Frankfurter Allgemeine Zeitung - 19.10.2019

(Nora) #1

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Finanzen SAMSTAG, 19. OKTOBER 2019·NR. 243·SEITE 25


Aktionärs-Kritik an Ceconomy






Nachdem der Aufsichtsrat des
Elektronikhändlers Ceconomy
den neuen Vorstandschef schon nach
sechs Monaten wieder vor die Tür ge-
setzt hat, ist der Aktienkurs am Freitag
um 10 Prozent in die Tiefe gerauscht.
Die Deutsche Schutzvereinigung für
Wertpapierbesitz mahnte, nötig sei
eine neue Konzernstruktur, die dafür
sorge, dass die
Holding Cecono-
my und die wich-
tigste Tochterge-
sellschaft Media-
MarktSaturn an ei-
nem Strang zögen.

Berenberg lobt Post






Die Aktie der Deutschen Post hat
amFreitag über weite Strecken
des Handels die Dax-Spitze erobert.
Mit einem Kursgewinn von gut 1 Pro-
zent auf 31 Euro erreichte sie den
höchsten Kurs seit ei-
nem Monat. Ein
Grund für die gute
Stimmung könnte das
höhere Kursziel von
38 Euro statt bisher
33 Euro sein, das das
Bankhaus Berenberg ausgegeben hat.
Der Analyst der Privatbank sieht nach
Aussagen des Post-Vorstands nun kla-
rer, dass und wie die Post im Jahr 2020
einen Gewinn (Ebit) von 5 Milliarden
Euro erreichen wird.

Ausgerechnet einer Sparkasse


hatein junger Mann gefälschte


Goldbarren verkauft.Seite 26


In Sachen Finanzanlage haben


Frauen Nachholbedarf. Das


muss sich jetzt ändern.Seite 27


Unter Trainer Rose geht bei


Borussia Mönchengladbach


vieles sprunghaft voran.Seite 31


Der EHC Straubing nimmt


esmit den Großmächten


im Eishockey auf.Seite 30


Goldman mag Software AG






Eine Kaufempfehlung von Gold-
manSachs könnte die Trendwen-
de für die Software AG eingeläutet ha-
ben. Die Aktie, die in diesem Jahr bis-
her 28 Prozent verloren hat, setzte sich
am Freitag mit einem Kurssprung von
bis 7 Prozent an die
Spitze im M-Dax. Mit
rund 28 Euro erreich-
te sie das höchste
Kursniveau, seit die
Software AG im Juli
Prognosen zum Teil
gekappt hatte. Gold-
man steckt nun ein
Kursziel von 36 Euro.

Falsche Barren


Tops&Flops


mho. FRANKFURT, 18. Oktober.
Während der Brexit langsam immer nä-
her rückt, machen sich seine Folgen
Stück für Stück bemerkbar. Laut einer
Studie des Marktforschungsunterneh-
mens Consumer Intelligence im Auf-
trag des Zahlungsanbieters Transfer-
wise sind bei den fünf größten Finanz-
instituten in Deutschland die Kosten
für eine Überweisung nach Großbritan-
nien in den vergangenen drei Monaten


um durchschnittlich 17 Prozent gestie-
gen. Kunden der Postbank müssen da-
bei am meisten drauflegen. Im Ver-
gleich zum Juli dieses Jahres kostet der
Geldtransfer auf die britischen Inseln
mit 19,79 Euro heute 25 Prozent mehr
als seinerzeit. Am teuersten ist die
Commerzbank mit 30,71 Euro. Aller-
dings war sie das schon länger, denn im
Juli verlangte das Institut schon 29,90
Euro. Trotz hoher Preissteigerung
bleibt die Postbank mit weniger als 20
Euro noch am günstigsten. Auffallend
sei, so Transferwise, dass die Grundge-
bühren unverändert blieben. Vielmehr
stiegen die Kosten durch ungünstigere
Wechselkurse aufgrund höherer Auf-
schläge. Die Sparkasse, die im Juli noch
85 Cent ansetzte, verlangt nun 5,29
Euro. Auch bei Postbank und Deut-
scher Bank stieg der Aufschlag um ein
Mehrfaches. Während bei den deut-
schen Banken vor allem die Kosten für
Großbritannien stiegen, erhöhte Wes-
tern Union die Preise für eine größere
Zahl von Ländern. Durchschnittlich
kosten diese 37 Prozent mehr als noch
im Juli. Kristo Käärmann, Mitgründer
und Geschäftsführer von Transferwise,
meint, dass Banken und Finanzdienst-
leister wollen, dass ihre Preiserhöhun-
gen unentdeckt bleiben. „Während die
offizielle Gebühr unverändert bleibt,
schrauben sie heimlich am Wechsel-
kurs und schlagen beträchtliche Mehr-
kosten auf.“


Frauen und Finanzen


17.10. 18.10.

