Der Stern - 24.10.2019

(ff) #1
Hajo Seppelt ist der
wohl einflussreichste
Sportjournalist der
Welt. So deckte der
ARD-Reporter 2014
das systematische
und staatlich gelenkte
Doping in Russland
auf. Ein Scoop mit Folgen: Zahlreiche
Athleten, Trainer und Funktionäre
wurden gesperrt, mitunter lebenslang.
Nun hat Seppelt seine umfangreichen
Recherchen in einem Buch gebündelt.
„Feinde des Sports“ ist ein dichtes
und spannendes Werk, das von den
Schattenseiten der Branche erzählt –
und den Leser ernüchtert zurücklässt.
(Econ, 20 Euro) 22222

SACHBUCH


An den Sieg des
Sozialismus glaubt
Charlotte auch noch,
als Stalins mörderische
Säuberungen
das Hotel „Metropol“
erreicht haben, in
dem die Exilanten
eingepfercht sind. Sie und ihr Mann
geraten in den tödlichen Kreislauf aus
Existenzangst, Denunziation und ideo-
logischer Verblendung. Eugen Ruge
hat die Leidensphase seiner Großmutter
aufgeschrieben. Gesprochen hat sie
über diese Zeit nie. Hier liegt die Schwä-
che der Doku-Fiktion: Offen bleibt,
warum die furchtbaren Ereignisse das
eigene Weltbild kaum erschütterten.
(Rowohlt, 24 Euro) 22222

ROMAN


Es soll
Schüler geben,
die finden
Physik noch
schlimmer als Pubertäts-
pickel. Doch sie kennen
vermutlich die Bücher
von Randall Munroe nicht.
Der US-Amerikaner,
der zeitweilig bei der
Nasa beschäftigt war,
schaut rein wissen-
schaftlich auf Alltags-
probleme und dreht dabei
aberwitzige Schleifen.
So auch in „How to – Wie
man’s hinkriegt“, in dem
seine Strichmännchen auf
Beton Ski fahren oder
einen Pool aus Käse kons-
truieren. Wir vergeben:
Note „Eins“ mit Sternchen.
(Penguin, 16 Euro)

FOTO: ANDREAS ORTNER/TRUNK ARCHIVE


den alten Fehler gutzumachen versucht,
übernimmt Barbarotti in Schweden die
Ermittlungen zu einer weiteren Leiche.
Die Freundin des Opfers ist das einzige
noch lebende Mitglied des Vereins,
die Verbindung zwischen den Fällen wird
immer klarer – und Barbarotti fliegt zu
den Kollegen.
Für Nesser-Fans ist „Der Verein der
Linkshänder“ bestimmt ein großer Spaß;
für alle anderen bleibt die Spannung
überschaubar, weil man früh ahnt, wer
hinter den Morden steckt. Was das Buch
lesenswert macht, ist Nessers Kunst,
die Geschichte über Jahrzehnte hinweg
auf zubauen, die Figuren miteinander
zu verbinden und greifbar zu machen. Ein
Kriminalroman, den man differenziert
bewerten muss: Top-Roman, mittelguter
Krimi. Mirijam Trunk

E


s ist für Krimileser oft frustrierend:
schon seit vielen Seiten zu wissen,
wer der Mörder ist, während die
Ermittler noch auf falscher Fährte
tappen. Vor allem, wenn es sich um
Håkan Nessers Kommissar-Legen-
den Van Veeteren und Inspektor Barbarotti
handelt, die in „Der Verein der Linkshän-
der“ zum ersten Mal zusammenarbeiten.
Vielleicht will Nesser genau diesen Frust
spürbar machen, denn so ganz auf der
Höhe sind seine oft verfilmten Kommis-
sare in diesem Roman nicht. Van Veeteren:
bereits seit vielen Jahren im Ruhestand.
Und Gunnar Barbarotti: verwitwet und
verliebt in eine Kollegin.
Kurz vor Van Veeterens 75. Geburtstag
taucht in Oosterby die Leiche eines Man-
nes auf, den der Kommissar einst für einen
Mörder hielt. Damals waren bei dem Tref-
fen des „Vereins der Linkshänder“ vier
Menschen ermordet worden. Der fünfte
Teilnehmer, stellt sich nun heraus, war kei-
neswegs abgetaucht – sondern wurde
ebenfalls ermordet. Während Van Veeteren

In „Der Verein der Linkshänder“ lässt Håkan Nesser seine
Star-Kommissare erstmals gemeinsam ermitteln

Nicht ganz auf der Höhe


Sein erstes
Buch war ein
Liebesroman,
der Erfolg kam
mit den Krimis:
Nesser, 69

„Der Verein der Linkshänder“
von Håkan Nesser, Ü.: Paul Berf, btb,
608 Seiten, 24 Euro 22222

24.10.2019 109

BUCH

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