16 leben FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG, 20. OKTOBER 2019, NR. 42
S
chon auf der Autobahn hat der
Gast,zum Studium der Fischgerich-
te auf dem Weg nach Husum, einen
Lkw des Meeresfrüchte- und Fischliefe-
ranten Heiploeg aus dem niederländi-
schen Zoutkamp überholt und gewitzelt:
„Da kommen die Krabben für Husum
vom Pulen aus Marokko zurück.“ Das
stimmt nicht mehr so ganz. Jedenfalls be-
müht man sich in der Hafengemeinde,
wo zeitgleich mit dem Besuch die alljähr-
lichen „Krabbentage“ stattfinden, immer
wieder zu versichern, dass die Krabben
jetzt auch vor Ort gepult würden.Bei den
Krabbentagen gibt es dann neben einem
Azubi-Kochwettbewerb natürlich einen
Pul-Wettbewerb, viele Krabbenbrötchen
sowie allerlei kreative Versuche, wie etwa
ein Vanille-Softeis mit Krabben. So et-
was schafft es hier als Sensation bis in die
örtliche Presse.
Dominant ist aber eher ein traditionel-
les Angebot – von Rührei mit Krabben
bis zu Krabben mit Spiegelei und Brat-
kartoffeln. Die Krabbensuppe im „Rats-
keller“ direkt am Marktplatz kostet 9,
Euro, fast so viel wie die Tagesgerichte.
Sie schmeckt nach Krabben, hat aber
eine so altertümliche Bindung abbekom-
men, dass sie industriellen Produkten
ähnlich ist. Eines der Tagesgerichte hier,
der „Seelachs in Eihülle mit Bratkartof-
feln, Sauce Remoulade und gemischtem
Salat“ (9,70 Euro), schmeckt sehr rusti-
kal. Die Hülle sorgt für eine braune Op-
tik und hat eine Konsistenz, die nicht je-
dermann erfreuen dürfte. Den Fisch
muss man erst freilegen, um festzustel-
len, dass er im Prinzip von seriöser Fri-
sche ist. Aber wie soll er sich angesichts
dieses kräftigen Zugriffs der Küche mit
stark gerösteten Kartoffeln, Zwiebeln
und Speck behaupten können? Die
Sauce immerhin schmeckt erst mal nicht
übel, sondern mild und beinahe individu-
ell. Am Abend wird man allerdings exakt
die gleiche Sauce in einem anderen Re-
staurant abermals probieren dürfen.
Der Weg führt entlang der vielen Re-
staurants am alten Hafen. Es gibt „Kut-
terscholle“ und „Scholle Husumer Art“
und „Husumer Kutterscholle“, Fisch mit
Senfsauce oder Senfsaatsauce oder Pann-
fisch mit Senfsauce. Die Gerichte insge-
samt könnten aus einer zentralen unterir-
disch gelegenen Husumer Fischküche
kommen, die nahezu alle mit dem glei-
chen Essen beliefert.
Der Gast verharrt vor den Werbeta-
feln eines Restaurants und registriert er-
freut Steinbutt, Jakobsmuscheln und Aal.
„Ein Lichtblick“, denkt er. Aber nein,
nichts davon ist auf der aktuellen Karte,
alles bleibt im Bratkartoffelmodus. Gibt
es in Husum keine anderen Fische mehr?
Das einzige Restaurant des Ortes mit
einer Bewertung in einem Gourmetfüh-
rer verzeichnet Färöer-Lachs und Fluss-
zander. Auch das ist nicht wirklich nahe-
liegend. Im „Wiesendanger“ geht es bei
maritimem Dekor entspannt und gemüt-
lich zu. Man wird das Restaurant aller-
dings nicht in diesem Zustand verlassen;
es stellt sich heraus, dass die Fischgerich-
te durch Größe und Bestandteile ein Völ-
legefühl hinterlassen, als ob man vier
oder fünf Gänge gegessen hätte.
