Frankfurter Allgemeine Zeitung - 26.10.2019

(Michael S) #1

SEITE 16·SAMSTAG, 26. OKTOBER 2019·NR. 249 Medien FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG


Einälterer Herr geht in den Puff. Er ist
die Titelfigur des Stefan-Krohmer-Films
„Prof. Wall im Bordell“, und Hanns
Zischler verleiht ihr jene mit leicht
durchschimmernder Röte ausgestattete
Bluthochdruckphysiognomie, die der
Zuschauer bei Bordellbesuchern fort-
geschrittenen Alters erwartet. Auf Bild-
ebene wird einem der Besuch also leicht-
gemacht. Auf der Ton- und Dialogebene
allerdings wird der Zuschauer streng er-
zogen: Er soll hinhören.
Zunächst wird über die zum Vorgang
gehörende Finanztransaktion verhan-
delt. Wie auf dem Markt, nur nicht in Ge-
wicht, sondern in Zeit bemessen. „Nor-
malerweise einmal Kommen pro halbe
Stunde.“ Der Professor und die Vorstehe-
rin des Etablissements (Petra Kleinert)
nebst Porzellan-Kuh, zebrabemuster-
tem Empfangstresen und Frauensilhou-
etten auf dunkelroter Tapete sind beide
gewohnt, dass man ihnen zuhört. Hier
ringen zwei Experten um Wert und
Wort. Er, Jura. Sie, horizontales Gewer-
be. Wall wünscht sich eine bestimmte
Dame und bekommt sie.
Aurelie (Emilia Schüle), für Wall
„Frau Heinrich“, hat einst bei ihm Jura
studiert. Hier im Zimmer mit den dunk-
len Vorhängen, der Whirl-Wanne und
dem Rundbett, auf unbekanntem Ter-
rain, ist sie es, die doziert und domi-
niert. „Sind sie stolz?“ Dahinter steckt
ein Vorwurf. Denn – so verkürzt stellt es
zumindest der Film dar –, nach einem
Referat in seinem Seminar, das Wall ab-
gebrochen und mit null Punkten bewer-
tet hatte, wurde seine „begabteste Stu-
dentin“ nie mehr an der Universität gese-
hen. Er gibt vor, das betrüblich zu fin-
den. Die Reue hat ihn hergeführt.
Von nun an wird – nachdem die An-
spruchssalatgarnitur „geistreich“ aufge-
zehrt ist – noch mehr geredet. Und zwar
so, wie man in einer Sprecherkabine bei
der Aufnahme eines Hörspiels redet. Ir-
gendwie zurückgenommen, fast unter-
spielt – als wäre die Kamera (Patrick
Orth), die Bilder voller Details und ver-
deckter Reize komponiert, gar nicht da.
Zudem ist die Tonspur fast unangenehm
aufdringlich: Automotoren starten, Tü-
ren fallen zu, Pumps klackern über den
Flur, und jedes Seufzen und Atmen ist

überpräsent. Falsche Fährten werden in
diesem Kammerspiel auch gelegt: Der
Schluss, dass man sich die fehlende An-
erkennung seines Professors eben auch
als „Masseuse“ holen muss, ist abermals
ein kurzer. Bevor aber die aufwendig ver-
hüllte Verbindung der beiden Figuren
ans Licht kommt, darf „Frau Heinrich“
tun, was sie ihrem einstigen Lehrer zu-
vor vorgeworfen hat: „Sie haben dafür
bezahlt, dass Sie hier rumschwafeln kön-
nen. Das ist schon mal besser, als wenn
Sie dafür bezahlt werden.“
Doch das Gespräch, das den Film tra-
gen soll, mäandert – nicht nur für den
Professor anstrengend – von Neben-
schauplatz zu Nebenschauplatz, bis all
diese Nebenschauplätze ein gewaltiges
Informationsknäuel bilden, das gegen
Ende binnen zwei Minuten so brutal ent-
wirrt wird, dass einen die Konstruiert-
heit des Zusammenhangs der Themen
Jura, Fußball, Liebe und Sex betroffener
macht als die ganze wirre Geschichte.
Die Frage nach dem, was hier alles
zum Einsturz bringt, lautet: Ist es Mut,
Übermut, die hohe Dosis des Alltägli-
chen im Konstruierten, oder dessen voll-
ständige Abwesenheit? Gelingende, fast
große Momente des Banalen wechseln
sich mit entsetzlichen Momenten kra-
chenden Scheiterns ab. Das liegt auch
daran, dass sympathischen Nebenfigu-
ren mit einem Mal schicksalshafte Rol-
len zufallen, die wirken, als hätte sie ein
unbeteiligter Autor flugs dazuerfunden.
Nur die Absicht, zu irritieren, wird ir-
gendwann so deutlich ausgestellt wie
das männliche Glied, das hier an einer
Stelle und auf eine Art ins Bild gerät, die
den späten Sendeplatz erklären dürfte.
Überraschend unüberraschend und
doch auf höchst umständliche Weise ehr-
lich dafür: die sich binnen Sekunden ent-
larvende Willfährigkeit, Verwundbar-
keit und hier auch wortreich unterstri-
chene Erbärmlichkeit eines Mannes in
der anzüglichen Nähe einer starken
Frau. Nur: Am Ende ist für niemanden
etwas gewonnen. AXEL WEIDEMANN
Prof. Wall im Bordellläuft am Sonntag um
23.50 Uhr im Ersten.

