Frankfurter Allgemeine Zeitung - 25.10.2019

(avery) #1

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Finanzen FREITAG, 25. OKTOBER 2019·NR. 248·SEITE 25


Nokia-Kurs stürzt ab






Der finnische Netzwerkausrüster
Nokia hat seine Aktionäre ver-
schreckt. Der Aktienkurs stürzte um
23 Prozent ab. Zuvor hatte das Unter-
nehmen wegen hoher Investitionen in
die neue 5G-Mobilfunktechnik seine
Prognosen erheblich zurücknehmen
müssen. In diesem und im kommen-
den Jahr soll der Gewinn deutlich ge-
ringer ausfallen,
als der Vorstand
bisher erwartet hat-
te. Auch die Divi-
dendenzahlung
will Nokia zu-
nächst aussetzen.

Gute Zahlen von Daimler






Der Aktienkurs des Autokon-
zerns Daimler ist nach der Veröf-
fentlichung von Quartalszahlen um 3,4
Prozent gestiegen. Der Automobilher-
steller hat im dritten Quartal einen um
8 Prozent höheren
operativen Gewinn
ausgewiesen. Das po-
sitive Ergebnis beru-
higte die Investoren.
Denn im zweiten
Quartal hatte Daim-
ler erstmals nach der Finanzkrise vor
mehr als zehn Jahren noch einen Ver-
lust ausgewiesen. Neben der Kernmar-
ke Mercedes-Benz verbuchte Daimler
im dritten Quartal auch einen höheren
Absatz bei Vans und Bussen.

Schweizer Banken warnen


vor den Folgen der Geldpolitik


für das Land.Seite 27


Im Schweizer Aktienindex SMI


zeigtdie technische Analyse


noch Luft nach oben.Seite 27


Für BVB-Trainer Favre ist


dasRevierderby ein


gefährliches Spiel.Seite 32


Nach der Kritik des Bundesinnen-


ministers hält sich die Szene


der E-Gamer bedeckt.Seite 30


Kurssprung der Kion-Aktie






Um fast 9 Prozent ist der Aktien-
kurs des Gabelstaplerherstellers
Kion nach oben gesprungen. Trotz der
Konjunktursorgen habe Kion bei Auf-
tragseingang, Umsatz und Ergebnis
die Erwartungen überboten, so JP-Mor-
gan-Analyst Akash
Gupta. Die Markt-
prognosen für das Ge-
samtjahr könnten
nun leicht steigen.
„Noch keine Anzei-
chen von Schwäche“
kann Jack O’Brien
von Goldman Sachs
erkennen.

Tops&Flops


Riskante Negativzinsen Noch Luft nach oben


23.10. 24.10.

Dax

F.A.Z.-Index 2354,39 2366,99
Dax 30 12798,19 12872,10
M-Dax 26177,57 26299,38
Tec-Dax 2808,94 2833,82
Euro Stoxx 50 3606,89 3621,37
F.A.Z.-Euro-Index 131,80 132,22
Dow Jones 26833,95 26805,53
Nasdaq Index 8119,79 8185,80
Bund-Future 171,47 171,64
Tagesgeld Frankfurt -0,55 % -0,55 %
Bundesanl.-Rendite 10 J. -0,40 % -0,41 %
F.A.Z.-Renten-Rend. 10 J.-0,12 % -0,11 %
US-Staatsanl.-Rend. 10 J. 1,77 % 1,76 % *
Gold, Spot ($/Unze) 1492,10 1503,23
Rohöl (London $/barrel) 61,12 61,53**
1 Euro in Dollar 1,1123 1,1128
1 Euro in Pfund 0,8641 0,8629
1 Euro in Schw. Franken 1,1004 1,1019
1 Euro in Yen 120,63 120,86
*) Ortszeit 16.00 Uhr, **) Ortszeit 22.00 Uhr

Bundesanl. R. 10 J.

