Süddeutsche Zeitung - 16.10.2019

(lily) #1
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von alex rühle

A


ls Tomas Espedal letztes Jahr auf
der Frankfurter Buchmesse gefragt
wurde, was er sich für sein Land
wünsche, schließlich sei Norwegen ja 2019
Gastland, da antwortete er recht knapp:
„Weniger deutsche Touristen.“
Bisher scheint sein Wunsch nicht in Er-
füllung gegangen zu sein: Alle paar Stun-
den legt im Hafen von Bergen ein Schiff an,
so groß, dass es aussieht, als könne es die
ganze pittoreske Altstadt mühelos in sei-
nem Bauch aufnehmen. Dann steigen die
Hundertschaften mit ihren Schirmen,
Gummistiefeln und Handysticks aus und
strömen gut gelaunt durch den immerwäh-
renden Bergener Regen und die Gassen
der Altstadt. Sie kommen am Museum
Kode II vorbei, in dem Edvard Munchs
Schmerzlandschaften hängen und in des-
sen Café man ab und zu die Lyrikerin Ceci-
lie Løveid treffen kann. Am Café Opera, in
dem Espedals bester Freund Henning
Bergsvåg regelmäßig Lesungen veranstal-
tet. Oder an der „Skrivekunstakademiet“,

die vorn am Wasser steht und in der früher
Sardinen eingedost wurden, damals, als in
den norwegischen Nachrichten noch jeden
Abend als Allererstes die Fischfangquoten
genannt wurden. Später hat hier Karl Ove
Knausgård studiert (unter anderem bei To-
mas Espedal), weshalb sich immer wieder
ganze Gruppen von Touristen vor der Fas-
sade der Akademie fotografieren lassen.
Bei Tomas Espedal kommen sie nicht
vorbei. „Fehlt ja grad noch“, knurrt er. Er
wohnt eine Bucht weiter, im Stadtteil Bis-
kopshavn. Von seinem Wohnzimmer aus
sieht man das graue Atlantikwasser und
die Insel Askøy, die Espedal-Leser aus sei-
nen autobiografischen Romanen kennen,
seine Frau ist dort am Krebs gestorben, er
blieb allein mit den Kindern. Jetzt schiebt
sich das nächste Kreuzfahrtschiff an der In-
sel vorbei in Richtung Hafen. „Die sind
schlimmer als die Pest“, murmelt Espedal
und meint die Touristen. „Überleben sogar
im Polareis. Bringen nur Müll in die Stadt.
Unser größtes Problem in Norwegen ist be-
stimmt nicht der Islamismus. Unser größ-
tes Problem heißt Hurtigruten.“
Nach diesen Sätzen könnte man meinen,
dass Espedal ein grimmiger alter Knochen
ist. Aber im Gegenteil. Na gut, ein alternder
Knochen ist er mittlerweile schon, Jahr-
gang 1961, aber er ist prächtig gelaunt.
Sitzt mit blauer Arbeitsjoppe und schwe-
ren Stiefeln mitten in seinem kleinen
Wohnzimmer, in dem die Bücherstapel zu
wachsen scheinen wie bei anderen Leuten
die Pflanzen, und sagt, er habe gerade Feri-
en, zum ersten Mal im Leben. Ferien vom
Ich sozusagen. Nach zehn Bänden.
Gemeinsam mit Knausgård hat Espedal
die norwegische Wirklichkeitsliteratur er-
funden. Mit Büchern, die radikal vom eige-
nen Leben handeln. Bei Knausgård in
Form eines exzessiven Erinnerungskonvo-
luts, ein Puzzle namens Alltag aus 3000 Sei-
ten und 80 000 Winzigkeiten: der genaue
Geruch des Klassentafelschwamms, das
Licht im Hafen von Bergen, an einem ganz
bestimmten Abend, an dem die Liebe über
ihn hereinbrach, die Scham beim ersten
Sex und natürlich überhaupt alles, was
peinlich ist. „Sein Projekt bestand darin, al-
les aufzuschreiben“, sagt Espedal, „auch
und gerade das, was ihn zerstören könnte.
Seine Mutter stand mal hier vor meiner
Tür und sagte: Danke, dass du es zumin-
dest versucht hast.“ Espedal hatte zuvor
auf Knausgård eingeredet, irgendeine be-
sonders kompromittierende Peinlichkeit
auszulassen. Hat nichts genutzt.

