Süddeutsche Zeitung - 16.10.2019

(lily) #1
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von stefan mayr

Stuttgart – Auf dem Weg zum Bespre-
chungsraum wirkt sie noch sehr ernst, um
nicht zu sagen, schlecht gelaunt. Aber kurz
vor der Türschwelle beginnt sie zu lächeln.
Und die folgende Stunde gibt sich Renata
Jungo Brüngger freundlich, geduldig, nett.
Schlechte Laune? Keine Spur.
Der kräftige Händedruck passt gut zu
der 58-jährigen Hobbybergsteigerin, die
seit 2016 dem Daimler-Vorstand angehört.
Als Chefin des Ressorts Integrität und
Recht muss man zupacken und Dinge vom
Tisch wuchten können, man muss Sachen
mit sofortiger Wirkung wegstecken. Und
deshalb wohl auch ein freundliches Lä-
cheln anknipsen können, obwohl es einem
ganz anders zumute ist.

Die Züricher BoulevardzeitungBlickhat
die Juristin als „mächtigste Schweizerin
der Weltwirtschaft“ bezeichnet. Sie selbst
spielt das mit schweizerischem Zungen-
schlag herunter: „Das ist schmeichelhaft,
aber solche Superlative liegen mir nicht be-
sonders.“ Als oberste Juristin ist sie immer-
hin für alle Rechtsstreitigkeiten auf der
ganzen Welt verantwortlich, die dieser glo-
bal tätige Konzern ausfechten muss. Und
das sind nicht wenige zurzeit, zu den übli-
chen Problemen gesellen sich in jüngster
Vergangenheit die Dieselaffäre oder diver-
se Kartellverfahren.
Während ihre Vorstandskollegen auf
prächtig ausgeleuchteten und beschallten
Bühnen polierte Fahrzeuge präsentieren,
wirkt Jungo Brüngger stets im Hinter-
grund. Dabei ist auch sie für Milliarden-
summen zuständig, nur unter anderen Vor-
zeichen: Sie muss mit ihrem 1000-köpfi-
gen Ressort möglichst geräuschlos und
günstig Bußgelder und Klagen aus der
Welt schaffen. Je weniger sie im Blick-
punkt steht, desto besser ist ihre Arbeit. So
gehört sie zwar zu den unbekannteren Vor-
standsmitgliedern des Konzerns, aber seit
der Dieselaffäre ist klar: Ihr Job ist mindes-
tens genauso wichtig wie der des Entwi-
cklungs- oder Vertriebsvorstands.
Ihre Arbeit schlägt sowohl aufs Konto
als auch auf den Ruf des Unternehmens
durch. Beides hat zuletzt vor allem durch
die Dieselkrise gelitten: Im Sommer muss-
te Daimler die Rückstellungen um weitere
1,6 Milliarden Euro aufstocken. Hatten die-
se Ende 2016 noch bei 11,8 Milliarden betra-
gen, sind es heute mehr als 18 Milliarden
Euro.
Zuletzt musste Daimler 870 Millionen
Euro Bußgeld zahlen und zum wiederhol-
ten Male Hunderttausende Dieselautos zu-
rückrufen, weil deren Motoren auf der Stra-
ße laut Kraftfahrtbundesamt (KBA) mehr
Schadstoffe ausstoßen als erlaubt. Ein En-
de des Themas ist noch nicht in Sicht, die
Staatsanwaltschaft Stuttgart ermittelt we-
gen Verdachts auf Betrug. Auch die US-Jus-
tiz prüft, ob Daimler bei den Emissionswer-
ten geschummelt hat.