25.7.2019 24.10.2019 25.7.2019 24.10.2019


Ganz schön ramponiert


Die Börse


Virtuelle Kopfschüsse


maf. FRANKFURT, 24. Oktober. Im Bun-
desfinanzministerium hat es einen Kurs-
wechsel bezüglich einer gemeinsamen eu-
ropäischen Sicherung der Einlagen von
Bankkunden gegeben. Das schreibt Chris-
tian Kopf, leitender Rentenfondsmanager
der Union Investment, der Fondsgesell-
schaft der Volks- und Raiffeisenbanken,
in einer internen Einschätzung zu seinen
Eindrücken von der Jahrestagung des In-
ternationalen Währungsfonds (IWF) am
vergangenen Wochenende in Washing-
ton. Er stützt sich dabei auch auf Gesprä-
che mit Vertretern der Bundesregierung.
Letztere hätten von Fortschritten in den
Diskussionen berichtet. Entscheidend
hierfür sei ein Kurswechsel im Bundesfi-
nanzministerium gewesen, schreibt Kopf
in seinen Ausführungen, die der F.A.Z.
vorliegen. Finanzminister Olaf Scholz
scheine bereit zu sein, den deutschen Wi-
derstand gegen das Projekt aufzugeben,
solange die Institutssicherung der Spar-
kassen sowie der Volks- und Raiffeisen-
banken erhalten bleibe.
Mit der Institutssicherung garantieren
Sparkassen und Volksbanken sämtliche
Einlagen bei Instituten ihrer Verbünde.
Sollte ein Haus in Schieflage geraten,
wird es innerhalb der Gruppe aufgefan-
gen, womit eine Abwicklung vermieden
wird und die Einlagen vollumfänglich ge-
schützt bleiben. Allerdings wird die Insti-
tutssicherung auf europäischer Ebene
und von den Bankaufsehern der Europäi-
schen Zentralbank (EZB) skeptisch gese-
hen. Deshalb müssen Sparkassen und
Volksbanken auch Sicherungstöpfe auf-
bauen, mit denen die gesetzlich garan-
tierten Einlagen bis zu 100 000 Euro je
Bank und Kunde unabhängig von der In-
stitutssicherung geschützt werden.
Im Juni hatte die Eurogruppe eine Ar-
beitsgruppe beauftragt, ihre Beratungen
fortzusetzen und im Dezember einen wei-
teren Bericht vorzulegen. Dieser gehört
auch Jörg Kukies, Staatssekretär im Bun-
desfinanzministerium, an. Zuletzt hatte


dann der Euro-Krisenfonds, der Europäi-
sche Stabilitätsmechanismus (ESM), ein
Diskussionspapier vorgelegt, in dem der
Aufbau einer vollständigen europäischen
Einlagensicherung bis zum Jahr 2028 be-
schrieben wird. In seiner Abschiedsrede
vor dem Europäischen Parlament beklag-
te der scheidende Kommissionspräsident
Jean-Claude Juncker in dieser Woche,
dass die Regierungen eine gemeinsame
Einlagensicherung blockierten. Seine Plä-
ne waren am Widerstand der Bundesregie-
rung gescheitert, die bislang für den Auf-
bau eines gemeinsamen Sicherungssys-
tems einen umfassenden Abbau von Risi-
ken in den Bilanzen der Banken, insbeson-
dere der italienischen, voraussetzt.
Das scheint bislang auch weiterhin zu
gelten. Auf eine Kleine Anfrage des FDP-
Bundestagsabgeordneten Florian Toncar
zu den Vorarbeiten für eine europäische

Einlagensicherung erklärte Sarah Ry-
glewski, Parlamentarische Staatssekretä-
rin im Bundesfinanzministerium, dass po-
litische Verhandlungen dazu erst nach ei-
ner substantiellen, weiter gehenden Re-
duktion der bestehenden Risiken und
Fehlanreize beginnen können. Dazu zäh-
len faule Kredite sowie zu hohe Bestände
der Banken an Anleihen ihrer Heimatstaa-
ten. Beide Risiken finden sich sehr ausge-
prägt in den Bilanzen italienischer Ban-
ken, wenngleich die Bundesregierung
Fortschritte im Abbau der ausfallgefähr-
deten Kredite anerkennt. So verringerte
sich nach Zahlen der EU-Bankenaufsicht
die Zahl der Problemkredite in den Bilan-
zen europäischer Banken zwischen Juni
2017 und Juni 2019 von 893 Milliarden
auf 636 Milliarden Euro. Allerdings seien
aus Sicht der Bundesregierung die erfor-
derlichen Voraussetzungen für den Be-

