Neue Zürcher Zeitung - 30.10.2019

(Michael S) #1

44 SPORT Donnerstag, 31. Oktober 2019


Christian Dubé soll Fribourg-Gottéron wieder


spektakulär machen – so lieben es die Freiburger SEITE 42


Der Schweizer Dominque Aegerter leid et in der Moto2 –


seinen beiden Landsleu ten läuft es besserSEITE 43


Ende de r Wunschträume


Der FC Luzern steh t nach dem 1:0-Sieg gege n die Grasshoppers im Cup-Viertelfinal


FLURIN CLALÜNA, ZÜRICH


Irgendwie passtekeiner besser zu die-
sem Cup-Achtelfinal als Zoltan Kadar,
der dem Spiel soregungslos zuschaute,
als passiere eigentlich gar nie etwasAuf-
regendes. Der Assistenzcoach Kadar er-
setzte den gesperrten GC-Cheftrainer
Uli Forte an der Seitenlinie, und ver-
mutlich hat man auf einem Schwei-
zer Fussballplatz noch kaum je einen
tiefenentspannteren Coach erlebt als
ihn. Wie eineWachsfigur sah Kadar zu,
wie gespielt wurde,hin und her,nach
links undrechts. Es war ein Spiel mit
nur wenigen Zuschauern (2976), ohne
grosse Momente, ohne Drama, ohne
viele Chancen und ohne Erinnerungs-
wert. Und am Ende war es so wie immer
in d en letzten zweieinhalbJahren: Die
Grasshoppers könnengegen Luzern
nicht gewinnen, sie verloren 0:1,auch
wenn sie an diesemRegenabend nicht
die schlechtere Mannschaft waren.
GC spielte besser als zuletzt gegen
Schaffhausen undVaduz, aber nicht gut


genug, um sich mehr zu verdienen als
dies: Die Bestätigung, dass sie auch als
B-Klub über die Qualität verfügen, um
eine Partie gegen einenVerein aus der
Super League ausgeglichen zu gestalten.
Hätte man es nicht gewusst, man hätte
nicht vermutet, dass hier zwei Mann-
schaften aus unterschiedlichen Ligen
spielen.Dasspricht für GC,aber nicht
unbedingt für das Niveau dieserPartie.

Eine Mission bleibt


Aber das ist auch schon alles, und von
den Wunschträumen derTeamrouti-
niersVeroljub Salatic undDanijel Sub-
otic bleibt nach diesem Abend nichts
mehr übrig. Beide hatten gesagt, es
sei in dieser Saison möglich, den Cup
zu gewinnen, Subotic meinte kürzlich
am SchweizerFernsehen: «Ja, wir wol-
len definitiv den Cup holen.» EinenTi-
tel wird es für GC in dieser Saison also
nicht geben,aber das ist für diese Mann-
schaftauch etwas gar viel verlangt, weil
sie sich schon in der Challenge League

oft so schwertut. Und deshalb bleibt ihr
nun nur noch eine Mission: derWieder-
aufstieg, und das wird nach allem, was
man bisher von GC gesehen hat schwie-
rig genug.Auch in diesem Cup-Spiel
merkte man den Grasshoppers viel zu
oft an, woran es ihnen so sehr fehlt –
an Durchschlagskraft und an Überzeu-
gung vor dem gegnerischenTor. Sie hat-
ten an diesem Abend kaum echteTor-
chancen, um sich den Sieg zu verdienen.
Luzern war in dieser Beziehung kaum
überzeugender, einmaltraf der Stürmer
Blessing Eleke dieLatte. Sonst hielt sich
Ele ke auffallend oft an der Seitenlinie
auf, so dass er beinahe vergessen ging.
Aber wenige Minuten vor dem Ende
der Partie stand er da, wo er eigentlich
hingehört, mitten im Strafraum, und er-
zielte perKopf den 1:0-Siegtreffer.
Den aufregendsten Moment erlebte
diesePartie nach nur zehn Minuten,
als es zu einer Premiere für die Grass-
hoppers kam: Sie profitierten von der
Einführung desVideoschiedsrichters
(VAR), den sie bisher nur aus dem

