Herausgabe der Daten zwingen,
weil es keine Beleidigung erken-
nen konnte.
Zur Bekämpfung des Terrors im
Netz gilt seit 2017 das „Netzwerk-
durchsetzungsgesetz“. „Das Gesetz
ist nicht so schlecht“, sagt Anna-
Lena von Hodenberg. „Aber es wird
in der Realität nicht durchgesetzt.
Wenn eine Frau im Netz von einem
Stalker bedroht wird, bekommt sie
bei der Polizei zur Antwort: Rufen
Sie uns, wenn er vor der Tür steht.“
HateAid hat eine beunruhigende
Beobachtung gemacht: Neben den
persönlichen Beleidigungen und
Bedrohungen nehmen vor allem
die organisierten Hasskampa-
gnen dramatisch zu. „Die massi-
ven Angriffe kommen fast immer
von rechts: antisemitisch, schwu-
lenfeindlich, rassistisch und na-
türlich frauenfeindlich. Das ist
organisiert und abgesprochen.“
Soziale Netzwerke und erst recht
die Underground-Foren tun alles,
um ihre Hasskundschaft vor der
staatlichen Rechtsprechung zu be-
schützen. Niemand in Deutschland
hat eine realistische Chance, von
Facebook die Daten seiner Peiniger
zu erhalten, um sie vor ordentlichen
Gerichten zu verklagen, auch nicht
Ex-Ministerin Renate Künast.
„Politically Incorrect“ auf „4chan“
untersucht. Dabei stellte sich he-
raus: Zwischen 2015 und 2019 stieg
die Zahl der Posts, die sich gegen
Einwanderer, Schwule, Frauen und
Juden richten, um 40 Prozent. Ge-
waltverherrlichungen nahmen
um 25 Prozent zu.
Der digitale Mob stürzt sich mit
Genuss auf Greta Thunberg oder
die Grünen-Politikerinnen Clau-
dia Roth und Renate Künast. In den
USA hat Donald Trump die Online-
meute auf die Demokratin Alexan-
dria Ocasio-Cortez gehetzt.
Frauen sind die Lieblingsopfer
der Muttersöhnchen. Praktisch
jede Frau, die in der Öffentlichkeit
steht, wird im Netz mit Schmutz
beworfen. „Ich schätze, dass gut
zwei Drittel der Opfer weiblich
sind“, sagt Anna-Lena von Hoden-
berg, Geschäftsführerin des Ver-
eins „HateAid“, der Opfern von
Hass-Angriffen im Netz hilft, die
Täter zu ermitteln und zu verkla-
gen. Ein mühsames Unterfangen,
wie sich zeigte, als Renate Künast
von Facebook die Daten jener User
bekommen wollte, die sie unter
anderem als „Drecks-Fotze“ be-
schimpft hatten. Facebook lehnte
ab. Wie immer. Und das Gericht
wollte das Unternehmen nicht zur
34 17.10.2019