U


m abgedroschene Phrasen ist Re-
gierungsrat Planker nicht verle-
gen. „Global denken, lokal han-
deln“ müsse man, sagt er mit
dem Glas Sekt in der Hand, und „mehr
Gemeinsamkeit wagen“. Der Applaus der
versammelten Luzerner Hautevolee aus
Politik und Wirtschaft ist höflich. Die
Speisen, die auf dem Ausflugsdampfer
auf dem Vierwaldstättersee gereicht wer-
den, sind vom Feinsten, die Portionen
übersichtlich. Doch es dauert nicht lange,
da geht es nicht mehr um Wachteleier
und Wasabi-Püree. Erst stört ein kritteln-
der Kantonsrat die Runde, dann geht es
Knall auf Fall: ein Angriff auf die Festge-
sellschaft mit Signalpistolen, ein toter Ka-
pitän, mittendrin Kommissar Reto Flücki-
ger (Stefan Gubser), der nur seiner Freun-

din Evelyne zuliebe mitgekommen ist
und schon die Journalisten des Portals
„Veritas News“ am Hals hat, die mehr
über den „Terroranschlag“ wissen wollen.
Über dessen Hintergründe scheint der
Portalmacher Frédéric Roux (Fabian Krü-
ger) besser informiert zu sein, als es die Po-
lizei für erlaubt hält. Bei „Veritas News“,
das über Waffengeschäfte und Schmiergel-
der spekuliert und sich fortwährend über
die Ermittlungen der Luzerner Kripo mo-
kiert, laufen jedenfalls die Videos eines mit
unappetitlicher Schweinsmaske auftreten-
den „Nero“, der eine Straftat ankündigt,
nach der alle seine „Botschaft“ verstünden.
Weiter kommen Flückiger und seine Kol-
legin Liz Ritschard (Delia Mayer) in die-
sem Fall erst, als die Computerspezialistin
des Kommissariats Corinna Haas (Fabien-
ne Hadorn) sich illegal Zugang zum Server
von „Veritas News“ verschafft. Das freilich
hat für sie Folgen. Kommissar Flückiger,
den wir in den vergangenen acht Jahren
und siebzehn Fällen (sechzehn mit Liz Rit-
schard gemeinsam) aus Luzern vor allem
als Stoiker kennengelernt haben, hat da
schon längst die Nerven verloren. Er pol-
tert und wird handgreiflich, alles vor der
laufenden Kamera von „Veritas News“, des-
sen Macher ihn vor sich hertreibt. Kommis-
sarin Ritschard hat, trotz Grippe, ihre Sin-
ne besser beisammen.
Aber es ist wenigstens etwas los in die-
sem Krimi (Regie Tom Gerber, Drehbuch
Felix Benesch und Mats Frey), schön ge-
filmt mit düsteren Bildern vom See (Ka-
mera Jan Mettler) ist er auch, was man
von etlichen Vorgängerfolgen aus der