ginn politischer Verhandlungen über eine
europäische Einlagensicherung noch
nicht gegeben, schreibt die Parlamentari-
sche Staatssekretärin Ryglewski in ihren
Antworten.
Doch hinter den Kulissen gibt es offen-
bar Bewegung. Nach den Informationen
von Kopf arbeiten drei Arbeitsgruppen
auf europäischer Ebene an einem Kom-
promiss, wie die Staaten aus der europäi-
schen Peripherie im Gegenzug für eine ge-
meinsame Einlagensicherung einer Be-
grenzung der Bestände einheimischer
Staatsanleihen in den Bilanzen der Ge-
schäftsbanken zustimmen können. Ziel
sei ein Abkommen während der EU-Präsi-
dentschaft Deutschlands im zweiten Halb-
jahr 2020.
Vorher muss die Kommission einen
neuen Vorschlag für eine europäische Ein-
lagensicherung vorlegen. Damit wird in

Bankenkreisen im Frühjahr 2020 gerech-
net. Zuvor wird die Arbeitsgruppe von Ku-
kies ihren Bericht vorlegen. Junckers
Nachfolgerin Ursula von der Leyen hatte
in ihrer Bewerbungsrede vor dem Euro-
päischen Parlament eine gemeinsame Ein-
lagensicherung in Aussicht gestellt.
Fraglich bleibt, ob Länder wie Italien
bereit sind, dafür Nachteile in Kauf zu
nehmen. Nach dem ESM-Diskussionspa-
pier müssten Banken auf Basis ihrer Bi-
lanzrisiken Beiträge zahlen. Je mehr faule
Kredite und je größer die Bestände an
Staatsanleihen ausfallen, desto höher wä-
ren die Beitragszahlungen. Das würde ita-
lienische Banken stärker belasten als zum
Beispiel deutsche Institute. Dies durchzu-
setzen dürfte schwerfallen, zumal diese
Risiken auch nicht in den Zahlungen zu
dem EU-Bankenabwicklungsfonds (SRF)
berücksichtigt werden.

E


s ist politisch verständlich, wenn
sich Deutschland neuen Verhand-
lungen für eine gemeinsame europäi-
sche Einlagensicherung öffnet. Doch
ändert das nichts an den Voraussetzun-
gen, die erfüllt sein müssen, um dieses
Projekt vorbereiten zu können. Hier
gibt es zwar Fortschritte im Abbau fau-
ler Kredite in den Bankbilanzen, doch
muss der Abbau mit Blick auf den ge-
genwärtigen konjunkturellen Ab-
schwung weitergehen und nachhaltig
sein. Politisch noch heikler sind Be-
grenzungen für die Bestände an Anlei-
hen des Heimatstaates in den Bankbi-
lanzen. Im hochverschuldeten Italien
wird keine Regierung in der Haushalts-
finanzierung auf die italienischen Ban-
ken verzichten können, um neue Anlei-
hen abzusetzen. Eine weitere Voraus-
setzung wäre auch die Harmonisie-
rung im Insolvenzrecht, das zwischen
den europäischen Staaten deutlich ab-
weichen kann. Bundesfinanzminister
Olaf Scholz muss sich der Risiken ei-
ner europäischen Einlagensicherung
bewusst sein. Im Falle einer vorschnel-
len Einigung droht eine grenzüber-
schreitende Vergemeinschaftung von
Risiken. Diese kann das Vertrauen
deutscher Sparer in ihre Banken und Si-
cherungssysteme auf Dauer schädigen.

Vertrauensfrage


Von Markus Frühauf


dmoh. FRANKFURT, 24. Oktober. Die Be-
wertungsimplosion des New Yorker Büro-
raumvermieters Wework schlägt in Fi-
nanzkreisen hohe Wellen. Der Rückgang
von 47 Milliarden Dollar, die dem Börsen-
kandidaten im Januar in einer Finanzie-
rungsrunde noch zugebilligt wurden, auf
noch 8 Milliarden Dollar in der aktuellen
Stützungsaktion des Unternehmens
durch Großaktionär Softbank, sucht sei-
nesgleichen.
„Für andere Börsenkandidaten macht
es das schwerer, weil ihre Bewertungen
jetzt noch kritischer hinterfragt werden“,
sagt Markus Jost, Tech-Aktienanalyst von
Independent Research. Schlecht findet er
das nicht. „Die Denkweise von Gründern
und Vorständen von Start-ups ist oft der
Realität entkoppelt, da ist es gut, wenn der
Kapitalmarkt das auf einen vernünftigen
Boden zurückholt.“ Jost hat diese Friktio-
nen schon öfter beobachtet. „Es gibt zwei
Welten: den vorbörslichen Venture-Capi-
tal-Markt und die Börse. Will ein Unter-
nehmen wechseln, müssen die oft euphori-
schen Bewertungen der Venture-Capital-
Investoren korrigiert werden.“

