Frankfurter Allgemeine Zeitung - 22.10.2019

(Axel Boer) #1

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Medien DIENSTAG, 22. OKTOBER 2019·NR. 245·SEITE 13


GENF, 21. Oktober
Frankreichs Fußballfans sind frustriert.
Drei, vom kommenden Jahr an vier
Rechteinhaber verkaufen ihnen die Spie-
le der französischen und europäischen
Meisterschaften sowie der Champions
League. Das kommt sie teuer zu stehen
und ist kompliziert: Der führende Tele-
komanbieter Orange etwa weigert sich,
die Programme des Rivalen „sfr“ aufzu-
schalten. Nur die Länderspiele werden
im frei empfangbaren Privatfernsehen
übertragen. Wenn Paris Saint-Germain
gegen die europäischen Spitzenmann-
schaften antritt, sind in Frankreich
manchmal weniger als eine Million Zu-
schauer vor dem Bildschirm dabei. In
den öffentlich-rechtlichen Anstalten
kommt Spitzenfußball nicht mehr vor:
Ihnen war gerade noch der Liga-Cup ver-
blieben, der eingestellt wird.
Diesen Notstand will der von Napole-
on begründete Conseil d’Etat beheben.
Seine Aufgabe ist es, die Regierung zu
beraten, die ihn ihrerseits bei neuen Ge-
setzen konsultieren muss. Macron und
sein Kulturminister Franck Riester sind
dabei, die öffentlich-rechtlichen Sender
zu reformieren. Der Präsident hatte sie
nach Amtsantritt als „Schande der Repu-
blik“ bezeichnet, Riester sprach sich für
ein komplettes Werbeverbot aus – seit
Sarkozy dürfen sie nach zwanzig Uhr kei-
ne Spots mehr senden. Sparen müssen
sie jetzt schon. Sie haben zwar die Rech-
te für die Olympischen Spiele 2024 in Pa-
ris erworben, sind aber kaum in der
Lage, sie zu finanzieren. Verblieben sind
ihnen die Tour de France und das Tennis-
tournier Roland-Garros – für das sich
Amazon interessiert.
In diesem Kontext muss man die eher
überraschende Initiative des Conseil
d’Etat verstehen. In einem Bericht „für
eine ehrgeizige staatliche Sportpolitik“
macht er 21 Vorschläge. Zum Beispiel er-
wägt er die Aufhebung des Werbever-
bots nach zwanzig Uhr rund um Sport-
übertragungen. Budgetminister Gérard
Darmanin möchte das Werbeverbot
ganz aufheben, auch wenn er deshalb
mit dem Kollegen von der Kultur in Kon-
flikt kommt: Zu Riesters Entsetzen hat
Darmanin die Abschaffung der Gebüh-
ren versprochen, in einem ersten Schritt
senkt er sie um einen Euro – pro Jahr.
Werbung für Sport soll es dem staat-
lichen Sender „France 2“ ermöglichen,
die Rechte für die Nationalmannschaft
zu bekommen. Die Übertragungen auf
Europas größtem Privatsender „tf1“
sind nicht sehr bekömmlich, weil es zu
viel Werbung gibt. So wird der Sport
zur Speerspitze der Reform von France
Télévision, mit der die Regierung die
Quadratur des Kreises anstrebt: den
Staat entlasten, den Wählern die Ge-
bühren erlassen und ihnen gleichzeitig
attraktivere Programme mit Spitzen-
fußball offerieren – auf Kosten der pri-
vaten Sender. JÜRG ALTWEGG

