Freitag, 25. Oktober 2019 ZÜRICH UND REGION21
Die Mühen der SVP mit dem Ständerat
Seit 2007 ist die stärkste Partei des Kantons nicht mehr in der kleinen Kammer des Bundeshauses vertreten
STEFANHOTZ
2011 blies dieSVP zum Sturm auf die
«Dunkelkammer»Ständerat.DiesesBild
prägtezumAuftaktdesdamaligenWahl-
jahres Christoph Blocher persönlich,gut
drei JahrenachdemerausdemBundesrat
abgewähltwordenwar.IhnundseinePar-
tei störte, dass die kleine Kammer,einst
einBollwerkdesKonservatismus,zuneh-
mend offener debattierte und entschied.
Diesmal wird der Schlachtruf, den
die SVP wohlweislich nicht mehr aus-
stösst, im dri tten Anlauf scheitern.Das
lässt sich schon jetzt sagen, da erst rund
dieHälftedesneuenStänderatsimBun-
des hausfeststeht.ImKantonGlarushat
die SVPbereitseinensichergeglaub ten
Sitz an einen Grünen verloren.
Vorden Wahlen2011stelltedieSVP
insgesamt 6 Ständeräte, und siekommt
seither nicht vom Fleck.Dass die wäh-
lerstärkste Partei im Ständerat des-
wegen untervertreten sei, wie manch-
malgesagtwird,trifftselbstverständlich
nicht zu.Das würde ja bedeuten, bei
den Wahlen wäre etwas nicht mitrech-
ten Dingen zugegangen,was niemand
ernsthaft behauptet.
Eingemittet ist erfolgreich
Die SVP ist in der kleinen Kammer
einfach viel schwächer vertreten als
im Nationalrat.Das hat einen triftigen
Grund, man kann das nicht genug be-
tonen.DieWahlindenStänderaterfolgt
im Majorzverfahren.Wie di eBezeich-
nungsagt,gehtesfürdieeinzelnenKan-
didaturendarum,eineMehrheitzuerrin-
gen.Dazuisteszwingendnötig,Stimmen
über die eigenePartei hinaus zu holen.
Dafür eignen sich eingemittetePer-
sönlichkeiten wie die beiden letzten
ZürcherSVP-Ständeräte,dielangedem
Regierungsrat angehörten. Profilierte
Parteipolitiker dagegen scheitern. Die
Mutter dieser Niederlagen derSVP er-
eignete sich1987. Der damalige Zür-
cher Parteipräsident Christoph Blocher
verlor als Kandidatdas ZürcherSVP-
Mandat, dasFinanzdirektor Jakob Stu-
ckige haltenha tte–undzwaranMonika
WebervomLandesringderUnabhängi-
gen. Gleichzeitig setzte von Zürich aus
derAufstiegderSVPein.Abererst 1998
erobertesiemitdemfrüherenBaudirek-
tor Hans Hofmann in einer Ersatzwahl
den Ständeratssitz zurück. Hofmann
verteidigte ihn zweimal ohne Probleme
jeweilsanderSeiteundimVerbundmit
einer FDP-Frau,erst mitVreni Spoerry,
2003 mitTrix Heberlein.Blocher scheitert zweimal
2007 versuchte es Ueli Maurer,damals
bereits16 Jahre lang Nationalrat und
seit mehr als zehnJahren Präsident der
SVP Schweiz. Der hohe Bekanntheits-grad nützte nichts. Maurer hatte das
Pech, dass der freisinnigeFelix Gutz-
willerdieWahlbereitsimerstenDurch-
gang geschafft hatte. Danach zog sich
nach einem tagelangen Drama Chan-
tal Galladé von der SP zugunsten der
viertplatziertenVerena Diener zurück.
Andersals diesmal setzte sich damals
diegrünliberaleKandidatinimHinblick
aufdenzweitenWahlgangdurch.Diener
legte dort fast 100000Stimmen zu und
überholteMaurerklar.Ihmgelangdafür
einJahrspäterdieWahlzumBundesrat.