Das sehen auch Fondsmanager so. „Un-
serer Einschätzung nach ist ein positiver
Unternehmenswert von Wework fraglich,
und deshalb ist es ein gutes Zeichen für
den Zustand des Aktienmarktes, wenn sol-
che Unternehmen nicht mit zu hohen Be-
wertungen den Sprung an die Börse schaf-
fen, sondern die Anleger ganz genau hin-
schauen, wem sie ihr Geld anvertrauen“,
sagt Henrik Muhle, Gané-Gründer und ge-
meinsam mit Uwe Rathausky Manager
des 2,5 Milliarden Euro großen Acatis
Gané Value Event Fonds. „Die Märkte
sind daher nicht überhitzt, sondern auch
viele Tech-Aktien noch angemessen be-
wertet.“ Der Fonds ist unter anderem in
Apple-, Amazon-, Microsoft- und Alpha-
bet/Google-Aktien investiert.
Wework hatte ursprünglich im Spät-
sommer an die Börse gehen wollen. Nach
Kritik von potentiellen Investoren an den
Bewertungen war der Börsengang aber zu-
nächst verschoben und dann ganz abge-
sagt worden. Parallel hat an der Frankfur-
ter Börse mit Teamviewer jedoch ein gro-
ßer Tech-Börsengang einigermaßen funk-
tioniert. Mit 23 Euro liegt der aktuelle Ak-

tienkurs jedoch ein gutes Stück unter dem
Ausgabepreis von Ende September mit
26,25 Euro.
„Der Erfolg eines Börsengangs ent-
scheidet sich nicht am ersten Tag“, sagt
Martin Steinbach, Leiter des Kapital-
marktgeschäftes beim Beratungsunter-
nehmen EY. „Frühestens nach einem Jahr
ist ein guter Zeitpunkt, Bilanz zu ziehen.“
Er sieht das Umfeld für Börsengänge
durch Wework nicht eingetrübt. „Jeder
Börsengang wird von Investoren individu-
ell bewertet“, sagt Steinbach. Und hier lie-
ge es an jedem Unternehmen und den für
den Börsengang zuständigen Banken,
den richtigen Zeitpunkt zu einem fairen
Preis dafür zu finden. Im vierten Quartal
rechnet Steinbach noch mit einigen Bör-
sengängen, sagt aber auch: „Das von
Spannungen wie Handelsstreit und Brexit
gekennzeichnete Umfeld macht es nicht
leicht. In solch unsicheren Phasen wer-
den Investoren vorsichtiger und suchen se-
lektiver nach geeigneten Unternehmen.“
Der Bewertungsverfall von Wework
hat gleichwohl nicht zu Turbulenzen bei
anderen Tech-Titeln geführt. Der ameri-

kanische Technologieaktienindex Nas-
daq-100 steht mit gut 7900 Punkten un-
weit seiner Rekordhochs und rund 25 Pro-
zent höher als zum Jahresanfang. Der Ak-
tienkurs des Schwergewichts Apple etwa
ist seit Ende Mai um rund 40 Prozent ge-
stiegen. Neuen Tech-Werten an der Bör-
se erging es indes weniger gut. Die Aktie
des Fahrdienstleisters Uber liegt seit Bör-
senstart im Mai etwa 20 Prozent im Mi-
nus. Und der Kurs des Konkurrenten
Lyft hat sich seit dem Börsendebüt im
März fast halbiert.
Die Anleger werfen also nicht jedem
Unternehmen ihr Geld nach, das „Tech“
und Zukunft auf seine Fahnen schreibt,
wie es in den Jahren 1999 und 2000 teil-
weise der Fall war. Doch prinzipiell ist das
Interesse an diesen Unternehmen hoch.
„Die Investoren fragen sich, welche Bran-
chen in Zukunft wachsen, und da lautet
die Antwort derzeit fast immer Technolo-
gie oder Gesundheit“, sagt Steinbach. Im
IPO-Barometer von EY sind das auch die
stärksten Branchen für Börsenneulinge.
Vor allem in Asien konnten damit hohe
Kursgewinne erzielt werden.