Die Diesel-Affäre ist Jungo Brünggers
wichtigstes Thema, aber sprechen darüber
will oder kann sie nicht. „Dazu äußern wir
uns nicht“, sagt sie und lächelt freundlich.
In diesem Moment bestätigt sich, was ein
Kollege über sie sagt: „Sie ist sehr, sehr
taff, aber dabei nicht unfreundlich.“ Ob
heute alle Daimler-Mitarbeiter sauber ar-
beiten?
Diese Frage schwächt ihr Lächeln nur
minimal ab. Sozusagen von freundlich zu
nicht unfreundlich. „Wir haben 300 000
Mitarbeiter, das ist eine Großstadt wie
Mannheim“, sagt sie. Ihr Ressort schule
das Personal „laufend“. Aber wo Menschen
arbeiten, „können auch Fehler passieren“.
Da spiegele sich die Gesellschaft wider.
Bundesverkehrsminister Andreas
Scheuer sieht das etwas anders. Der CSU-
Politiker hat Daimler-Chef Ola Källenius
im Zusammenhang mit dem jüngsten
Rückruf von 260000 Sprinter-Vans „Trick-

serei“ und „Salamitaktik“ vorgeworfen.
Daimler hatte den Rückruf mit der Aussa-
ge kommentiert, man kooperiere mit den
Behörden – und lege gleichzeitig Wider-
spruch gegen den Bescheid des KBA ein.
Scheuer kritisiert diese Stellungnahme
und wirft Källenius viaBild am Sonntagei-
ne „Vernebelungsaktion“ vor. Verschweigt
Daimler tatsächlich Fakten oder will Scheu-
er mit seiner Tirade nur von seinen Proble-
men mit der gescheiterten Pkw-Maut ab-
lenken? Renata Jungo Brüngger sagt dazu:
nichts. Wohl auch, weil man beim Thema
Diesel auch als hochqualifizierte Juristin
an seine Grenzen stößt; längst geht es
nicht nur ums Rechthaben im juristischen
Sinn – sondern vor allem um Politik.
In jedem Fall hat der Streit eine neue Di-
mension erreicht: Früher passte kein Blatt
Papier zwischen Verkehrsminister und Au-
toindustrie – jetzt trennen sie Welten. Ob
das an Daimlers Vorgehen liegt oder eher
an Scheuers Mautaffäre? Die Wahrheit
liegt irgendwo dazwischen.
Bislang musste Daimler 1,2 Millionen
Fahrzeuge zurückrufen, und es ist gut mög-
lich, dass weitere Rückrufe folgen. So ein
Skandal kann auch die Existenz eines Un-
ternehmens gefährden oder Investitionen
in Zukunftstechnologien schmälern, die
derzeit wichtiger sind denn je. Deshalb will
Jungo Brüngger einen weiteren Dieselfall
verhindern, sie zieht Sicherheitsnetze ein,
die viel früher greifen als bisher. Also
schon bei der Entwicklung, weit bevor ein
Produkt auf den Markt kommt. „Ich verste-

he mich als Risikomanager im Unterneh-
men“, sagt sie. „Sie müssen zukünftige Risi-
ken erkennen, minimieren und präventiv
wirken. Nur so werden sie beherrschbar.“
Pro Tag gebe es weltweit 200 neue Regelun-
gen und Gesetze, die Daimler einhalten
muss.
Damit die nächste Affäre erst gar nicht
aufpoppt, tüftelt sie mit ihrem Team an ei-
nem „Technical-Compliance-System“
und an einem „Daten-Compliance-Sys-
tem“. Diese Systeme klingen nicht nur kom-
plex, sie sind es auch. „Gesetze und Regu-
lierungen kann man immer interpretie-
ren“, betont Jungo Brüngger. Ihr System
soll „von Anfang an“ verhindern, dass Ent-
wickler bei ihrer Arbeit auf eine schiefe
Bahn geraten. Es ist eine extrem sperrige
Aufgabe, da kann einem das Lächeln im Ge-
sicht durchaus einfrieren. Aber bei aller
Komplexität und Kostspieligkeit: Unter
dem Strich soll das System noch mehr Geld
und Ressourcen sparen. Und Nerven.
Wenn es klappt, steht Renata Jungo
Brüngger da als die stille und elegante Vor-
Abräumerin aller Probleme. Und damit
auch wirklich kein Skandal mehr durch-
rutscht, hat sie ein Team aufgebaut, das
die Rechtsabteilung digitalisieren soll.
„Wir wollen künstliche Intelligenz einset-
zen, um Effizienzen zu heben“, sagt sie.
„Da müssen wirup to speedsein.“ In den
USA werde unter Juristen diskutiert, dass
Rechtsabteilungen und Kanzleien stets die
neuesten KI-Technologien einsetzen müs-
sen. Ansonsten könnten Aktionäre „auf die