Espedal spricht in den höchsten Tönen
von Knausgård. „Mein Projekt war längst
nicht so radikal. Er war sich selbst gegen-
über extrem lange extrem grausam und
hart. Dabei ist er kein grausamer Mensch,
nicht im geringsten. Ich kann mich an kei-
ne ähnliche Leseerfahrung erinnern. Man
hat das nicht ,gelesen‘, als es rauskam, das
war eine Art direkter Dialog mit der Wirk-
lichkeit. Das ist Literaturgeschichte.“
Das könnte man von Espedal auch sa-
gen, zumal er es selbst nicht so gerne tut.
„Naja, ich habe ,ich‘ gesagt, weil es damals
das größte Tabu in unserem sozialdemo-
kratischen Norwegen war. Unsere Litera-
tur war zu gemütlich und behäbig, zu sehr
Volvo.“ Das Interessante an Espedals Pro-
jekt ist, dass er immer neue Wege gesucht
hat, indem er jedesmal ein anderes Genre
ausprobiert hat: Reiseerzählung, Briefe, Ta-
gebuch, Short Stories, Fotos. Und dass er je-
desmal so straff gekürzt hat, dass die Texte
manchmal wie reines Muskelgewebe wir-
ken, alles unter Spannung, pochend, redu-
ziert aufs Nötigste.
„Das Jahr“, der neunte und vorletzte
Band des Projekts, soeben auf Deutsch er-
schienen, ist nun als Langgedicht konzi-
piert. Espedal wollte eigentlich, nachdem
ihn seine Freundin verlassen hatte, auf
den Spuren Petrarcas ein Jahr beschrei-
ben, die Natur im Wandel. Petrarca hat
nach dem Tod seiner geliebten Laura 366
Sonette verfasst. Leider kam dann Knaus-
gård mit seinen Jahreszeitenbüchern –
und Espedal hätte wie ein Epigone seines
ehemaligen Schülers gewirkt. Man merkt
es dem Buch an, dass Espedal mittendrin
einen anderen Weg wählen musste, allein
schon, weil „Das Jahr“ nur zwei Jahreszei-
ten umfasst. Und weil er im Verlauf des Tex-
tes Petrarca aus dem Blick verliert. Aber

Espedal-Leser kommen trotzdem auf ihre
Kosten: Wieder geht es um Verlust, Sehn-
sucht, Trauer und das seltsame Wesen na-
mens Mensch. Und immer auch darum,
dass und wie all das hier, im Text, aufgeho-
ben wird: „Es müsste möglich sein, und wä-
re es in der losen Luft, ein Baugerüst aus
Schatten zu errichten,“ schreibt er einmal.
Knausgård und Espedal wussten beide,
dass man das ganze autofiktionale Projekt
irgendwann wieder beenden muss. Knaus-
gårds letzter Band endet mit dem Ausruf:
„Ich bin so glücklich, dass ich kein Autor
mehr bin!“ Espedal geht noch radikaler
vor: Sein Erzähler bringt sich im zehnten
Band, der in Norwegen im vergangenen
Jahr erschienen ist, um. „Damit wirklich

Ruhe ist und ich auf keinen Fall irgend-
wann zurückkann.“
Espedal hat in seinem Wohnzimmer
noch sehr schön erzählt, etwa davon, dass
Wittgenstein, der 300 Kilometer nördlich
von hier eine Hütte hatte, der wichtigste
Philosoph für jeden Schriftsteller sein soll-
te, aufgrund seiner glasklaren Sprachskep-
sis. Davon, dass die Kollegen in Oslo im-
mer so hässlich übereinander reden, wäh-
rend sie hier im kleinen Bergen seit jeher ei-
ne verschworene Gemeinschaft bilden.
Oder davon, dass seine Romane alle in Indi-
en abgetippt werden, weil er im Verlag bis
heute Schreibmaschinenmanuskripte ab-
gibt. Aber es ist Zeit, weiterzuziehen. „Oh“,
sagt Espedal, „Sie treffen Cecilie Løveid,
sie ist wirklich die Größte!“
Løveid ist so etwas wie die graue Emi-
nenz im Bergener Autorenzirkus. Sie hat
Jon Fosse genauso unterrichtet wie Knaus-
gård und für ihre Romane, Theaterstücke,
Gedichtbände alle überhaupt nur zu verge-
benden Preise erhalten. Ihre Gedichte sind
so witzig, schön und traurig, dass jedes
Schulkind sie kennt. Als sie dann aber Espe-
dals Namen im Museumscafé hört, ver-
dreht sie die Augen, geh mir weg mit die-
sem mythomanischen Zeug, viel zu viel
Ich, viel zu konventionell, ja fast schon re-
aktionär. Und jetzt schreibt jeder zweite in
diesem Autofiktionssound.
Løveid redet sich so in Rage, dass man lei-
se Zweifel bekommt am zuvor von Espedal
beschworenen Bergener Autorengemein-
schaftsgefühl und das Gespräch irgend-
wann mit dem Mantel des Schweigens be-
decken will. Oder mit dem Anfang aus
„Strafe“, ihrem Gedicht über Anders Brei-
vik, den Utøya-Attentäter, das heute schon
zum Kanon der norwegischen Literatur ge-
hört: „Ich bin froh, dass er diese Strafe er-