Die „Husumer Scholle mit Speck, Pe-
tersilienkartoffeln und Salat“ (15,
Euro) ist groß und komplett gebräunt.
Diese Röstnoten von der Bauchseite ent-
puppen sich als viel zu kräftig. Die Ga-
rung im Ganzen und in viel Fett mag tra-
ditionell sein, und sensibel behandelt,
hat die Scholle ein feines, identifizierba-
res Aroma. Speck dazu einzusetzen, mag
sinnvoll gewesen sein, als man aus einem
eher kalorienarmen Material wie einer
Scholle ein nahrhaftes Essen zubereiten
wollte. Heutzutage wirkt dieser grobe
Zugriff irritierend.
Die „Fischplatte – Drei verschiedene
Fischfilets mit Bratkartoffeln und Salat“
(16,90 Euro) ist ein mächtiger Teller mit
durchaus gut aussehenden Stücken von
Seelachs, Rotbarsch und Dorsch – vor al-
lem wegen einer ansehnlich hellbraunen
Butterkruste. Leider ist das Fischfleisch
Meilen von einem weißen, festen, sauber
schmeckenden Optimum entfernt. Der
Versuch des Gastes, bürgerliche Fischkü-
chen-Traditionen zu finden, die schme-
cken und Lust auf mehr machen – hier
blieben die Netze leer.
Fischrestaurant „Wiesendanger“, Hafenstr. 2, 25813
Husum,0 48 41 / 28 10, http://www.fischrestaurant-husum.de;
„Ratskeller Husum“; Großstr. 27, 25813 Husum,
0 48 41 / 77 99 16, http://www.ratskellerhusum.com.
Die 23. Husumer Krabbentage finden am 17. und 18.
Oktober 2020 statt.
HIER SPRICHT DER GAST VON JÜRGEN DOLLASE
1
Proteinshakes nach dem
Training sind ein Muss.
Für viele Fitness-Fans ist es der erste
Griff nach dem Sport: Sie schnappen
sich den Shake-Becher und trinken ein
Proteingemisch, um ihren Muskeln eine
große Ladung Aufbaustoff zur Verfü-
gung zu stellen. Es scheint, als sei Pro-
teinpulver das Wundermittel für schnell
wachsende Muskeln. Es gibt welches
zum Backen, zum Kochen oder – der
Klassiker – Proteinpulver für Shakes
zum Trinken. Es wird sackweise und in
stapelbaren Vorratsdosen verkauft. Da-
bei ist im täglichen Essen schon genug
Protein. Die Shakes sind nicht nötig, um
fit zu sein und die Muskeln wachsen zu
lassen: „Unsere Nahrung enthält ausrei-
chend Protein, das selbst für einen Kraft-
sportler ein maximales Muskelwachstum
gewährleistet“, bestätigt Helmut Hese-
ker, Professor für Ernährungswissen-
schaft an der Universität Paderborn.
Der Eiweißbedarf eines Sportlers be-
trägt pro Tag ungefähr 1,5 Gramm pro Ki-
logramm Körpergewicht. Eine Schwim-
merin, die 70 Kilo wiegt, sollte also gute
100 Gramm Protein zu sich nehmen. Al-
lein in 100 Gramm Erdnüssen stecken
schon rund 30 Gramm Protein. Beim Aus-
dauersport wird besonders viel Energie
benötigt. Dann kann es sinnvoll sein,
kurz nach dem Sport Protein hinzuzufü-
gen. Das geht aber auch „in Form eines
Käsebrots oder Joghurts“, erklärt Hese-
ker. Was natürlich für Proteinpulver
spricht: Es ist praktisch. Diesen Vorteil
bezeichnet Uwe Schröder vom Deut-
schen Institut für Sporternährung als den
„Convenience-Grad“: „Der Shake ist ein-
facher mit zur Sportstätte zu nehmen als
der Quark-Milch-Bananenmix, den ich
mir morgens anrühre, dann kühlen muss,
um ihn mir dann als braunes Etwas
abends nach dem Training in der Umklei-
dekabine anzutun.“ Reichlich Protein lie-
fern jedoch beide Varianten.
