Der Spiegel - 09.11.2019

(Jacob Rumans) #1

A


ls Donna Clark im vergangenen
Jahr nach Deutschland über -
siedelte, sollte es ein Neuanfang
werden. Weg von den Drohun-
gen, der Gewalt, dem Hass. In den USA
war die Aktivistin ins Visier von Neonazis
geraten. Auf einer Demo hatten Rechts-
extreme sie attackiert, darunter ein
Anhänger einer Truppe mit dem irren
Namen »Atomwaffen Division« (AWD).
Sie gilt als eine der gefährlichsten


Gruppen in den Vereinigten Staaten, ihre
Mitglieder werden für mehrere Morde
verantwortlich gemacht. In Propaganda-
videos treten sie mit Totenkopfmasken
auf.
Doch die Ruhe weit weg von zu Hause
hielt nicht lange an. An einem Donners-
tagnachmittag im November 2018 schickte
ein deutscher Staatsschützer Clark eine
Nachricht auf Englisch: »Bitte melden Sie
sich so schnell wie möglich.«

Das US-amerikanische FBI hatte das
Bundeskriminalamt (BKA) darüber infor-
miert, dass Clark auch hierzulande in Ge-
fahr ist. Im Gespräch mit einem Polizisten
habe sie erfahren, dass einer der Neonazis
der AWD nach Deutschland gereist war
und ihr womöglich etwas antun wollte.
Der Beamte riet Clark, ihre Adresse im
Melderegister sperren zu lassen und auf
dem Nachhauseweg keine Kopfhörer zu
tragen. »Bis heute«, so erzählt die Ameri-

30 DER SPIEGEL Nr. 46 / 9. 11. 2019


Transatlantischer Hass


RechtsextremismusNeonazis bedrohen Bundespolitiker, Bürgermeister, Aktivisten – als besonders


gefährlich gilt die US-amerikanische Gruppe »Atomwaffen Division«. Sicherheitsbehörden
haben den deutschen Ableger im Visier, doch wissen sie noch zu wenig über die Extremisten.

Anhänger der »Atomwaffen Division« in den USA, Naziideologe Mason: »Der NSU war ziemlich cool«
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