Handelsblatt - 14.11.2019

(Steven Felgate) #1

Börsengang


Alibabas zweiter


Streich


Der chinesische Onlinehändler


will schon in wenigen Tagen an


die Hongkonger Börse gehen.


Der Schritt hat auch einen


politischen Hintergrund.


Sha Hua Peking


D


ie Börse Hongkong hat dem
E-Commerce-Konzern Aliba-
ba eine Zweitnotierung sei-
ner Aktie genehmigt, die bisher
schon in New York gehandelt wird.
Das berichtet die „South China Mor-
ning Post“ (SCMP), die 2016 von Ali-
baba gekauft wurde. In dieser Woche
soll eine Roadshow das Interesse der
Investoren wecken. Am 20. Novem-
ber wird laut Plan der Preis festge-
legt. In der Woche danach startet der
Handel. Das Unternehmen möchte
laut SCMP zehn bis 15 Milliarden Dol-
lar einsammeln. Die Börse Hongkong
lehnte einen Kommentar ab. Als Kon-
sortialbanken werden die China In-
ternational Capital Corporation und
die Credit Suisse genannt, daneben
auch Citigroup, JP Morgan und Mor-
gan Stanley.
2014 war Alibaba in New York an
die Börse gegangen und hatte 25 Mil-
liarden Dollar eingesammelt. Der
Konzern hatte New York gewählt,
weil dort die Auflagen in Bezug auf
Stimmrechte damals weniger streng
waren als in Hongkong. Hauptregu-
lierungsbehörde bleibt die SEC in
den USA. Nur wenn das Handelsvolu-
men in Hongkong 55 Prozent über-
schreitet, würde die Verantwortung
dorthin übertragen.
Eigentlich war die Notierung in
Hongkong schon für den Sommer
dieses Jahres geplant. Sie wurde we-
gen der politischen Proteste verscho-
ben, die allerdings weiterhin anhal-
ten. Gordon Tsui, der Vorsitzende
des Hongkonger Wertpapier-Ver-
bands, sagte: „Die Zweitnotierung
von Alibaba ist ein Vertrauensvotum
für den Aktienmarkt in Hongkong.“
Sie könnte Hongkong beim Volumen
der Börsengänge (IPOs) in diesem
Jahr weltweit auf Platz eins bringen.
Aktuell ist der Konzern mit 486,8
Milliarden Dollar Marktwert eines
der größten Unternehmen der Welt

hinter Apple, Microsoft, Alphabet,
Amazon, Facebook und Berkshire
Hathaway. Der Chef der Marketing -
abteilung, Chris Tung, sagte dem
Handelsblatt am Montag, Alibaba
wolle mit dem frischen Geld „mehr
in Innovation investieren“. Als Bei-
spiel nannte er den Aufbau eines
noch interaktiveren digitalen Stores.
Zudem gehen Analysten davon
aus, dass Alibaba seinen Essensliefer-
dienst Ele.me noch stärker subven-
tionieren will, damit dieser sich ge-
gen den Konkurrenten Meituan Dian-
ping durchsetzen kann. Außerdem
braucht Alibaba Geld für eine geplan-
te Expansion in Südostasien. In der
vergangenen Woche teilte der Kon-
zern zudem mit, dass er seinen An-
teil am Logistikunternehmen Zainiao
für 3,3 Milliarden Dollar von 51 auf 63
Prozent erhöht hat.
Zusätzliche Einnahmen sind aber
womöglich nicht das wichtigste Ziel
bei Alibabas Zweitnotierung. Das Un-
ternehmen hat laut Quartalsbericht

34 Milliarden Dollar Cash. „Alibaba
möchte Investoren vom chinesischen
Festland anziehen, weil es ja dort
auch sein meistes Geld verdient“,
schreibt der Analyst Travis Lundy
von Ballingal Investment Advisors.
Außerdem schaffe sich das Unter-
nehmen mit der Zweitnotierung in
Zeiten sich verschlechternder Bezie-
hungen zwischen China und den
USA eine „Rettungsleine“, so Lundy.
Die beiden größten Volkswirtschaften
der Welt befinden sich seit mehr als
einem Jahr in einem Handelskonflikt.

Jack Ma: Der Alibaba-
Chef, hier bei einem
Shopping-Festival sei-
nes Unternehmens,
brachte sein Unterneh-
men 2014 in New York
an die Börse.

imago/VCG


Fusion


Comdirect kritisiert


Commerzbank


Vorstand und Aufsichtsrat der


Tochter vermissen bei der


geplanten Verschmelzung


bisher eine klare Strategie des


Mutterhauses.