Dax

F.A.Z.-Index 2328,81 2322,92
Dax 30 12654,95 12633,60
M-Dax 26103,87 25999,86
Tec-Dax 2801,15 2778,43
Euro Stoxx 50 3588,62 3579,41
F.A.Z.-Euro-Index 131,20 130,76
Dow Jones 27025,88 26770,20
Nasdaq Index 8156,85 8089,54
Bund-Future 171,75 171,27
Tagesgeld Frankfurt -0,55 % -0,55 %
Bundesanl.-Rendite 10 J. -0,40 % -0,39 %
F.A.Z.-Renten-Rend. 10 J.-0,09 % -0,11 %
US-Staatsanl.-Rend. 10 J. 1,75 % 1,75 % *
Gold, Spot ($/Unze) 1491,89 1490,57
Rohöl (London $/barrel) 59,85 59,25**
1 Euro in Dollar 1,1113 1,1144
1 Euro in Pfund 0,8684 0,8644
1 Euro in Schw. Franken 1,0991 1,0996
1 Euro in Yen 120,81 120,97
*) Ortszeit 16.00 Uhr, **) Ortszeit 22.00 Uhr

Bundesanl. R. 10 J.

19.7.2019 18.10.2019 19.7.2019 18.10.2019


Völlig unaufgeregt


Die Börse


D


ieMonate September und Oktober
sind an der Börse berüchtigt, fanden
doch in der Vergangenheit zu dieser Jah-
reszeit oft die größten Kursstürze statt.
Auch in diesem Jahr wirkte vieles wie an-
gerichtet für einen unruhigen Börsen-
herbst: Der Brexit und die amerikanisch-
chinesischen Handelskonflikte schienen
kaum lösbar, die Konjunkturdaten wer-
den immer schwächer, Unternehmensge-
winnprognosen müssen gekürzt werden,
gerade amerikanische Aktien und damit
die Weltleitbörse in New York gelten als
besonders hoch bewertet. Doch scheinbar
allein Fortschritte bei den beiden politi-
schen Belastungsfaktoren Brexit und Han-
delskonflikte sorgten dafür, dass der Dax
jetzt zu einem unerwarteten Höhenflug
angesetzt hat. Von weniger als 12 000
Punkten in der vergangenen Woche klet-
terte der deutsche Aktienindex in dieser
Woche in der Spitze bis auf 12 814 Punk-
te. Das ist der höchste Stand seit Sommer
2018 und 20 Prozent mehr als zu Beginn
dieses Jahres.
Zu den Konjunkturdaten passt der Ak-
tienaufschwung auf den ersten Blick
nicht: Der Internationale Währungsfonds
ist gerade noch pessimistischer geworden
und traut der deutschen Wirtschaft in die-

sem Jahr nur noch 0,5 Prozent Wachstum
zu und im kommenden Jahr 1,2 statt bis-
her 1,7 Prozent. Chinas Wirtschaft wuchs
im dritten Quartal 2019 um 6 Prozent und
damit so langsam wie seit 27 Jahren
nicht. Die Reihe der Unternehmen, die
auch wegen des wichtigen chinesischen
Absatzmarktes ihre Umsatz- oder Ge-

winnprognosen kürzen müssen, reißt
nicht ab. Während eine solche Warnung
von Hugo Boss aus der Vorwoche in die-
ser Woche noch auf den Kurs negativ
wirkte, kamen etwa der Autozulieferer
Norma und der Stahlhändler Klöco mit
neuen Warnungen hinzu. Zudem flamm-
te der Streit zwischen der Zeitung „Finan-