SINGAPUR, 21. Oktober
Wer sich am Montag in den australi-
schen Zeitungen einen schnellen Über-
blick über den Stand der Brexit-Verhand-
lungen verschaffen wollte, der fand auf
der ersten Seite erst einmal bloß schwar-
ze Balken vor. Die Titelseiten der größ-
ten Tageszeitungen erschienen mit ge-
schwärzten Schlagzeilen, Artikeln und
Bildern. Oder sie erinnerten an die typi-
sche Optik offizieller Dokumente, de-
ren Inhalt von den Behörden im Namen
der nationalen Sicherheit manchmal bis
zur Unleserlichkeit geschwärzt wird. Mit
diesen Titelseiten protestieren die größ-
ten australischen Medienhäuser über
Konkurrenzgrenzen hinweg gegen das,
was sie als zunehmende Einschränkun-
gen der Pressefreiheit in dem demokrati-
schen Land ausmachen.
Insgesamt sind neunzehn Zeitungen,
Fernseh- und Radiosender und andere
Medienhäuser an der Aktion beteiligt.
Sie haben eine Initiative gegründet, die
sich „Your Right to Know“ nennt („Ihr
Recht, zu wissen“), ein Motto, das sich
am Montag auch auf den geschwärzten
Titelseiten von Zeitungen wie „The
Australian“, „The Daily Telegraph“ und
„The Sydney Morning Herald“ fand.
Die Hauptkritik der Initiative richtet
sich gegen diverse Gesetzesverschärfun-
gen der vergangenen Jahre, die ihrer
Meinung nach Journalisten und ihre In-
formanten der Gefahr einer Strafverfol-
gung aussetzen. Den Angaben zufolge
sind in den vergangenen zwei Jahrzehn-
ten mehr als sechzig Gesetze erlassen
worden, die Journalismus und Whistle-
blowing kriminalisierten.
Viele der Änderungen waren im
Zuge verschärfter Anti-Terror-Gesetze
seit den Anschlägen auf das World Tra-
de Center in New York im Jahr 2001 in
Kraft getreten. Der Trend hat sich nach
Ansicht vieler Medienschaffender unter
den konservativen Regierungen der letz-
ten Jahre noch verschärft. Der Tropfen,
der das Fass zum Überlaufen brachte,
seien die Razzien bei dem öffentlich-
rechtlichen Sender ABC sowie im Büro
einer Zeitungsjournalistin im Juni gewe-
sen, berichtet die Initiative. „Australien
läuft Gefahr, die verschlossenste Demo-
kratie der Welt zu werden“, warnte
ABC-Chef David Anderson. Sein Sen-
der und die anderen beteiligten Medien-
häuser wollen in Ergänzung zur Aktion
der Tageszeitungen nun auch Spots zu
dem Thema in ihren Programmen lau-
fen lassen.
„The Sydney Morning Herald“ kon-
statierte am Montag, in Australien
habe sich eine „Kultur der Geheimnis-
tuerei“ entwickelt. Die Initiative stellt
mehrere Forderungen an die Regierung
von Premierminister Scott Morrison.
Dazu gehören die Möglichkeit, gegen
geplante Durchsuchungen juristisch
vorzugehen, Maßnahmen zum Schutz
von Informanten, ein neues Verfahren
zur Offenlegung geheimer Dokumente
sowie eine Überarbeitung der Gesetze
zur Informationsfreiheit und der natio-
nalen Sicherheit. Außerdem fordert sie
eine Änderung der strengen australi-
schen Anti-Diffamierungs-Gesetzge-
bung. „Wenn sich alle Medienunterneh-
men zusammentun, um diesen Punkt
herauszustellen, bedeutet dies, dass ge-
handelt werden muss“, sagte der Vor-
standschef von News Corp. Australia,
Michael Miller. TILL FÄHNDERS


PHOENIX, 21. Oktober


E


ine „monumentale Schlacht“ pro-
phezeite die „L. A. Times“ kürz-
lich: Apple, Disney und AT&T
drängen auf den Streamingmarkt.
Bisher machten Netflix, Amazon Prime,
Hulu und HBO Go in den Vereinigten Staa-
ten die Dinge weitgehend unter sich aus.
Aber Disneys Filmbibliothek und Attrakti-
vität als Familienmarke als auch Apples
Plan, selbsproduzierte Angebote an seine
Produkte zu koppeln, schlagen Wellen.
Das Augenmerk liegt auf dem Wettbe-
werb zwischen Disney und Netflix. Netflix-
Programmchef Ted Sarandos hat sich sorg-
sam in Stellung gebracht: Für jeweils meh-
rere hundert Millionen Dollar band er die
Produzenten Shonda Rhymes („Grey’s
Anatomy“, „Scandal“), Ryan Murphy
(„Glee“, „American Horror Story“, „Ame-
rican Crime Story“) sowie die „Game of
Thrones“-Macher David Benioff und D. B.
Weiss an Netflix. 2017 und 2018 steckte