2011, vierJahre nach seinerAbwahl
ausdemBundesrat,wollteesChristoph
Blocherpersönlichrichten.Derbekann-
teste PolitikerderSchweizerzielteledig-
lich das drittbesteResultat. Im zweiten
Wahlgang dann liessen ihn die Bisheri-
gen Diener und Gutzwiller überaus
deutlich hinter sich.
2015 versuchteesdieSVPmiteinem
neuen Gesicht,Rechtsprofessor Hans-
Ueli Vogt. Obwohl auch seine Mitbe-werber,die heutigen StänderäteRuedi
Noser undDaniel Jositsch, ers tmals an-
traten, blieb ihm nur Platz drei. Mehr
noch: Im zweitenWahlgang brachVogt
regelrecht ein,erzielte fast 50000Stim-
men weniger und wurde vom Grünen
Bastien Girod überholt.Wahlkampf istdas Ziel
ProvokativePolitiker ,und Roger Köp-
pel zählt zweifellos zu ihnen, haben
kaumeineChance,indenStänderatge-
wähl t zu werden. Diese Erfahrung hat
unter umgekehrtenVorzeichen auch
die SP gemacht.Vielleicht will die Zür-
cher SVP auch nicht primäreinen Sitz
erobern. 2011 meinte Blocher vor dem
zweitenWahlgang, es sei unerheblich,
wer m ehr oder weniger Erfolgschan-
cen habe. Jetzt gehe es um die grossen
Fragen. Köppel sagte bei seiner Nomi-
nierungvordenSVP-Delegierten,seine
Motivation sei derWahlkampf.Ergeht esRoger Köppel wie ChristophBlocher?DerWeg in den Ständeratist schwierig. ENNIO LEANZA / KEYSTONEKommentar
Köppel
beugt sich
der Realität
STEFAN HOTZWer soll denn im zweitenWahlgangRo-
ger Köppel wählen, der (oder die) am
20.Oktober ihm die Stimme nochnicht
gegebenhat?DieseGruppedürfteziem-
lich überschaubar sein. Der Ständerats-
kandidat derSVPhat mit seinem provo-
kativen WahlkampfseinPotenzialbereits
aus geschöpft.Im Fall von Ruedi Noser
ist das ander s. Mehr als200000 Perso-
nen wähltenDaniel Jositsch, bei weitem
nichtnurSP-Anhänger.Davonbevorzug-
ten viele zusätzlich eine Kandidatur aus
derpolitischenMittewiedieGrünliberale
Tiana Moser.Aus diesem Kreis wird im
zweitenWahlgang ein grosserTeil Noser
aufdenWahlzettelschreiben.Andersals
Köppel kannder FDP-Kandidat sehr
wohl noch Stimmen dazugewinnen.
Dieser Realität konnte sich auch die
SVP nicht mehr entziehen.Vor vier Jah-
renentschiedsiesichfüreinenaussichts-
losen zweitenWahlgang .Heute aber ist
dasRisikogrösser,dassnebenderSPdie
Grünen mit Marionna Schlatter, die un-
erwartet stark abschnitt, einen Sitz im
Ständerat erobern. Nun ist in derSVP
doch nochVernunft eingekehrt.Dabei
dürfteauchderDruckausderWirtschaft
mitgespielthaben,denliberalenZürcher
Sitz zu sichern. Mit einemFesthalten an
der KandidaturKöppel hätte es dieSVP
mit einigen einflussreichen Verbänden,
die ihr nahestehen,verscherzt.
AllerdingsisteseinRückzugmitVor-
behalt.ZueinerUnterstützungdesFDP-
Kandidaten Noserkonnte sich dieSVP
nichtdurchringen.ImGegenteil:DiePar-
teileitungbetonte,sieseimiteinigensei-
nerPositionennichteinverstanden.Eine
Wahlempfehlungtöntanders.Abernach-
dem diePartei einen eigentlichenWahl-
kampf gegen die FDP führte undKöp-
pelversuchte,ihrenKandidatenalsPöst-
chenjäger anzuschwärzen,hätte sie ihrer
Basis eine solcheWende nur schwer er-
klären können.Von den Gesprächen mit
der FDP sollte man nicht zu viel erwar-
ten. Trotz markigenWorten agiert die
SVPnach derWahlniederlage und nach
diesemRückzug aus einerPosition der
Schwäche.RuediNoserwarohnehinder
Favorit für den zweitenWahlgang .Nun
sindseineErfolgsaussichtennochbesser.