halten hat. Bekanntlich wird man ihn / an
jedes einzelne Grab führen. / Er muss ei-
nen Korb mit Vergangenheit und einen
Korb mit / Zukunft auf jedes Grab legen. /
Er muss seine Galauniform tragen. / Außer-
dem muss er die Geschirrspülmaschinen /
aller Eltern leeren, die Pflichten ihrer Söh-
ne und Töchter übernehmen. / Zum Fuß-
ball gehen, zum Sport gehen, in den Chö-
ren singen, er bekommt/ viel zu tun. Er
muss ein Gutenachtlied / für jeden Einzel-
nen aufnehmen.“

Draußen in der Stadt schwappen neue
Touristentrupps durch die Straßen und
den Regen. Die SUV-Dichte scheint noch
höher zu sein als in München. Hier drin-
nen, im Museumsshop, verkaufen sie ein
Fotobuch mit dem Titel „240 Landscapes“,
ein Norwegenporträt der anderen Art: Der
Fotograf Helge Skodin hat quer durchs
Land Auffahrten, Garagen, Bürgersteige
fotografiert, von Oslo bis Spitzbergen. Auf
jedem Bild ist ein Volvo 240 zu sehen. Das
Auto, das in den Achtzigerjahren den skan-
dinavischen Sozialstaat symbolisierte,
langsam, solide, Familie. Eckig, sicher, be-
häbig.
„Genau so war Norwegen damals“, sagt
Skodvin, der sich schnell auf einen Tee
trifft, in Bergen ist ja alles fußläufig erreich-
bar. „Und dann kam der Neoliberalismus.
Schwindelerregende Einkommensunter-
schiede. Jeder wollte seinen Audi, Merce-
des, BMW.“ Heute gibt es noch ein paar tau-
send 240. Skodvin hat rund 500 davon foto-
grafiert. Sein Bildband ist beides, diskrete

Reminiszenz an eine gerechtere Zeit und
ironisches Porträt der Gegenwart.
Abends dann noch ins Cafe Opera. Hen-
ning Bergsvåg hat eine Lyrikerin aus
Trondheim eingeladen, einen Essayisten
und ein paar Studenten aus der Schreibaka-
demie, die ihre Sachen direkt aus dem Han-
dy vorlesen. Obwohl an dem Abend Film-
fest ist und zwei andere Lesungen stattfin-
den, ist das Café brechend voll. Bergsvåg
ist so eine Art norwegisches Literaturbe-
triebskraftwerk. Wenn er nicht gerade
selbst an einem Roman schreibt, veranstal-
tet er Lesungen. Er hat eine Anthologie mit
Bergener Autorinnen und Autoren zusam-
mengestellt, mit der und mit denen er
nach Frankfurt kommen wird. Er freut
sich einerseits, dass die Literatur so groß-
zügig gefördert wird: Allein für den Buch-
messenauftritt zahlt Norwegen fünf Millio-
nen Euro. Und jedes Buch, das halbwegs
taugt, wird, noch bevor es in die Läden
kommt, dank staatlicher Finanzierung
schon an rund 800 Bibliotheken ausgelie-
fert, so dass in diesem gesegneten Land
auch Lyrik garantierte Auflagen hat. Es
gibt hervorragende Schreibschulen und
viele Stipendien. Aber klar, sagt Bergsvåg,
„es ist alles schmutziges Geld. Das Öl finan-
ziert das ganze Land.“ Er schmatzt leise.
„Deshalb haben wir alle nachts einen fauli-
gen Geschmack im Mund – und versuchen
dann am nächsten Tag wieder, Gold dar-
aus zu machen.“
Tomas Espedal übrigens fängt nach der
Messe wieder an mit Schreiben. „Keine Le-
sung, keine Reisen, keine Interviews. Und
jeden Tag von fünf Uhr nachmittags bis
Mitternacht ins Textbergwerk.“ Er freut
sich mitten in seinen Ferien ungefähr so
darauf wie andere sich auf ihre Ferien freu-
en. Und alles diesmal garantiert ohne Ich.

