Freitag, 25. Oktober 2019 FINANZEN 33
TAGESGESPRÄCHNokia leidet
an 5G
Börsenkurs auf rasanter Talfahrt
RUDOLF HERMANNDer finnische Netzwerkausrüster Nokia
hat im Umfeld des zusehends härteren
Wettbewerbs mit den direktenKonkur-
renten Huawei und Ericsson umAuf-
träge zumBau von Mobilfunknetzen der
fünften Generation (5G) seine Gewinn-
prognosen nach unten anpassen müs-
sen. Laut den am Donnerstagkommu-
nizierten Erwartungen des Konzerns
dürfte eine Aktie des an den Börsen von
Helsinki,Paris und NewYork kotierten
Unternehmens 2019 einen bereinigten
Gewinnvon 18 bis 24 Centerzielen, statt
25bis29Cent,wieursprünglichangenom-
men.Für 2020 wurden von der Unterneh-
mensführung die Gewinnprognosen pro
Aktie von 37 bis 42 Cent auf 20 bis 30
Centkorrigiert.Begleitet wurde dies von
derAnkündigung,dassauchDividenden-
zahlungen vorerst ausgesetzt würden.Die Finnen sind zu teuer
Dies schickte den Nokia-Börsenkurs auf
rasanteTalfahrt. In Helsinki eröffneten
die Titel am Donnerstag um 24% schwä-
cher und verharrten im weiterenTages-
verlauf bei einem Minus von rund 20%.
Die Anlegerreagierten mit demAusver-
kaufwesentlichempfindlicher,alssichdas
der Nokia-CEORajeev Suri gewünscht
habendürfte.Zwarsprachgegenüberden
Medien auch Suri davon, dass das dritte
Quartal «nicht ganz zufriedenstellend»
verlaufen sei. Doch bereits für das letzte
Vierteljahr 2019 sei man wieder sehr zu-
versichtlich. Einige der Risiken, die man
fürdieEinführungsphasedesMobilfunk-
standards5G aufdemRadargehabthabe,
hätten sich nunkonkretisiert, sagte Suri.
Dabei gehtes etwa um Produktions-
kosten und Preisgestaltung für 5G-Netz-
werkausrüstungen. Hier hat Nokia die
Strategie des schwedischenKonkurren-
ten Ericsson zu spüren bekommen, der
in denvergangenen Monaten Profitabi-
lität bis zu einem gewissen Grad der Er-
oberungvonMarktant eilenzuopfernbe-
reit war. Ericssonkonnte sich dies leis-
ten;derinderjüngerenVergangenheitarg
gebeutelteKonzern präsentierte vergan-
geneWoche blendende Quartalszahlen,
wasderMarktmiteinemKursanstiegvon
6% quittierte. Der ausgewieseneVerlust
scheintzwareineandereSprachezuspre-
chen,dochging er aufKosten vonRück-
stellungenfüreineBusse,dieEricssonaus
den USA erwartet wegenKorruptions-
vorwürfen, die frühereJahre betreffen.
Das laufende Geschäft hingegen floriert,
insbesondere im 5G-Bereich.
UmnichthinterdieSchwedenzurück-
zufallen, muss Nokia seineAusrüstungen
alsogünstigerproduzieren.Daswe rdebei
steigenden Stückzahlen auch möglich
sein,versicherte Suri.Mit dem Entscheid,
Dividenden vorerst nicht auszuzahlen,
will Nokia sich mehr finanzielle Flexibi-
lität für die 5G-Aufbauphase sichern.Weniger Umsatz in China
Ein weiterer Unsicherheitsfaktor liegt
auf der Nachfrageseite in den wichtigen
Märkten Chinaund USA.In China, wo
Nokia in der Berichtsperiodegegenüber
dem Vorjahr um rund 20% weniger Um-
satz erzielte, macht Suri eineTendenz zur
verstärkten Berücksichtigung einheimi-
scherNetzwerkausrüsteraus.IndenUSA
wiederum ist es Ungewissheit um eine
möglicheFusion zweierNetzbetreiber,
was zwischen diesenSynergien schaffen
und eine Mindernachfrage nachAusrüs-
tung nach sich ziehenkönnte.