cial Times“ und Wirecard wieder auf. Sie
wirft dem Zahlungsdienstleister Bilanz-
tricks vor, Wirecard dementiert, doch die
Anleger sind nervös. Wirecards Börsen-
wert sank in dieser Woche um satte 4 Mil-
liarden Euro. Dass der Dax sich gegen die-
se Widrigkeiten nicht nur stemmt, son-
dern sogar emporschwingt, ist bemerkens-
wert. Aber es ist eben nicht der Dax al-
lein: In Amerika steht der Technologieak-
tienindex Nasdaq 100 kurz davor, mit
mehr als 8000 Punkten einen neuen Re-
kord aufzustellen. Dazu fehlt dem Dax
noch ein Stück, genauer: Ein Anstieg um
rund 7 Prozent wäre nötig, um die Rekord-
marken aus dem Januar 2018 bei rund
13 600 Punkten zu übertreffen. Vielen An-
legern, darunter Warren Buffett, ist schon
der bisherige Kursanstieg nicht geheuer.
Umfragen zeigen, dass Großinvestoren ge-
rade so viel Liquidität halten wie selten.
Tatsächlich scheinen Aktienmarkt und
Konjunktur entkoppelt. Aber womöglich
ist die Erklärung für den Aufschwung am
Aktienmarkt recht simpel: Der Brexit als
Belastung ist abgehakt. Und die Konjunk-
tur wird irgendwann drehen. Die Aktien-
kurse nehmen das jetzt schon vorweg.
Der Aufschwung des Dax muss noch
nicht zu Ende sein. HANNO MUSSLER

Die Nervensägen


kann. FRANKFURT, 18. Oktober. Wenn
sie Geld an der Börse anlegen wollen,
greifen immer mehr Anleger zu börsenge-
handelten Indexfonds, die schlicht die
Wertentwicklung eines bestimmten Ak-
tienindexes wie dem Dow Jones der Stan-
dardwerte nachbilden. In den Vereinigten
Staaten haben solche passiven Fonds, die
vor allem unter dem Kürzel ETF bekannt
sind, im August erstmals mehr Geld ver-
waltet als aktive Fondsmanager, die je
nach Marktlage bestimmte Wertpapiere
für ihre Fonds ver- oder zukaufen.
Dieser Zäsur, die das Analysehaus Mor-
ningstar im September recht nüchtern in
seinen Standardveröffentlichungen ab-
handelte, ist eine beispiellose Erfolgsge-
schichte vorangegangen: Demnach haben
Anleger in den vergangenen zehn Jahren
insgesamt 1,3 Billionen Dollar aus den ak-
tiv gemanagten Amerika-Aktienfonds ab-
gezogen und auf der anderen Seite 1,4 Bil-
lionen Dollar in passive Indexfonds inves-
tiert. Stand August lag die Marktauftei-
lung bei 50,15 Prozent in passiven Fonds
und 49,85 Prozent in aktiven.
In Europa und Deutschland führen die
aktiven Fondsmanager zwar noch immer
deutlich, doch auch hier ziehen viele Anle-
ger inzwischen die passive Geldanlage vor,
zumal beim ETF deutlich geringere Gebüh-
ren anfallen, und viele Untersuchungen
schon gezeigt haben, dass aktive Fondsma-
nager im Schnitt mit ihren Eingriffen län-
gerfristig keinen Mehrwert schaffen.
Das hat natürlich Auswirkungen auf
die Börsen: So halten passive Indexfonds
inzwischen rund 20 Prozent des Streube-
sitzes europäischer Standardwerte, wie
Dorothee Blessing, die Deutschland-Che-
fin der amerikanischen Großbank JP Mor-
gan, kürzlich in der Frankfurter Allgemei-
nen Sonntagszeitung berichtete. Der
Kauf einzelner Aktien nehme dagegen im-
mer weiter ab.
Was reizt die Anleger so an diesen pas-
siven Indexfonds und wie verhalten sie


sich in den aktuell sehr bewegten Börsen-
zeiten? Die Auswahl an ETF-Produkten
ist riesig. Zu den großen Aktienindizes
wie den amerikanischen S&P 500, die Eu-
rozonen-Auswahl Euro Stoxx 50 oder den
deutschen Leitindex Dax haben so gut
wie alle Anbieter etwas im Programm –
im ETF liegen dann schlicht Aktien der je-
weiligen Einzelwerte des Indexes. Durch
die Gewichtung verschiedener Faktoren
versuchen die Fondsgesellschaften dar-
über hinaus Anlagestrategien aktiver
Fondsmanager zu imitieren, so dass sich
jeder Anleger mit seinem jeweiligen Risi-
ko- oder Sicherheitsbedürfnis wohl fühlt.
Angesichts der Volumina, die in passi-
ven Indexfonds inzwischen gehandelt wer-
den, bietet ein Blick in die aktuellen
Trends auf dem ETF-Markt ein gutes Bild
von dem Befinden der Anleger. Welche
Fonds sind gerade besonders gefragt, wel-
che eher nicht? Als gutes Produkt für
ängstliche Anleger bewerben die großen

