Der Spiegel - 09.11.2019

(Jacob Rumans) #1
Landwirtschaft

Kälber billiger als Kanarienvögel


Bauern leiden unter niedrigen Preisen für Jungvieh.

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Wirtschaft


»Du kannst in der Stadt nicht machen, was du willst.«‣S. 78

DER SPIEGEL Nr. 46 / 9. 11. 2019

Jugendschutz


Medienwächter gehen


gegen Pornoseiten vor


 Die Landesanstalt für Medien in Nord-
rhein-Westfalen will gegen in Deutschland
populäre ausländische Anbieter von
Onlinepornografie vorgehen. Die Medien-
wächter vermuten einen Verstoß gegen
den Staatsvertrag zum Jugendmedien-
schutz, weil die Anbieter bei den Nutzern


keine Altersprüfung vornehmen. Wer ihre
Adressen in Browser eingibt, ist sofort mit
harter Pornografie konfrontiert. Gleich
mehrere dieser Anbieter gehören laut
dem Web-Rankingdienst Alexa zu den
20 meist abgerufenen Seiten hierzulande.
Die Durchsetzung deutschen Rechts dürf-
te sich jedoch schwierig gestalten, weil
mindestens zwei der Unternehmen in
Zypern residieren. Tobias Schmid, Direk-
tor der Landesmedienanstalt NRW, will
sich davon nicht abschrecken lassen und

ein Exempel statuieren. »Die Gefahr für
den Jugendschutz wird ja nicht geringer,
nur weil sie aus dem Ausland kommt«,
sagt er. Mit den Medienwächtern in
Zypern hat sich Schmid bereits in Verbin-
dung gesetzt. Mitte November wollen sich
mehrere europäische Regulierungsbehör-
den in Brüssel unter anderem für eine
Neuregelung der E-Commerce-Richtlinie
starkmachen. Sie soll es den Medien -
anstalten erleichtern, Rechtsverstöße aus-
ländischer Anbieter zu verfolgen. RAI

JULIAN STRATENSCHULTE / PICTURE ALLIANCE / DPA

Schwarzbuntes Kalb

 Viehzüchter in Deutschland sehen sich derzeit einem bei-
spiellosen Preisverfall ausgesetzt. Ein schwarzbuntes Kuh-
kalb war im Oktober noch 8,49 Euro wert. Der von einem
Branchendienst ermittelte Preis geht aus einer Antwort des
Landwirtschaftsministeriums an den grünen Bundestagsabge-
ordneten Friedrich Ostendorff hervor. Verantwortlich für den
Preisverfall seien Vermarktungsbeschränkungen aufgrund
der Blauzungenkrankheit, heißt es aus dem Ministerium.
Auch Transportbeschränkungen, etwa nach Spanien, sorgten
zuletzt für ein Überangebot an weiblichen Kälbern, die im
Juni noch knapp 30 Euro kosteten. Ministerin Julia Klöckner
(CDU) hatte in einem Brief an ihren bayerischen Amtskolle-

gen Zweifel geäußert, ob derartige Transporte mit der EU-
Verordnung vereinbar seien. Ostendorff hält andere Gründe
für gewichtiger: Die Billigpreise seien »die traurige Begleit -
erscheinung der industriellen Landwirtschaft«, sagt er. »Die
intensive Milchproduktion führt auch dazu, dass zu viele Käl-
ber für den Markt produziert werden.« Ottmar Ilchmann von
der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft hält die
Preise für einen Skandal: »Da kostet ein Kalb weniger als ein
Kanarienvogel.« Die einseitige Züchtung bestimmter Rassen
nur auf Milchleistung mache deren Nachwuchs für die Mast
unwirtschaftlich. »Diese dünnen Kälber gelten oft nicht mehr
als Tiere, sondern nur noch als Schaden.« NKL
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