der Konzern mehr als zwanzig Milliarden
Dollar in den Ausbau seiner Programm-Bi-
bliothek, in diesem Jahr investiert man wei-
tere fünfzehn Milliarden, davon etwa zwei-
einhalb Milliarden in Eigenproduktionen.
Denn wenn Disney am 12. November
mit Disney+ auf dem Markt aufschlägt,
steht dort eine Filmothek zur Verfügung,
die unter anderen die Oscar-gekrönten Ani-
mationsfilme aus den Pixar-Studios, die
„Star Wars“-Filme der 2012 von Disney für
vier Milliarden erworbenen Lucasfilm und
die Marvel-Blockbuster umfasst, welche
aus dem 4,24-Milliarden-Deal mit dem Co-
micbuchverlag von 2009 hervorgingen.
Netflix, mit 163 Millionen Abonnenten
weltweit größter Streaminganbieter, ist un-
ter Druck. Der Konzern machte im dritten
Quartal dieses Jahres einen Umsatz von
5,24 Milliarden Dollar, hat sich aber auch
mit mehr als zwanzig Milliarden Dollar ver-
schuldet. Und Ende des Jahres verliert Net-
flix die Streamingrechte an Disney-Produk-
tionen seit 2016.
Aber auch Disney ist in Nöten, die Rech-
te an einigen seiner wichtigsten Titel
zurückzukaufen – darunter die „Spider-
Man“-Filme, die in Händen von Sony sind,
und die ersten sechs „Star Wars“-Filme, de-
ren Rechte Turner Broadcasting 2016 bis
zum Jahr 2024 erwarb. Disney hofft, in den
kommenden fünf Jahren sechzig bis neun-
zig Millionen Abonnenten mit seinem Ser-
vice binden zu können, der mit 6,99 Dollar
pro Monat bloß halb so teuer ist wie die
12,99 Dollar, die Netflix seit Januar in Ame-
rika für sein Grundabo aufruft.
Schaut man auf Disneys Aspirationen
und den Bestand von Netflix, steht schon
jetzt, noch vor dem Showdown, fest, dass
es eng wird auf dem Streamingmarkt. Mit
Apple TV+, AT&Ts HBO Max und Com-

casts Peacock stehen nämlich noch drei
weitere neue Dienste in den Startlöchern.
Apple TV+ startet am 1. November aus-
schließlich mit Originalinhalten, darunter
die zehnteilige Serie „The Morning Show“
mit Jennifer Aniston und Reese Wither-
spoon, die für ihre Mitwirkung mit je einer
Million Dollar pro Episode entlohnt wer-
den. Hinzu kommt die Sci-Fi-Serie „See“
mit Jason Momoa, die von einer erblinde-
ten Menschheit handelt. Dafür gibt Apple
angeblich fünfzehn Millionen Dollar pro
Episode aus. In „For all Mankind“ ist Prä-
misse, dass die Russen es als Erste auf den
Mond geschafft haben. Apple hat auf dem
amerikanischen Handymarkt einen Markt-
anteil von 41 Prozent und plant, seine In-
halte an seine Produkte zu koppeln – der
Abopreis für Apple TV+ von 4,99 Dollar
im Monat soll für Käufer neuer Geräte ein
Jahr inklusive sein.
AT&T und Comcast könnten auf ähnli-
che Weise von ihrer Infrastruktur profitie-
ren. AT&T ist der größte Mobilanbieter in
Amerika, Comcast der größte Kabelnetzbe-
treiber und nach AT&T der zweitgrößte In-
ternetanbieter. Aber auch hier dreht sich
erst einmal alles um die Inhalte. HBO Max
will vom kommenden Frühjahr an neben
HBO-Programmen – darunter „Game of
Thrones“ und womöglich die Ablegerserie
von George R. R. Martin – auch Titel aus
der Warner Bros.-Filmothek streamen, au-
ßerdem neue Folgen der „Sesamstraße“
und sämtliche Folgen von „Friends“, deren
Rechte von 2020 bis 2025 man sich für 425
Millionen Dollar gesichert hat. Warner Me-
dia hat zudem J. J. Abrams unter Vertrag.
Was das Ganze kosten soll, war bisher
nicht zu erfahren, aber Beobachter schät-
zen, dass der Preis über den von HBO Go
aufgerufenen fünfzehn Dollar pro Monat