Immer diese verdammten Kreuzfahrtschiffe

Ferien vom Ich: Eine Tour mit dem Schriftsteller Tomas Espedal und ein paar Freunden


durch die Stadt Bergen – auf den Spuren des erstaunlichen Erfolgs der norwegischen Literatur


Bielefeld ist ein Ort, um den sich diverse
Trivialmythen ranken, allen voran der zu
häufig bemühte Scherz, die Stadt existiere
in Wahrheit gar nicht. Die polnische
Schriftstellerin Olga Tokarczuk, der diese
Geschichte nicht bekannt sein dürfte,
befand sich nach eigenen Angaben auf
einem Parkplatz zwischen Berlin und
Bielefeld, „in einem namenlosen Zwischen-
raum“, als sie die telefonische Nachricht
erreichte, dass die Nobelpreisjury ihr den
nachgereichten Literaturnobelpreis des
Jahres 2018 zuerkannt habe. „Ich war
fassungslos“, so Tokarczuk, „in diesem
Zustand erreichte ich Bielefeld.“
Dort sollte die in Deutschland bislang
eher als Geheimtipp gehandelte Autorin in
der Stadtbibliothek ihren soeben in deut-
scher Übersetzung erschienenen Roman
„Die Jakobsbücher“ vorstellen; stattdes-
sen erwartete sie der Bürgermeister in vol-
lem Ornat, inklusive goldener Amtskette.
Als frisch gekürte Literaturnobelpreis-
trägerin war Tokarczuk nun kurzfristig
auf das Podium der Eröffnungspresse-
konferenz der 71. Frankfurter Buchmesse
geladen worden, und naturgemäß konzen-
trierte sich die Aufmerksamkeit der Presse-
vertreter in erster Linie auf den Auftritt der

1962 geborenen Schriftstellerin und stu-
dierten Psychologin.
Darüber soll allerdings nicht verschwie-
gen werden, dass zuvor Francis Gurry,
Generaldirektor der World International
Property Organisation, eine kurze, aber
geschliffene und instruktive Rede hielt, in
der er die Herausforderungen für das Urhe-
berrecht im digitalen Wandel skizzierte.
Daten, so Gurry, würden auch zukünftig in
genau der Art und Weise genutzt, in der es
eben möglich sei. Von Beschränkungen
werde sich niemand aufhalten lassen, im
Gegenteil: „Die Geschwindigkeit der tech-
nischen Veränderung ist so schnell, dass
wir nicht in der Lage sind, ihr zu folgen.“
Gurry warf auch die Frage auf, inwieweit
von künstlichen Intelligenzen unter Ver-
wendung von Algorithmen erzeugte Texte
urheberrechtlich relevant sein könnten.
Anders ausgedrückt: Ist nur menschliche
Autorschaft durch das Copyright ge-
schützt?
Die Literaturnobelpreisträgerin Olga To-
karczuk hingegen formulierte in ihrem
Beitrag weit konkretere Schwierigkeiten
von Schriftstellern im Hinblick auf den
digitalen Wandel: Schreiben sei ein lang-
sames Gewerbe, das Zeit brauche, um die