Wework-Debakel macht es für Tech-IPOs nicht einfacher


Bewertungen werden kritischer hinterfragt / Zeichen für das Funktionieren des Kapitalmarkts


ham. FRANKFURT, 24. Oktober. „Sie sit-
zenfalsch.“ Mit diesen Worten an die
Adresse der jeweils drei Vertreter von Klä-
gerin (Helaba) und Beklagtem (Société
Générale) begann der Vorsitzende Rich-
ter am Donnerstagnachmittag die mündli-
che Verhandlung im Oberlandesgericht
Frankfurt in einem Cum-Ex-Verfahren
zwischen zwei Banken. Es sollten in den
folgenden zwei Stunden nicht seine einzi-
gen deutlichen Worte bleiben. Das Urteil
der Vorinstanz sei in weiten Teilen frag-
würdig. Damit ließ der Vorsitzende Rich-
ter wohl eine Neigung erkennen, das zu
Lasten der Société Générale ausgefallene
Urteil des Landgerichts Frankfurt zumin-
dest ein Stück weit zu kippen.
Es geht im Cum-Ex-Komplex um die
auf Dividenden fällige Kapitalertragsteu-
er, die sich inländische Aktienbesitzer an-

rechnen lassen konnten. Davon machten
einige gleich mehrfach und damit mut-
maßlich unrechtmäßig Gebrauch. Offen-
bar ist der Fiskus so um rund 10 Milliar-
den Euro geschädigt worden. Offen ist,
an welchem Glied der langen Kette von
Transaktionen die Gewinne anfielen und
wie sie aufgeteilt wurden. Im September
hat dazu der erste Strafprozess begonnen.
Das Landgericht Frankfurt hatte 2018
die französische BankSociété Générale
(SocGen) verpflichtet, der Landesbank
Hessen-Thüringen (Helaba) 22,8 Millio-
nen Euro Schadenersatz zu leisten. DerHe-
labasoll dieser Schaden entstanden sein,
weil sie nach dem Kauf von 35 Aktienpake-
ten für 3,2 Milliarden Euro im ersten Halb-
jahr 2007 zunächst Kapitalertragsteuer
auf Dividenden anrechnete. Später aber
musste die Helaba nach einer Betriebsprü-

fung diese Steuern nachzahlen. Anschlie-
ßend versuchte die Landesbank, die Depot-
bank des Aktienverkäufers heranzuzie-
hen, weil diese ihrer Meinung nach die
Steuer hätte abführen müssen. Das Land-
gericht folgte dieser Argumentation größ-
tenteils, SocGén ging in Revision. Das
Oberlandesgericht ließ nun teilweise neue
Ansichten erkennen. Der Fall sei insofern
ungewöhnlich, als die Tochtergesellschaft
der SocGén, Fimat, sowohl Aktienverkäu-
fer als auch depotführende Stelle des Ver-
käufers gewesen sei, sagte der Vorsitzende
Richter. Es ist allerdings bei Banken – an-
ders als bei Privatleuten – häufig der Fall,
dass sie ihr eigener Broker sind.
Das Oberlandesgericht (OLG) stimmt
dem Landgericht zwar darin zu, dass es ei-
nen Kaufvertrag zwischen Fimat und He-
laba gegeben habe, was die SocGén be-

streitet. Doch einen Dritten, den Fimat
der Helaba vermittelt hätte, gebe es nicht,
meint der Vorsitzende Richter. Fimat als
Aktien(leer)verkäufer aber habe eben
nicht die Pflicht gehabt, die Steuer abzu-
führen. Nach Ansicht des OLG kann die
Helaba daher nicht erwarten, dass
SocGén den nicht anerkannten Kapitaler-
tragsteueranspruch erstattet. Schließlich
habe es ja zwischen Aktienkäufer und
-verkäufer eine Rückabwicklung der Ak-
tien („Durchgangsgeschäft“) gegeben, um
sich Dividende und Steueranrechnungsan-
spruch zu teilen. „In dieses Gebilde passt
nicht, dass eine Partei den Kuchen, den
man aufteilen will, auch noch beisteuert“,
sagte der Vorsitzende Richter. Die Helaba
hat bis 13. Januar Zeit, schriftlich auf die
Ansichten des OLG zu reagieren. Wie es
anschließend weitergeht, ist offen.