Fernsehen kannten.Wenn im Cup aber
in einem Super-League-Stadion wie
dem Letzigrund gespielt wird,kommt
der VAR zum Einsatz. Also sah sich
der Schiedsrichter Lionel Tschudi eine
Penaltyszene nochmals am Bildschirm
an, korrigierte seinen ursprünglichen
Entscheid und nahm den Strafstoss zu-
rück. Niemand war in diesem Moment
glücklicher als der GC-Goalie Mirko
Salvi, der in der letzten Saison an den
FC Luzern ausgeliehen gewesen war.

Salvis Rolle


Salvi ist bisher mit wenigenAusnahmen
der konstanteste GC-Spieler. Er hat
zwar zuletzt die seltsame Neigung ent-
wickelt,Bälle nach vorne in die Gefah-
renzone abprallen zu lassen.Auch gegen
Luze rn war dies derFall. Aber amTor-
hüter Salvi liegt es nicht, dass die Grass-
hoppers selten so überzeugend spiel-
ten, wie sie das eigentlich möchten.Das
Problem liegt auf der anderen Seite des
Platzes, bei denKollegen des Angriffs.

Streik in


Spaniens Fussball


Spielerinnen fordern mehr Lohn


CHRISTOF KRAPF

SpanischeFussballklubs benutzen die
Frauenteams gerne als Werbe-Vehi-
kel. Atlético Madrid inszenierte im ver-
gangenen März das Spitzenspiel der
Primera Division gegenBarcelona im
Wanda Metropolitano, dort, wo sonst
die Männer spielen.Dank immensem
Werbeaufwand, Gratistickets für Kin-
der und Einladungen anTeams loka-
ler Vereine kamen 60 379 Zuschaue-
rinnen und Zuschauer insStadi on. Das
ist Weltrekord für einFrauenspiel auf
Klubebene. Mittlerweile hat auchReal
Madrid angekündigt, eineFrauenabtei-
lung zu gründen. DieKöniglichen fusio-
nieren dafür per1. Juli mit CDTacon.
Andere Spitzenklubs bei den Männern
wie der FCBarcelona, Sevilla,Valencia
oder Atlético Madrid sind schon län-
ger in der oberstenFrauenliga Spaniens
vertreten.Vordergründig läuft es gut für
SpaniensFussballerinnen.

93 Prozent fürden Streik


Hinter der Fassade tobt aber ein
Arbeitskampf. Die Verhandlungen über
einen neuen Gesamtarbeitsvertrag zwi-
schen der SpielergewerkschaftAFE und
der spanischen KlubvereinigungACFF
sind am Montag gescheitert. Die Spie-
lerinnen der höchsten spanischen Liga
werden ab dem16.November auf un-
bestimmte Zeit streiken und zukeinen
Liga- oder Cup-Spielen antreten.Aus-
genommen sind Länderspiele sowie
Partien im Europacup. In einer Abstim-
mung haben sich 93 Prozent der Spie-
lerinnen für den Streik ausgesprochen.
Die Spielerinnen fordern Ganztages-
verträge. Die ACFF besteht nach wie
vor auf einer Halbtagesanstellung; die
Spielerinnen sehen sich alsVollprofis.
Bisher haben die Klubs die bezahlten
Arbeitsstunden auf 20 proWoche limi-
tiert, die Spielerinnen fordern mindes-
tens 30 Stunden. DieACFF behauptet,
der Fussball sei für dieFrauenkeine
Hauptbeschäftigung. Dies wies die frü-
here spanische NationaltorhüterinAin-
hoaTirapu zurück:«Wir sind zu hundert
ProzentFussballerinnen.Wir gehen früh
schlafen, weil wir am MorgenTraining
haben, wir essen gesund, um inForm zu
bleiben, und wir stehen den Klubs stän-
dig zurVerfügung, auch fürWerbever-
anstaltungen.»