Andreas Kröner Frankfurt


D


ie Onlinebank Comdirect ge-
hört bereits zu 82 Prozent
der Commerzbank. Es ist
deshalb überraschend, dass die Stel-
lungnahme von Vorstand und Auf-
sichtsrat der Comdirect eine Reihe
kritischer Anmerkungen zur geplan-
ten Übernahme der restlichen Antei-
le enthält.
Die Commerzbank will durch die
Integration der Comdirect Kosten
sparen und die Digitalisierung voran-
treiben. Die Comdirect bezeichnet
den von der Konzernmutter gebote-
nen Preis von 11,44 Euro je Aktie
auch als angemessen. Die Gremien
empfehlen aber nur kurzfristig orien-
tierten Aktionären eine Annahme der
Commerzbank-Offerte. Ansonsten
hält die Comdirect-Spitze sich zu-
rück, weil aus ihrer Sicht die künftige
strategische Ausrichtung der Comdi-
rect nicht klar genug zu erkennen ist.
Man verstehe die grundsätzlichen
Beweggründe der Commerzbank,
heißt es – mit der Einschränkung:
„Allerdings fehlen in der Angebotsun-
terlage detailliertere Aussagen zu ein-
zelnen Strategiefeldern und Synergie -
potenzialen, sodass Vorstand und
Aufsichtsrat zum jetzigen Zeitpunkt
die Richtigkeit des strategischen Kon-
zepts der Bieterin insgesamt nicht ab-
schließend bewerten können.“
Einige Experten haben Zweifel, ob
die Integration der Comdirect in die
Commerzbank der richtige Schritt
ist. Manche Konkurrenten hoffen,
dass das Mutterschiff Commerzbank
das Schnellboot Comdirect aus-
bremst und sie Kunden der Direkt-
bank abwerben können.
Die Comdirect wurde von den
Commerzbank-Plänen Mitte Septem-
ber überrascht. Viele Mitarbeiter sind
verunsichert und fragen sich, wie es
für sie weitergeht. Denn laut den Un-
terlagen plant die Commerzbank, bei
der Verschmelzung Stellen abzubau-

en. Finanzkreisen zufolge sollen Hun-
derte Arbeitsplätze wegfallen.
Die Commerzbank hat auch die
Zukunft der Comdirect-Zentrale in
Quickborn bei Hamburg offengelas-
sen. Dort bedauern Vorstand und
Aufsichtsrat, „dass die Bieterin zu
diesem Zeitpunkt keine Zusagen für
den Erhalt bestimmter Standorte
und Strukturen der Comdirect gibt“,
wie es in der Stellungnahme heißt.
Commerzbank-Chef Martin Zielke
zeigte sich trotz der kritischen Töne
erfreut. „Comdirect hat unseren An-
gebotspreis als finanziell angemessen
eingestuft“, sagte er. „Jetzt ist die
richtige Zeit, um unser Angebot an-
zunehmen.“
Das Angebot läuft noch bis 6. De-
zember und steht unter dem Vorbe-
halt, dass die Commerzbank mindes-
tens 90 Prozent der Anteile einsam-
melt. Ob dies gelingt, ist fraglich. Der
zweitgrößte Aktionär, Petrus Advi-
sers, hat seinen Anteil kürzlich auf
5,7 Prozent aufgestockt und angekün-
digt, die Offerte nicht anzunehmen.
Zudem notiert die Comdirect-Aktie
aktuell bei 13,48 Euro und damit
deutlich über dem Angebotspreis.
Für Anleger ist es derzeit also attrak-
tiver, die Papiere über die Börse zu
verkaufen, als sie der Commerzbank
anzudienen. Auch darauf weisen die
Comdirect-Gremien hin.
Sollte die Commerzbank am Ende
weniger als 90 Prozent der Comdi-
rect-Aktien erhalten, will sie beide In-
stitute zwangsverschmelzen. Dies ist
im Rahmen des Umwandlungsgeset-
zes bereits ab einer Mehrheit von 75
Prozent der Stimmen möglich. Com-
direct-Aktionäre bekämen dann Com-
merzbank-Aktien. Das Tauschverhält-
nis würde von externen Prüfern nach
entsprechenden Wertgutachten fest-
gelegt. Zudem müssten beide Haupt-
versammlungen zustimmen. Beim
Squeeze-out – dem bisher angestreb-
ten Verfahren – gilt das nur für die
Comdirect. Die Comdirect-Spitze
geht auf Distanz: „Vorstand und Auf-
sichtsrat sehen die Gefahr, dass eine
solche Verschmelzung bis zu ihrem
Wirksamwerden erhebliche Zeit in
Anspruch nehmen kann und dann zu
einer längeren Phase der Unsicher-
heit führen würde.“

 
      
 
 



   
 
 


  


 
 

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DONNERSTAG, 14. NOVEMBER 2019, NR. 220

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