liegen und die Abonnentenbasis des altein-
gesessenen Senders schmälern könnte.
„Friends“ und eine weitere Kultserie,
„The Office“, wurden einst bei der Com-
cast-Tochter NBC erstausgestrahlt und lau-
fen zurzeit bei Netflix; Comcasts Service
Peacock, der im kommenden April starten
soll, musste für die Fünfjahresrechte an
„The Office“ 500 Millionen Dollar hinle-
gen, um sie Netflix zu entreißen. Außer-
dem sollen bei Peacock neben NBC-Come-
dies wie „30 Rock“, „Cheers“ und „Parks
and Recreation“ eine Neuauflage von „Batt-
lestar Galactica“ und eine Adaption von Al-
dous Huxleys „Brave New World“ zu sehen
sein. Der Abopreis ist noch offen.
Etwas ganz anderes haben schließlich
Jeffrey Katzenberg und Meg Whitman mit
ihrem Service „Quibi“ vom kommenden
April an im Sinn – einen Kurzinhaltedienst
fürs Handy nämlich, für fünf oder acht Dol-
lar im Monat, je nachdem, ob man Wer-
bung aushalten will oder nicht. Unter den
Mitwirkenden, die man für dort laufenden
sieben bis zehn Minuten langen Stücke ver-
pflichten konnte, sind Steven Spielberg
(die von ihm geschriebene Horrorserie „Af-
ter Dark“ soll nur nachts verfügbar sein) so-
wie Zach Efron und Chrissy Teigen.
Wie sehr werden die Neuen den Strea-
ming-Markt tatsächlich aufmischen? Das
Fachblatt „c-net“ spricht von einem „over-
load“, weil 27 Prozent aller Amerikaner in-
zwischen mehr als hundert Dollar im Mo-
nat für Streamingabos ausgeben. Die Zu-
kunft auf einem überladenen Markt könnte
den sogenannten „sometime streamern“ ge-
hören – Menschen, die ein Abo nur ab-
schließen, um eine bestimmte Serie zu se-
hen, und es im nächsten Monat wieder kün-
digen. Zumindest, sofern sie irgendwie den
Überblick behalten. NINA REHFELD

In einem chinesischen Wohnzimmer sitzen
Mutter und Tochter beieinander und spre-
chen über die Vergangenheit. Nanfu Wang,
die Tochter, ist mittlerweile Regisseurin
und lebt in Amerika. Während des Ge-
sprächs wiegt sie ihren Säugling sanft hin
und her. Seit sie selbst Mutter ist, kann sie
nicht aufhören, über ihre Kindheit nachzu-
denken. Sie hat viele Fragen, will die Welt,
in der sie aufgewachsen ist, besser verste-
hen – dieses China der achtziger Jahre, in
dem alle Menschen nur noch ein Kind ha-
ben sollten. Die Antworten, die sie in ih-
rem Dokumentarfilm mit ihrer Koregisseu-
rin Jialing Zhang erhält, haben wohl ihre
schlimmsten Erwartungen übertroffen,
was die chinesische Gesellschaft angeht als
auch ihre eigene Familie.

„Als dein Bruder geboren wurde, hatte
deine Oma schon einen Bambuskorb be-
reitgestellt“, erzählt Nanfu Wangs Mutter.
Weil die Familie auf dem Land wohnte
und das erste Kind ein Mädchen gewesen
war, hatte man ihr erlaubt, nach fünf Jah-
ren ein zweites zu bekommen. Da dieses
dann ein Junge war, kam der Bambuskorb
nicht zum Einsatz. Das war keine leere
Phrase, wie sich herausstellt, als die für
die Kamera hübsch zurechtgemachte
Frau weiterspricht. Gefasst erzählt sie
von unvorstellbaren Grausamkeiten, de-
rer sie sich schuldig gemacht hat. Der Zu-