Schweiz nicht unbedingt behaupten konn-
te. Auch die Hauptfiguren sind mit einem
Mal lebendiger. Erst bei ihrem letzten Auf-
tritt dürfen die Schauspieler aufdrehen.
Das Untertourige, das dem Schweizer
„Tatort“ zu eigen war, hat auch Stefan
Gubser zwischenzeitlich bemängelt. Nun,
beim letzten Fall mit ihm und Delia Mayer
soll offenbar alles wettgemacht werden,
was im kommenden Jahr mit dem neuen
Schweizer „Tatort“ aus Zürich und den
Hauptdarstellerinnen Carol Schuler und
Anna Pieri Zuercher besser werden soll.
Überragend im Abgang sind die Luzer-
ner freilich immer noch nicht. Der Stim-
mungswandel der Figuren, die darunter lei-
den, dass ihr Schweizerdeutsch auf Hoch-
deutsch nachsynchronisiert wird, wirkt un-
motiviert. Das gilt besonders für Kommis-
sar Flückiger, der auf seine alten Tage zum
Dirty Harry wird. In den Fall wird alles hin-
eingerührt, was gerade angesagt ist. Es
geht um Korruption und schmierige Ge-
schäfte in Politik und Medien. Politiker
sind korrupt, Journalisten sensationsgeil,
„die da oben“ stecken unter einer Decke,
und im System steckt der Wurm: So klingt
es, wenn der Attentäter „Nero“ seine Auf-
sager macht, tendenziell aber auch bei
Kommissar Flückiger, der schließlich so-
gar den Verdacht haben muss, sein Chef
stecke mit anderen, die in diesen Fall ver-
wickelt sind, unter einer Decke.
Von der Machart her ist das holzschnitt-
artig, belehrend und simpel, wie wir es
auch von anderen Sonntagskrimis der
ARD kennen, und nicht nur von diesen.
Wobei nicht ganz klar ist, ob man „Veritas

News“ mit seiner Aufwiegelei gegen das
„System“ für eher links oder rechts halten
soll. Es bleibt uneindeutig wie so vieles in
dieser Geschichte. Dahinter am Ende ein
populistisches oder gar „rechtes“ Weltbild
der „Tatort“-Schreiber vermuten kann
man als Fernsehkritiker freilich nur, wenn
man den eigenen Kompass gen hysteri-
sche Übertreibung verpeilt hat. Was wir
hier im „Tatort“ zu sehen und zu hören be-
kommen, ist vielmehr wohlfeil. So wohl-
feil wie die Antwort des Schauspielers Ste-
fan Gubser auf die im Presseheft der ARD
zitierte Frage, auf was man sich in Zeiten
von Fake News eigentlich noch verlassen
könne: „Eine schwierige Frage: Ich verlas-
se mich nur noch auf Quellen, von denen
ich überzeugt bin, dass sie vertrauenswür-
dig sind, aber auch da kann man sich sehr
schnell täuschen. Wirklich verlassen kann
man sich eigentlich nur auf den Tod, der
hat noch keinen beschissen.“
Diesen Schuh von „Medienkritik“ mag
sich anziehen, wem er passt. Wir halten es
lieber mit dem „Tatort“-Schauspieler und
„Tatort“-Kritiker Til Schweiger, der sich
bei der letzten Episode mit Ulrich Tukur
(und unserer begeisterten Kritik an dieser
Stelle) an die Augsburger Puppenkiste erin-
nert fühlte und etwas zu lachen hatte.
Das Finale aus Luzern ist dann ein ech-
ter Kracher. Oder sagen wir: fast. Sein
Wunsch zum Schluss, sagte Stefan Gubser,
sei – „dass der neue ,Tatort‘ aus Zürich ein
voller Erfolg wird“. Dem kann man sich
nur anschließen. MICHAEL HANFELD
Tatort: Der Elefant im Raum, am Sonntag um
20.15 Uhr im Ersten

