Süddeutsche Zeitung - 07.11.2019

(nextflipdebug5) #1
von sara maria behbehani
und cornelius pollmer

V


or dem Parkcafé steht ein Trabant
601, Günther und Hindrich sind da-
mit zu ihrem Auftritt ins sächsische
Bad Gottleuba gefahren. Der alte Osten
parkt aber nicht nur vor der Tür, er verlän-
gert sich in die Kleidung, in das Programm,
sogar ins Essen. Günther trägt schwierig-
farbene Dederon-Fasern am Körper, auf
der Leinwand hinter ihm geht die Flagge
der DDR in jene der BRD über. Das Publi-
kum wiederum erwartet an diesem Abend
nicht nur Satire auf Sächsisch, sondern
auch ein „Ost-Menü“, als Hauptgang hat
der Veranstalter „gebratene Broilerkeule“
angekündigt, mit Apfelrotkohl und Petersi-
lienkartoffeln.
Günther und Hindrich sind Künstlerna-
men, und das ist dann vielleicht schon die
erste Pointe. Kennengelernt haben sich Jo-
hannes Kürschner, 29, und Franz Müller,
30, im Studium in Mittweida. Sie tranken
Bier zusammen und das dann bald auch
vor der eigenen Kamera. Ihr Kurzfilm „Sim-
ply Clever“ über zwei komplett wahnsinni-
ge sächsische Werkstatt-Schrauber wurde
ein viraler Hit – und Günther und Hindrich
wurden in der Folge mit ihren auf Hoch-
deutsch und Englisch doppelt untertitel-
ten Werken auch zu Festivals eingeladen.

30 Jahre nach dem Mauerfall gibt es mo-
dernen, durchaus selbstironischen Ost-Hu-
mor wie den von Günther und Hindrich.
Und es stellt sich damit auch die Frage, wie
weit die humoristische Einheit zwischen
Ost und West gekommen und ob ihre Voll-
endung überhaupt erstrebenswert ist.
Bodo Müller, Journalist, Fotograf und
Buchautor, ist in der DDR aufgewachsen
und sammelte dort politische Witze, die er
2016 in dem Buch „Lachen gegen die Ohn-
macht“ veröffentlichte. Die Witze von da-
mals sind für ihn ein Stück Zeitgeschichte.
Doch „die Kultur für politische Witze ende-
te mit dem Mauerfall“, sagt er. „Ein politi-
scher Witz in seiner Brisanz, in seiner
Heimlichkeit und seiner Wirkung hat nur
in einer Diktatur Hochkonjunktur.“ Heute
brauche man den politischen Witz – auch
als Ventil, über das man Dampf ablassen
kann – nicht mehr. Für die jüngere, west-
deutsche Generation sei es unterdessen
schwierig geworden, die Witze aus DDR-
Zeiten überhaupt noch zu verstehen.
Zwar versuchten, sagt Bodo Müller, „Po-
litiker aus der rechten und linken Ecke das
Gefälle zwischen Ost und West hochzuhal-
ten“. Er aber finde, Ost- und Westdeutsche
seien sich auch in Fragen des Humors noch
nie so wunderbar einig gewesen wie heute:
„Ich glaube eigentlich, dass die ganz gut
miteinander klarkommen.“
Eva Ullmann sieht sogar eine lohnens-
werte Aufgabe darin, das Abgrenzende
und Abschätzige aus dem Humor zwischen
Ost und West zu tilgen. Sie hat in Leipzig
das Deutsche Institut für Humor gegrün-
det, als „Humortrainerin“ und Autorin wol-
le sie „positiven Humor“ befördern. Für sie
ist es wichtig, zu unterscheiden, ob man je-
manden beschämt oder aus etwas Negati-
vem etwas positiv Witziges macht.
Diesen positiven Ansatz vermisse sie in
vielen Ossi-Wessi-Witzen. Ganz viele sol-
cher Witze gingen auf Kosten anderer, sagt
sie und gibt zwei Beispiele. „Warum kön-
nen Ossis nicht vom Affen abstammen? Sie
hätten es niemals vierzig Jahre ohne Bana-
nen ausgehalten.“ Und in der Gegenper-
spektive: „Was ist der Unterschied zwi-

