FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Finanzen SAMSTAG, 26. OKTOBER 2019·NR. 249·SEITE 27
ABInbev vor Durststrecke
Der größte Bierkonzern der Welt
muss seine Prognosen kappen.
Aus diesem Grund ist der Aktienkurs
von AB Inbev um bis zu 11 Prozent ein-
geknickt. Die Gesellschaft erwartet
nach einem schwachen Sommerquar-
tal ein schwächeres Wachstum für das
Gesamtjahr. Der Hersteller von Bud-
weiser, Corona und Stella Artois be-
kommt die Kon-
junkturflaute zu
spüren und rech-
net nun nur noch
mit einem „mode-
raten“ Gewinn-
wachstum.
1&1 Drillisch im Funkloch
Um jeweils ein Fünftel sind die
Aktienkurse von United Inter-
net und der Tochtergesellschaft 1&1
Drillisch eingebrochen. Grund war
ein für den Mobilfunkanbieter 1&1
Drillisch nachteili-
ger Schiedsspruch im
Streit mit Telefonica
Deutschland über
rückwirkende Preis-
senkungen für den
Zugang von 1&1
zum Netz von Telefónica. Sowohl Uni-
ted Internet als auch 1&1 mussten
nach dem Schiedsspruch ihre Gewinn-
prognosen senken. Der Kurs von Tele-
fónica Deutschland stieg dagegen um
4,6 Prozent.
In London wurde die teuerste
Flasche Malt versteigert – eine
lohnende Investition.Seite 28
Mit der richtigen Geldanlage
ist auch ein Renteneintrittsalter
von 55 Jahren möglich.Seite 29
Ausgerechnet Schalke hat
sich das alte Markenzeichen
des BVB angeeignet.Seite 35
In der Formel 1 positionieren
sich Hamilton und Vettel als
umweltpolitische Sprecher.Seite 34
Geld verdienen mit Gucci
Der Aktienkurs des Gucci-Mut-
terkonzerns Kering ist am Frei-
tag in Paris um 10 Prozent nach oben
gesprungen. In Mailand verteuerten
sich die Anteilsscheine des Luxus-
jackenherstellers Moncler um 9 Pro-
zent. Beide Gesell-
schaften konnten mit
ihren Quartalszahlen
den schlimmsten Be-
fürchtungen der Ana-
lysten entgegenwir-
ken, weil die Einbu-
ßen im Asien-Ge-
schäft geringer als er-
wartet ausfielen.
Tops&Flops
1,7Millionen Euro für Whisky
24.10. 25.10.
Dax
F.A.Z.-Index 2366,99 2366,40
Dax 30 12872,10 12894,51
M-Dax 26299,38 26240,57
Tec-Dax 2833,82 2814,25
Euro Stoxx 50 3621,37 3624,68
F.A.Z.-Euro-Index 132,22 132,41
Dow Jones 26805,53 26958,06
Nasdaq Index 8185,80 8243,12
Bund-Future 171,64 171,27
Tagesgeld Frankfurt -0,55 % -0,55 %
Bundesanl.-Rendite 10 J. -0,41 % -0,38 %
F.A.Z.-Renten-Rend. 10 J.-0,11 % -0,10 %
US-Staatsanl.-Rend. 10 J. 1,77 % 1,80 % *
Gold, Spot ($/Unze) 1504,70 1504,87
Rohöl (London $/barrel) 61,42 62,00**
1 Euro in Dollar 1,1128 1,1107
1 Euro in Pfund 0,8629 0,8660
1 Euro in Schw. Franken 1,1019 1,1019
1 Euro in Yen 120,86 120,59
*) Ortszeit 16.00 Uhr, **) Ortszeit 22.00 Uhr
Bundesanl. R. 10 J.
26.7.2019 25.10.2019 26.7.2019 25.10.2019
Früher in den Ruhestand
sibi. FRANKFURT, 25. Oktober. Die Bau-
zinsen haben sich wieder etwas von der
Null-Linie entfernt. Nach einer langen
Phase der Zinssenkungen haben viele Ban-
ken die Hypothekenzinsen zuletzt wieder
etwas erhöht, beispielsweise die Postbank,
die Nassauische Sparkasse, die BW-Bank
und diverse Volksbanken. Für Baudarle-
hen mit zehn Jahren Zinsbindung zahlen
Kreditnehmer jetzt im Durchschnitt 0,75
Prozent, wie das Internetportal Biallo be-
richtet. Kürzlich noch hatte dieser Wert
0,71 Prozent betragen. Über einen An-
stieg in ähnlicher Größenordnung berich-
tet die FMH-Finanzberatung. Die Grenze
von null Prozent wurde somit nicht nach
unten durchschritten.