J


uan Moreno erlebt ein Déjà-vu. Er
tritt als Rechercheur gegen einen Fäl-
scher an. Was passiert? Es wird von
manchen für möglich gehalten, dass an
der Kritik des vielfach überführten Fäl-
schers Claas Relotius etwas dran sein
könnte. „Warum glaubt mir denn nie-
mand? Ich bin doch nicht ein Fälscher
wie er“, sagte Moreno auf den Münch-
ner Medientagen. „Ich glaube, ich habe
keinen Fehler gemacht.“ Er habe sehr
gründlich recherchiert und „nach bes-
tem Wissen und Gewissen“ geschrie-
ben. „Ich gehe bis heute davon aus, dass
das stimmt.“ Relotius will mehr als
zwanzig Punkte in Morenos Buch „Tau-
send Zeilen Lüge“, in dem dieser den
Fälschungsskandal beim „Spiegel“ dar-
legt, gefunden haben, die nicht zuträfen,
und fordert Unterlassung. Gemessen
am Fälschungswerk, das Relotius ange-
richtet hat, nehmen sich die Kritikpunk-
te als Petitessen aus (ob Relotius Büro-
tür offen oder geschlossen war, ob eine
von ihm erfundene Schwester angeblich
schwer krank oder an Krebs erkrankt
war), in der Darstellung von „Zeit on-
line“ waren sie so riesengroß, dass Relo-
tius mit Moreno auf Augenhöhe schien.
Von ähnlicher Schuldumkehr war das
Gespräch geprägt, das „Spiegel“- Chefre-
dakteur Clemens Höges vergangene Wo-
che auf der Frankfurter Buchmesse mit
Moreno führte. Zu den Turbulenzen, in
die Relotius die Zeitschrift geführt hat-
te, fragte der Chefredakteur den Aufklä-
rer Moreno: „Das warst alles du. Wie
fühlt sich das an?“ Tja, wie fühlt sich
das an, wenn der Typ mit den erfunde-
nen Geschichten die Leute auf seine Sei-
te zieht? Fühlt sich an wie eine Umkeh-
rung des Journalismus. miha.


Mit Vollgas in die letzte Kurve


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Auktionen, Kunsthandel, Galerien
Die Warnung gleicht einer kalten Du-
sche für den öffentlichen Rundfunk in
Großbritannien. Nach Angaben der Auf-
sichtsbehörde Ofcom droht die BBC eine
ganze Generation von Zuschauern und
Zuhörern zu verlieren. Nur noch knapp
die Hälfte (49 Prozent) der Sechzehn- bis
Vierundzwanzigjährigen schauten BBC-
Fernsehen in einer normalen Woche.
Das seien so wenige wie noch nie. Die Ju-
gend schaue vielmehr Filme und Serien
auf Netflix oder Youtube, Nachrichten
lese sie zunehmend in sozialen Netzwer-
ken und auch bei Diensten wie Apple
News oder Upday. Durchschnittlich ver-
bringen die jungen Erwachsenen nur
noch etwas mehr als eine Stunde am Tag
mit allen BBC-Angeboten vom Fernse-
hen über Radio bis Internet. Nur bei den
Älteren ist die traditionsreiche BBC
noch sehr erfolgreich.
Der abnehmende Erfolg bei den nach-
wachsenden Generationen gefährdet die
Finanzen der BBC. In Großbritannien
zahlen nur jene Bürger Rundfunkgebühr,
die angeben, dass sie die öffentlich-recht-
lichen Programme schauen. Ofcom
warnt, dass „die öffentliche Zustimmung
zur TV-Lizenzgebühr erodieren könnte“,
wenn es der BBC nicht gelinge, mehr jun-
ge Leute anzusprechen.
Zum ersten Mal seit einem Jahrzehnt
ist der Verkauf der TV-Lizenzen – also
die Zahl der Anmeldungen von Gebühren-
zahlern, die jedes Jahr neu erfolgen – im
Geschäftsjahr 2018/2019 gesunken, um
37 000. Im Jahr kostet eine Standard-
lizenz 154,50 Pfund je Haushalt (umge-
rechnet etwa 177 Euro). Proteste gab es
zuletzt, dass auch Senioren über 75 Jahre
künftig zahlen sollen. Mit den Gebühren
erzielte die BBC im vergangenen Jahr 3,
Milliarden Pfund Einnahmen, dazu kom-
men noch andere kommerzielle Einnah-
men. Insgesamt kostet die BBC deutlich
weniger als das deutsche öffentlich-recht-
liche Rundfunksystem, das im vergange-
nen Jahr acht Milliarden Euro Gebühren
einsammelte. Kulturministerin Nicky
Morgan sagte jüngst, sie sei offen dafür,
das Lizenzgebührensystem abzuschaffen
und durch ein Abo-Modell ähnlich wie
bei Netflix zu ersetzen. ppl.

