Handelsblatt - 14.11.2019

(Steven Felgate) #1

Marge soll verbessert werden, nach 14,3 Prozent


im vergangenen Jahr peilt Korian für 2021 einen


Wert von 15,5 Prozent an. Bei den Analysten gilt


Korian als Kauftipp: 13 von 15 bei Bloomberg ge-


listeten Analysten geben diese Empfehlung ab.


Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 20,7 ist


Korian auch günstiger als Konkurrent Orpea, der


bei einem Wert von 25,6 liegt. Bei einen Richt-


kurs von 44,65 Euro gibt es für die Korian-Aktie


noch Luft nach oben: Am Mittwoch notierte sie


bei 38,62 Euro.


Zu wenig Fachkräfte


Trotz des unterliegenden Wachstumstrends müs-


sen die Pflegeheimbetreiber aber einige Anstren-


gungen unternehmen, um von der Entwicklung


auch ausreichend zu profitieren. Die große Heraus-


forderung ist das Thema Fachkräftemangel. Denn


die Zahl der Pflegebedürftigen wächst schneller als


die der verfügbaren qualifizierten Kräfte. Laut Pfle-


geheim-Rating-Report werden allein in Deutsch-


land in den kommenden zwei Jahrzehnten bis zu


396 000 zusätzliche Pflegekräfte im stationären Be-


reich benötigt sowie bis zu 209 000 in der ambu-


lanten Pflege. Nach einer Untersuchung der Pflege-


heimberatung Terranus musste hierzulande in den


drei Sommermonaten Juni bis August jedes fünfte


Pflegeheim einen Aufnahmestopp wegen Personal-


mangels verhängen. Hintergrund ist die gesetzlich


vorgeschriebene Fachkraftquote von 50 Prozent.


Erfüllt ein Heim die Quote nicht, kann dies zu ei-


nem Belegungsstopp oder sogar zur Schließung


führen. Das Geschäft wächst also nicht von allein,


aber es wird von einem starken demografischen


Trend getragen.


Bulle & Bär


Wenn Aktien


vom Kurszettel


verschwinden


D


ie meisten Investmentbanker sind
sich einig: Das kommende Jahr
wird wahrscheinlich keine neuen
Rekorde bei Fusionen und Übernahmen
bringen. Allerdings wird sich ein Trend
der jüngeren Zeit im M&A-Geschäft wohl
eher noch verstärken, nämlich der Rück-
zug vieler Unternehmen von der Börse.
Die Wall-Street-Bank Goldman Sachs hat
jetzt vorgerechnet, dass im bisherigen
Verlauf dieses Jahres in Europa Börsen-
gänge im Volumen von rund 23 Milliarden
Dollar über die Bühne gingen. Gleichzeitig
verschwanden aber notierte Unterneh-
men mit einem addierten Wert von 50
Milliarden Dollar vom Kurszettel. Unter
dem Strich nahm das Volumen der bör-
sennotierten Konzerne also deutlich ab.
Seit 2016 kam es in Großbritannien zu 24
sogenannten Delistings, in Deutschland
waren es neun und in Frankreich fünf.
Für die Aktionäre hat sich der teilweise
oder vollkommene Rückzug von der Bör-
se oft gelohnt. Beim Lichttechnikkonzern
Osram boten Finanzinvestoren zu Beginn
eines Bieterwettstreits beispielsweise ei-
ne Prämie auf den gewichteten Drei-Mo-
nats-Durchschnittskurs vor der Offerte
von gut 22 Prozent, beim Medienhaus
Axel Springer waren es 31,5 Prozent.
Beim Arzneimittelhersteller Stada lag die
Prämie für die Aktionäre sogar bei stattli-
chen 44 Prozent.
Die Motive der Finanzinvestoren sind
bei den Reprivatisierungen oft gleich: Sie
wollen – abseits von Quartalsberichten,
teurer Regulierung und Bilanzpressekon-
ferenzen – die Unternehmen in Ruhe wei-
terentwickeln. Außerdem wollen sich vie-
le Topmanager nicht mehr dem Stress
aussetzen, dass aktivistische Investoren
ihnen die Strategie vorschreiben. Und
grenzwertige Redebeiträge auf den Haupt-
versammlungen tragen auch nicht zur Mo-
tivation bei, an der Börse zu bleiben. Die
Prämien bei den Abfindungen für die Ak-
tionäre sind aus Anlegersicht eine lukrati-
ve Sache, für die gesamte Aktienkultur
sind sie aber eher schädlich. Das Angebot
an Papieren wird kleiner, und die Aktionä-
re sind nicht mehr investiert, wenn die
Konzerne abseits der Börse eine gute Per-
formance hinlegen. In Zeiten negativer
Zinsen wäre es wünschenswert, dass die
IPOs – die Initial Public Offerings – wieder
die Oberhand gewinnen gegenüber P2P –
den Public-to-Private-Transaktionen.