«Nurdas Minimum»


Die Verhandlungen hatten sich über ein
Jahr lang hingezogen.Zunächst forderte
die Spielergewerkschaft einen Mindest-
lohn von 20000Euro proJahr. DieAFE
senkte dieForderung während derVer-
handlungenauf 16 000 Euro. Für einen
Halbtagesvertrag will die AFE einen
Mindestlohn von12 000 statt wie bisher
8000 Euro. «Wir haben unendliche Ge-
duld gezeigt.Wir sind im 21.Jahrhundert
und fordern nur das Minimum», sagte
MariaJose Lopez, die Präsidentin des
Frauenausschusses der AFE.
Die KlubvereinigungACFF nennt
die Forderungen «unrealistisch» und
befürchtet, dass eine Lohnerhöhung ei-
nigeKlubs in denRuin stürzen würde.
Namentlich geht es um jene vierVer-
eine in der obersten spanischenFrauen-
liga, diekein Männerteamstell en und
dadurch nicht über die Gelder verfügen,
um einFrauenteam querzusubventionie-
ren. EinVertreter eines solchen Klubs
sagte zu «ElPaís»: «Wir haben hohe
Kosten.Wenn wir mit unseremTeam
für zweiTage an einAuswärtsspiel fah-
ren, kosten unsReise und Unterkunft
10 000 Euro. Lohnerhöhungenkönnen
wir uns nicht leisten.» DerACFF-Präsi-
dentRuben Alcaine sagte: «Die Löhne
würden um 50 Prozent ansteigen, das ist
nicht machbar. Die Entwicklung müsste
schrittweise erfolgen. Sonst droht vielen
Vereinen derRuin.»

In der Berner Kälte verglüht

Trotz gutem Beginn verliert der FC Zürich den Cup-Achtelfinal im Stade de Suisse gege n YB 0:4


PETERB. BIRRER, BERN


Der FC Zürich war aufgeflackert am
letzten Sonntag, er siegteendlich wie-
der einmal unter wahrenWettkampf-
bedingungen gegen den FCBasel und
schien etwas abzuheben. Er nahm sich
viel vor für dieReise nach Bern und zün-
dete prompt auch im für BernerVerhält-
nisse spärlich gefüllten Stade de Suisse
das eine oder andereFeuer, zumindest in
den ersten 20 Minuten.Dennoch blieb er
let ztlich chancenlos und war mit dem 0:4
nochgut bedient.
So schlecht derMatch begann,weil
infolge des Abbrennensvon Pyro-Mate-
rial Nebel undRauch zu einer über fünf-
minütigenVerspätung führten unddazu
vor dem Sektor mit den FCZ-Anhän-
gern ein Knallkörper mitTinnitus-Ge-
fahr detonierte – so gut und spektakulär
war er danach.In den ersten 20 Minuten
waren nicht weniger als siebenTopchan-
cen und einTor zu sehen, die Scheunen-
tore waren bisweilen so weit offen, dass
es für das Publikum eine wahreFreude
war.


KeinWettkampfglück


Dumm nur für die Zürcher, dass ausge-
rechnet Simon Sohm den Steilpass in
Richtungdes eigenenTores spielte,den
der YB-Sprinter Nicolas Ngamaleu be-
reits in der7. Minute zum 1:0verwertete.
Doch sie liessen sich dadurch nicht de-
routieren und zeigten zunächst das, was
sie sich vorgenommen hatten: dagegen-
halten, kämpfen und die nächstenFun-
ken zünden.Doch weil siekein Wett-
kampfglück hatten und der Stürmer Blaz
Kramer statt das leereTor lediglich den
hechtenden YB-GoalieDavid vo n Ball-
moos traf, vermochtensie den Favoriten
nie richtig inVerlegenheit bringen.
Es ist erstaunlich, wie dieYoung
Boys, denen viele Stammspieler fehlen,