ETF-Gesellschaften solche Indexfonds,
die versuchen, allzu hohe Kursschwan-
kungen zu vermeiden. Werte, die in der
Vergangenheit zu hektischen Ausschlä-
gen geneigt haben, werden in solchen Spe-
zial-Indizes aussortiert. Die ETF, die
meist so etwas wie Minimum Volatility
im Beinamen tragen, vereinen dann zum
Beispiel nur diejenigen Aktien aus dem
S&P 500, die keine größeren Schwankun-
gen aufweisen und sollen eine geradelini-
gere und verlässlichere Kursentwicklung
als der herkömmliche betrachtete Aktien-
index bieten.
Laut dem größten ETF-Anbieter der
Welt, iShares von Blackrock, waren solche
Minimum-Volatility-Produkte im bisheri-
gen Jahresverlauf der Renner. Allein in Eu-
ropa sind demnach im bisherigen Jahres-
verlauf 3,5 Milliarden Dollar in diese Fak-
tor-ETF geflossen. Ebenfalls sehr gefragt
waren sogenannte Quality-ETF, in denen
nur die Einzelwerte mit den höchstwerti-

gen Bilanzen aus den einzelnen Indizes
ausgewählt werden. Die heißesten Wachs-
tumswerte fallen in solchen ETF oft her-
aus. Doch in Zeiten wie diesen, in denen
die Schwankungen an der Börse außerge-
wöhnlich hoch sind, scheinen viele Anle-
ger Sicherheit vor Rendite zu stellen.
Und welche Regionen sind besonders
gefragt? Auch das lässt sich aus den Mo-
natsberichten der ETF-Anbieter ablesen.
Vor allem amerikanische Aktien stehen
hoch im Kurs. Laut der französischen
Fondsgesellschaft Amundi legten ETF-
Anleger aus der ganzen Welt im Septem-
ber 32,4 Milliarden Euro neu in amerika-
nische Aktien an.
Für die europäischen Anleger vermel-
det iShares hier sogar einen Rekord: Mit
5,3 Milliarden Dollar sei der höchste je-
mals aufgezeichnete monatliche Mittelzu-
fluss in amerikanische Aktien erreicht
worden. Im ganzen Jahresverlauf bis Sep-
tember seien es 4,5 Milliarden Dollar ge-

wesen. Auch das Interesse der Anleger an
europäischen Aktien hat wieder zugenom-
men. Nachdem Anleger sich über Monate
aus europäischen Werten zurückgezogen
hatten, verbuchte dieses Marktsegment
laut iShares im September mit einem Plus
von 3,7 Milliarden Dollar die größten Zu-
flüsse seit Februar 2018. Seit Jahresbe-
ginn liegen europäische Aktien aber noch
mit 8,3 Milliarden Euro im Minus. Klarer
Verlierer sind die Schwellenländer, aus de-
nen die europäischen Anleger im August
3,7 und im September noch einmal 1,0
Milliarden Dollar abgezogen haben.
Die Zahlen zeigen, wie vielseitig die
ETF-Anleger auf die turbulenten Zeiten
reagieren. Besteht trotzdem die viel ge-
nannte Gefahr, dass bei einem plötzli-
chen Kursverfall die passiven Anleger
eine Krise verschärfen? Die Bundesbank
hat im Herbst 2018 einen ausführlichen
Bericht zu ETF verfasst und sich dabei
auch mit deren Risiken befasst. Ein Au-
genmerk fiel dabei auf die Besonderhei-
ten von ETF im Falle eines plötzlichen
Kurssturzes an der Börse. Dafür haben
die Autoren drei sogenannte Flash Crashs
aus den vergangenen Jahren untersucht.
Quintessenz: In allen drei Fällen hatten
sich die Märkte nach einem plötzlichen
Kursverfall schon nach wenigen Stunden
wieder recht gut erholt. Da die Börsen-
händler mit den vielen Verkaufsorders
der ETF-Investoren nicht nachkamen, ha-
ben viele von ihnen aber zumindest beim
ersten betrachteten Fall aus dem Jahr
2010 deutlich höhere Verluste eingefah-
ren als nötig – sprich: Sie erhielten weni-
ger Geld, als die ihrem Index unterliegen-
den Wertpapiere zum Verkaufszeitpunkt
eigentlich wert waren.
In der Folge eingeführte neue Marktre-
geln konnten diese Gefahr bei Fall zwei
und drei aber eindämmen. Bei einem
Flash Crash im amerikanischen Index
S&P 500 im August 2015 wirkten dem-
nach ganze 1058 kurze Handelsunterbre-
chungen im Tagesverlauf für Stabilisie-
rung. Alles in allem stellte die Bundes-
bank fest, dass die passiven Indexfonds of-
fenbar zwar „wesentlich beteiligt, jedoch
nicht Auslöser der jeweiligen Entwicklun-
gen gewesen“ seien.
Die Autoren warnten allerdings auch
vor einer „Liquiditätsillusion“: Für viele
ETF, die in normalen Zeiten so liquide
sind, dass Anleger ihre Anteile quasi je-
derzeit wieder verkaufen können, könnte
das in Marktstressphasen eben nicht der
Fall sein. Als Beispiele nannten die Auto-
ren etwa ETF auf Schwellenländermärkte
oder auch Unternehmensanleihen.