richtigen Worte zu finden. Unabhängig
vom Medium glaube sie an eine Literatur,
die Menschen bei allen äußerlichen Unter-
schieden wie Hautfarbe und sexuelle
Orientierung miteinander verbinde. „Ich
gehöre“, so formulierte es Tokarczuk, „zu
einer tief verwurzelten, multikulturellen
polnischen Tradition, die vielleicht nicht
mehr allen bewusst ist. Aber Polen ist aus
einer Verflechtung unterschiedlichster
Kulturen entstanden.“ Als eine ihrer Refe-
renzgrößen nannte Tokarczuk den 1942
ermordeten jüdisch-galizischen Schrift-
steller Bruno Schulz, „der die schönsten
polnischen Sätze geschrieben hat.“
Olga Tokarczuk hatte sich in der Vergan-
genheit immer wieder den Unmut der in
Polen regierenden nationalkonservativen
PiS-Partei zugezogen. Umso überraschen-
der wirkte ihr Bekenntnis in Frankfurt, sie
sei nur „im weitesten Sinne des Begriffs
politisch: Politisch ist, was wir essen, wie
wir leben, wie wir kommunizieren.“
Auf die Frage, ob das Ergebnis der Parla-
mentswahl vom vergangenen Sonntag, bei
der die PiS-Partei erneut die absolute
Mehrheit in Polen erzielte, ihr Sorgen berei-
te, wurde Tokarczuk dann doch konkret:
In Polen herrsche ein Kulturkrieg. Die Ver-

suche der Regierung, die Kontrolle über
Museen und Theater zu bekommen, be-
unruhigten sie ebenso wie die freiwillige
Selbstzensur mancher Kollegen aus Angst
vor politischen Repressionen.

Olga Tokarczuk richtete darüber hinaus
eine demonstrative Grußadresse an Peter
Handke, dessen Auszeichnung mit dem
Literaturnobelpreis 2019 auf heftige Kritik
gestoßen war: „Ich möchte Peter Handke

auf das Herzlichste gratulieren und die
Überzeugung formulieren, dass wir den Bo-
den unter den Füßen behalten werden.“
Auf der Frankfurter Buchmesse lässt
sich immer auch die Stimmung in der Ver-
lagsbranche messen. Nach dem Schock
des Jahres 2018, ausgelöst durch eine vom
Börsenverein des Deutschen Buchhandels
in Auftrag gegebene Studie, nach der zwi-
schen 2012 und 2017 sechs Millionen Buch-
käufer verloren gegangen sind, schlug Bör-
senvereins-Vorsteher Heinrich Riethmül-
ler optimistische Töne an: Die Nachfrage
nach Sachbüchern sei 2018 um fünf, 2019
bislang sogar um knapp zehn Prozent ge-
stiegen, so Riethmüller, der sein Vorsteher-
Amt nach der Buchmesse turnusmäßig an
die im Juni gewählte Mainzer Verlegerin
Karin Schmidt-Friderichs abgibt. Die Zah-
len für die ersten drei Quartale des laufen-
den Jahres stimmen Riethmüller hoff-
nungsvoll: Gegenüber 2018 sind die Umsät-
ze insgesamt um 2,5 Prozent angestiegen.
„Es gelingt uns, uns in der wachsenden Me-
dienkonkurrenz zu behaupten“, so Rieth-
müller. Der Auftakt ließ anklingen: Die 71.
dürfte eine politische und von Branchenop-
timismus getragene Frankfurter Buchmes-
se werden. christoph schröder

(^12) LITERATUR Mittwoch, 16. Oktober 2019, Nr. 239 DEFGH
Für Literaturförderung gibt es
hier unglaublich viel Geld. Aber es
kommt aus schmutzigen Quellen

Boden unter den Füßen
Die Buchmesse beginnt mit Zuversicht und einem Besuch der frischgebackenen Nobelpreisträgerin Olga Tokarczuk
Frankfurter BuchmesseBranchenoptimismus, politische Debatten und Einblicke ins literarische Leben des Gastlandes Norwegen
Karl Ove Knausgård, der 14 Jahre in Bergen gelebt hat, schrieb mal von der „unglaublichen Kraft dieser regenschimmernden, westnorwegischen Stadt“. FOTO: MICHAEL NARTEN/PICTURE ALLIANCE
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Olga Tokarczuk sprach am Dienstag auf der Eröffnungspressekonferenz der Frank-
furter Buchmesse. FOTO: GETTY IMAGES
Tomas Espedal schimpft oft über Bergen
und seine „furchtbar langweiligen, unin-
teressanten Bürger“, lebt aber bis heute
sehr gerne hier. FOTO: GERHARD LEBER/IMAGO
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