schen Wessis und Russen? Die Russen sind
wir wieder losgeworden.“
Wenn man das Ziel verfolge, dass Men-
schen miteinander reden, sagt Ullmann,
solle man sich gut überlegen, ob man noch
Ossi-Wessi-Witze macht, schließlich wür-
den diese Witze eine Unterscheidung be-
stärken. „Es ist kein Humor, der öffnet, mit
dem ich ins Gespräch komme und über De-
mokratie streiten kann, bei dem man sich
annähert. Stattdessen müssten wir eher lie-
bevollere Witze übereinander machen.“
Zudem, sagt Ullmann, seien die Witze
zu DDR-Zeiten cleverer gewesen. Man durf-
te nicht alles sagen, musste auf verschiede-
nen Ebenen reden und hören. Dies sei mit
der Freiheit, alles sagen zu dürfen, ein
Stück weit in den Hintergrund getreten.
Humor konnte flacher werden.
Ingo Appelt steht gerade mit seinem Pro-
gramm „Der Staats-Trainer!“ auf der Büh-
ne, und als ein solcher will er auch verstan-
den werden, als jemand, der sich mit Provo-
kationen und Lachen gegen die Radikalisie-
rung und gegen die Ressentiments inner-
halb der Gesellschaft stellt. Dabei, sagt Ap-
pelt, sei es ein großer Unterschied, ob er im
Osten oder im Westen spiele. „Man merkt
noch immer, dass die im Westen die Ossis

grundsätzlich doof finden. Der Osten war
immer der Depp.“
Die Witze, die sich gegen Ostdeutsche
richteten, seien vor allem herablassend, oft
ginge es dabei um deren angebliche Un-
dankbarkeit. „Man fährt nach Dresden,
guckt sich die Stadt an, ist begeistert und
dann sagen viele: Ist ja klar, woher die Koh-
le für alles kommt“, sagt Appelt. Im Osten
sei der Besser-Wessi noch immer angesagt.
„Wenn ich den Wessi als Kolonialisten be-
schreibe, der sagt: ‚Das gehört ja alles mir,
das hab ja ohnehin ich alles bezahlt‘, dann
trifft das bei den Ostdeutschen einen Nerv.“
Der Humor sei rauer geworden, beob-
achtet Appelt, und er glaubt, den wesentli-
chen Grund dafür ausgemacht zu haben:
„Wir kommunizieren eigentlich alle nur
noch über das Internet, und das ist das Pro-
blem. Wir reden über eine Erregungskul-
tur, die ausschließlich etwas mit einem Me-
dium zu tun hat, das Geld damit verdient,
die Leute so lange wie möglich in einem
Aufregungsmodus zu halten. Je länger ich
mich aufrege, je mehr ich böse Briefe
schreibe und noch mehr Hasskommenta-
re, umso länger bin ich im Internet, umso
mehr verdienen Google und Facebook. Das
heißt, es wird Geld mit Hass verdient.“