Viel war in diesem Sommer darüber spe-
kuliert worden, ob der allgemeine Ab-
wärtstrend der Zinsen irgendwann gleich-
sam automatisch auch zu negativen Bau-
zinsen führen werde. Jedoch hatte es viele
skeptische Stimmen gegeben, ob die Ban-
ken das wirklich machen würden. Zudem
gab es aus den technischen Abteilungen
der Banken auch Berichte, die Computer-
systeme sollten nun vorsichtshalber so er-
tüchtigt werden, dass negative Bauzinsen
etwa in den Tilgungsplänen dargestellt
werden könnten – man wisse ja nie.
In der Praxis zeigte sich eine Art bisheri-
ge Untergrenze: Der niedrigste Zinssatz,
der in diesem Jahr zwischenzeitlich für
Baudarlehen erreicht wurde, betrug 0,02
Prozent von der Berliner Direktbank
DKB, einer Tochtergesellschaft der Bay-
ern LB. Es handelte sich um sogenannte
Volltilgerdarlehen, also Kredite, die inner-
halb der vereinbarten Zinsbindung kom-
plett zurückgezahlt werden müssen. Auch
sonst mussten die Bedingungen für die
Bank extrem günstig sein, etwa beim soge-
nannten Beleihungsauslauf, also dem Ver-
hältnis von Beleihungswert des Hauses
und Kredit. Über Vermittler wurden die-
selben Kredite auch für 0,03 Prozent ange-
boten. Mittlerweile sind auch für diese
Kredite die Zinsen gestiegen, es gibt sie
von etwa 0,29 Prozent an. Baukredite un-
ter etwas normaleren Umständen gibt es
für Zinssätze zwischen 0,67 und 0,99 Pro-
zent bei Kaufpreisen um 400 000 Euro,
Darlehen über 350 000 Euro und 3 Pro-
zent Tilgung (siehe Grafik).
Ein Grund für die etwas höheren Bau-
zinsen war offenbar das seit dem Sommer
leicht gestiegene Zinsniveau am Kapital-
markt, das an der Rendite der Bundesanlei-
he mit zehn Jahren Laufzeit abgelesen
werden kann. Diese hatte ihren Tiefstand
mit minus 0,718 Prozent im August er-
reicht. Sie war Anfang September – und
zwar schon vor der EZB-Zinssitzung am
- September mit Zinssenkung, Staffe-
lung der Einlagenzinsen und der Ankündi-
gung von Anleihekäufen – etwas gestie-
gen und dann im Oktober noch einmal bis
auf zeitweise minus 0,35 Prozent.
Hauptgrund war offenbar, dass bei eini-
gen globalen Risiken eine gewisse Beruhi-
gung eingetreten ist und auch hinsichtlich
der Konjunktur die Unsicherheit etwas ab-
nahm. Holger Schmieding, der Chefvolks-
wirt des Hamburger Bankhauses Beren-
berg, sagte, es sei jedenfalls nicht die Euro-
päische Zentralbank gewesen, die (wie
auch immer, etwa durch die Staffelung des
Einlagenzinssatzes) einen Renditeanstieg
bewirkt habe: „Die EZB-Entscheidung
war etwa neutral.“ Wichtiger sei, dass sich
die Konjunkturerwartungen an den Fi-
nanzmärkten auf niedrigem Niveau stabili-
sierten: „Sichtbar ist dies beispielsweise
an den ZEW-Konjunkturerwartungen.“
Das Risiko einer weiteren dramatischen
Eskalation des amerikanischen Handels-
krieges gegen China und das Risiko eines
harten Brexits hätten abgenommen, mein-
te Schmieding: „Die Chancen sind besser
geworden, dass der Eurozone die ,Boris-
Trump-Rezession‘ doch erspart bleibt.“
Der leichte Anstieg der Kapitalmarkt-
renditen habe die Bauzinsen mitgezogen,
meint auch Alexander Stühler vom Kredit-
vermittlungsportal Interhyp in München.