Idee kommen, dass das Unternehmen
nicht effizient aufgestellt ist“, mahnt Jun-
go Brüngger. „Das ist ein Fehler, den man
sich nicht leisten kann.“
Weitere dicke Bretter für Renata Jungo
Brüngger sind die neuen Ansprüche der Au-
tokäufer: Die Menschen wollen einen Wa-
gen haben, bei dessen Produktion keine
Menschenrechte verletzt wurden, und die
frei von Tierprodukten sind. Sie hat des-
halb ein System aufgebaut, das die Liefer-
ketten des Konzerns durchleuchtet. Einem
indischen Lieferanten hat Daimler schon
gekündigt. Aber Jungo Brüngger räumt
ein, dass es eine Garantie nie geben kann:
Man könne Risiken allenfalls minimieren
und müsse „immer wieder überprüfen“.

Und wird es demnächst einen Mercedes
geben, frei von tierischen Bestandteilen?
„Wir haben uns das in der Theorie ange-
schaut“, sagt Jungo Brüngger. Aber das
Thema sei „komplexer als man denkt“. Es
gehe „nicht nur um Ledersitze“, sondern
auch um Schmierstoffe. Der vegane Merce-
des wird wohl noch auf sich warten lassen.
Renata Jungo Brüngger wurde in Fri-
bourg geboren. Nach ihrem Jurastudium
war sie zunächst als Anwältin tätig, dabei
machte sie berufsbegleitend ein Zusatzstu-
dium in internationalem Handelsrecht mit

den Schwerpunkten Technologie- und In-
formationsrecht. Danach war sie Chefjuris-
tin der Metro AG, bevor sie 2011 als Be-
reichsleiterin zu Daimler wechselte. Heute
ist sie eine von zwei Frauen im Vorstand.
Mit einem Frauenanteil von 25 Prozent
in der Konzernspitze steht Daimler viel bes-
ser da als viele andere Dax-Unternehmen


  • oder auch Schweizer Firmen. In ihrem
    Heimatland sei das Verhältnis im Top-Ma-
    nagement „immer noch sehr, sehr einsei-
    tig“, klagt Jungo Brüngger; Programme
    zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf ge-
    be es dort kaum. „Beim Thema Familie
    und Gesellschaft ist die Schweiz immer
    noch sehr konservativ“, sagt sie. Erstaunli-
    che Töne für eine, die jahrelang in der
    Christlichdemokratischen Volkspartei
    (CVP) politisch aktiv war. Sie saß im Bun-
    desvorstand der CVP-Frauen, und im Züri-
    cher Vorort Schlieren wäre sie „beinahe im
    Stadtparlament gelandet“, wie sie es for-
    muliert. Heute ist sie passives Parteimit-
    glied und sagt zur Gleichberechtigung in
    der Schweiz: „Man kann schon überlegen,
    ob da ein Anstoß helfen würde.“
    An den Wochenenden fährt sie dennoch
    gerne zurück in die Heimat – wo ihr Mann
    lebt, mit dem sie regelmäßig Bergtouren
    unternimmt. Dieses Mal soll es ins Safien-
    tal gehen, „3100 Meter werden es schon
    werden“, sagt sie und strahlt. Die Vorfreu-
    de ist unübersehbar. Doch nach dem Ge-
    spräch, auf dem Flur, wird die Miene wie-
    der schlagartig finster. Es gibt bei Daimler
    offenbar noch sehr viel abzuräumen.