BÖRSENWOCHE


F


ürden einzelnen Anleger bieten
ETF viele Vorteile: Sie sind güns-
tig, sie sind einfach zu verstehen, und
sie bieten durch die Anlage in viele ver-
schiedene Einzelwerte einen simplen
Weg, Risiken zu streuen. Doch so kom-
fortable die passiven Indexfonds für
den Einzelnen auch sind. Für die Funk-
tionsfähigkeit der Aktienmärkte birgt
der rasante Aufstieg dieser Anlagevehi-
kel auch Risiken. Das oberste Ziel funk-
tionierender Märkte ist es, über das Zu-
sammenbringen von Angebot und
Nachfrage einen Preis zu finden: Im
Falle der Aktienmärkte dient der Kurs
des jeweiligen Unternehmens als Indi-
kator dafür, wo die Investoren die bes-
ten Zukunftsaussichten sehen. Wenn
bei der Anlageentscheidung aber gar
nicht mehr das einzelne Unternehmen
im Fokus steht, sondern die Anleger
ihr Geld schlicht in gesamte Märkte in-
vestieren, fällt diese wichtige Funktion
weg. Noch kann man sich nicht bekla-
gen. Mit einem Kursplus von 55 Pro-
zent für Adidas und einem Minus von
20 Prozent für die Lufthansa im bishe-
rigen Jahresverlauf entwickeln sich die
Dax-Werte mitnichten im Gleich-
schritt. Doch bei dem raschen Vor-
marsch der ETF sollten solche Risiken
genau im Blick gehalten werden.

BREXIT
Was bisher geschah – und
was noch auf uns zukommt.

Aktie 11.10. 18.10. in %
Dürr 24,31 25,70 5,72
Delivery Hero 40,36 42,55 5,43
Porsche Vz. 62,16 65,36 5,15
Compugroup Medical 53,85 56,60 5,11
Lufthansa vNA 14,77 15,51 5,05
TUI NA 11,56 12,13 4,89
Volkswagen Vz. 161,50 169,34 4,85
GEA Group 25,44 26,66 4,80
SMA Solar Techn. 24,62 25,80 4,79

Risiko ETF


Von Tim Kanning


fne. FRANKFURT, 18. Oktober. Seit et-
was mehr als einem Monat fluchen viele
Bankkunden über das neue Online-Ban-
king. Zu umständlich, und man müsse zu
oft alles mit Transaktionsnummern (Tan)
bestätigen, so das landläufige Urteil. Was
beim Online-Banking gilt, sollte eigent-
lich auch schon längst beim Online-Han-
del gelten. Doch wegen Problemen bei der
Umstellung ist das noch nicht der Fall. Die
EU-Bankenaufsicht Eba hatte daraufhin
Einsicht und bot eine Fristverlängerung
an. Diese Frist wurde nun festgelegt: Ganz
konkret muss jeder Online-Shop bis zum


