Architectural Digest Germany - 11.2019

(coco) #1
Panorama
Reise

Foto: Marco Poderi

L a r a G i l m o r e

„Ich habe schon
beim ersten Besuch

gespürt: Das
ist ein Partyhaus!

Es wartet
auf Menschen!“

Erlebnis! Wir wollten deshalb den Gästen Gelegenheiten bieten,
wieder intensiver im Hier und Jetzt zu leben; mit uns zu interagie­
ren, mit anderen Gästen und mit dem Essen.“ Und so gaben sie
und Bottura ein Gebot ab, als ein Landgut vor den Toren Modenas
versteigert wurde – und bekamen im Sommer 2017 den Zuschlag.
Ursprünglich im 18. Jahrhundert erbaut, war das Gehöft um
1900 zur Villa mit verspielt gegliedertem Park erweitert worden.
„Als ich das Haus das erste Mal betrat, regnete es“, erzählt Gilmore,
„die Fensterläden waren geschlossen und das Mobiliar mit Laken
verhüllt – und trotzdem habe ich sofort gespürt: Das ist ein Party­
haus! Es wartet auf Menschen!“ Tatsächlich hatten frühere Be­
sitzer dort oft Gesellschaften gegeben und Gäste empfangen. Es


gab deshalb so viele Räume und Bä­
der, dass kaum größere Umbauten
nötig waren. Lediglich im Außenbe­
reich mussten die neuen Eigentümer
hart durchgreifen: In zweimonatiger
Schwerstarbeit wurde der Park vom
Efeu befreit, das alles überwuchert
hatte. Anschließend bekam die Fas­
sade einen neuen Anstrich: Während
ihr Ton zuvor „irgendwo zwischen
Mortadella und Pfirsich“ lag, trägt sie
nun ruhiges Creme und Salbeigrün.
Bei der Gestaltung des Innern arbei­
teten Gilmore und Bottura mit der Architektin Catia Baccolini
zusammen; eine bereits in anderen Projekten bewährte Wahl, die
auf gegenseitigem Vertrauen basierte und reichlich Raum für die
sprudelnden Ideen der Bauherren ließ. Und so folgte das Trio kei­
nem fest fixierten Stilkonzept, sondern traf viele Entscheidungen
intuitiv, mit feinem Gespür für die Atmosphäre des Hauses – und
Respekt für das, was schon da war. „Nicht wir haben diesen Ort
so reich gemacht“, sagt Gilmore, „sondern all die Schichten, die
sich im Laufe der Zeit übereinandergelegt haben.“
So blieb etwa das für die Gegend typische Nussbaumparkett im
Parterre erhalten, in den oberen Geschossen wurde das gleiche
Holz neu verlegt. Für die Bäder wählte man Becken eines Herstel­

In der Lounge(links)
stehen „Barcelona“-
Sessel vor einer wand-
füllenden Arbeit von
Philip Taaffe, auf dem
Tisch liegen Bücher
und Magazine bereit.
Den Lüster übernahmen
Gilmore und Bottura
von den Vorbesitzern.

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