ihr Programm bewältigen. Sei es in der
Meisterschaft, in der Europa League
oder auch im Schweizer Cup. Nicht
auszudenken für die Liga und für eine
junge Mannschaft wie den FCZ,was sein
könnte, wäre YB bei besten Kräften.Die
Performance derBerner war abermals
nich t übe rwältigend, aber da schleicht
sich auch mit der zweiten Garnitur be-
reits wieder eineRoutine,Ruhe undAb-
geklärtheit ein, die für hiesigeVerhält-
nisse überdurchschnittlich sind.Was für
ein Hubraum, was für Ersatzlösungen,
was für einLauf.Wie gegenFeyenoord
Rotterdam war jetzt auch im nationalen
Cup schnell zu erahnen,dass sichYB den
2:0-Vorsprung nicht mehr wegnehmen
lassen würde. Im Stade de Suisse nistet
sich nur ein unbequemer Geist ein,jener
der Vorhersehbarkeit derResultate.
Als die etwas mehr als90 Minuten
in der Berner Kälte vorbei waren, taten

einem die Zürcher leid. Eigentlich hätte
mehr möglich sein müssenals die dritte
0:4-Niederlage der Saisongegen YB. Da
waren durchaus Ansätze zu sehen. Ben-
jaminKololli undKevin Rüegg könnten
auf der linken undrechten Abwehrseite
ein Power-Duo sein, gegen vorne hatte
der Nigerianer AiyegunTosin wie schon
gegenBasel die eine oder andere gute
Szene. «Das könnte doch noch etwas
werden», dürfte sich der FCZ-Präsident
Ancillo Canepa auf derTribünegedacht
haben, wo auch der gesperrte FCZ-Trai-
ner Ludovic Magnin Platz nahm.

Tosin, dasVersprechen


Der 21-jährigeTosin spielte jahrelang mit
Ventspils in der lettischen Liga und ist
es deshalb gewohnt, aufKunstrasen zu
spielen. Für Ventspils war er einer der
grösserenTransfers.Aber das ist schnell

möglich in einem Klub, der im Schnitt
weniger als 1000Zus chauer begrüsst.So
gesehen muss sichTosin in der Schweiz
umstellen.Wie einige im FCZ sprechen
auchVerantwortliche vonVentspils da-
von, dass Tosin ein gutes Beispiel sei,
wie sich ein Afrikaner in Europa durch-
setzenkönne.Aber eben: Der Cup-
Match legte offen, dassauch Tosin noch
nicht der Spieler ist, der im Gegenwind
Holzscheit um Holzscheit insFeuer wer-
fen kann.
Erst in der zweiten Halbzeit sackte
der FCZ richtiggehend ab, er fand nie
mehr den Zugriff zum Spiel und fand
«gegen dieKörperlichkeit undRobust-
heit des Gegners»keine Mittel mehr,
wie der FCZ-Assistenztrainer Alfons
Higl sagte. «Die jungen Spieler machen
Fehler, die dürfen auchFehler machen»,
fügte er hinzu.Das Feuer kam nicht
mehr zurück. Schon wieder 0:4.

Kevin Rüegg (links) verliert den Zweikampf gegen Ulisses Garcia–YBist oft überlegen in diesemCup-Spiel. KLAUNZER/KEYSTONE

Schweizer Cup, Achtelfinals


Dienstag Mittwoch Uhr
Béroche-Gorgier - Bavois 1:7 Linth - Sitten 0:2
Stade LS - Basel 1:2
Mittwoch Uhr
Winterthur - Thun 1:0 Donnerstag Uhr
YB - Zürich 4:0 Bulle - Rapperswil-Jona 19:30
GC - Luzern 0:1 Lausanne Sport - Xamax 20:15

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