Die Organisation „Reporter ohne Gren-
zen“ hat Bundesaußenminister Heiko
Maas (SPD) aufgefordert, bei seinem bevor-
stehenden Besuch in der Türkei auf den
Schutz von Journalisten zu dringen. Seit
dem Start des türkischen Angriffs auf Nord-
syrien habe sich die Sicherheitslage von Be-
richterstattern im Grenzgebiet deutlich ver-
schlechtert, erklärte die Journalistenorgani-
sation am Freitag in Berlin. Medienschaf-
fende seien getötet und verletzt worden, vie-
le seien aus der Region geflohen. „Wir sind
vor allem besorgt über die Lage von loka-
len Journalisten und Journalistinnen“, sag-
te ROG-Geschäftsführer Christian Mihr.
„Sie riskieren ihr Leben, um uns mit Infor-
mationen aus Nordsyrien zu versorgen.“
Maas müsse sich für ihre Sicherheit in den
umkämpften Gebieten einsetzen und die
Türkei daran erinnern, dass sie ihre völker-
rechtlichen Verpflichtungen zum Schutz
von Medienschaffenden einzuhalten habe.
Maas reist an diesem Samstag in die Tür-
kei. Dort will er nach Angaben des Auswär-
tigen Amts mit dem türkischen Außenmi-
nister Mevlüt Cavusoglu über die Lage in
Nordostsyrien nach dem türkischen Ein-
marsch, über die humanitäre Situation und
über Flüchtlinge sprechen. dpa/F.A.Z.

Déjà-vu


JuanMoreno lernt abermals
den Relotius-Komplex kennen

Reporter inSyrien
Heiko Maas soll auf Schutz pochen

Die beiden Zeitungen „Nürnberger Nach-
richten“ und „Nürnberger Zeitung“ verei-
nen laut Gewerkschaft ver.di ihre Redaktio-
nen. Die beiden Redaktionen am Standort
Nürnberg sollten so zu einer „Zentralredak-
tion“ verschmolzen werden. Das teilte
ver.di am Mittwoch mit. Beide Titel blieben
erhalten. Laut ver.di und Deutscher Journa-
listinnen und Journalisten-Union sollen 28
Stellen von Redakteurinnen und Redakteu-
ren abgebaut werden. Dies sei den Redak-
tionen beider Blätter am Mittwoch mitge-
teilt worden, hieß es in einer Mitteilung der
Gewerkschaften. Die Verlegerinnen Bärbel
Schnell und Sabine Schnell-Pleyer hätten
den Schritt mit einer schlechten wirtschaft-
lichen Lage begründet. Auflagen und Wer-
beerlöse seien rückläufig. epd/F.A.Z.

Faszination Royals: Eigentlich sind die
Deutschen ja froh, dass sie ihre Königli-
chen Hoheiten los sind, besonders wenn
diese sich wieder Schlösser unter den Na-
gel reißen wollen. Umso schöner, bei
der Verwandtschaft jenseits des Kanals
zu beobachten, was uns verwehrt bleibt
(Prunkhochzeiten) und erspart (Fami-
lienzwist als Staatsaffäre). Das beschäf-
tigt mitnichten nur den Boulevard. Das
Erste, nach dem adelsverliebten Zwei-
ten („ZDF Royal“, „Royale Skandale“,
„Beruf: Königin!“) zweiter öffentlich-
rechlicher Hofberichterstatter der Repu-
blik, nimmt eiligst die Doku ins Pro-
gramm, die im Vereinigten Königreich
Wellen schlägt. Am Montagabend kön-
nen wir sehen, wie Prinz Harry, der ge-
gen eine Zeitungsgruppe prozessiert,
über sein Presse-Trauma spricht und wie
die von der Yellow Press kritisierte Meg-
han (zu sehr Star, zu wenig Herzogin)
dem Reporter Tom Bradby in Afrika of-
fen durch die Blume sagt, dass es ihr
schlecht gehe und diestiff upper lipder
Schwiegerfamilie einen psychisch krank
machen könne.Shocking.Wenn dieses
Mikrodrama aus Brexit-Land nach Aus-
strahlung zur besten Sendezeit verlangt,
können wir wirklich keine größeren Pro-
bleme haben. Wie beruhigend. eer.


Erotisches


Fallbeilspiel


In der ARD leistet „Prof.
Wall im Bordell“ Abbitte

Älter werden
Der BBC fehlen junge Zuschauer

Stellenabbau
Nürnbergs Zeitungen legen zusammen

In medias res


Er will nicht nur reden: Hanns Zisch-
lerals Professor Wall Foto ARD

Der Schweizer „Tatort“


war jahrelang eher


untertourig unterwegs.


Zum Abschied dürfen


Flückiger und Ritschard


richtig aufdrehen –


landen aber in einem


abstrusen Korruptions-


und Medienkomplott.


Interview, jetzt nicht: Kommissar Flückiger (Stefan Gubser) ist über das Auftauchen des Teams von „Veritas News“ alles andere als erfreut. Das steigert sich noch. Foto ARD/SRF

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