Sie kritisiert die
Lage der Frauen in
der Schweiz

„Ich verstehe mich als Risiko-Manager im Unternehmen“, sagt Renata Jungo Brüngger. FOTO: OH

A


ls die EU-Kommission vor etwas
mehr als einem Jahr ihren Verhal-
tenskodex gegen Desinformation
im Netz vorstellte, tat sie das auch mit
Blick auf die damals anstehenden Europa-
wahlen: „Online-Plattformen müssen vor
allem in dieser entscheidenden Phase vor
den Wahlen als verantwortungsvolle sozia-
le Akteure auftreten“, sagte EU-Kommissa-
rin Mariya Gabriel damals. „Sie müssen
ihr Möglichstes tun, um die Verbreitung
von Desinformation zu stoppen.“ Inzwi-
schen sind die Wahlen vorbei. Für eine ab-
schließende Bewertung ist es noch zu früh
ist, aber als vorläufiges amtliches Ender-
gebnis lässt sich festhalten: Der ganz gro-
ße Angriff auf die demokratischen Prozes-
se ist offenbar ausgeblieben.
Damit ist das Thema aber nicht vom
Tisch. Die EU-Kommission will im Herbst
Bilanz ziehen, was der Verhaltenskodex ge-
bracht hat: Darin haben sich Plattformen
wie Facebook, Twitter oder Google etwa da-
zu verpflichtet, mehr gegen Fake Accounts
zu unternehmen, oder politische Werbung
besser als solche zu kennzeichnen. Die
künftige Kommissionspräsidentin Ursula
von der Leyen hat einen „Aktionsplan für
Demokratie“ angekündigt, mit dem sie un-
ter anderem „mehr Transparenz bei be-
zahlter politischer Werbung“ schaffen
möchte. Und erst vor wenigen Tagen hat
das Europaparlament eine Resolution ver-
abschiedet, in der sie die EU-Kommission
auffordert, dranzubleiben: Immerhin fän-
den bis Ende 2020 in den EU-Mitgliedstaa-
ten noch mehr als 50 Präsidentschafts-,
Parlaments- und Regionalwahlen statt.

Gerade beim Feld der politischen Wer-
bung stellen Forscher der Technischen Uni-
versität München nun aber die Frage, ob
die bisherigen Maßnahmen der EU-Kom-
mission dem tatsächlichen Geschehen im
Netz ausreichend abbilden. Denn den Wis-
senschaftlern zufolge werden in Deutsch-
land sehr viele Inhalte, die wie Werbeanzei-
gen daher kommen, von dem Verhaltensko-
dex gar nicht erfasst.
Für die Untersuchung hat das Team um
Simon Hegelich, Professor für politische
Datenwissenschaft, für den Europawahl-
kampf in Deutschland jene Archive ausge-
wertet, in denen Facebook und Co Daten
über politische Werbeanzeigen und die
Ausgaben für solche Anzeigen auf ihren
Seiten zugänglich machen – die Einrich-
tung dieser Archive war Kernbestandteil
des Verhaltenskodex der EU-Kommission.
„Aus den Daten, die wir von den Plattfor-
men bekommen haben, kann man sehen,
dass die politischen Parteien begonnen ha-
ben, mit personalisierter Werbung zu expe-
rimentieren“, sagt Simon Hegelich. Dem-
nach haben CDU und SPD mit jeweils etwa
300000 Euro am meisten Geld für perso-
nalisierte Werbung bei Facebook ausgege-
ben. Die AfD dagegen hat nur einen Bruch-
teil dessen ausgegeben, etwa 22 000 Euro


  • ein Ergebnis, das nicht zu anderen Stu-
    dien zu passen scheint, nach denen 85 Pro-
    zent aller weiterverbreiteten Beiträge deut-
    scher Parteien bei Facebook von der AfD
    stammen, und jeweils nur etwa zwei bis
    drei Prozent von Union und SPD.
    Der scheinbare Widerspruch lässt sich
    jedoch leicht erklären: Die Archive der sozi-


alen Netzwerke verzeichnen bislang aus-
schließlich bezahlte Werbeanzeigen, zum
Beispiel aber nicht die seit ein, zwei Jahren
so beliebten Kacheln aus Politikerfoto, Zi-
tat und Logo, oder andere Inhalte, die von
einer klassischen Werbeanzeige kaum zu
unterscheiden sind – und die sich oft tau-
sendfach verbreiten, ohne dass Facebook
dafür bezahlt würde. Simon Hegelich sagt:
„Wenn eine Partei selbst einen Beitrag er-
stellt, und ihre Leute aufruft, den in den
Netzen zu teilen, dann ist das keine politi-
sche Werbung im herkömmlichen Sinne.“