Für Komiker, sagt Appelt, seien die Zei-
ten gut. Als Komiker könne man schließ-
lich Ressentiments spiegeln, und davon ge-
be es derzeit viele. Appelt diagnostiziert ei-
ne „Befindlichkeitsfolklore“, eine starke
Betonung des Ichs und eine Festlegung auf
das, was man sein wolle – in Abgrenzung
zu anderen. In diesen Zeitgeist passt das
Herausarbeiten von echten oder vermeint-
lichen Unterschieden, auch zwischen Ost
und West, gut hinein. „Alle fühlen sich be-
trogen, beleidigt, zu kurz gekommen“, sagt
Appelt. „Viele Leute sind grundsätzlich
schlecht drauf. Man hat das Gefühl, die
Menschen mögen sich nicht wirklich.“
Man müsse die Leute dazu bringen, sich
selbst nicht zu ernst zu nehmen. Deswe-
gen, sagt Appelt, „erzähle ich die schlimms-
ten Ossi-Witze auch immer im Osten“.
Genau dorthin noch einmal zurück, ins
Parkcafé nach Bad Gottleuba. „Glück auf,
ihr Randscheschn“ strahlt es zu Beginn des
Programms von Günther und Hindrich
von der Leinwand, ein leicht codierter
Gruß, den jeder mit geringen geografi-
schen Kenntnissen und im Wissen um die
Nähe Tschechiens noch entschlüsseln
kann. Schwieriger wird es, wenn Günther
dem sehr altersdurchmischten Publikum

erzählt, seit er sich seine „Babbe gekooft“
habe, sei er „n eschter Ostbürger“ gewor-
den. Oder wenn er behauptet, seine Ibanez-
Gitarre, „e Westmodell“, habe versagt und
deswegen spiele er jetzt wieder auf einer
Musima aus Markneukirchen. Und spätes-
tens wenn in einem der Kurzfilme beim
Blick in den Himmel festgehalten wird, es
sei „e viehschsdes Niggiwedder heude“,
dann hinterfragt niemand mehr die Not-
wendigkeit der Untertitel.
Derlei Kunst ist 30 Jahre nach dem Mau-
erfall nicht nur ein lokalkoloriertes Ange-
bot, es ist auch eine Art kulturelle Selbstbe-
hauptung des Ostens. Johannes Kürschner
sagt, er merke im Alltag, „dass wieder mehr
Leute auch zu ihrem Dialekt stehen, auch
junge“. Und Franz Müller sagt, es gebe in
der Sicht auf die Gesellschaft und auf ihre
Ungerechtigkeiten eben noch immer Unter-
schiede zwischen Ost und West, warum soll-
te man diese dann nicht thematisieren?
Zudem findet er in Sachsen und über-
haupt im Osten immer wieder Eigentümli-
ches, das ihn amüsiere, und das zu schüt-
zen sei. Manchmal sei das auch nur ein ein-
ziges Wort und sein Klang bei kräftiger Aus-
sprache. Zum Beispiel das sächsische Wort
für Putzlumpen: Scheuerhader.

Das Auto ist ausgebrannt, im Fußraum un-
ter demFahrersitz lodert noch immer ein
kleines Feuer. Es sind die Überbleibsel ei-
nes äußerst grausamen Verbrechens, die
nun per Internetvideo verbreitet werden.
Am Montag kursierten erste Meldungen,
denen zufolge Mitglieder einer aus den
USA stammenden Mormonenfamilie im
Norden Mexikos getötet worden sind. Die
Details, die nun nach und nach bekannt
werden, enthüllen ein Massaker von gro-
ßer Abscheulichkeit.
Demnach waren am Montag drei Frauen
mit ihren Kindern auf einer Landstraße in
Mexiko unterwegs. Sie wollten von einer
Mormonengemeinde zu einer anderen fah-
ren, sollten dort aber nie ankommen. Ihre
Autos wurden von bewaffneten Männern
angegriffen und mit Kugeln durchsiebt. Ei-
nige Frauen und Kinder wurden erschos-
sen, andere verbrannten in den Autos. Am
Ende waren neun Menschen tot, die drei
Frauen sowie sechs Kinder, das älteste war
elf Jahre alt. Die jüngsten waren Medienbe-
richten zufolge sechs Monate alte Zwillinge.
An Tag zwei danach ist noch immer un-
klar, woher die Täter stammen und wel-
ches Motiv sie hatten. Es mehren sich aber
die Spekulationen, dass es sich um Mitglie-
der eines Drogenkartells handelt. Das
Grenzgebiet zwischen Mexiko und den
USA ist fest in der Hand der Banden, die
von dort ihre Schmuggelware nach Norden
bringen. Das würde jedoch nicht erklären,
weshalb ausgerechnet unbewaffnete Frau-
en und Kinder getötet wurden. Manche Be-
obachter vermuten nun, dass es sich mögli-
cherweise um einen Racheakt gehandelt
haben könnte. Mitte Oktober hatten mexi-
kanische Behörden versucht, Ovidio Guz-
mán festzunehmen und in die USA auszu-
liefern, waren aber letztlich gescheitert.
Guzmán ist der Sohn des berüchtigten Dro-
genbosses Joaquín Guzmán Loera, be-
kannt als El Chapo, der in einem Hochsi-
cherheitsgefängnis in den USA einsitzt.
Das Sinaloa-Kartell, zu dem die Guzmáns
gehören, operiert in der Gegend, in der das
Massaker stattfand. Aber das ist nur eine