DieFDPka nndi ese Wahlgewinnen,ohne
sich von derSVP gängeln zu lassen.Provokative Politiker,
und Roger Köppel zählt
zweifellos zu ihnen,
haben kaum eine
Chance, in den Stände-
rat gewählt zu werden.Wurde Roger Köppel aus
dem «Sphères» geworfen?
Der Geschäftsführer des Kulturcafés wehrt sich vehement
scf.· Si e sind seit zwanzigJahren Nach-
barn. Doch nun scheint der Haussegen
schief zu hängen. DieBar und Buch-
handlung«Sphères»unweitdesEscher-
Wyss-Platzes im Zürcher Kreis 5 sah
sich heute einem happigen Vorwurf
ausgesetzt.Auf dem Kurznachrichten-
dienst Twittererhob«Weltwoche»-Chef-
redaktor Roger Köppel, dessen Redak-
tion sich einen Steinwurf von dem Lo-
kalentferntbefindet,folgendeAnschul-
digung: «Dielinke Zürcher Szene-Beiz
mit Buchladen sperrt die ‹Weltwoche›
aus.» Er kaufe dort seitJahren Bücher,
schreibt derSVP-Nationalrat weiter.In
einer abgeschiedenen Ecke habe man
am Mittwoch «beim Lunch im kleinen
Kreis» eineThemensitzung abgehalten.
«Jetztschmeissensieunsraus.LinkeIn-
toleranz in Zürich.»
Beim «Sphères» wehrt man sich
gegen dieVorwürfe. «Wir habenRoger
Köppel nichtrausgeschmissen», betont
der Geschäftsführer Philipp Probst.
Der «Weltwoche»-Verlegeristdemnach
einguterKunde,derauchvieleBücher
kaufe. Seit ein paarWochen habe er
jeden Mittwoch einenTisch reserviert
und mit drei bis vierPersonen im Café
eineSitzungabgehalten.«Anscheinend
hat ihn dann ein Gast angesprochen
und ihm gesagt, er sei hier nicht will-
kommen.»Auch bei Probst hätten sich
in letzter Zeit einige der Gäste über
die Anwesenheit des SVP-Politikers
beschwert.
Am Donnerstagvormittag habe
dann Roger Köppels Sekretärin ange-
rufen. «Ich habe ihr erklärt, dass ei-
nige Gäste reklamiert haben», sagt
Probst, «anscheinend hat die Sekretä-
rin das dann so interpretiert,dassKöp-
pelnichtmehrkommen könne.»Dassei
ab erfalsch,betonter.Genausowehrter
si ch gegen denVorwurf der Intoleranz.
«Klar haben wireine H altung, aber wir
sind nichtpolit isch engagiert.Wir sind
ein Café,hallo?»
Lieber wäre es Probst gewesen,
wenn Köppel die Angelegenheit mit
ihm persönlich geklärt hätte, anstatt
überdiesozialenNetzwerkeeinenWir-
bel zu verursachen.«Ich bin sicher, das
Ganze wäreinnerhalb von zweiMinu-
ten geklärt gewesen.» Der «Sphères»-
Geschäftsführer zeigt dennoch Ge-
sprächsbereitschaft.Erseigernebereit,
mitdem«Weltwoche»-Chefredaktorzu
reden – «und wennKöppel weiterhin
hierherkommen will, sehr gerne».Ro-
ger Köppel war für eine Stellungnahme
nicht erreichbar.ANZEIGEgegründet 1888Themonolingual and bilingual way at FGZWeitereInfo-Anlässe: http://www.fgz.chVonder Vorbereitungsklasse bis zurMaturität:
anspruchsvoll undfamiliärInfo-Anlass zum
schulischen Angebot
Montag, 4. November 2019
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