2
Eiweißbrot ist für Sportler
besser als Vollkornbrot.
Es steht im Supermarkt oft neben dem
Vitalbrot mit den Möhrenstückchen: Ei-
weißbrot. Das klingt für einen Kohlenhy-
dratlieferanten nahezu sportlich. Für die
Fitness-Gurus ist es natürlich das Brot
der Wahl, denn Eiweiß ist Protein, und
das suchen sie. In diesem Brot ist mehr
Eiweiß – stimmt. Aber was macht Ei-
weißbrot ansonsten so besonders? Ist es
empfehlenswert für Sportler? Ein Vorteil
ist: Es macht schnell satt. Das liegt dar-
an, dass es mehr Kalorien und Fett ent-
hält. Gleichzeitig sei der Kohlenhydrat-
gehalt eines Eiweißbrotes etwa fünfmal
geringer als der eines herkömmlichen
Mischbrots, erklärt Uwe Schröder, Öko-
trophologe am Deutschen Institut für
Sporternährung.
Wenig Kohlenhydrate zu sich zu neh-
men kann vor allem abends sinnvoll
sein. Dadurch steigt der Blutzuckerspie-
gel nicht unnötig und die Insulinaus-
schüttung wird niedrig gehalten. Das
hat den Effekt, dass der Fettstoffwechsel
nicht so gehemmt ist und über Nacht
gut arbeitet. Wer jedoch tagsüber sehr
aktiv war und zum Beispiel Kraftsport
gemacht hat, braucht Kohlenhydrate
vor dem Schlafen, um sich nachts zu re-
generieren.
3
Kohlenhydrate sind der
Killer jeder Strandfigur.
Das zu denken „entbehrt jeglicher
Grundlage“, sagt Hans Braun, Sport-
und Ernährungswissenschaftler an der
Sporthochschule Köln. Er ist unter ande-
rem Berater zum Thema Sporternäh-
rung am Olympiastützpunkt Rheinland
und weiß, dass Kohlenhydrate für Sport-
ler wichtig sind, um leistungsfähig zu
sein. Sie sind besonders in intensiven
Trainingsphasen notwendig, weil sie
wichtige Energie liefern, die schneller
zur Verfügung steht als zum Beispiel Fet-
te. Deshalb gibt es Getränke, Gels und
Riegel mit Kohlenhydraten, die etwa Ma-
rathonläufern vom Streckenrand aus an-
gereicht werden. Es gibt Formen von
Kohlenhydraten, die dann ganz langsam
und kontinuierlich Zucker an den Kör-
per nachliefern.
Und was die Strandfigur angeht: „Die
kommt nur durch hartes Training und
nicht durchs Weglassen von Kohlenhy-
draten.“ Davon ist Braun überzeugt.
Training sei die Grundvoraussetzung,
um Muskeln aufzubauen. Ökotropholo-
ge Schröder ergänzt, dass das aber eben
nur auf Menschen zutrifft, die sich aus-
reichend bewegen. Sie können Kohlen-
hydrate gut als Energielieferanten ver-
stoffwechseln. „Wer sich, wie 60 Pro-
zent der Menschen in Deutschland, we-
niger bewegt als die Minimalbewegungs-
empfehlung, sollte beim Kohlenhydrat-
verzehr aufpassen“, rät er. Diese Emp-
fehlung der Weltgesundheitsorganisati-
on WHO besagt, dass Erwachsene sich
täglich mindestens 30 Minuten bewegen
sollten, Kinder und junge Erwachsene
sogar 60 Minuten.
4
Nur mit Booster ist der
Körper leistungsfähig.