schauer wartet auf die Reaktion der Toch-
ter. Doch der Knall bleibt aus.
Wenn von Chinas Ein-Kind-Politik die
Rede ist, die 35 Jahre lang galt, bis sie 2015
für beendet erklärt wurde, geht es meistens
um die Folgen: Die Eindämmung des Bevöl-
kerungswachstums, die Steigerung der Le-
bensqualität, das soziologische Phänomen
einer jungen Bevölkerung, die nahezu aus-
schließlich aus Einzelkindern besteht. Wel-
che drastischen Maßnahmen die Behörden
ergriffen, um das Gesetz in der Praxis
durchzusetzen, wird ausgelassen.
Ihre Recherche führt die Regisseurinnen
über die Grenzen von Nanfu Wangs Hei-
matdorf hinaus, das Ausmaß des Horrors
wird aber schon hier deutlich. Der Dorfvor-
steher berichtet über die Strafen, die Famili-
en zu erwarten hatten, wenn sie mehr als
ein Kind bekamen. Die Hebamme, die Nan-
fu Wang vor mehr als dreißig Jahren auf die
Welt brachte, erzählt von Zwangssterilisa-
tionen und -abtreibungen, teilweise im ach-
ten und neunten Monat. Heute hat sie ihr
Leben der Behandlung von Menschen mit
Fruchtbarkeitsproblemen verschrieben
und glaubt, dass jedes Kind, das mit ihrer
Hilfe zur Welt kommt, hundert getötete Fö-
ten wieder wettmacht. Ein kleineres Ver-
hältnis ließe die Hoffnung auf Seelenheil
unerreichbar erscheinen.
Die Tatsache, dass hier eine junge Mut-
ter mit Menschen spricht, die sie kennt, die
ihr teilweise sehr nahestehen, macht das
Geschehene noch schockierender und zu-
gleich fassbarer. Als Nanfu Wang den Dorf-
vorsteher fragt, ob sie mit sterilisierten
Frauen sprechen dürfe, blafft eine Greisin
sie an. „Jetzt mach ihm bloß keinen Ärger.
Sonst kriegt deine Mutter es mit mir zu tun.
Merk dir das! Auch wenn dein Onkel Funk-
tionär ist.“ „Nein, nein, keine Sorge“, wie-
gelt Wang ab: ein Einblick in Machtstruktu-
ren, die heute wie damals gelten. Die Filme-
macherin stellt sich dem mit großer Ruhe
und unbedingtem Willen zum Verständnis.
Auch jenseits ihres Bekanntenkreises be-

wegt sie Interviewpartner zu erstaunlicher
Offenheit. Menschenhändler berichten
von internationalen Adoptionsgeschäften,
von denen alle Beteiligten außer den Babys
und leiblichen Eltern profitiert hätten.
Eine ehemalige Familienbeauftragte er-
zählt von ihrer Arbeit, die mitunter darin
bestand, schwangere Frauen an der Flucht
vor der Abtreibung zu hindern. Vom Staat
wurde sie dafür mehrfach feierlich ausge-
zeichnet. Wohl sei ihr dabei nicht gewesen,
aber persönliche Gefühle hatten bei der
Ausführung von Parteibefehlen keinen
Platz. „Die Ein-Kind-Politik hat dem Land
mehr Macht, dem Volk mehr Wohlstand

und der Welt mehr Frieden beschert“, ver-
kündete die Kommunistische Partei, als die
Ein-Kind-Politik abgeschafft wurde.
Auf ihrer langen Suche finden Nanfu
Wang und Lialing Zhang in China nie-
manden, der diese Behauptung in Frage
stellt, auch nicht angesichts furchtbarerer
Verbrechen und unsagbaren persönlichen
Verlusts. „Wir kämpften einen Bevölke-
rungskrieg“, sagt die ehemalige Familien-
beauftragte. Über die Opfer dieses „Krie-
ges“ wird kaum gesprochen. Das zumin-
dest wird dieser Film ein Stück weit än-
dern. CLAUDIA REINHARD
Land der Einzelkinder, um 20.15 Uhr bei Arte

Noch ein Abo, noch ein Abo und noch eines?


