegal Französisch bei – ein berüh-
rendes Beispiel für Freundschaft zwischen
Kindern unterschiedlicher Herkunft, die
in derselben misslichen Situation stecken.
Fahim kommt in eine Schule, er lernt
schnell.Schließlichbringt ihnseinVaterzu
einem Schachklub, in dem Sylvain Kin-
dern Schach beibringt. Gespielt wird der
Trainer von Gérard Depardieu – neben Zi-
dane eine weitere französische Großinsti-
tution. Der Mann ist hochgradig zynisch
(„Du solltest lieber Dame spielen“), entwi-
ckeltaberfürFahimbaldeineganzunzyni-
sche Sympathie: „Keine Papiere und dann
auch noch Muslim, du Ärmster!“
Man muss sagen, dass Depardieu ziem-
lich in Form ist. Was vielleicht daran liegt,
dass er, der gern Gourmets verkörpert und

selbst einer ist, nur ein einziges Sandwich
vertilgt, und auch das nur zur Hälfte. Als
würdeseineFiguraufFahimsVaterreagie-
ren, der ihn mit den einzigen Worten
grüßt, die er auf Französisch kann: „Bon
appétit“. Depardieu hat genug gefressen,
der Westen ist satt genug und Frankreich
keineswegs die Große Nation, in der alle
Menschengleich sind.„DieSchwarzenkön-
nen nicht gewinnen“: Diese Aussage von
Sylvain ist auch als politisches Statement
zu verstehen. Denn Martin-Laval ver-
schließt seine Augen nicht vor dem Rassis-

musderweißenEliten.DerTrainerdesKin-
derschachklubs aus einem reichen Pariser
Arrondissementmeint,dass„derkleinePa-
ki“esohnePapierenicht weit bringenwür-
de; einer seiner Zöglinge weigert sich, Fa-
him,„dem Araber“, nach einerdemütigen-
den Niederlage die Hand zu geben.
Geht es um sein Bleiberecht, hat Fahim
einen Vorteil, den andere Geflüchtete und
Migrantennichthaben:ErkannfürFrank-
reich Schachtourniere gewinnen. Solche
Einzelfiguren werden auch in Filmen oft
als positive Integrationsbeispiele miss-

braucht, nach dem Motto: Wir wollen nur
die besten, die anderen bleiben bitte weg.
So kann ein Einzelner das Schicksal von
Vielen vergessen machen. Dies geschieht
hier nicht. Fahims Erfolg wird nicht als Er-
folg eines Integrationsmodells präsen-
tiert, sondern als Rettung einer Einzelper-
son vor der drohenden Abschiebung.

Fahim , F 2019 – Regie, Buch: Pierre-François Mar-
tin-Laval. Kamera: Régis Blondeau. Mit Assad Ah-
med, Gérard Depardieu. Tobis, 107 Minuten.

Proteste gegen Film


über schwule Tänzer


Offenes Messer


Ibsens „Rosmersholm“ als Neuschreibung in Wien


Auf die Frage, was ihr heimliches Vergnü-
gen sei, antwortete die amerikanische Sän-
gerin, Gitarristin, Songwriterin, Grammy-
Gewinnerin und Königin des supersmarten
Avantgarde-Pop Annie Clark alias St. Vin-
cent gerade dem britischenGuardian:

„Ich liebe Ultimate Fighting. Angesichts
der Tatsache, dass die Wahrheit nur noch
Wachs in unseren Händen ist und alles den
Eindruck macht, käuflich zu sein, gefällt
mirderGedanke,dasszweiAthleteninden
RingsteigenundamEndedergewinnt,der
besser vorbereitet ist, mehr Mut und den
größeren Siegeswillen hat.“ sz

Integration auf dem Brett


Gérard Depardieu spielt in der Kinotragikomödie „Das Wunder von Marseille“ einen


griesgrämigen Schachtrainer, der einem Flüchtlingskind aus Bangladesch das Spielen beibringt


(^10) FEUILLETON Dienstag, 12. November 2019, Nr. 261 DEFGH
„Die Schwarzen können nicht gewinnen“: Ahmed Assad und Gérard Depardieu. FOTO: TOBIS
GEHÖRT, GELESEN,
ZITIERT

Im Ring
Roland Richter



  • 8.9.1940 † 10.11.
    In Liebe
    Elisabeth, Uta und Tanja mit Familien
    Mit Betroffenheit nehmen wir Abschied von unserer Mitarbeiterin
    die plötzlich und unerwartet im Alter von 55 Jahren am 31. Oktober 2019 verstorben ist.
    Seit 1. April 1992 war Frau Stelzer in der HypoVereinsbank tätig.
    Sie war uns stets eine wertvolle Mitarbeiterin. Ihr Tod erfüllt uns mit tiefer Trauer.
    Wir werden sie in guter Erinnerung behalten.
    Wir sind in Gedanken bei ihrer Familie und ihren Angehörigen.
    HypoVereinsbank
    Die Trauerfeier findet am Mittwoch, den 13. November 2019, um 13.00 Uhr
    auf dem Friedhof in Mainburg Sandelzhausen statt.
    Petra Stelzer
    Dipl.-Ing. Heinz Zimmermann
    ODU GmbH & Co. KG | Otto Dunkel GmbH | ODU Automotive GmbH