Spekuliert wird allerdings, dass die hö-
heren Bauzinsen nicht allein mit der Ren-
dite der Bundesanleihen zusammenhän-
gen könnten, sondern dass die Banken
ihre Marge ausgeweitet hätten. Der Inter-
netinformationsdienst „Finanz-Szene“
hatte als Erstes darüber berichtet und ver-
mutet, die Banken hätten negative Bauzin-
sen unter allen Umständen vermeiden wol-
len und gleichsam konzertiert in „still-
schweigender Übereinkunft“ die Zinsen
angehoben. Ein Vergleich der Renditen
von Bundesanleihen und Pfandbriefen
mit den Bauzinsen zeige, dass die Banken
in der Immobilienfinanzierung derzeit „so
hohe Aufschläge wie nie in den zurücklie-
genden Jahren“ verlangten.
Auf Anfrage teilte das Bundeskartell-
amt in Bonn immerhin mit, ein Kartellver-
fahren wegen kartellrechtlich relevanter
Absprachen von Banken gebe es in diesem
Zusammenhang nicht. Max Herbst von
der FMH-Finanzberatung, der laufend die
Zinsen in ganz Deutschland vergleicht, be-
stätigte hingegen, dass aus Vergleichen
von Bundesanleihen, Pfandbriefen und
Bauzinsen eine Ausweitung der Marge der
Banken bei Wohnungsbaukrediten nahe-
liege. „Das Geschäft brummt, da haben
die Banken Spielraum, ihre Marge auszu-
weiten“, meinte Herbst. Angesichts der oh-
nehin sehr niedrigen Zinsen achteten die
Kreditnehmer oftmals nicht auf die Nach-
kommastellen beim Zinssatz. Das schaffe
Möglichkeiten für eine Margenauswei-
tung der Banken. So machten Volksban-
ken und Sparkassen derzeit gute Geschäf-
te in der Baufinanzierung, obwohl diese
Institute im Vergleich zu vielen Direktban-
ken oftmals nicht die günstigsten Kondi-
tionen anböten – einfach, weil sie durch
ihre Regionalmarktkenntnisse schnell in
der Entscheidung über einzelne Finanzie-
rungen von Bauvorhaben seien.
N
ein, die Rezession ist auch in der zu-
rückliegenden Börsenwoche nicht
ausgebrochen. In Deutschland wird von
einer technischen Rezession gesprochen,
wenn das Wachstum in zwei aufeinander
folgenden Quartalen negativ war. Das
war im zweiten Quartal so und dürfte
wohl auch im dritten Quartal so sein.
Doch die Volkswirte der Bundesbank kön-
nen noch keine Rezession „im Sinne ei-
nes deutlichen, breit angelegten und län-
ger anhaltenden Rückgangs der Wirt-
schaftsleistung“ erkennen. Trotzdem
sorgt der konjunkturelle Abschwung
schon jetzt für zunehmenden Gegenwind,
was sich an den jüngsten Quartalszahlen
der Unternehmen ablesen lässt.
Wie die Analysten der DZ Bank ausge-
rechnet haben, sind die Gewinne in den
Vereinigten Staaten gegenüber dem Vor-
jahreszeitraum um 3 Prozent und in Euro-
pa sogar um 5 Prozent gesunken. Das er-
klärt, warum die Anleger in den vergange-
nen Handelstagen so zaghaft waren, ob-
wohl sich im Handelsstreit als auch im
Brexit eine gewisse Entspannung abge-
zeichnet hat. Da aber der amerikanische
Präsident Donald Trump und der briti-
sche Premierminister Boris Johnson alles
andere als verlässliche Regierungschefs
sind, sondern sich vielmehr sehr launisch
verhalten, ist es vernünftig gewesen, dass
die Börsen die jüngste Entwicklung mit
Vorsicht genießen. Zu Überschwang be-
steht in der Tat kein Anlass.
