Süddeutsche Zeitung - 14.11.2019

(Michael S) #1
von stefan spath

D


as Sturmtief ist weitergezogen
und hat den Himmel über der
Tasman-See ausgeputzt. Gischt-
wolken verleihen der unruhigen
Küstenlinie eine mystische Aura. Noch re-
gennass glitzert das Asphaltband, das sich
zwischen das Meer und die jäh ansteigen-
den Küstenberge gezwängt hat. Ihr Name:
Great Coast Road. Die 100 Kilometer lange
Panoramaroute zwischen Greymouth und
Westport ist die Lebensader der Westcoast,
die noch den rauen Charme der neuseelän-
dischen Pionier-Ära hat.
Die Westcoast hat etwa zwei Drittel der
Fläche Bayerns, ist aber nur von 30 000
Menschen bewohnt. Da bleibt viel Platz für
ungezähmte Natur. Die Panoramapunkte
an der Great Coast Road liefern einen Vorge-


schmack. Dunkle Felskaps schieben sich
ins Meer hinaus, dazwischen eingestreut
kleinere und größere Buchten. „Der Lonely-
Planet-Guide zählt sie zu den Top-Ten-Küs-
tenstraßen weltweit, da sind wir nicht we-
nig stolz drauf“, sagt Jan Roberts, die an ei-
nem der schönsten Küstenabschnitte, dem
Nine Mile Beach, ein Bed & Breakfast be-
treibt. Robben und Zwergpinguine bekom-
me man vor ihrer Haustür öfters zu sehen.
Ein paar Kurven weiter schlängelt sich
ein Pfad hinab zum Meeressaum. Links
und rechts recken Nikau-Palmen und Neu-
seeland-Flachs ihre Blätter in den Himmel.
Wie Mikado-Stäbe liegen an der Hochwas-
serlinie Baumstämme übereinander. Von
der Kraft der Gezeiten zeugen Pools mit tie-
fen Rillen und Strudeltöpfen. Krabben, Mu-
scheln und Seesterne tummeln sich in dem
Übergangsbereich zwischen Wasser und
Land. Etwas weiter draußen trotzen einige
bizarr erodierte Felstürme mehr schlecht
als recht der Brandung.
Im beschaulichen Küstenort Punakaiki
wartet Neuseelands Traumstraße mit ei-
nem besonderen Naturschauspiel auf: Den

Pancake Rocks. Der Name könnte passen-
der nicht sein. Die Phalanx von Türmen
und Zacken, die sich in die Tasman-See
hinaus schiebt, ähnelt einem Stapel von gi-
gantischen Pfannkuchen. Wind und Wel-
len haben die eigentümliche Formation
aus dem Kalkgestein gekratzt. Bei hohem
Seegang brodelt der „surge pool“ im Zen-
trum des Labyrinths wie eine Wasch-
maschine im Schleudergang. Flut, Sturm
und Vollmond verleihen dem Geschehen
zusätzlich Dynamik – dann schießt das
Wasser durch Blaslöcher in die Höhe und
überzieht den Klippenrundweg mit einem
Sprühregen.
Auf 1162 Kilometern Länge durchquert
der State Highway 6 die gesamte Südinsel.
Für die Great Coast Road gilt: Zeit für
Erkundungen einplanen anstatt das Herz-
stück des SH6 in einem „abzufahren“. Das
mit dichtem Busch bestandene Hinterland
durchziehen Tracks, die vor Generationen
Goldsucher und Bergarbeiter durch die
Wildnis geschlagen haben. Grün, so weit
das Auge reicht, wogt ein dichter Waldtep-
pich die Paparoa Range empor. Farne,