Das ist instinktiv richtig – seine Mei-
nung zu äußern, und sei es durch Zustim-
mung zur Meinung anderer, ist als essenti-
eller Teil des öffentlichen Diskurses von
der Meinungsfreiheit geschützt. Tobias
Schmid findet dennoch, dass diese Art der
politischen Kommunikation und ihre Wir-
kungen besser erforscht werden sollte.
Schmid ist Direktor der Landesmedienan-
stalt von Nordrhein-Westfalen und hat He-
gelichs Studie gemeinsam mit seinen Kolle-
gen aus Bayern, Berlin-Brandenburg und
Rheinland-Pfalz in Auftrag gegeben.
„Über solche unbezahlte Botschaften, die
nicht offensichtlich als Werbung gebucht
werden, wissen wir noch nicht genug“, sagt
er. „Die müsste man untersuchen und her-
ausfinden: Ist das einfach eine Art von Mei-
nungsäußerung, oder stehen dahinter sys-

tematische Mechanismen?“ Schmid zufol-
ge wäre etwa zu klären, ob solche Botschaf-
ten nur von Menschen oder auch von Bots
verbreitet werden. Wenn echte Menschen
dahinterstecken – arbeiten die umsonst
oder werden sie bezahlt, und wenn ja: von
wem? Im zweiten Fall könnte es sich
Schmid zufolge um einen versteckten Weg
zur Parteienfinanzierung handeln.
Hegelich zufolge gibt es aber noch einen
weiteren Grund, warum es so schwierig ist,
das Thema politische Werbung zu fassen
zu kriegen: „Bis jetzt definiert jede Platt-
form selbst, was sie unter Werbung ver-
steht.“ Und nicht nur das: Facebook etwa
hält Anzeigen zu bestimmten Themen un-
abhängig vom konkreten Auftraggeber für
politische Werbung – welche Themen da-
zu gehören, kann aber von Land zu Land
unterschiedlich sein, so wie auch die Geset-
ze zu politischer Werbung in den Mitglied-
staaten unterschiedlich sind. Eine Zersplit-
terung, mit der offenbar nicht einmal Face-
book selbst zufrieden ist. Als die Internet-
plattformen kürzlich von der Organisation
„Privacy International“ in einer Studie da-
für gerügt wurde, in unterschiedlichen
Ländern unterschiedlich Maßstäbe in Sa-
chen Transparenz anzulegen, reagierte
Facebook mit einer Stellungnahme: „Unse-
re Verfahren wären wirkungsvoller, wenn
Regulierung gemeinsame Standards schaf-
fen würde.“ karoline meta beisel

Achim Wambach , Präsident des For-
schungsinstituts ZEW, rechnet nach wie
vor mit einer sich weiter verschlechtern-
den Konjunktur in Deutschland. Bezie-
hungsweise seine Mitarbeiter prognosti-
zieren das, die das ZEW-Barometer kal-
kulieren, das auf Umfragen unter Finanz-
marktexperten basiert. Das Barometer
für deren Erwartungen für das nächste
halbe Jahr sank im Oktober um 0,3 auf
minus 22,8 Punkte, wie das Mannhei-
mer ZEW zu seiner monatlichen Umfra-
ge unter 190 Analysten und Anlegern
mitteilte. Von Reuters befragte Ökono-
men hatten mit einem stärkeren Rück-
gang auf minus 27,0 Zähler gerechnet.
Die Konjunkturlage bewerteten die Bör-
sianer allerdings so schlecht wie seit
April 2010 nicht mehr. „Die jüngst erziel-
te Einigung im Han-
delsstreit zwischen
den USA und China
scheint derzeit nicht
zu einer Verringe-
rung der Konjunktur-
skepsis zu führen“,
sagte ZEW-Präsi-
dent Wambach(FO-
TO: RUMPF). reuters