maf. FRANKFURT, 24. Oktober.
Mehr als fünf Millionen Dänen kön-
nen sich glücklich schätzen. Denn sie
sind Kunden des Pensionsfonds ATP,
der am Donnerstag nach den ersten
neun Monaten des laufenden Jahres
eine Rekordrendite vermeldet hat. Der
erwirtschaftete Ertrag von 36,9 Milliar-
den dänischen Kronen (umgerechnet
4,8 Milliarden Euro) entspricht einer
Rendite von 40 Prozent. In diesen Zah-
len sind allerdings Kosten und Steuern
nicht berücksichtigt. Trotzdem hat der
ATP deutlich besser abgeschnitten als
in den vergangenen fünf Jahren. Denn
die im Jahresdurchschnitt erzielte Ren-
dite von 17,6 Prozent fällt nicht einmal
halb so hoch aus wie der in den ersten
drei Quartalen des laufenden Jahres er-
wirtschaftete Ertrag.
ATP-Vorstandschef Bo Foged sprach
von einem ungewöhnlich guten Ergeb-
nis. Dazu trugen die Kursgewinne von
Staats- und Hypothekenanleihen so-
wie dänischen und ausländischen Ak-
tien bei. Jedoch dämpfte Foged die Er-
wartungen für künftige Ergebnisse. In
den kommenden Jahren werde sich
ATP auf geringere Renditen und größe-
re Schwankungen einstellen müssen.
Mit einem verwalteten Vermögen von
120 Milliarden Euro gehört der ATP zu
den vier größten Pensionsfonds in Eu-
ropa. In ihn zahlen Arbeitgeber und
-nehmer ein. Ziel ist es, den dänischen
Arbeitnehmern eine zusätzliche, nicht
durch Inflation entwertete Altersvor-
sorge zu sichern. Das bislang beste Jah-
resergebnis hatte der ATP 2017 mit ei-
ner Rendite von 29,5 Prozent erzielt.
Darüber hinaus hält die Gesell-
schaft weiterhin zur Danske Bank, die
durch einen Geldwäscheskandal ange-
schlagen ist. Seit Anfang 2018 hat der
ATP seinen Anteil an der größten däni-
schen Bank auf 2,1 Prozent verdop-
pelt. Das Anteilspaket ist 1,7 Milliar-
den dänische Kronen wert. ATP glaubt
an das langfristige Potential der
Danske Bank. Die größte Aktienbeteili-
gung von ATP ist mit 3,2 Milliarden
Kronen das dänische Pharmaunterneh-
men Novo Nordisk.


Vertreter der Bundes-


regierung sprechen vor


Banken von Fortschritten.


Ziel ist eine Einigung


während der


EU-Präsidentschaft im


zweiten Halbjahr 2020.


Helaba muss um Schadenersatz von SocGén zittern


OLG Frankfurt hält Cum-Ex-Urteil der Vorinstanz für fragwürdig / Französische Bank als Aktienverkäufer gesehen


Dänemarks ATP


erzielt Rendite


von 40 Prozent


Kurswechsel bei europäischer Einlagensicherung in Sicht


Quellen: EU-Bankenaufsicht Eba; F.A.Z. Foto Getty / F.A.Z.-Grafik Walter

Abdeckung der gesetzlich garantierten Einlagen

Deutschland
Abdeckung 2018: 8,2 von 1815 Milliarden Euro

Abdeckung 2018: 4,1 von 1168 Milliarden Euro

Abdeckung 2018: 1,7 von 699 Milliarden Euro

Frankreich

Italien

2018: 0,45 %

2018: 0,35%

2018: 0,24 %

Ziel 2024: 0,8 %

Ziel 2024: 0,8 %

Ziel 2024: 0,8 %

So schützen Europas Banken die Sparer
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