Sträucher und Moose sprießen aus dem
feuchten Erdreich. Bellbirds und Tui-Vögel
tirilieren im Unterholz um die Wette.
Regen bekommt die Westcoast im Durch-
schnitt an jedem zweiten Tag ab. Doch
wenn einmal die Sonne durch das Dach der
Rimu-, Totara- Kamahi- und Ratabäume
bricht, scheint der Forst von innen heraus
zu leuchten.
Namen wie Croesus Track und Coal Mi-
ne Creek künden vom Segen und Fluch der
Bodenschätze, die der Westcoast ein stän-
diges Auf und Ab bescherten. Erstmals
ging in den 1860er-Jahren die Post ab, als
Gold gefunden wurde und Abertausende
Glücksritter ihre Zelte in dieser gottverlas-
senen Ecke des Planeten aufschlugen. Rie-
sige Kohlevorkommen befeuerten den
nächsten Boom. Nicht nur in Ortsnamen
hallt das große Wühlen im Busch nach.
Zehn Kilometer östlich von Greymouth ver-
gegenwärtigt ein Schaupfad die Geschich-
te der Brunner Mine, die bis Ende der
1930er-Jahre in Betrieb war. Von Neusee-
lands einst größtem Kohlerevier mit über
300 Arbeitern sind nur ein paar Funda-

mente von Hochöfen übrig geblieben. Im
angrenzenden Busch erinnern verrostete
und mit Moos überzogene Gerätschaften
an einstige Geschäftigkeit – und an besse-
re Zeiten.
Reefton etwa – schon etwas abseits der
Great Coast Road gelegen – konnte sich
1886 als erste Gemeinde Neuseelands den
Luxus einer elektrischen Beleuchtung
leisten. Konkurrenz kam von Hokitika, gut
40 Kilometer südlich von Greymouth, das
der Goldrausch zu einem der bevölkerungs-
reichsten Orte der Doppelinsel pushte.
Heute bietet das im Schachbrettmuster
angelegte Städtchen an der Mündung des
Hokitika River mit seinen saloonartigen
Fassaden das Bild eines friedlichen „Wil-
den Westens“. Statt Pferdegespannen par-
ken Pick-ups und Mietautos in den mit
Cafés und Souvenirshops gespickten Stra-
ßen. Hier, in der südlichen Verlängerung
der Great Coast Road, ist das touristische
Zentrum der Region.
Spuren des Edelmetalls finden sich übri-
gens immer noch in den Flüssen, die von
den Bergen herab strömen. An neun Gold-

waschplätzen können Freizeit-Schürfer
ihr Glück versuchen. Erlaubt sind einfache
Gerätschaften – eine Lizenz für das „recrea-
tional mining“ benötigt man nicht. Wer
sich die dazu erforderliche Technik aneig-
nen will, ist in Shantytown an der richtigen
Adresse. So heißt das im historischen Stil
nachgebaute Goldgräberdorf unweit von
Greymouth, wo das gelbe Edelmetall rund
ums Jahr Saison hat und natürlich auch das
klassische Goldwaschen mit der Pfanne
auf dem Lehrplan steht.

Informationen: Unter http://www.westcoastnz.com fin-
den sich die wichtigsten Sehenswürdigkeiten, Rou-
tenvorschläge und Unterkünfte. „Breakers Bou-
tique Accomodation“ 14 Kilometer nördlich von
Greymouth ist ein guter Startpunkt für Erkundun-
gen an der Great Coast Road, http://www.breakers.co.nz

Gold


und


Kohle


Die Great Coast Road


auf der Südinsel


führt zu verlassenen


Minen und in Orte


mit nostalgischer


Wild-West-Atmosphäre.


Die Hauptrolle spielt


aber die von Wind


und Wasser spektakulär


geformte Steilküste


Neuseeland
Verantwortlich: Peter Fahrenholz
Redaktion: Ingrid Brunner
Anzeigen: Jürgen Maukner

Hinweis der Redaktion:Die Recherchereisen für
diese Ausgabe wurden zum Teil unterstützt von
Veranstaltern, Hotels, Fluglinien und/oder Touris-
mus-Agenturen.


Schicht auf Schicht. Aus Kalksedimenten und Tonmineralien entstanden vor circa 30 Millionen Jahren die Pancake Rocks bei Punakaiki. FOTO: NAREETA MARTIN / UNSPLASH

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