Der tägliche Kommentar
des Handelsblatts analysiert
die Entwicklung
an den Finanzmärkten.
Von Peter Köhler

Pflegeimmobilien


Gefragtes


Investment


V


iele Jahre fristeten Pflegeimmobilien ein
Nischendasein am gewerblichen Immobi-
lienmarkt. Mit der Niedrigzinsphase und
dem daraus resultierenden Investoren-Andrang
auf Immobilien hat sich dies gewandelt. Nach Bü-
ros, Einkaufszentren und Logistikhallen rücken
auch Pflegeheime immer stärker in den Fokus
der Investoren. 2018 markierte einen neuen Re-
kord: Mehr als drei Milliarden Euro wurden in
diesen Sektor investiert. Auf den ersten Blick
sind die Investments in diesem Jahr deutlich ein-
gebrochen. Nach drei Quartalen stehen 1,3 Milli-
arden Euro zu Buche.
Für Dirk Richolt, Leiter Gesundheitsimmobi-
lien beim Immobiliendienstleister CBRE in
Deutschland, ist dies kein Grund zu Sorge. „Nach
den Rekordjahren fehlt dem Gesundheitsmarkt
ein ausreichendes Produktangebot, in das inte-
ressierte Akteure investieren könnten“, sagt er.
Der Rekord im vergangenen Jahr war vor allem
von großen Portfoliotransaktionen geprägt. Für
rund 810 Millionen Euro sicherte sich der franzö-
sische Investor Primonial einen 50-Prozent-An-
teil an einem Reha-Klinik-Portfolio des Medical
Properties Trust. Für den Kauf von 30 Pflegeein-
richtungen mit 4700 Plätzen zahlte Deutsche
Wohnen 680 Millionen Euro. Allein diese beiden
Transaktionen des Vorjahres waren mehr wert
als alle in den ersten neun Monaten 2019 zusam-
men. Bei Investoren sind Pflegeimmobilien nicht
zuletzt wegen ihrer hohen Renditen gefragt. Auf
4,75 Prozent taxiert CBRE die Spitzenrendite,
deutlich mehr als bei anderen Gewerbeimmobi-
lien. Die Spitzenrendite für Büros liegt bei drei
Prozent.
Experten betonen jedoch, dass der Markt ein
spezieller ist und Investoren sich der Betreiberri-
siken bewusst sein müssen. Gerade der Fachkräf-
temangel im Pflegebereich setze dem Betrieb zu.
Viele Betreiber seien auf Personalleasing ange-
wiesen. „Daraus entstehen hohe Kosten, welche
die Betreiber stark schwächen. Zwar ist die Nut-
zernachfrage groß, angesichts der zuletzt stark
gestiegenen Personalkosten können jedoch
schon kleinere Managementfehler einen Betrei-
ber in die Krise führen“, erklärt Richolt von
CBRE. Bis Jahresende rechnet er mit einem Volu-
men am Investmentmarkt von 1,5 bis 1,75 Milliar-
den Euro. Das ist einerseits zwar deutlich weni-
ger als im Jahr zuvor, andererseits aber deutlich
mehr als in den meisten vorangegangenen Jah-
ren. Von den Rekorden 2016 und 2018 einmal ab-
gesehen, lagen die Investments in den vergange-
nen zehn Jahren immer unter einer Milliarde
Euro. Trotz der steigenden Nachfrage bleibt das
Segment eine Nische. Am gesamten Gewerbeim-
mobilienmarkt kommt der Sektor gerade einmal
auf einen Anteil von 3,4 Prozent. M. Streit

Berliner Seniorenresidenz: Pflegeheime locken
Immobilieninvestoren an.

Konzept und Bild/VISUM

Geschäft mit der Pflege
Europäische Pflegekonzerne
Kennzahlen 2018 und Veränderung zum Vorjahr

Umsatz
in Mio. Euro

Marktkapitalisierung aktuell in Mio. Euro


3 420

7 050

3 337

3 233

HANDELSBLATT


Quellen: Unternehmen, Bloomberg,
Pflegeheim Rating Report 2020

*Prognose bei gleichbleibender Pflegewahrscheinlichkeit

Pflegegeldempfänger* in Millionen, davon:


Orpea Korian


Ambulante Dienste In Heimen


2020


0,89


0,88


1,98


1,22


1,25


2,51


2040


Ergebnis (Ebitda)
in Mio. Euro

603, 7

+9, 00 % +6,4 % +10 0 ,2 % +8,4 %

47 7, 1

Private Geldanlage


DONNERSTAG, 14. NOVEMBER 2019, NR. 220


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