Der deutsche Aktienindex Dax hat in
den vergangenen Handelstagen um 1,7
Prozent zugelegt. Damit muss man ange-
sichts des konjunkturellen Gegenwinds
und der Unberechenbarkeit politischer
Konflikte zufrieden sein. Zudem erken-
nen die Analysten der DZ Bank in den
jüngsten Unternehmenszahlen einen klei-
nen Hoffnungsschimmer: Sie seien nicht
so schlimm wie erwartet ausgefallen. Ob
die Entspannung im Handelsstreit und im
nicht mehr ganz so harten Brexit aber aus-
reicht, um eine längere Phase rückläufi-
ger Gewinnerwartungen zu überwinden,
muss mit einem Fragezeichen versehen
werden, auch wenn die meisten Anleger
die vorsichtige Zuversicht der DZ-Bank-
Analysten gutheißen dürften.
Aber auch die Vermögensverwalter
von Unigestion halten die aktuelle Stim-
mung an den Börsen für zu pessimistisch,
weil das makroökonomische Umfeld
nicht so schlecht sei. Eine Rezession steht
ihrer Ansicht nach nicht bevor. Die Fach-
leute von Unigestion befürchten aber das
Risiko einer schnellen Trendwende, sollte
sich die Makrosituation verbessern, weil
Anleihen derzeit sehr teuer seien.
In der vergangenen Woche haben sich
die Aktien von Daimler, BASF und vom
Gabelstaplerhersteller Kion auffallend
gut entwickelt. Alle diese Unternehmen
haben mit ihren Quartalszahlen positiv
überrascht. Doch das ändert nichts an der
zunehmenden Skepsis. 18 der 30 Dax-Un-
ternehmen litten derzeit unter fallenden
Gewinnerwartungen, betont Commerz-
bank-Analyst Andreas Hürkamp. Trotz-
dem hat der Dax seit Jahresanfang mehr
als 20 Prozent zugelegt. Darüber sollte
man sich freuen. MARKUS FRÜHAUF
Energiegeladen ins Derby
BÖRSENWOCHE
Die Börse
MitVollgas im Klimawandel
Aktie 18.10. 25.10. in %
Kion Group 49,76 58,82 18,21
Norma Group NA 30,56 33,60 9,95
SMA Solar Techn. 25,80 28,34 9,84
Wacker Chemie 64,98 71,26 9,66
Software 26,59 29,07 9,33
Daimler NA 48,43 52,88 9,20
Knorr-Bremse 86,55 94,29 8,94
Gerresheimer 66,20 71,55 8,08
Infineon NA 16,29 17,58 7,92
Aktie 18.10. 25.10. in %
1&1 Drillisch 30,98 23,90 -22,85
United Internet NA 35,52 28,93 -18,55
Puma 70,75 65,95 -6,78
Carl Zeiss Meditec 103,70 97,00 -6,46
Dt. Wohnen Inh. 35,41 33,51 -5,37
TUI NA 12,13 11,69 -3,59
MTU Aero Engines 241,90 233,50 -3,47
CTS Eventim 53,45 51,75 -3,18
Fresenius M. C. St. 61,10 59,34 -2,88
Gewinner
Kurse1)am Veränd.
D
ie EZB senkt ihre Zinsen, und die
Bauzinsen steigen: Im Moment
lässt sich mal wieder schön beobach-
ten, dass die Zinsen nicht vom Amt
kommen, sondern vom Markt. Auf die
kurzfristigen Zinsen hat die Notenbank
unmittelbar starken Einfluss. Die lang-
fristigen Zinsen am Kapitalmarkt aber
werden von vielfältigen Faktoren be-
stimmt. Dabei gilt das Paradox, dass un-
erfreuliche Ereignisse in der Weltpoli-
tik oft erfreulich für Hausbauer sind:
Wenn die Investoren an den Finanz-
märkten von Sorge ergriffen werden,
flüchten sie in Bundesanleihen. Dann
steigen die Kurse, die Rendite fällt zu-
mindest zeitweise und zieht die Bauzin-
sen mit nach unten. Im Moment nun ist
das Gegenteil der Fall: Die Weltlage
scheint sich zumindest auf einigen Fel-
dern wie beim Brexit eher etwas zu be-
ruhigen, zugleich stabilisieren sich die
Konjunkturerwartungen auf niedrigem
Niveau. Entsprechend steigt die Anlei-
henrendite und zieht die Bauzinsen ein
wenig mit hoch. Dass dabei auch die
Banken versuchen, angesichts der gro-
ßen Nachfrage nach Baudarlehen ihre
Marge auszuweiten, ist verständlich.
