Focus - 19.10.2019

(Jacob Rumans) #1
FERNSEHEN

Fotos:

Urban Zintel/laif, dpa, API, Ricardo Vaz Palma

FOCUS 43/2019 107


Am 24. und 31. Oktober sendet Das
Erste einen zweiteiligen Irland-Krimi.
Als Polizeipsychologin Cathrin Blake
hilft Nosbusch in „Die Toten von Glen-
more Abbey“ und „Mädchenjäger“
verstörten Patienten. Dabei gelingt es
dieser Figur kaum, die eigenen Dämo-
nen zu bezwingen. Sie kam als jun-
ge Frau aus Deutschland nach Irland
zum Studium, verliebte sich und blieb.
Dann verschwand ihr Mann spurlos,
und Cathrins Welt zerbrach. Sie trank,
quittierte den Dienst. Zehn Jahre später
hat sie sich wieder gefangen, ihr Leben
ist einigermaßen sortiert. Da wird die
Leiche ihres Gatten gefunden ...
Sie habe Angst vor dieser Rolle
gehabt, sagt Nosbusch, weil sie
nicht wusste, ob sie als Cathrin
die ganze Geschichte tragen
könne. Wie bitte? Diese Frau
hat Angst davor, im Mittel-
punkt zu stehen? Mit zwölf
schon hatte sie ihre eigene
Sendung bei Radio Luxem-
burg, mit 15 moderierte sie „Hits

von der Schulbank“ und
„Musicbox“, mit 19 den
„Grand Prix Eurovision
de la Chanson“ in fünf
Sprachen. Sie war genau
dafür berühmt geworden,
die freche, schlagfertige
Göre zu sein. Legte sich vor
laufender Kamera mit dem bay-
erischen Ministerpräsidenten Franz
Josef Strauß an, weil der – selbst weit
vom Idealgewicht entfernt – es sich
herausnahm, eine Frau wegen ihrer
Figur zu schmähen. Eine ihrer
Sendungen hieß sogar „Dési-
rée darf das“. Und die soll
also vor irgendetwas Bam-
mel haben?

Quälende Selbstzweifel
So strahlend, wie es
schien, war ihr Leben
damals nicht, sagt Nos-
busch beim Treffen in
einem Berliner Hotel. „Ich
hatte keine Chance heraus-
zufinden, wer ich wirklich bin.
Alle anderen wussten es für mich.“ Sie
hatte funktioniert, Erwartungen erfüllt,
nichts hinterfragt. Vater Lkw-Fahrer,
Mutter Näherin, ein Kind aus einfa-
chen Verhältnissen, das vor der Kamera
erwachsen werden musste und sich zu
verlieren drohte. Noch als Teenager war
sie mit ihrem 26 Jahre älteren Mana-
ger zusammen. Über die Beziehung
sagt sie heute, sie sei nie das gewe-
sen, was sie nach außen zu sein schien.
Und hätte es damals die MeToo-Bewe-
gung schon gegeben, wäre vieles ganz
anders gelaufen.
„Ich war viele Jahre mit mir nicht
im Reinen“, sagt Nosbusch, „ich habe
mich oft als nicht gut genug, nicht
schön genug, nicht klug genug emp-
funden und Dinge zugelassen, die
mir nicht guttaten.“
Erst eine Therapie
half ihr darüber
hinweg.
Ihre Rettung
war damals
die Schau-
spielerei. Sie
etablierte sich
als Moderato-
rin, ihr Herz

aber schlug schon immer für Film und
Theater. Mit 16, da war sie in Deutsch-
land längst ein Star, flüchtete sie nach
New York. Sie genoss es, dort ganz
anonym eine Schauspielausbildung zu
absolvieren. Später studierte sie noch
Regie, Drehbuch, Filmproduktion.
Doch obwohl sie schon vor „Bad
Banks“ in fast 60 Kino- und TV-Filmen
spielte, nahm kaum jemand so richtig
Notiz davon. Désirée, die Moderato-
rin, stand Désirée, der Schauspielerin,
immer im Weg. Lange fand Nosbusch
deshalb, dass ihr Äußeres und
ihr Inneres nicht überein-
stimmen. Sie wollte Rol-
len gestalten, Charak-
tere entwickeln: „Ich
wünschte mir Nar-
ben im Gesicht und
dass man endlich
sagt, ich sei gut und
intelligent und nicht
hübsch.“
Heute trägt sie immer
noch Pferdeschwanz, und
ihr herziges Lachen ist das
gleiche geblieben. Zum Interview
kommt sie in lockerem Oberteil und
Bequemhose, ungeschminkt. Keine
Zeit, über Falten nachzudenken. In
einem kleinen Anflug von Anti-Aging-
Panik hat sie mal Botox ausprobiert
und schwört, es nie wieder zu tun. Die
Mimik, von der sie als Schauspielerin
lebt, war danach wie eingefroren.
Warum sollte sie auch versuchen,
die Lebensjahre zu vertuschen? Das
Alter 50 plus ist bei ihr nicht kritisch,
sondern magisch. Es hat ihr nicht nur
ein großes berufliches Comeback
beschert. Auch privat ist sie nach einer
Scheidung und gescheiterten Bezie-
hungen seit vorigem Jahr in zweiter
Ehe glücklich, bei der kirchlichen
Hochzeit trugen ihre erwachsenen
Kinder die Schleppe. Und falls sie
eines Tages nicht mehr vor der Kamera
erwünscht ist, dann findet sie einen
anderen Weg, Geschichten zu erzäh-
len. Aber so weit ist es noch lange
nicht: Während ihre neuen Krimis im
Fernsehen laufen, ist Nosbusch schon
wieder in Irland. Um weitere Folgen zu
drehen.n

MARGOT ZESLAWSKI

Moderatorin
Anfang der achtziger
Jahre führte Désirée
Nosbusch durch mehrere
TV-Musiksendungen –
hier mit Deutschrocker
Peter Maffay

Privatperson
2013 wird ihr eine Liai-
son mit dem damaligen
Daimler-Chef Dieter
Zetsche nachgesagt

Schauspielerin
Eine große Nebenrolle


  • Nosbusch spielt
    Bankchefin Christelle
    Leblanc in „Bad Banks“

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