Variante. Andere vermuten eine Verwechs-
lung – oder sind ob der grausamen Tat
schlicht ratlos.
Bei den im Norden Mexikos lebenden Fa-
milien handelt es sich um Nachkommen ei-
ner Abspaltung von der mormonischen
Hauptkirche, die sich dort Ende des 19. Jahr-
hunderts niederließ, unter anderem, um po-
lygam zu leben. Manche, nicht alle, tun das
bis heute. Sie betreiben Landwirtschaft und
leben nach eigenen Angaben friedlich mit
ihren Nachbarn zusammen.
Da die Getöteten US-Bürger sind, ist der
Fall schnell zum Politikum zwischen Mexi-
ko und Washington geworden. US-Präsi-
dent Donald Trump meldete sich wie ge-
wohnt auf Twitter. „Mexiko muss jetzt mit
Hilfe der USA Krieg gegen die Drogenkar-
telle führen und sie von der Erdoberfläche
fegen“, schrieb er. Mexikos Präsident And-
res Manuel López Obrador drückte den An-
gehörigen der Opfer sein „tiefstes Beileid“
aus und telefonierte mit Trump. Der Forde-
rung nach „Krieg“ erteilte er aber eine Ab-

sage. Auf einer Pressekonferenz sagte er:
„Die Politik wurde erfunden, um den Krieg
zu vermeiden.“
Tatsächlich hat Mexiko schon schlimme
Erfahrungen mit dem Krieg gegen die Dro-
gen gemacht, den mehrere Vorgänger
López Obradors geführt hatten. Der ehema-
lige Bürgermeister von Mexiko-Stadt wur-
de 2018 auch deshalb in das oberste Staats-
amt gewählt, weil er ein anderes Vorgehen
versprach. Er möchte die Korruption been-
den, den Menschen wirtschaftliche Per-
spektiven bieten und nur mit einzelnen
Operationen gegen die Drogenbosse vorge-
hen. Ein Krieg, so sein Credo, fordert zu vie-
le unschuldige Opfer. Bisher hat die Strate-
gie aber kaum Erfolge gezeigt. Die Geschäf-
te der Kartelle florieren. Ihre Schergen ver-
üben immer wieder Massaker – so auch
bei der versuchten Festnahme Ovidio Gúz-
mans. Danach musste der Präsident Kritik
einstecken. Noch hat sich nicht gezeigt,
wer in Mexiko mächtiger ist: die Regierung
oder die Kartelle. benedikt peters

Sitzen ein Ossi und ein Wessi


in einem Boot ...


Die Wendezeit war auch die Zeit der Ossi-Wessi-Witze, mit bananensüchtigen Trabifahrern


auf der einen und angeberischen Besserwissern auf der anderen Seite.


Wie sehr ist dieses Land eigentlich mittlerweile in Fragen des Humors zusammengewachsen?


