Die Zeit - 14.07.2019

(Jacob Rumans) #1

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KREUZFAHRTEN


KATJA GARTZ

Bordeaux zählt zu den be-
rühmtesten Weinmetropolen
der Welt. Die Flüsse Garonne,
Dordogne und Gironde sind die
Lebensadern der Region. Vom
Wasser aus zeigt sich der Süd-
westen Frankreichs von seiner
schönsten Seite.

Sie haben ihren Fluss, die Ga-
ronne, wiederentdeckt. Die Ufer-
front hat sich zur beliebtesten
Flaniermeile von Bordeaux ge-
mausert. Hier triff t man sich, köpft
eine Flasche Wein, sitzt mit Freun-
den auf der Wiese oder tanzt durch
die schönste Pfütze der Welt, den
Wasserspiegel »Miroir d’Eau«. In
ihm verdoppeln sich die eleganten
Fassaden der Börse und der impo-
santen Gebäude der Altstadt, die
Bordeaux zum UNESCO-Weltkul-
turerbe machen. »Es hat sich viel
verändert, wir leben wieder am
Fluss und genießen es sehr«, sagt
Nathalie Faiveley, die in der Nähe
des alten Hafens wohnt. Während
sie mir die Geschichte ihrer Stadt
erzählt, spazieren wir am Ufer
entlang Richtung Altstadt.
Nur 45 Kilometer vom Atlantik
entfernt, besaß Bordeaux einst den
zweitwichtigsten Hafen der Welt,
nach London. Frühe Beziehun-
gen zu den Britischen Inseln und
skandinavischen Ländern mach-
ten die Stadt zur Handelsmetro-
pole. Wein wurde verschiff t, Lei-
nen und Weizen importiert. Später
sorgte der Handel mit den Kolo-
nien, vor allem in der Karibik, für
Aufschwung. Bordeaux versorgte
halb Europa mit Kaff ee, Kakao,
Zucker, Baumwolle und dem blau-
en Farbstoff Indigo. Mit einem 1860
unterzeichneten französisch-eng-
lischen Handelsabkommen ver-
vierfachten sich die Weinexpor-
te. Die herrschaftlichen Häuser
hinter den Quais, die einst reiche
Kaufl eute und Reeder errichteten,
erzählen von dieser Blütezeit. Und
seit 2016 die Cité du Vin, das neue
Wahrzeichen der Stadt, in dem
man alles über den Wein und sei-
ne Geschichte erfährt – und ihn
auch verkosten kann. Das 55 Meter
hohe Gebäude besitzt eine schup-
penartige, goldglänzende Fassa-
de aus Glas und Aluminium. Die
einen erinnert es an die Bewegung
des Weins im Glas, die anderen
an einen knorrigen Weinstock.
Aber nicht nur Wein, auch Ge-
treide, Holz, Tierfutter,
Papier,
Öl-

produkte, Mineralien und Contai-
ner werden bis heute in Bordeaux
umgeschlagen – und den Stadtha-
fen nutzen auch Kreuzfahrt- und
Ausfl ugsschiff e. »Die schönste
Art, unsere Region zu entdecken,
ist eine Fahrt auf den Flüssen«,
sagt Nathalie. Ich folge ihrem Rat
und gehe an Bord der »Cyrano de
Bergerac«, die für den Anbieter
CroisiEurope das Flüssedreieck
mit bis zu 175 Passagieren befährt.
Nachdem alle ihre Kabinen be-
zogen haben, genießen wir erste
kulinarische Köstlichkeiten und
die Weine der Region. »Bordeaux
ist eine tolle Stadt und ein schö-
ner Beginn der Reise«, sagt Sally
Franks aus Wales beim Essen.

Das Schiff fährt gen Norden an
funkelnden Fassaden vorbei,
weiß glitzernde Prachtbauten
säumen den halbmondförmigen
Verlauf der Garonne. Bordeaux
verschwindet am Horizont, Pi-
nien und Sträucher säumen nun
das Ufer. Dahinter: Weinberge
und stattliche Landsitze. Die
erste Station ist das Städtchen
Pauillac. Einige steigen aufs Rad
oder nehmen den Bus, um die
Weinlandschaft des Médoc zu
erkunden und einige exklusive
Tropfen zu verkosten. Legendäre
Güter wie Château Lafi te und
Mouton Rothschild stehen hier.
Im nächsten Ort Blaye schlen-
dern wir durch die imposante
Zitadelle. Ehemals erbaut als Fes-
tung gegen die Briten, beherbergt
sie heute Cafés, kleine Geschäfte,
ein Hotel und weite Picknickwie-
sen mit fantastischen Ausblicken
auf die Flusslandschaft. Weiter
geht es längs der »Route de la
Corniche« an beeindruckenden
Kalkfelsen entlang, vorbei an
bunten Häusern, in deren Gärten
die Hortensien blühen, und vie-
len Fischerhütten. Früher gönn-
ten sich hier Kapitäne und Mat-
rosen nach langer Seefahrt eine
Pause. Heute hängen pensionier-
te Fischer ihre Netze ins Wasser.

Der Atlantik kommt näher: Eine
frische Brise weht und Salz liegt
in der Luft. Kurz vor Bourg fl ießt
die Dordogne in die Garonne,
die nun als Gironde in den Atlan-
tik übergeht – im größten Mün-
dungstrichter Europas. »Das ist
ja wie am Amazonas«, sagt Caro-
line Vaughan aus Australien. »Ja,
eine Herausforderung«, bestätigt
Bruno Coudert, der Kapitän. »Der
Wasserstand ändert sich ständig,
da müssen wir aufpassen, da-
mit wir nicht auf dem Trockenen
liegen.« Seit zehn Jahren fährt er
hier und kennt die Gegend wie
seine Westentasche. Er erzählt,
wie sich der Verlauf der Flüsse
immer wieder verändert hat. So
liegt Bourg-sur-Gironde heute
an der Dordogne, weil Sedimente
mit den Jahrhunderten Sandbän-
ke und Inseln verschoben haben
und die Dordogne heute einen
Schlenker nach Norden macht,
bevor sie in die Gironde fl ießt.
Viele Fischarten leben hier.
Meeresfi sche wie die Seezunge,
die landeinwärts schwimmen
können, und wandernde Arten
wie Aal und Neunauge, die in
Süß- wie Salzwasser leben. Auch
der europäische Stör hat in der Gi-
ronde sein letztes Refugium. Seit
1982, als er fast ausgestorben war,
steht er unter Schutz. Da das Fluss-
gebiet auf der Wanderroute vieler
Zugvögel liegt, ist es außerdem ein
Brut- und Rastplatz von rund 130
Vogelarten, darunter Kormorane,
Lachmöwen und Weißstörche.
Bevor es nach Bordeaux zu-
rückgeht, muss noch der Abste-
cher nach Saint-Émilion absolviert
werden – in eines der schönsten
Dörfer der Region. Auch hier ge-
deihen berühmte Weine, und in
den steilen Dorfgassen mangelt
es nicht an Weingeschäften. Es ist
ein Bilderbuchdorf, das auf einem
Kalksteinhügel thront. Den bes-
ten Blick auf die umliegenden
Weinberge hat man von einer Aus-
sichtsterrasse beim Glockenturm.
Und dann sind wir wieder in
Bordeaux – und ich treff e noch
einmal Nathalie Faiveley. Sie hat
eine Flasche Bordeaux unterm
Arm und sagt: »Komm, wir set-
zen uns ans Ufer.« Lebensart à la
bordelaise. z

Feine Tropfen und


Fischerhütten


Unterwegs auf Frankreichs Flüssen


Kein anderes Land Europas bietet eine derart breite Palette an


Möglichkeiten, idyllische Landschaften vom Wasser aus zu erleben.


Hausbootfahrer kennen den Canal du Midi und zahllose weitere


Wasserwege für Selbstfahrer. Kabinenschiff e kreuzen auf


der Rhône von Lyon bis zum Mittelmeer, auf der Seine von


Paris durch die Normandie bis zum Ärmelkanal und seit


einigen Jahren auch auf dem Unterlauf der Loire ab/bis


Nantes. Noch eher unbekannt ist dagegen die Gironde,


der Zusammenfl uss von Garonne und Dordogne im Wein-


land Aquitaine – wie hier beschrieben.


Der europäische Stör
hat in der Gironde
sein letztes Refugium

Weingüter zu
besichtigen, hat
man auf dieser
Flussreise vielfach
Gelegenheit.
Hier der Blick
in den Keller
des Château
Fombrauge in
Saint-Émilion.
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