Bei Nokiaräumt man ein, man sei
nichtinderLagegewesen,dieersteGene-
ration von 5G-Ausrüstungen auf einem
Preisniveau zu produzieren, das dem
hohenKostendruck im Sektor standhal-
ten könne. Dennoch ist Suri überzeugt,
dass man auf dem richtigenWeg sei.Warnung vor einer Blase
Beim Palladium werden die Gefahren für eine heftige Preiskorrektur unterschätzt
MICHAEL SCHÄFER
Bis anhin ist 2019 nicht nur einJahr der
Aktienanlagen, sondern auch eines der
Edelmetalle. Die Preise für Gold, Silber
und Platin haben bisher in Dollar ge-
rechnet um16, 14 und 12% zugelegt.Um
Längen geschlagen werden sie aber von
Palladium,das sich seitJahresbeginn um
rund40% verteuerthat. Der Höhenflug
des Edelmetalls hält aber schon viel län-
ger an. Anfang 2016 erhielt man eine
Feinunze noch für 500$, heutekostet sie
run d 1760 $,also weit mehr als das Drei-
fache.Allein seitAugust 2018 hat sich
der Preis für eineFeinunze mehr als ver-
doppelt. Und blicktman auf dieFunda-
mentaldaten,könnte derAufwärtstrend
noch längere Zeit anhalten.
Hinter der eindrucksvollen Entwick-
lung steckt nämlich ein strukturellesAn-
gebotsdefizit, das nun schon seit etli-
chenJahren andauert.Allein im laufen-
den Jahr rechnetJohnson Matthey,ein
britischerKonzern, der unter anderem
Edelmetalleraffiniert undrezykliert,mit
einem Anstieg der Nachfrage um 9%
auf 11,2 Mio. Unzen und einem Ange-
botsdefizit von gut 800000 Unzen.
Die Hauptverantwortung für den
Nachfrageüberhang trägt die Auto-
mobilindustrie, wo das Edelmetall in
Katalysatoren eingesetzt wird.Rund
85% der jährlichen Nachfrage gehen
auf dasKonto derAutomobilherstel-
ler. Und obwohl die Absatzzahlen in
den USA stagnieren und in China so-
gar rückläufig sind, tut dies derPalla-
diumnachfragekeinen Abbruch, weil
strengere Abgasvorschriften in China
und Europa diesen Effekt mehr als
kompensieren.2020 drohtAngebotsdefizit
Auch für 2020 erwarten Marktteilneh-
mer wie der weltweit grösstePalladium-
produzent Nornickel, dass die Produk-
tionder hohen Nachfrage hinterher-
hinken wird. Entsprechend optimistisch
sind etlicheKommentatoren bezüglich
der weiterenKursentwicklung.Hinzu
kommt,dass dieLagerbestände deutlich
abgeschmolzen sind und in Südafrika
Streiks in der Bergbauindustrie drohen.
Dort wirdPalladium als Nebenprodukt
beim Abbau von Platin gewonnen.
Schliesslich befinden sich auch die
Bestände anPalladium-ETF auf dem
tiefsten Niveau seit elfJahren.In d er
Vergangenheit haben Anleger bei stei-
genden Preisen ihreETF verkauft, wo-
durch die Angebotsdefizite etwas ge-
dämpft werdenkonnten. Nun, da dieETF-Bestände nur noch 575000Unzen
ausmachen, sei dieser potenzielle Puf-
fer nicht mehr allzu gross,schreiben
die Experten der Commerzbank in
einer Studie.Von Rückschlägen begleitet
Allerdings darf nicht vergessen werden,
dass der eindrückliche Anstieg desPal-
ladiumpreises von mitunter heftigen
Korrekturen begleitet war. Gleich mehr-
fach büsste das Edelmetall inden ve r-
gangenenJahren im zweistelligen Be-
reich ein. Meist dauerte es nur einige
Wochen,bis dieKursdelle wiederausge-
bü gelt war, aber 2018 betrug derVerlust
25%, und es dauerte immerhin einJahr,
bis das alte Niveau wieder erreicht war.
Neben den optimistischen Stimmen
gibt es aber auch solche, die dasKurs-
potenzial erst einmal für ausgereizt an-
sehen. Zu diesen zählen die Analytiker
der Commerzbank.Wegen des steilen
Anstiegs halten sie eineKorrektur fürwahrscheinlich und sehen zugleich fun-
damentale Gründe, die das Edelmetall
anfällig machen. Kurzfristig bestehe die
Gefahr, dass die USA wegen unerlaub-
ter Subventionen für deneuropäischen
FlugzeugherstellerAirbus Zölle auf die
Einfuhr vonAutos undAutoteilen aus
Europa einführten.Risiken zuwenig berücksichtigt
Wegen der hohenAbhängigkeit von der
Autokonjunktur würde dasspürbare
Auswirkungen auf diePalladiumnach-
frage zeitigen, vermuten die Experten.