Matthew Levatich , 54, Chef von Harley-
Davidson, hört auf zu summen. Der
Konzern stoppt die Produktion und die
Auslieferung seiner neuen Elektro-Mo-
torräder. Grund sei ein Fehler, der bei
den abschließenden Qualitätsüberprü-
fungen entdeckt worden sei, teilte das
US-Unternehmen mit. Weitere Tests
seien notwendig. Der Konzern nannte
keinen Zeitpunkt, von dem an die Pro-
duktion wieder aufgenommen werde.
Zuletzt hatte Harley-Davidson kaum
neue Käufer für die „LiveWire“-Motorrä-
der gefunden. Laut Nachrichtenagentur
Reuters schrecken jüngere Kunden vor
allen vor dem Preis zurück. Die Maschi-
nen kosten knapp 30 000 Dollar, das ist
fast so viel wie ein Tesla Model 3. Leva-
tich(FOTO: BLOOMBERG)hatte gehofft, mit den
E-Motorrädern endlich jüngere Kunden
anzuziehen. Das
116 Jahre alte Unter-
nehmen kämpft
damit, dass die Kun-
den immer älter
werden. Harley-Da-
vidson verkauft
mehr als die Hälfte
seiner Motorräder in
den USA.reuters

Svenja Schulze , 51, Umweltministerin,
zeigte sich nach dem Treffen mit Vertre-
tern aus Handel, Industrie und Verbrau-
cherschutz zufrieden. Getroffen hat sich
der zweite Runde Tisch zur Vermeidung
von Verpackungsmüll. Auf konkrete
Ziele haben sich Handel, Industrie und
Politik aber nicht geeinigt. Seit dem
ersten Runden Tisch zu dem Thema im
Februar habe sich „extrem viel bewegt“,
sagte Schulze(FOTO: DPA). So sei zwischen
Handelsunternehmen ein Wettbewerb
um die besten Lösungen zur Plastikver-
meidung entbrannt, lobte die Ministe-
rin. Viele Ketten würden inzwischen
etwa Mehrwegverpackungen für Obst
und Gemüse, aber auch Waren von der
Frischetheke anbieten. Auf einem weite-
ren Treffen des runden Tisches will die
Ministerin einheitliche Standards für
besser wiederver-
wertbare Verpackun-
gen festlegen. Auch
der Einzelhandel
verwies auf zahlrei-
che Veränderungen.
So sei das Angebot
unverpackten Obs-
tes etwa stark gestie-
gen. dpa

Die stille


Abräumerin


Renata Jungo Brüngger wirkt bei Daimler
im Hintergrund, gehört aber zu den
wichtigsten Vorständen. Die Chefjuristin ist
verantwortlich für den geräuschlosen
Umgang mit Krisen und Affären

(^16) WIRTSCHAFT Mittwoch, 16. Oktober 2019, Nr. 239 DEFGH
Mehr Transparenz
Die EU-Kommission hat vor einem Jahr ihren
Verhaltenskodex gegen Desinformation im Netz
vorgestellt. In diesem Herbst will sie Bilanz ziehen.
Doch es gibt bereits ein erstes Resümee: Der ganz
große Angriff auf die demokratischen
Prozesse ist ausgeblieben
LEX DIGITALIS
„Bis jetzt definiert jede
Plattform selbst, was sie
unter Werbung versteht.“

An dieser Stelle schreiben jeden Mittwoch Marc
Beise, Karoline Meta Beisel (Brüssel), Christoph
Giesen (Peking), Helmut Martin-Jung (München)
und Jürgen Schmieder (Los Angeles) im Wechsel.
MITTWOCHSPORTRÄT
Schlechter Ausblick
Elektro-Defensive
Plastik zu Tisch

PERSONALIEN
„Sie ist sehr, sehr taff“,
sagt ein Kollege, „und dabei
nicht unfreundlich.“

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