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Eigentore


im Abseits


Frankreich holt Fußball


ins Staatsfernsehen zurück


Schwarze


Balken


Australiens Zeitungen


setzen ein Zeichen


Sekretärinnen halten die Welt zusam-
men. Selbst wenn es sich dabei um eine
Scheinwelt handelt wie in Helmut Dietls
Serie „Kir Royal“ (1986), die von den Es-
kapaden des Klatschreporters Baby
Schimmerlos (Franz Xaver Kroetz) han-
delte. Zur Seite stand diesem Billie Zöck-
ler als Sekretärin Edda Pfaff. Sie versah
die Rolle mit einem soliden Flor der Ord-
nung, durch den jedoch stets der Schalk
stach. Geboren 1949 in Celle, zog es
Zöckler nach Süden: In München ließ
sie sich am Prozessionstheater ausbil-
den und spielte danach unter anderem
in Basel. Ihr Bildschirmdebüt gab sie
1982 in Helmer von Lützelburgs „Die
Nacht des Schicksals“ und „Neonstadt“.
Als Mimi Schrillmann sang sie in „Im
Himmel ist die Hölle los“ davon, wie es
ist, eine Zitrone zu sein. Damit wurde
sie berühmt. Am vergangenen Sonntag
ist Billie Zöckler in München gestorben.
Sie wurde siebzig Jahre alt. wei.

Rupert Murdoch macht sich selbst Kon-
kurrenz: Er plant, eine amerikanische
Filiale seiner britischen Boulevardzei-
tung „The Sun“ zu eröffnen. Damit kon-
kurrierten zwei Regenbogenblätter aus
dem Hause News Corp. um Leser. Mur-
dochs „New York Post“ ist das führende
Klatschblatt der Nation, das zudem die
Website „Page Six“ veröffentlicht. Nun
soll ausgerechnet Rebekah Brooks, die
einst im Rahmen des Abhörskandals
der „News of the World“ ihren Hut neh-
men musste, als Chefredakteurin der
amerikanischen Digitalausgabe der
„Sun“ reüssieren. Die Sonntagszeitung
„News of the World“ war eingestellt
worden, nachdem bekannt geworden
war, dass Journalisten des Blattes unter
Brooks’ Leitung die Telefone Tausender
Prominenter, von Verbrechensopfern
und den Familien gefallener britischer
Soldaten gehackt und abgehört hatten.
Wie „Vanity Fair“ berichtete, soll die
amerikanische „Sun“ zunächst einen
kleinen Start wagen, um den Markt zu
testen. Die „New York Post“, 1801 von
Alexander Hamilton, einem der ameri-
kanischen Gründerväter, als „New
York Evening Post“ ins Leben gerufen,
hatte Rupert Murdoch 1976 gekauft
und nach dem Vorbild seiner reißeri-
schen britischen und australischen Blät-
ter, allen voran der „Sun“, aufgezogen.
Das Blatt hat sich seither mit schrillen
Titelzeilen, aber auch mit großen Ent-
hüllungsgeschichten etwa über Jeffrey
Epstein oder Megyn Kelly, einen Na-
men gemacht. Nun soll ihr mit der ame-
rikanischen Online-Ausgabe der „Sun“
eine Schwesterpublikation zur Seite ge-
stellt werden, die einer Quelle der „Va-
nity Fair“ zufolge „ein bisschen aggres-
siver, ein bisschen risikobereiter und et-
was anzüglicher“ auftreten soll. nin.


Billie Zöckler ist tot
Schauspielerin stirbt mit 70 Jahren

Für das zweite Kind gab es keinen Platz in der Welt


In ihrem Film „Einzelkinder“ zeigt die Regisseurin Nanfu Wang, wie Chinas Bevölkerungspolitik wirklich aussah


Die Familie der Regisseurin Foto Arte


Murdoch expandiert


Amerikanische Ausgabe der „Sun“


Bislang hat Netflix im


Streamingfernsehen das


Sagen. Doch das ändert


sich. Denn nun kommen


Disney und Apple und


noch ein paar andere.


Sie kaufen und produzie-


ren, was das Zeug hält.


Wo führt das hin?


Und so sieht das dann aus: Bei den Streamingdiensten hat man nicht nur die Qual der Wahl, es ist auch eine Frage des Budgets. Foto Reuters

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