Der Stern - 17.10.2019

(Jacob Rumans) #1

Schmerzen erfüllen grundsätzlich
einen sinnvollen Zweck: Sie signali-
sieren uns, dass mit unserem Körper
etwas nicht stimmt. Sie warnen und
bewahren uns so vor weiteren Schä-
den. Halten sie länger als drei Mo-
nate an, sprechen Mediziner nicht
mehr von akuten, sondern von chro-
nischen Schmerzen.


Das Schmerzgedächtnis


Kopf-, Muskel-, Gelenk- und Rü-
ckenschmerzen können chronisch
werden, wenn entzündete oder ver-
letzte Körperpartien über lange Zeit
die Schmerzrezeptoren und damit
die Nerven (über-)reizen. Hält die-
ser Zustand zu lange an, merkt sich
unser zentrales Nervensystem die
Schmerzreize und speichert sie in
einer Art Schmerzgedächtnis ab.
Dann lässt es uns Schmerzen spüren,
obwohl der eigentliche Schmerzaus-
löser, etwa ein Bandscheibenvorfall,


Endlich


schmerzfrei


Chronische Schmerzen gelten als „Volkskrankheit“.


Doch es gibt Therapien mit guter Erfolgsaussicht


Schmerztherapien


längst behoben ist. Es reichen schon
kleine Reize, damit unser Nervensys-
tem fälschlicherweise Alarm schlägt.
Mitunter braucht es dazu überhaupt
keine Stimulation mehr.

Wirksame Therapien
In der modernen Schmerztherapie
stehen vielfältige Ansätze zur Ver-
fügung, die, vom Arzt gezielt kombi-
niert, chronische Schmerzen lindern
können. Im besten Fall können sie
beispielsweise Kopf- oder Rücken-
schmerzen so sehr zurückdrängen,
dass diese aus dem Schmerzgedächt-
nis gelöscht werden und nicht mehr
chronisch auftreten. Bei einer Be-
handlung mit Medikamenten kom-
men neben klassischen Schmerz-
mitteln wie Ibuprofen und ASS auch
opioide Schmerzmittel wie Morphin,
lokale Betäubungsmittel (z.B. Li-
docain) oder das Antidepressivum
Amitriptylin infrage. Pflanzliche

Fotos: Colourbox | Text: Tamara Hofstetter

Arzneimittel (z.B. aus Teufelskralle,
Pestwurz oder Weidenrinde) können
bei mäßigen chronischen Schmerzen
Unterstützung bieten und Entzün-
dungen hemmen. Zusätzlich können
auch physikalische Therapiemaß-
nahmen wie Bewegungs-, Wärme-,
Physio- oder Elektrotherapie sowie

Akupunktur helfen. Mit psycho-
therapeutischen Maßnahmen wie
Biofeedback, schmerzbezogener
Kognition oder objektiver Schmerz-
wahrnehmung lernen Patienten, ihr
Schmerzempfinden zu kontrollieren
und sich dem Schmerz nicht ausge-
liefert zu fühlen.

Entspannungs-
techniken helfen,
Schmerzen zu
bewältigen und
vorzubeugen

Gesundheit


Mit sanft er Bewegung Schmerzen vorbeugen Medizinische Kraft aus Hanf?


Ob in Kaugummis, Tabletten oder als Öl – Cannabidiol-Produkte können
mittlerweile auch in Deutschland legal gekauft werden und erfreuen
sich immer größerer Beliebtheit. Cannabidiol (kurz: CBD) ist der zweit-
häufigste Wirkstoff der Cannabis-Sativa-Pflanze (Hanf) und gehört zur
Gruppe der sogenannten nicht psychoaktiven Cannabinoide. Es ist so-
mit nicht berauschend und
wird von der World Health
Organisation (WHO) als unbe-
denklich eingestuft. Cannabi-
diol wirkt schmerzlindernd,
entkrampfend und entzün-
dungshemmend. Es kann u.a.
bei chronischen Schmerzen,
Migräne und Rheuma helfen.
Nebenwirkungen sind selten,
Schwangere, Untergewichtige
und Glaukom-Patienten soll-
ten aber darauf verzichten.

Früher galten Schonung und Ruhe als beste
Vorbeugemaßnahmen, um Verletzungen
und Schmerzen zu vermeiden. Heute weiß
die Medizin: Bewegung und sanfter Sport
können akute Schmerzen und Verspan-
nungen lindern und verhindern somit,
dass sie chronisch werden. Besonders
dazu geeignet sind Yoga, Tai Chi,
Qigong oder Wassergymnastik so-
wie schonende Ausdauersport-
arten wie Schwimmen, Nor-
dic Walking, Langlaufen
oder Radfahren.

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