Darüber hinaus drohe auf längere Sicht
eine sinkende Nachfrage nachAutos mit
Verbrennungsmotoren, die im gegen-
wärtigenPalladiumpreis nicht genügend
berücksichtigt sei.Kurzfristig sei wegen
der drohenden Streiksin Südafrikaein
weiterer Preisanstieg möglich, bis Ende
2020 rechnen die Analytiker der Com-
merzbank jedoch mit einem Preisrück-
gang auf1400 $ pro Unze.Ein Palladium-Barren wirdine iner Fabrik im russischen Krasnojarsk imWasser abgekühlt. ILYA NAYMUSHIN / REUTERSTesla-Aktien schiessen nach oben
Kurssprung nach erstau nliche m Qu artalsgewinn des Elektroautoherst ellers
CHRISTOF LEISINGER, NEWYORK
Tesla ist immer für Überraschungen gut.
Auch bei der nachbörslichenVorlage
der Umsatz- und Ertragszahlen für das
dritte Quartal des laufendenJahres am
Mittwochabend.Tatsächlichkonnte das
Unternehmen den Umsatz mit Elektro-
autos gerade einmal auf dem Niveau des
Vorquartals von 5,3 Mrd. $ halten,aller-
dings soll der Gewinn jeAktie bei einem
Gesamterlös von gut6Mrd.$auf wun-
dersameWeiseundgemässeigenerRech-
nungslegung auf$1.91 gestiegen sein.
Euphorie vor der Ernüchterung
Das ist ein Mehrfaches dessen, was der
Markt allgemein erwartet hatte. Kein
Wunder,hatdieAktieimnachbörslichen
Handel und dann auch am Donnerstag
um bis zu 20% auf gut 300$zugelegt und
damit einen gutenTeil derVerluste wett-
gemacht,diesieindererstenJahreshälfte
hatte hinnehmen müssen.
Das erinnertall erdings verdächtig
an ähnlicheVorkommnisse vor einem
Jahr, als derKurs derPapiere aufgrund
scheinbar guter Zahlen zunächst eben-
falls deutlich zugelegt hatte.Allerdings
nur, um im weiterenVerlauf aufgrund
aufkommender Zweifel an der Qualität
undSoliditätderUnternehmensführung,
derProfitabilitätundderRobustheitder
Nachfrage nach denProduktenunter
die Räder zukommen und von Okto-
ber 2018 bis Ende Mai desJahres 20 19
um bis zu 50% zu fallen.
Diesmal macht Elon Musk,Teslas
schillernder Hauptaktionär und Chef,
unter anderem überraschend niedrige
KostenfürdenErt ragssprungundfürdas
Zustandekommen einespositiven Cash-
flows verantwortlich. Er verbreitet opti-
mistisch, dass das Unternehmen künf-
tig unter normalen Umständen immerin derLage sein werde, Überschüsse im
operativenGeschäftzuerzielen.DieFer-
tigstellung einerBatteriefabrik, der Gi-
gafactory in China, sowie die baldige
Markteinführung des Modells Y wür-
den zusammen mit der Steigerung der
KapazitätenindenbestehendenProduk-
tionslinien zurFertigung von so vielen
Fahrzeugen führen, dass das früher aus-
gegebene Produktionsziel von 360 000
bis 400000 Fahrzeugen in diesemJahr
erreicht werden sollte, so seineAussage.Realität gegen Prognosen
Skeptische Anleger sind sich dessen
nicht so sicher. Sie haben grundsätzlich
Zweifel an der Substanz dervorgeleg-
ten Zahlen, an der Margenentwicklung
und selbst an der vonTesla geschätzten
Grösse derAbsatzmärkte für die einzel-
nen Modelle.Trotzdem sind in den ver-
gangenenWochen viele von ihnen dazuübergegangen,früherinErwartungeiner
enttäuschenden Entwicklung leer ver-
kaufteTesla-Aktien zurückzukaufen.
Das hatte denKurs in den vergangenen
Wochen gestützt.Aufgrund des nach-
börslichenKurssprungs am Mittwoch
geraten die verbliebenen «Shorts» mög-
licherweise unter Zugzwang. Sollten sie
ihreVerluste begrenzen müssen, wären
zumindest kurzfristig weitereKursavan-
cen denkbar.Essei denn,sie sähen die
jüngstenAvancen als taktischeGelegen-
heit,umerneutaufeineErosiondesKur-
ses zu setzen.
Gingen sie von derWiederholung
dessen aus, was im vergangenenJahr
zu beobachten gewesen war, dann läge
das nahe. Denn trotz all dem von Musk
verbreiteten Optimismus – er ist in der
Vergangenheit immer wieder enttäuscht
worden.Wiesosolltedaskünftigauchan-
gesichts der bald aufkommendenKon-
kurrenz anders sein?Euro/Fr.
1,1018-0.07%Dollar/Fr.
0,99230.19%Gold($/oz.)
1501,200.76%SMI
1010 6,530.83%DAX
12872,100.58%DowJones
26805,53-0.11%
Stand 22.1Erdöl(Brent) 2Uhr
61,550.70%