Wenn der Wettbewerb auf dem Gebiet
funktioniert, sollte ihr Spielraum dafür
aber nicht unbegrenzt sein.
Höhere Bauzinsen
Von Christian Siedenbiedel
Entspannung mit Gegenwind
Verlierer
Kurse1)am Veränd.
ins.FRANKFURT, 25. Oktober. Beim
Vermögensverwalter HQ Trust steht
ein Wechsel in der Geschäftsführung
an. Wie die F.A.Z. aus informierten
Kreisen erfuhr, wird mit Adalbert Frei-
herr von Uckermann einer der vier Ge-
schäftsführer des Vermögensverwal-
ters das Unternehmen definitiv verlas-
sen. Das bestätigte HQ Trust auch auf
Anfrage. Dementiert wurde dagegen
von HQ Trust, dass mit Hanna Cimen
und Reinhard Panse zwei weitere Ge-
schäftsführer die Kündigung einge-
reicht hätten.
Wie die F.A.Z. erfuhr, wechselt von
Uckermann zu einem sogenannten Sin-
gle Family Office und verlässt das Un-
ternehmen HQ Trust offiziell bis Ende
Februar 2020. HQ Trust wird bisher ne-
ben den Herren von Uckermann, Ci-
men und Panse auch von Christian
Stadtmüller geführt. Stadtmüller, der
seit 2009 bei HQ Trust arbeitet, stieg
im Juli 2019 in die Riege der Geschäfts-
führer auf und wurde zu dem Zeit-
punkt auch zum Finanzvorstand
(CFO) ernannt. Damals hatte es gehei-
ßen, dass es nach dem starken Wachs-
tum der vergangenen Jahre an der Zeit
gewesen sei, HQ Trust auch an der Spit-
ze breiter aufzustellen. Mit Stadtmül-
ler habe man nicht nur einen ausgewie-
senen Finanzexperten, sondern auch
einen Mann der ersten Stunde bei HQ
Trust für diese Tätigkeit gewinnen kön-
nen.
Unklar sind nun allerdings die Grün-
de für den Wechsel in der Riege der Ge-
schäftsführer. Auch einen Nachfolger
für von Uckermann scheint es bisher
noch nicht zu geben. Beaufsichtigt
wird die Geschäftsführung vom Auf-
sichtsratsvorsitzenden Wilhelm von
Haller.
Die Buchstaben HQ bei HQ Trust
stehen für Harald Quandt. Das Unter-
nehmen wurde einst als Vermögensver-
walter der Familie Quandt gegründet
und steht mittlerweile als sogenanntes
Multi Family Office auch als Dienstleis-
ter für Vermögen von Privatpersonen,
Familien und Stiftungen zur Verfü-
gung. Zudem werden auch institutio-
nelle Anleger, Pensionskassen und Ver-
sorgungswerke beraten.
Wir schreiben das Jahr 2011. So beginnen
normalerweise historische Betrachtun-
gen. Doch auf der Versicherungsmakler-
messe DKM in Dortmund kam einigen
dieser Satz auch in den Sinn, um die aktu-
elle Situation zu beschreiben. Vor acht
Jahren war in der Assekuranz in gewisser
Weise eine Blase geplatzt. Vermittler der
Ergo erpressten den Mutterkonzern Mu-
nich Re mit einer Enthüllungsgeschichte:
Einige der leistungsstärksten Vertriebler
waren mit einer Reise nach Budapest be-
lohnt worden, auf der eine exzessive Par-
ty mit Prostituierten als „Höhepunkt“
stattfand. Danach setzte in der gesamten
Branche ein Umdenken ein.
„Wir laden unsere besten Verkäufer zur
Landesgartenschau nach Koblenz ein“,
sagte damals leicht pikiert ein Vorstands-
vorsitzender der Branche der F.A.Z. Ande-
re fuhren ihre Incentives radikal zurück.
Der Branchenverband GDV gab sich ei-
nen Vertriebskodex, der Volumenziele
für den Verkauf von Policen untersagte.