„D wie Dora, P wie Paula, J wie Julius, N wie
Nordpol“– wer so buchstabiert, der richtet
sich nach einer deutschen Industrie-
Norm. Die sogenannte DIN 5009 erschien
erstmals im Jahr 1983, damals noch unter
der Bezeichnung „Regeln für das Phono-
diktat“. Sprachassistenten waren in diesen
Tagen noch nicht irgendwelche Maschi-
nen, sondern Menschen, denen man – mit-
tels einer Tonaufnahme, über Funk oder ei-
ne oft sehr schlechte Telefonverbindung –
etwas „in den Block diktierte“, wie man da-
mals sagte. Die Norm 5009 sollte verhin-
dern, dass zum Beispiel aus „lieb“ (wie Lud-
wig) „Dieb“ (wie Dora) wurde. Nicht nur im
Fernmeldeverkehr zu militärischen Dienst-
stellen hätte so etwas in Zeiten des Kalten
Krieges durchaus böse Folgen haben kön-
nen.
Grundlage für die DIN 5009 blieb weiter-
hin die aus dem Berliner Telefonbuch von
1890 stammende „postalische Buchstaben-
tafel“, welche 1934 von den Nationalsozia-
listen allerdings stark bearbeitet wurde.
Vor Hitlers Machtergreifung hatte es hier
noch geheißen: „D wie David, S wie Samu-
el, Z wie Zacharias und N wie Nathan“. Das
ging den Nazis jedoch gegen die faschisti-
sche Ideologie. „In Anbetracht des nationa-
len Umschwungs in Deutschland halte ich
es für nicht mehr angebracht, die in der
Buchstabiertabelle des Telefonbuchs auf-
geführten jüdischen Namen (...) noch län-
ger beizubehalten“, hatte sich ein Denunzi-
ant beim Postamt Rostock 1933 beschwert.
Die Beanstandung fand tatsächlich Zustim-
mung und landete in Berlin, die Überarbei-
tung der Buchstabentafel wurde beschlos-
sen.
Doch bis heute, Jahrzehnte nach dem
Dritten Reich, wird in Deutschland natio-
nalsozialistisch buchstabiert – etwa, wenn
in einer Fernseh-Rätsel-Show wie (dem En-
de 2002 abgesetzten) „Glücksrad“ jemand
ein „S wie Siegfried“ wünschte. Und ob-
wohl die deutsche Buchstabiertafel (im Ge-
gensatz zu der österreichischen) nach dem
Zweiten Weltkrieg weitgehend entnazifi-
ziert wurde und beispielsweise wieder ein

jüdisch-christliches „Z wie Zacharias“ ein-
forderte, blieb auch „Zeppelin“ durchaus
gebräuchlich. Das stieß immer wieder auf
Kritik.
Besonders ärgerlich fand jetzt der ba-
den-württembergische Beauftragte gegen
Antisemitismus, Michael Blume, dass es in
der DIN 5009 heute noch „N wie Nordpol“
heißt. Da müsse wieder „Nathan“ stehen,
forderte er in einem Brief an das Deutsche
Institut für Normung in Berlin. Denn
„Nordpol“ stehe in der pseudowissen-
schaftlichen NS-Ideologie für die Herkunft
sogenannter „Arier“. Für den Buchstaben
„D“ schlägt der Religionswissenschaftler
statt David „Debora“ vor, wegen der Gleich-
berechtigung von Mann und Frau.

Der Zentralrat der Juden begrüßte Blu-
mes Vorschlag: „Zum 75. Jahrestags der Be-
freiung sollten wir uns auch von der Nazi-
Sprache und ihren Relikten befreien“, sag-
te Präsident Josef Schuster. Und auch das
Deutsche Institut für Normung versprach,
die DIN 5009 bereits im kommenden Jahr
noch einmal genau unter die Lupe zu neh-
men.
Immerhin: Statt „K wie Kurfürst“ wird
heute „K wie Kaufmann“ empfohlen. „Y“
heißt einfach wieder „Ypsilon“ und nicht –
wie unter den Nazis üblich – „Ypern“ (das
ist der belgische Ort, in dem deutsche Sol-
daten im Ersten Weltkrieg erstmals Gift-
gas eingesetzt hatten).
Einen besonders erwähnenswerten
Wandlungsprozess hat der Buchstabe „Ü“
hingelegt. Von dem hieß es noch in den an-
geblich goldenen 1920er Jahren, man müs-
se diesen mit „Ü wie Überfluss“ beschrei-
ben. Von 1934 an, wie passend, wurde dar-
aus ein „Ü wie Übel“. Die DIN 5009 legte
schließlich fest, dass „Ü wie Übermut“ am
besten sei. Und wie dieser zuweilen endet,
das weiß man ja. martin zips

Rache oder Verwechslung?


Die Behörden rätseln, warum eine Mormonenfamilie in Mexiko ausgelöscht wurde


Die Angreifer durchsiebten das Auto mit Kugeln, drei Frauen und neun Kinder star-
ben. Und keiner weiß: Warum? FOTO: HERIKA MARTINEZ/AFP

Das „Ü“ legte seit dem
Kaiserreich einen beachtlichen
Wandlungsprozess hin

Joachim Sauer, 70, Kanzlerinnengatte,
ist textsicher, zumindest was Lieder von
Wolf Biermann, 82, angeht. Der Lieder-
macher sagte demSternvoller Bewunde-
rung: „Dieser Professor kennt fast alle
meine frechen frühen Lieder, die kaum
einer kennt, sogar auswendig.“


Emma Watson, 29, britische Schauspie-
lerin, hat sich fünf Monate vor ihrem



  1. Geburtstag einen neuen Beziehungs-
    status zugelegt: selbst-verpartnert, so
    sagte sie es der britischenVogue.„Ich
    dachte mir immer: Was machen alle so
    einen Wirbel darum, 30 zu werden? Aber
    kaum war ich 29, ging es los.“ Sie habe
    sich gestresst ge-
    fühlt, weil sie plötz-
    lich all die unter-
    schwelligen Fragen
    wahrgenommen
    habe, nach Hochzeit,
    Kindern, Hausbau.
    Es habe ein Weil-
    chen gedauert, aber
    jetzt sei sie glücklich
    darüber, mit sich
    selbst zusammen-
    zusein.FOTO: DPA


Daljit Singh, 37, Hamburger Gastro-
nom, hat Geldsorgen wegen eines Na-
mensvetters. Der andere Daljit Singh,
identisches Geburtsdatum, hat lautBild
jede Menge Rechnungen nicht bezahlt –
für die immer wieder versehentlich der
Hamburger Singh zur Kasse gebeten
wird. Unter anderem buchte dessen
Krankenkasse 700 Euro für einen Kran-
kentransport des anderen Singhs in
Traunstein ab, zudem wurde das Konto
wegen nicht bezahlter Müllgebühren in
Sigmaringen gepfändet. „Hätte ich mal
bei der Hochzeit den Namen meiner
Frau angenommen“, sagte Singh, „dann
wäre ich jetzt Herr Albrecht.“


Dieter Bohlen, 65, Musikproduzent,
schwört auf die motivierende Wirkung
von „wenn“ und „dann“. Dem Portal
rtl.de verriet er, wie er seine beiden
jüngsten Kinder (6 und 8) erzieht. Woll-
ten sie ein Geschenk haben, sage er zum
Beispiel: „Wenn du
heute zum Schwim-
men gehst, und der
Schwimmlehrer
erzählt mir, dass du
ganz, ganz toll
warst, dann könnte
ich mir vorstellen,
dass das Geschenk
vielleicht schon
morgen da ist. Und
dann geben die Voll-
gas.“FOTO: DPA


Christophe Ferrari, 60, französischer
Regionalpolitiker, hat eine Gold-Bronze-
Schwäche. Bei einem Eiskunstlauf-
Grand-Prix in Grenoble durfte der Präsi-
dent der Metropolregion die Siegerin-
nen ehren. Allerdings hängte er der
Drittplatzierten die Goldmedaille um
den Hals, wie auf einem Instagram-Vi-
deo zu sehen ist. Die falsch dekorierte
Schlittschuhläuferin reichte die Medail-
le an die eigentliche Empfängerin wei-
ter. Der Rest der Zeremonie ging im
Gelächter der drei Siegerinnen unter.


Hagen– Ein verurteilter Mörder hat
nach 28 Jahren Haft eine 72 Jahre alte
Frau getötet. Kaum war er in Freiheit,
hatte er sich das nächste Opfer gesucht.
Jetzt hat das Hagener Schwurgericht ihn
wegen Totschlags verurteilt und unbe-
fristete Sicherungsverwahrung angeord-
net, zum Schutz der Allgemeinheit. Der
Fall im nordrhein-westfälischen Schwer-
te hatte bundesweit für Aufsehen ge-
sorgt, weil sich der Täter auf dem Sofa
sitzend filmte und die Bilder bei Face-
book streamte, als die Polizei seine Woh-
nung stürmte. Laut Urteil hatte der Ange-
klagte mit einem Messer auf die Senio-
rin eingestochen, sie gewürgt und dann
Feuer in der Wohnung gelegt. dpa


Erfurt– Ein 16-Jähriger ist bei einem
Schulausflug im Erfurter Zoo in das
Geparden-Gehege geklettert. Der Ju-
gendliche blieb unverletzt, teilte die
Polizei am Mittwochmorgen mit. Der
16-Jährige habe sich dem Geparden am
Dienstagnachmittag bis auf etwa zehn
Meter genähert. Dann sei er wieder
zurück über den Zaun geklettert. Die
Polizei nannte die Aktion „lebensmüde“.
Warum der Schüler in das Gehege klet-
terte, ist unklar. Gegen ihn wird wegen
Hausfriedensbruch ermittelt. dpa


Niagara Falls– Seit mehr als hundert
Jahren steckt ein Boot vor den Niagara-
fällen fest, nun könnte es abstürzen:
Nach einem Unwetter hat sich das als
Iron Scow(eiserner Lastkahn) bekannte
Wrack 50 Meter auf den Abgrund zube-
wegt. „Es sieht aus, als sei es umgekippt
und habe sich gedreht“, sagte Jim Hill
von der Niagara-Parkverwaltung. Das
Boot war 1918 von einem Schleppschiff
abgerissen, den Fluss hinuntergetrieben
und 600 Meter vor den Horseshoe Falls
auf kanadischer Seite zwischen Felsen
stecken geblieben. Nun habe es sich
erstmals bewegt, hänge aber erneut fest,
sagte Hill. Ob es Tage oder Jahre dauere,
bis es sich weiter auf den Wasserfall
zubewege, sei ungewiss. dpa


N wie Nathan


Warum der Nordpol vielleicht aus dem Buchstabieralphabet fällt


Ingo Appelt zum Beispiel
erzählt bei Auftritten im Osten
extra die fiesesten Ossi-Witze

8 1MG (^) PANORAMA Donnerstag, 7. November 2019, Nr. 257 DEFGH
LEUTE
Mörder bringt erneut Frau um
Schulausflug mit Raubkatze
Altes Wrack auf kleiner Fahrt
Sagt der Ossi zum Wessi: „Wir sitzen alle in einem Boot.“ Sagt der Wessi zum Ossi: „Genau, die einen müssen rudern,
und die andern dürfen angeln.“ Ist das lustig? Ansichtssache.ILLUSTRATION: STEFAN DIMITROV
KURZ GEMELDET

Free download pdf