  1. Dezember 2020 die Zwei-Faktor-Au-
    thentifizierung eingeführt haben. Worum
    genau geht es da?
    Die Zahlungsdiensterichtlinie PSD2
    hatte sich unter anderem auf die Fahnen
    geschrieben, das Bezahlen für die Kun-
    den sicherer zu machen und für die An-
    bieter einfacher. Konkret heißt das, dass


dann deutlich häufiger zwei Faktoren
beim Bezahlen eingegeben werden müs-
sen. Diese zwei Faktoren speisen sich aus
drei Bereichen: Wissen (etwa ein Pass-
wort), Besitz (zum Beispiel der Kreditkar-
te) und Inhärenz, also zum Beispiel ein
biometrisches Merkmal wie der Fingerab-
druck. Der Nachteil von dem Gewinn an
Sicherheit: Beim Bezahlen im Internet
müssen deutlich häufiger die Pin oder an-
dere Passwörter eingegeben werden. Ob
es dieses Mehr an Sicherheit überhaupt
braucht, ist unter Fachleuten äußerst um-
stritten: Viele argumentieren, dass die
gängigen Verfahren schon heute sehr si-
cher seien und SCA nur Kundengänge-
lung bedeuten würde.
Allgemein läuft die Umstellung auf
PSD2 nicht ganz rund. Schon im August
mahnte die deutsche Finanzaufsicht Bafin
an, dass viele Banken die Anforderungen
an die nun benötigten Schnittstellen nicht

erfüllen würden. Nach Zustimmung des
Kunden können über solche Schnittstellen
Fintechs auf bestimmte Daten zugreifen
und den Kunden eventuell bessere Ange-
bote machen, als es die Banken könnten.
Für die Fintechs war das ein Sieg, die Deut-
sche Kreditwirtschaft zeigte sich „er-
staunt“. Grund dafür ist, dass viele Ban-
ken die Gelegenheit nutzen wollten,
durch die neuen PSD2-konformen Schnitt-
stellen den Zugriff von Drittanbietern wie-
der zu beschneiden – offiziell mit dem Ar-
gument der größeren Sicherheit.
Hier hat die Bafin nun vermittelt. Zu
einem Gespräch der verschiedenen Par-
teien wurde nun eine gemeinsame Erklä-
rung abgegeben, in der man eine bessere
Kooperation auf allen Seiten zusicherte.
Die Fintechs sicherten zu, die Schnittstel-
len weiterhin intensiv zu testen und Kon-
tozugriffe schnell umzustellen. Außer-
dem werden sie für die Finanzbranche

feste Ansprechpartner benennen, die bei
Schwierigkeiten angesprochen werden
können. Die Banken dagegen bekennen
sich dazu, „eine sichere und komfortable
Nutzung von bestehenden Zahlungsauslö-
se- und Kontoinformationsdiensten“ zu
ermöglichen. Dabei seien insbesondere
die bisherigen Nutzungsmöglichkeiten
der gemeinsamen Kundinnen und Kun-
den zu berücksichtigen.
Die Bafin selbst begrüßt die Zusam-
menarbeit und hofft auf eine zügige Um-
setzung. Raimund Röseler, zuständiger
Exekutivdirektor Bankenaufsicht, sagte
dazu:„Wir werden den Prozess der Umset-
zung weiter intensiv begleiten und den
Markt hier nicht alleine lassen.“ Beide Sei-
ten sollten weiter konstruktiv miteinan-
der reden, damit mehr möglich gemacht
wird, als spezifiziert ist. „Hier kann
Deutschland ruhig die Vorreiterrolle in
Europa spielen“, so Röseler.

Gewinner
Kurse1)am Veränd.
Aktie 11.10. 18.10. in %
Wirecard 142,05 111,65 -21,40
Ceconomy St. 5,13 4,34 -15,43
Hugo Boss NA 38,75 36,35 -6,19
Rheinmetall 110,95 105,05 -5,32
Infineon NA 16,88 16,29 -3,47
Ströer & Co. 71,95 69,50 -3,41
Evotec 20,05 19,47 -2,92
Talanx NA 42,38 41,46 -2,17
K+S NA 12,83 12,56 -2,07

Online-Handel muss bis 2020 neue Bezahlregeln einführen


DieRichtlinie PSD2 schreibt mehr Sicherheit vor / Nicht alle Händler haben schon umgestellt


Der Dax nimmt Fahrt auf


Verlierer
Kurse1)am Veränd.

Aktive Fondsmanager


verlieren an der Börse


immer mehr an


Bedeutung. Werden all


die Anleger in passiven


Indexfonds zur


gefährlichen Herde?


ETF-Anleger werden zur Großmacht an den Märkten


Überweisungen


in Pfund wegen


Brexit teurer


1) Nicht bereinigte Originalkurse ohne Kurszusätze; erfasst werden die im F.A.Z.-Index enthaltenen Titel. Aktien mit Kursen von weniger als
1 Euro sind nicht berücksichtigt. Quelle: F.A.Z.

Das Gesetz der großen Zahlen:Kurstafel an der Frankfurter Börse Foto Marc-Steffen Unger

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