Das schrieb der Gesetzgeber dann in der
Versicherungsvertriebs-Richtlinie IDD
fest. Auf den Messen gab man sich mit ei-
nem Mal zugeknöpft, die Bunny-Kostüme
für Hostessen blieben zu Hause. Diversity
wurde jetzt großgeschrieben, denn weibli-
che Verantwortungsträger würden eine
solche Vertriebskultur wie früher wohl
nicht mehr gutheißen.
Zwischen 2011 und 2019 durfte man
also irgendwie die Hoffnung haben, es
könne ein bisschen besser werden. Doch
wie sah es nun 2019 auf der Messe aus? In
der sogenannten „Elefantenrunde“ mit
führenden Versicherungschefs saßen vier
mittelalte Herren (davon nur noch einer
mit Krawatte) und erklärten, wie die künf-
tige Versicherungswelt aussieht. Die sicht-
bare Rolle der Frauen beschränkte sich
auf „Dienstleistungstätigkeiten“: Im neu-
en Foyer der Dortmunder Westfalenhal-
len schossen junge Frauen mit sehr knap-
pem Sportdress auf ein Fußballtor, innen
verteilten Hostessen im Medizinerkittel
oder in engen gelben Kleidern Flyer.
Diese optische Rückkehr in die Jahre
vor dem Budapest-Skandal wäre noch zu
verkraften gewesen, doch inhaltlich ist
auch das scheinbar gelöste Problem der
Incentivierungen offenbar nicht so ganz
gelöst. Der Bundesverband deutscher Ver-
sicherungskaufleute, der sich immer
mehr zum Zuchtmeister der Branche auf-
schwingt, ließ in einer Studie ermitteln,
wie viele Vermittler noch immer Zuschüs-
se und erfolgsabhängige Vergütungen
von ihren Produktgebern erhalten. 80 Pro-
zent der Einfirmenvertreter und 46 Pro-
zent der Mehrfachagenten sprechen eine
recht deutliche Sprache. Warum aber 8
Prozent der eigentlich vollkommen unab-
hängigen Makler solche Sondervergütun-
gen erhalten, konnte dann auch der Ver-
mittlerverband nicht erklären.
In der Elefantenrunde ging es viel um
Digitalisierung und was sie für Makler be-
deutet. Natürlich kam das Gespräch auf
den Robo-Advisor, der immer mehr Hilfe-
stellungen für Vermittler leisten wird. Es
bleibt zu hoffen, dass man sich nicht auch
an die interessanten Gedanken des Jahres
2019 in einigen Jahren zurückerinnern
wird, weil auf dem Podium Robotervor-
stände sitzen, die über eine Branche de-
battieren, die sich wandeln kann – nur
nicht, wie sie es will. PHILIPP KROHN
Geschäftsführer
von HQ Trust geht
Versicherer im Jahr 2011
Auf der Maklermesse DKM fühlte man sich irgendwie an alte Zeiten erinnert
Die Bauzinsen steigen wieder
1) Nicht bereinigte Originalkurse ohne Kurszusätze; erfasst werden die im F.A.Z.-Index enthaltenen Titel. Aktien mit Kursen von weniger als
1 Euro sind nicht berücksichtigt. Quelle: F.A.Z.
Die Nullgrenze wurde
nicht unterschritten, der
niedrigste Zinssatz
betrug 0,02 Prozent.
Jetzt erhöhen viele
Banken die Sätze wieder
- steckt dahinter eine
Ausweitung der Marge?
0,750,75
0,710,71
1,141,14
Der Hypothekenzins steigt leicht
Effektiver Zins in Prozent (Biallo-Index, Zinsbindung 10 Jahre)
Effektiver Zins in Prozent
Günstige Angebote
Kaufpreis 400 000 €, Darlehenshöhe 350 000 €,
jährliche Tilgung 3 %, Zinsbindung 10 Jahre
Degussa
Bank
Santander BB Bank Deutsche
Bank
Postbank
0,67 0,67
0,76
0,99 0,99
Quellen: Biallo; FMH-Finanzberatung / Foto Getty / F.A.Z.-Grafik Brocker
0,6
0,7
0,8
0,9
1,0
1,1
Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt.