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Gérard Depardieu als grummeliger
Schachfuchs und ein achtjähriger
Flüchtling aus Bangladesch, der das
Zeug zum Champion hat. Klingt
charmant, ist es auch. Mit Ruhe und
Wärme erzählt Pierre François Martin-
Laval von Fahim, der sich zu den
französischen Meisterschaften spielt,
während seinem Vater die Abschiebung
droht. Ein Remis und der Premier-
minister sorgen für „Das Wunder von
Marseille“. Ein Wunder übrigens, das
auf Tatsachen basiert. 22222
Quentin Tarantino erkannte schon vor
vielen Jahren: Die Deutschen haben
viele bislang unterschätzte Schau-
spieler, die das Zeug hätten zum inter-
nationalen Star. Wer nun Corinna
Harfouch zuschaut, wie sie in „Lara“
in der Manier einer Isabelle Huppert
einen ganzen Film dominiert, kann
nur zustimmen. Als ehrgeizige Mutter,
die ihren Pianistensohn zum Erfolg
treiben will, dabei aber ihr eigenes
Leben vergeudet, spielt die 65-Jährige
beeindruckend präzise. Es wird
Preise geben. 22222
Fast 7000 Seiten umfasste „The
Report“, den Senatsmitarbeiter Dan
Jones (Adam Driver) in fünf Jahren
erarbeitete. Essenz: Die CIA hat nach
den Anschlägen vom 11. 9. 2001 sys-
tematisch Gefangene gefoltert – und
mithilfe des Weißen Hauses versucht,
die Veröffentlichung des Berichtes
zu verhindern. Scott Z. Burns Enthül-
lungs-Thriller zeichnet die Gescheh-
nisse nach – nüchtern und mitreißend.
(In ausgewählten Kinos, ab 29. 11. auf
Amazon Prime) 22222
KINO
Was taugt die Auswahl in dieser Bou-
tique, die mit einem Abopreis von 4,99 Euro
pro Monat lockt? Der größte Scoop heißt:
Jennifer Aniston. Die 50-Jährige, in den
Neunzigern berühmt geworden durch die
Serie „Friends“, gilt als Publikumsmagnet.
Ihre Popularität zeigte sich erst vor Kur-
zem wieder: Nachdem Aniston sich mit
einem Foto bei Instagram angemeldet hat-
te, brach das soziale Netzwerk kurz zeitig
zusammen. Aniston spielt in der Drama-
Serie „The Morning Show“ eine Modera-
torin, deren TV-Partner (Steve Carell) in
einem Sexskandal versinkt und die sich
zudem noch gegen eine jüngere Konkur-
rentin (Reese Witherspoon) behaupten
muss. Das ist unterhaltsam und sehens-
wert. Aber kein imageprägendes spek-
takuläres Aushängeschild, wie es die
Serie„House of Cards“ einst für Netflix war.
Apple hat seine Boutique eröffnet. Aber
nun müssen die Regale noch mit dem Stoff
gefüllt werden, für den die Menschen
Schlange stehen. Hannes Roß
„The Morning Show“ 22222
S
teve Jobs, der Technik-Verführer
im schwarzen Rollkragen, hätte
sich bestimmt wohlgefühlt zwi-
schen Steven Spielberg und
Jennifer Aniston. Als die Firma
Apple im Frühjahr mit Starauf-
gebot den Streaming-Dienst „Apple TV+“
ankündigte, wehte das Publikum etwas
vom „Think Different“-Geist des 2011
verstorbenen Chefs an. Sechs Milliarden
Dollar wolle man in neue Serien und Fil-
me investieren – und die „brillantesten
kreativen Köpfe“ der Branche verpflichten,
hieß es.
Nun ist „Apple TV+“ gestartet, aber so
richtig anders scheinen die Macher nicht
gedacht zu haben. Das Angebot ist so über-
sichtlich und schlicht, wie Apple-Geräte
es sind. Es geht los mit acht Serien und
Filmen sowie einer Dokumentation. Jeden
Monat sollen neue Stoffe hinzukommen.
Apple setzt nicht auf Masse, sondern will
sich als eine Art Streaming-Boutique
neben den Marktführern Netflix und
Amazon Prime etablieren.
Sechs Milliarden Dollar für neue Serien: Die Firma
Apple startet ihren eigenen Streaming-Dienst
Schau anders!
Die Neuen bei
Apple: Jennifer
Aniston und Reese
Witherspoon in
der Serie „The
Morning Show“
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FILM