Der Stern - 24.10.2019

(ff) #1
Den Saal der „Mona Lisa“ verlässt man durch
den Museumsshop. Dieses eine Mal konnte
Silke Müller nicht widerstehen: Sie besitzt nun
ein paar Socken mit dem Porträt der „Gioconda“

haben. Picasso wurde verhört, Apollinaire gar verhaf-


tet. Beide hatten nichts mit dem Diebstahl zu tun.


Zwei Jahre später flog der italienische Maler und

Hilfsarbeiter Vincenzo Peruggia auf. Er schmuggelte das


Bild in einem Koffer mit doppeltem Boden nach Italien


und versuchte, es über einen Händler an die Uffizien in


Florenz zu verkaufen. „In seiner Aussage gab er an, er


habe die ,Mona Lisa‘ repatriieren wollen, denn er ging


davon aus, dass Napoleon sie gestohlen habe“, erzählt


Kemp, der die Gerichtsakten des Prozesses ausgewer-


tet hat. „Napoleon hat eine Menge gestohlen, aber die


,Mona Lisa‘ musste er nicht klauen, denn sie war ja


schon längst da. Die Louvre-Leitung fürchtete voller


Panik, dass die Italiener sie nicht zurückgeben würden.


Natürlich gaben sie sie zurück. Doch zuvor sollte sie für


eine gewisse Zeit in den Uffizien ausgestellt werden.“


Patriotische Wallungen auf beiden Seiten der Alpen,

„Mona Lisas“ Antlitz erneut auf allen Titelseiten – klar,


dass irgendwann kam, was kommen musste: Marcel


Duchamp, Schachspieler, Künstler und Umdeuter aller


Werte, malte der Dame 1919 einen Schnurrbart. Seit-
dem ist sie vor nichts mehr sicher: Als Mann, als Maus,
als Ente, mit herausgestreckter Zunge, auf Taschen,
Bechern, Unterhosen begegnet sie uns. Andy Warhol
verwandelte sie in eine Pop-Art-Berühmtheit. Street-
Art-Künstler Banksy ließ sie ihren nackten Hintern
zeigen. Und nun kommt noch der letzte Schritt hinzu:
die individuelle Verknüpfung zwischen ihr und – uns.
Das Selfie. 2

Vielleicht ist
sie genervt
vom Rummel?
Banksy ließ
die „Mona Lisa“
blankziehen

HEUTE GIBT ES SIE MIT


SCHNURRBART, ALS


ENTE, AUF UNTERHOSEN

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