    Gesellschafter, Aufsichtsrat, Geschäftsleitung, Mitarbeiter
    Wir trauern um unser ehemaliges Aufsichtsratsmitglied
    Herr Zimmermann war fast 30 Jahre für unser Unternehmen im Aufsichtsrat
    t ätig und hat maßgeblich zum Erfolg beigetragen mit seiner großen
    Erfahrung und reichen Sachkunde.
    Er war dem Unternehmen immer in besonderer Weise verbunden.
    Auf diesem Wege möchten wir der Familie und den Angehörigen
    unser tiefstes Mitgefühl au ssprechen.
    Bestattungen
    Landeshauptstadt München
    Waldfriedhof, Alter Teil:
    Urnentrauerfeier:

    12.45 Lauterbach Angela, Buchhalterin, 84 Jahre
    Waldfriedhof, Neuer Teil, Lorettoplatz:
    Urnentrauerfeiern:

    9.00 Kowatz Reiner Alfred, 65 Jahre
    11.15 Reiser Ludwig, Installateur, 82 Jahre
    12.45 Gadyatskaya Anna, Bäckerin, 83 Jahre
    13.30 Happach Annelies, Schneiderin, 86 Jahre
    14.15 Wunderlich Karl Günter, Ingenieur, 86 Jahre
    15.00 Pallauf Maria,Verkäuferin, 73 Jahre
    Westfriedhof:
    Erdbestattungen:

    12.15 Honickel Ewald, Schlossermeister, 65 Jahre
    13.45 Schuster Martin, Maler, 63 Jahre
    14.30 Hopper Robert, Maler, 55 Jahre
    15.15 Pech Armin, Postangestellter, 60 Jahre
    Westfriedhof:
    Urnentrauerfeier:

    11.15 Püttmann Bernhard, Kaufmann, 86 Jahre
    Nordfriedhof:
    Feuerbestattung:

    11.15 Dobos Vilmos, Kameramann, 86 Jahre
    Nordfriedhof:
    Urnentrauerfeier:

    12.45 Reiter Richard, städtischer Angestellter, 84 Jahre
    Ostfriedhof:
    Erdbestattungen:

    14.15 Bachmayr Maria, Hausfrau, 92 Jahre
    15.00 Langner Christa, Hausfrau, 85 Jahre
    Ostfriedhof, Krematorium:
    9.00 Bernhard Johann, Maschinenbauer, 96 Jahre
    14.15 Lichtinger Kurt, Tankwart, 76 Jahre
    Ostfriedhof, Krematorium:
    Urnentrauerfeier:

    10.30 Hanycky Erika,Verkäuferin, 79 Jahre
    Friedhof Aubing:
    Urnentrauerfeiern:

    10.30 Oberten Erich Johann, Kfz.-Mechaniker, 76 Jahre
    11.15 Trütschel Erika, Arbeiterin, 86 Jahre
    Friedhof Riem, Neuer Teil:
    Erdbestattung:

    10.30 Kökel Gisela, Angestellte, 87 Jahre
    Friedhof Riem, Neuer Teil:
    Feuerbestattung:

    12.45 Wimmer Anton, Zeitungssetzer, 94 Jahre
    Friedhof Sendling:
    9.30 Mustafa Munir Ibrahim, 74 Jahre
    Bestattungen im Landkreis München
    Friedhof Lohhof an der Nelkenstraße:

    14.00 Gottesdienst in St. Korbinian, Lohhof,
    anschließend Beerdigung
    Werny Franz, Ingenieur, 79 Jahre
    Parkfriedhof Unterföhring:
    9.00 Wittemann-Haertel Katharina, Schneiderin, 92 Jahre
    Städtische Friedhöfe München – Telefon 2319901
    heute, Dienstag, 12. November 2019

    Unser Glaube an Gott beimmt,
    wie wir mit unserem zerbrochenen
    Träumen fertig werden.
    Er gibt uns die Überzeugung,
    dass jenseits des zeitlichen Lebens
    das ewige Leben herrscht.

    Martin Luther King.
    Trauer einen Raum geben.
    Abschied nehmen von einem geliebten Menschen ist schmerzlich.
    Das Trauerportal der Süddeutschen Zeitung, SZ Gedenken, hilft Ihnen dabei und bietet Ihnen
    die Möglichkeit, Ihre Trauer zum Ausdruck zu bringen.
    Alle Traueranzeigen aus der Zeitung erscheinen automatisch auf einer persönlichen
    Gedenkseite. Hier können Sie virtuelle Gedenkkerzen anzünden, kondolieren und persönliche
    Fotos und Erinnerungen mit Verwandten, Freunden und Bekannten teilen.
    Besuchen Sie auch das Trauerportal
    SZ-Gedenken der Süddeutschen Zeitung.
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