Booster werden als kleine gallische Zau-
bertränke vermarktet. Wer sie vor dem
Gang ins Fitnessstudio trinkt, ist angeb-
lich stärker und leistungsfähiger im Trai-
ning. Aber das stimmt nicht. Ob der Kör-
per leistungsfähig ist, hängt nicht davon
ab, ob jemand vorher einen Booster ge-
trunken hat. Den meisten Stoffen in die-
sen Tränken konnte keine Wirkung nach-
gewiesen werden – bis auf Koffein und
Kreatin. Sportwissenschaftler Hans
Braun kann sich vorstellen, dass Koffein
mental aktiver macht und die Motivation
für das Training dadurch steigt. Er hält
es jedoch für wichtiger, zu überlegen:
Habe ich genug Energiereserven? Da-
von hängt für ihn der Trainingserfolg ab.
Ähnlicher Meinung ist Helmut Heseker
von der Universität Paderborn. Es er-
höht die geistige oder körperliche Leis-
tungsfähigkeit seiner Meinung nach
nicht, wenn jemand mehr Nährstoffe auf-
nimmt als nötig. „Seinen Körper durch
harmlose Nährstoffe zu ‚boostern‘ ist
eine ziemlich naive Vorstellung.“ Außer-
dem enthalten die Booster manchmal ille-
gale Stimulanzien. Diese Stoffe zu benut-
zen ist verboten.
5
Sportler brauchen zusätz-
lich „Essential-Kapseln“.
Zum Frühstücksei ein Schwung Pillen
mitVitamin D oder Omega-Fettsäuren
- wie klingt das? Solche Nahrungsergän-
zungsmittel sind weder lecker noch un-
bedingt gesund. „Es gibt keine Daten,
dass Sportler mehr Vitamine brauchen“,
sagt Hans Braun. Der Bedarf an Vitami-
nen sei genauso über angepasste Ernäh-
rung zu decken. Für Leistungssportler
ist es allerdings manchmal einfacher, auf
Kapseln zurückzugreifen, weil das Zeit
spart. Und für Menschen, die eine Un-
verträglichkeit und deshalb einen Man-
gel an bestimmten Nährstoffen haben,
kann es ebenfalls sinnvoll sein, ergänzen-
de Mittel zu nehmen. Ob eine Unterver-
sorgung vorliegt, kann vom Arzt festge-
stellt werden.
Wer im Sport Nahrungsergänzungs-
mittel nimmt, sollte darauf achten, sich
nicht aus Versehen zu dopen. Durch klei-
ne Produktionsfehler kann es nämlich
passieren, dass unabsichtlich Anabolika
in die Mittel gelangen. In der sogenann-
ten Kölner Liste sind deshalb öffentlich
Nahrungsergänzungsmittel mit mini-
miertem Doping-Risiko aufgelistet.
Ernährungswissenschaftler Helmut
Heseker gibt zu den als „Essential-Kap-
seln“ gehypten Produkten außerdem zu
bedenken: „Nahrungsergänzung ist teu-
er und hat in der Regel keinen leistungs-
steigernden Effekt.“ Auch wenn es ge-
sundheitlich kaum ein Risiko mit sich
bringt, sie zu nehmen, sieht Heseker dar-
in ein ökonomisches Risiko: „Ich würde
mein Geld lieber in qualitativ höherwer-
tige Lebensmittel investieren.“
Ein Käsebrot tut’s auch
Alles bleibt hier
im Bratkartoffelmodus
Sicher, es sind „Krabbentage“. Aber gibt es in
Husum keine anderen Fische mehr?
Ohne Shake, Proteinpudding und Supplements Muskeln aufbauen – geht das?
Marie Eickhoffhat fünf Mythen zum Thema Fitness-Ernährung geprüft.
Fotos Mauritius (2), Douglas Sacha, Bearbeitung F.A.S.
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